TE Bvwg Beschluss 2019/6/6 W117 1439218-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.06.2019
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Entscheidungsdatum

06.06.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W 117 1439218-3/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Andreas Druckenthaner in der Beschwerdesache des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Russische Föderation, über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, vom 29.05.2019, IFA: 830729805 VZ:

190477895, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau reisten mit ihrer im Herkunftsland geborenen und zwischenzeitlich verstorbenen Tochter Anfang Juni 2013 ins österreichische Bundesgebiet ein und stellten gemeinsam Anträge auf internationalen Schutz, wozu sie russische Reisepässe mit kroatischen Visa vorlegten.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 22.11.2013 zu den Zlen. 13 07.298-BAG, 13 07.299-BAG und 13 07.301-BAG, wies das Bundesasylamt die Anträge auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers, seiner Gattin und ihrer erstgeborenen Tochter bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 BGBl I Nr. 100/2005 (Spruchpunkt I), sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz (Spruchpunkt II), jeweils ab und verfügte zugleich gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 Asylgesetz die Ausweisung des BF und seiner Familienangehörigen aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation (Spruchpunkt III).

Das Bundesasylamt ging in seinen Feststellungen und seiner Beweiswürdigung davon aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund, aus Angst vor Widerstandskämpfern das Herkunftsland verlassen zu haben, nicht glaubwürdig sei.

Der Beschwerdeführer und seine Gattin hätten aufgrund der Erkrankung der Tochter und in Hoffnung auf eine bessere medizinische Behandlung ihr Land verlassen.

Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.09.2014, Zlen. W103 1439218-1/3E, W103 1439219-1/5E und W103 1439220-1/9E hinsichtlich Spruchpunkt I. der bekämpften Bescheide gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich Spruchpunkt II. wurde den Beschwerden stattgegeben und gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der erstgeborenen Tochter und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 dem Beschwerdeführer und der Gattin der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation zuerkannt, wobei ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 01.09.2015 befristete Aufenthaltsberechtigungen erteilt wurden.

Zur Abweisungsentscheidung wurde begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht habe, in der Russischen Föderation eine Verfolgung durch staatliche Behörden befürchten zu müssen, in eine hoffnungslose Lage zu kommen, einem realen Risiko einer sonstigen Verfolgung oder einer Verletzung seiner Rechte auf Leben, nicht unmenschlicher Behandlung oder Folter unterworfen zu werden und/oder nicht der Todesstrafe zu unterliegen und als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes unterworfen zu sein. Die Gattin habe keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

Zur stattgebenden Entscheidung wurde im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass die dreijährige, erstgeborene Tochter der BF an einem komplexen und schwerwiegenden Krankheitsbild leide, wobei aufgrund einer zuletzt stattgefundenen erheblichen Verschlechterung ihres Blutbildes ihr nunmehr in regelmäßigen Abständen Bluttransfusionen verabreicht würden. Bei einer Prognose im Hinblick auf eine allfällige Abschiebung in die Russische Föderation (Inguschetien) könne bei Beachtung der konkreten Einzelsituation in ihrer Gesamtheit vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse im Herkunftsstaat unter Berücksichtigung der zuletzt stattgefundenen akuten Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass sich bei einer Rückkehr zum Entscheidungszeitpunkt zum einen ihr Gesundheitszustand nicht massiv verschlechtere und zum anderen eine effiziente und zugleich zugängliche medizinische Betreuung und Versorgung gegeben sei, weshalb sie bei einer Verbringung in ihren Herkunftsstaat in eine als unmenschlich zu bezeichnende Lage geraten könnte. Aus diesem Grund sei ihr der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. Aufgrund des vorliegenden Familienverfahrens sei auch ihren Eltern gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen.

Im Februar 2015 wurde die jüngere Tochter des Beschwerdeführers und seiner Gattin im Bundesgebiet geboren. Für sie wurde in der Folge ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 17.03.2015, Zl. 1053046207/150240785, wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I), und der BF3 gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG 2005 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation zuerkannt, wobei ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine bis zum 01.09.2015 befristete Aufenthaltsberechtigungen erteilt wurde.

Die schwer kranke, erstgeborene Tochter des Beschwerdeführers und seiner Gattin ist am 26.04.2015 im Bundesgebiet verstorben.

Auf Antrag des Beschwerdeführers und seiner Gattin sowie der im Februar 2015 in Österreich geborenen (zweiten) Tochter vom 20.08.2015 wurde ihnen zufolge des behaupteten weiteren Vorliegens der Voraussetzungen mit Bescheiden des Bundesamtes vom 24.08.2015 eine weitere befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 01.09.2017 erteilt.

Am 10.07.2017 beantragten der BF und seine Familienangehörigen die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005.

Dazu wurde der Beschwerdeführer am 04.09.2017 beim Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Er brachte zusammengefasst vor, dass sich in Bezug auf seine Asylgründe keine Änderungen ergeben hätten. Er habe in seinem Bataillon an Sonderaktionen in den Wäldern von Inguschetien teilgenommen und die Leute in Inguschetien würden wissen, wer zu dem Bataillon gehört habe und was sie gemacht hätten. Im Bataillon seien etwa 250 - 300 Leute gewesen. Sie seien immer noch bedroht. Aufgefordert, zu erklären, weshalb er aktuell noch immer eine Bedrohung befürchte, gab er an: "Ich weiß, dass bei uns niemand, der so eine Arbeit macht, in Ruhe gelassen wird. Ich wäre sonst gerne zu meiner alten Mutter gefahren, die sonst niemanden hat, der auf sie schauen könnte." Danach befragt, ob es konkrete Vorfälle gegeben habe, die diesen Schluss zulassen, erklärte der Beschwerdeführer: "Ich kenne nur die Gesamtsituation, meine Mutter hat mir nur kürzlich erzählt, dass zwei meiner Kollegen getötet worden sind. Es wird aber meist geheim gehalten, damit keine Panik ausbricht." Auf die Frage, ob man dies nachrecherchieren könne, gab der Beschwerdeführer an, dass sie dies nicht preisgeben würden, dies sei eine staatliche Aufklärung. Befragt, ob er bei einer Rückkehr ins Herkunftsland seitens der Regierung eine Bedrohung zu befürchten hätte, führte der Beschwerdeführer aus, dass er dies nicht wisse. Ein Freund sei von der Polizei getötet worden und sei diesem vorgeworfen worden, für Terroristen Waffen geschmuggelt zu haben. Der Beschwerdeführer könne keine neuen Beweismittel vorlegen. In Österreich habe er einen Monat probeweise gearbeitet und Bewerbungen geschrieben, aber bisher keine Anstellung erhalten. Er bestreite seinen Lebensunterhalt in Österreich von der Sozialhilfe. Er habe Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 erworben. In seiner Freizeit besuche er ein Fitnesscenter, Kurse und eine Organisation, welche ihn bei der Arbeitssuche unterstütze. Er sei hauptsächlich bei seiner Familie, seine in Österreich geborene Tochter sei gesund. Die Gattin des Beschwerdeführers brachte im Wesentlichen vor, dass ihre älteste Tochter verstorben sei, als ihre zweite Tochter drei Monate alt gewesen sei. Dies hätten sie in der Annahme, dies würde automatisch gemeldet, der Behörde nicht mitgeteilt. Sie sei in Österreich nicht erwerbstätig und kümmere sich um ihr Kind. Sie bestreite ihren Lebensunterhalt durch die Sozialhilfe.

Mit angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes wurde der dem Beschwerdeführer und seinen Familienangehörigen zuerkannte subsidiäre Schutz gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die ihnen erteilte Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt II.), dem BF und seinen Familienangehörigen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den BF und seine Familienangehörigen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte das Bundesamt aus, dass eine Überprüfung der Voraussetzungen zum Verlängerungsantrag des BF und seiner Familienangehörigen vom 11.07.2017 betreffend die befristete Aufenthaltsberechtigung ergeben habe, dass ihre erstgeborene Tochter verstorben sei. Da die erforderliche medizinische Versorgung ihrer verstorbenen Tochter den Grund für die Gewährung von subsidiärem Schutz an die gesamte Familie gebildet habe, lägen nach deren Ableben die Voraussetzungen hierfür nicht mehr vor. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer und seine Familienangehörigen nach einer gemeinsamen Rückkehr in die Russische Föderation in eine ausweglose Situation geraten würden. Es bestehe ein gemeinsames Familienleben des BF mit seinen Familienangehörigen in Österreich, der Beschwerdeführer und seine Gattin seien nicht erwerbstätig, ausgeprägte soziale Kontakte seien nicht hervorgekommen. Da die BF in der Russischen Föderation aufgewachsen seien bzw. noch über familiäre Anknüpfungspunkte verfügten, sei noch von einer Bindung zum Herkunftsstaat auszugehen, welche jene zu Österreich überwiege. Ihre Abschiebung sei mangels Vorliegens von Gründen gemäß § 50 FPG zulässig.

Gegen diese Bescheide wurde seitens des bevollmächtigten Rechtsberaters des BF und dessen Familienangehörige für diese binnen offener Frist Beschwerde erhoben.

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 26.06.2018 beim Bundesverwaltungsgericht, zu der ein Vertreter des Bundesamtes entschuldigt nicht erschienen ist, wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme des BF und seiner Gattin in Anwesenheit einer Dolmetscherin der russischen Sprache, weiters durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, wobei das Bundesamt lediglich schriftlich die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen wie bisher vor, dass er von Jänner 2010 bis Sommer 2012 aufgrund eines befristeten Vertrags Berufssoldat gewesen sei und in diesem Zusammenhang in Wäldern Operationen durchgeführt habe, wo sie Kameraden verloren hätten und ihre Gegner getötet hätten. Er sowie auch die anderen hätten Bedrohungsbriefe bekommen. Nachgefragt, stellte er klar, dass er keine konkrete Familie benennen könne, die eine Blutrachedrohung gegen ihn ausgesprochen habe. Die Drohungen seien anonym. Auf konkretes Nachfragen hinsichtlich der Operationen, an dem der BF1 teilgenommen habe, gab dieser letztlich zu verstehen, dass er insgesamt während seiner gesamten Militärzeit an drei Gefechten mit Schusswechsel teilgenommen habe. Er konnte auf Nachfragen weder den Namen des Kommandanten nennen, der seine Einheit bei seinem ersten Gefecht geleitet hat, noch seine damaligen Gegner näher bezeichnen. Der BF konnte von sich aus, ohne Zuhilfenahme von Unterlagen, auch nicht die Nummer seines Bataillons nennen. Danach befragt, ob er vom Kameraden wisse, die außerhalb von Gefechten ermordet worden seien oder gegen die Anschläge verübt worden seien, gab der Beschwerdeführer an, dass ihm seine Mutter erzählt hätte, dass jemand umgebracht worden sei, den er aber persönlich nicht kenne. In seinem Bataillon hätten 300 Soldaten gedient. Danach befragt, ob er aus seinem Bekanntenkreis jemanden kenne, dem etwas passiert sei, gab der Beschwerdeführer an, dass ein Freund von ihm, der auch Soldat im Bataillon gewesen sei, 2011 von Polizisten getötet worden sei. Danach befragt, ob er auch Angst vor der Polizei habe, bestätigte er dies und gab dazu an, dass er nicht wisse, vor welcher Seite er sich schützen solle. Danach befragt, ob er jemals in Inguschetien Probleme mit den Behörden oder der Polizei gehabt hätte, gab er an, keine riesigen Probleme mit der Polizei gehabt zu haben, jedoch zweimal von der Polizei im Zusammenhang mit der Ermordung der XXXX befragt worden zu sein. Auf Vorhalt, dass er in diesem Zusammenhang in seinem ersten Verfahren angegeben habe, dass alles in Ordnung sei und er deshalb keine Probleme habe, erklärte der BF, dass er offiziell nicht als verdächtig erklärt worden sei, im jedoch mitgeteilt worden sei, dass er Inguschetien nicht verlassen dürfe und er noch eine Ladung bekommen solle. Nachgefragt, ob er eine derartige Ladung bekommen habe, gab der BF1 an, dass ihm seine Mutter diesbezüglich nichts mitgeteilt hätte.

Die Gattin des Beschwerdeführers brachte im Wesentlichen vor, dass sie befürchte, dass sie, ihre Tochter und die Schwiegermutter in Inguschetien von gegen den Beschwerdeführer gerichteten Anschlägen betroffen sein könnten. Persönlich habe sie keine eigenen Probleme. Auch für die in Österreich geborene Tochter wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.

Hinsichtlich ihrer privaten Verhältnisse in Österreich brachten der BF mit Ausnahme einer Schwangerschaft der Gattin des Beschwerdeführers keine wesentlichen Änderungen gegenüber ihren Angaben bei Bundesamt am 04.09.2017 vor. Der BF habe zwischenzeitlich etwa 2 bis 3 Monate gearbeitet, die Arbeit jedoch aufgrund von Rückenproblemen beendet. Hinsichtlich ihrer Gesundheit brachte die Gattin des Beschwerdeführers vor, dass sie eine medikamentöse Hormonersatztherapie wegen Schilddrüsenproblemen erhalte. Eine psychische Erkrankung wurde von ihr nicht vorgebracht. Die Tochter sei gesund.

Dem BF und der Gattin wurden in der Verhandlung aktuelle Länderberichte zur Situation im Herkunftsland und insbesondere in Inguschetien dargetan und ihnen dazu eine zweiwöchige Frist für eine schriftliche Stellungnahme eingeräumt.

U.a. wurde für den BF ein ÖSD Zertifikat über eine gut bestandene Prüfung Deutsch A1 sowie eine Bestätigung einer Bildungsgesellschaft über die erfolgreiche Teilnahme an einem Sprachkurs Deutsch mit Seminarinhalt A2 vorgelegt.

In einer Stellungnahme vom 10.07.2018 wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass die Lage in sämtlichen autonomen Republiken des Nordkaukasus von einem Klima der staatlichen Willkür und gravierenden Menschenrechtsverletzungen geprägt sei und der Konflikt zwischen Regierungstruppen und Ausständischen weiterhin regelmäßig Opfer fordere. (...) Zusammenfassend müsse festgestellt werden, dass den BF nicht nur Verfolgung durch Aufständische aufgrund der früheren Tätigkeit des BF drohe, sondern ihnen eine Rückkehr nach Inguschetien auch aufgrund der äußerst volatilen Sicherheitslage nicht zugemutet werden könne.

Das Bundesverwaltungsgericht wies zu den Zahlen W182 1439219-2 (Beschwerdeführer), W182 1439218-2/10E (Gattin) und W182 2177158-1/8E (gemeinsame Tochter) mit Erkenntnis vom 24.07.2018 die Beschwerde(n) gemäß § 9 Absatz 1 und Abs. 4 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, sowie gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz idgF iVm §§ 52 Abs. 2 Z 4, 52 Abs. 9, 46 und 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I. Nr. 100/2005 idgF, mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 24 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung beträgt.

Es ging von folgendem Sachverhalt aus (BF1 = Beschwerdeführer; BF2 =

seine Gattin; BF3 = gemeinsame, in Österreich geborene Tochter -

Anm. d. ER):

"Zu den Personen:

(...)

Der BF1 und die BF2 sind verheiratet, sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, stammen aus Inguschetien, sind sunnitisch-muslimischen Glaubens. Ihre Identität steht fest.

Sie stellten am 03.06.2013 gemeinsam mit ihrer erstgeborenen Tochter Anträge auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, welche mit Erkenntnissen des BVwG vom 01.09.2014 in Bezug auf Asyl wegen der Unglaubwürdigkeit der vom BF1 geltend gemachten Fluchtgründe abgewiesen wurden und wozu den BF wegen der äußerst schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung ihrer erstgeborenen Tochter subsidiärer Schutz (im Familienverfahren) gewährt sowie eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 01.09.2015 erteilt wurden. Der im Bundesgebiet nachgeborenen BF3 wurde auf ihren Antrag vom 26.02.2015 subsidiärer Schutz im Familienverfahren gewährt und ihr ebenfalls eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 01.09.2015 erteilt. Die erstgeborene Tochter der BF1 und BF2 ist am XXXX verstorben.

Es ist nicht glaubhaft, dass dem BF1 bei der Rückkehr in die Russische Föderation Verfolgung oder eine Art. 3 EMRK widersprechende Lage droht. Die BF leiden an keinen schwerwiegenden Krankheiten. Die BF1 und BF2 mit Schul- und Berufsausbildung (Tierarzt, Schneiderin) bzw. -erfahrung (Berufssoldat, Wachdienst) in der Russischen Föderation sind in einem erwerbsfähigen Alter und verfügen über familiäre (Eltern, Geschwister) sowie verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte (Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen) im Herkunftsstaat, auch außerhalb Inguschetiens.

Die BF sind seit etwa 5 Jahren in Österreich aufhältig. Der BF1 konnte Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1 nachweisen und hat Kenntnisse auf dem Niveau A2 erworben, die BF2 hat erst kürzlich mit einem Deutschkurs begonnen. Sie beziehen die staatliche Grundversorgung und sind nicht selbsterhaltungsfähig. Der BF1 hat bisher mit Unterbrechungen in Summe knapp 5 bis 6 Monate im Bundesgebiet gearbeitet, und geht offenbar seit 02.07. einer Halbtagsbeschäftigung (20 Stunden pro Woche) nach. Die BF2 ist bisher noch keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nachgegangen. Die BF3 besucht den Kindergarten. Die BF sind strafrechtlich unbescholten.

Die BF2 ist schwanger, wobei ein errechneter Geburtstermin laut Mutter Kind Pass mit XXXX datiert wurde."

Weiter wurden Länderfeststellungen zum Herkunftsland unter Einbeziehung von umfangreichen Länderinformationsmaterialien (unter anderem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes zur Russischen Föderation und Unterlagen des Auswärtigen Amtes zur abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat bis 2018, Stellungnahmen der Österreichischen Botschaft aus 2018, Medienberichte bis 2018) getroffen.

Zur mangelnden Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens führte das Bundesverwaltungsgericht aus:

"Was die vom BF1 befürchtete Verfolgung durch unbekannte Personen wegen seiner Militärtätigkeit betrifft, ist vorweg darauf hinzuweisen, dass diese bereits Gegenstand des ersten Asylverfahrens war und ihm in diesem Zusammenhang kein Glaube geschenkt wurde. Diesbezüglich wurden auch keine relevanten neuen Vorfälle seit rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens durch die BF dargetan.

Sohin ist davon auszugehen, dass sein diesbezügliches Vorbringen von der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.09.2014 umfasst ist, wobei ihm subsidiärer Schutz ausschließlich in Anwendung von § 34 AsylG 2005 im Hinblick auf seine nunmehr seit 26.04.2015 verstorbene Tochter gewährt wurde. Gleiches gilt im Wesentlichen auch für seine Befürchtungen in Zusammenhang mit Ermittlungen in einem Mordfall, zu der er vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsland von Behörden seines Herkunftslandes einvernommen worden wäre.

Unabhängig davon konnte aber auch unter Zugrundelegung seiner diesbezüglichen Angaben beim Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung am 26.06.2018 in diesem Zusammenhang nicht festgestellt werden, dass es dem BF1 gelungen wäre, glaubhaft eine Verfolgungsgefahr von hinreichender Wahrscheinlichkeit im Herkunftsstaat bzw. Inguschetien darzutun.

Hierbei ist auffällig, dass der BF1 im Hinblick auf seinen behaupteten Militärdienst im Rahmen der Spezialeinheit nur oberflächliche Angaben machen konnte. So war er in der Verhandlung etwa nicht in der Lage auf Nachfragen den Offizier zu benennen, unter dessen Kommando er bei seinem ersten von drei Gefechten, bei denen es zu Schusswechsel gekommen sei, gestanden hätte, wobei er auch nicht einmal in der Lage war, die damaligen Gegner bzw. deren Kommandanten näher zu bezeichnen oder zu benennen. Dies gilt umso mehr, als er in der Beschwerdeverhandlung behauptete, dass erste Gefecht nicht vergessen zu können, da es so schrecklich gewesen sei. Auch war der BF1 nicht mehr in der Lage, von sich aus die Nummer seines Bataillons zu nennen (vgl. S. 12 - 13 Verhandlungsprotokoll). Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch, dass der BF1 auch die Anzahl der bewaffneten Auseinandersetzungen, an denen er beteiligt gewesen wäre, nicht gleichbleibend wiederzugeben vermochte. Gab er beim Bundesasylamt diesbezüglich an, dass es in der ganzen Zeit seines Dienstes nur zu zwei bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen wäre (vgl. As 161 zu 13 07.298), sprach er im gleichen Zusammenhang in der Beschwerdeverhandlung im völligen Widerspruch dazu von drei konkreten Kämpfen, an denen er teilgenommen hätte (vgl. S 11-12, 14 Verhandlungsprotokoll). Bereits angesichts der geringen Zahl an bewaffneten Auseinandersetzungen erscheint es nicht glaubhaft, dass sich der BF1 an diese nicht mehr gleichbleibend erinnern könnte, wenn er sie tatsächlich erlebt hätte. Gleiches gilt im Wesentlichen für die Anzahl der Drohbriefe, die der BF1 erhalten haben will, konnte er sich beim Bundesasylamt noch an drei Briefe erinnern (vgl. As 161 zu 13 07.298), waren es in der Beschwerdeverhandlung nur noch zwei, an die er sich erinnern konnte (vgl. S. 17 Verhandlungsprotokoll). Auch den Inhalt der Briefe konnte der BF1 nicht gleichbleibend wiedergeben (vgl. As 261 zu 13 07.298, S. 17 Verhandlungsprotokoll). Auch erscheint es auffällig, dass der BF1 lediglich in der Lage war, den Zeitpunkt seines ersten Gefechts- zudem nur ungefähr - mit Frühling 2011 zu datieren, hinsichtlich der zwei weiteren Gefechte jedoch überhaupt nicht in der Lage war, sie näher zeitlich einzuordnen (vgl. Verhandlungsprotokoll S. 12).

Die vom BF1 behauptete Befürchtung, wegen seiner Militäreinsätze im Herkunftsland einer Blutrache-Verfolgung durch Angehörigen der Opfer der Einsätze ausgesetzt zu sein, konnte dieser darüber hinaus auch nicht plausibel dartun. So konnte er in diesem Zusammenhang weder eine konkrete Familie nennen, die eine Blutrachedrohung gegen ihn ausgesprochen hätte, noch sonst Anhaltspunkte darlegen, die eine derartige Bedrohung wahrscheinlich erscheinen lassen. So hätte der BF1 laut seiner Angaben in einem Bataillon von etwa 300 Männern gedient, wobei er diesbezüglich keinen einzigen konkreten Fall einer von einer Blutrache betroffenen Person, die er auch persönlich gekannt hätte, nennen konnte. Das einzige, was er dazu angeben konnte, war, dass seine Mutter ihm nach seiner Ausreise erzählt hätte, dass jemand umgebracht worden sei, den er persönlich nicht kennen würde. Hinzu kommt, dass er in der Einvernahme beim Bundesamt im September 2017 dazu im Widerspruch erklärte, dass ihm seine Mutter kürzlich mitgeteilt hätte, dass "zwei" seiner Kollegen getötet worden seien (vgl. As 21).

Auch die Wahrscheinlichkeit einer staatlichen Verfolgung im Herkunftsland konnte der BF1 nicht glaubwürdig dartun. Hierbei ist bereits auf seine widersprüchlichen Angaben hinsichtlich der Ermordung eines Kollegen und Freundes, der durch eigene Leute bzw. Polizisten getötet worden wäre, hinzuweisen. Laut Angaben beim Bundesasylamt wäre dies im Juni 2013 gewesen (vgl. As 159 zu 13 07.298), in der Beschwerdebehandlung gab er zuvor das Jahr 2008 und später das Jahr 2011 an (vgl. S. 18. Beschwerdeverhandlung). Sein Vorbringen in der Beschwerdeverhandlung, im Zusammenhang mit einem Mord aus dem Jahr 2008 von den Behörden vor seiner Ausreise befragt worden zu sein und deshalb möglicherweise Probleme zu bekommen, kann zudem nur als unglaubwürdige Steigerung seines bisherigen Vorbringens gewertete werden. Diesbezüglich hatte er nämlich bereits beim Bundesasylamt klargestellt, dass seitens der Behörden festgestellt worden sei, dass alles in Ordnung sei und er deswegen keine Probleme habe (vgl. As 164 zu 13 07.298). In diesem Zusammenhang wurden vom BF1 im erstinstanzlichen bzw. in der Beschwerdeverhandlung auch keine neuen Vorfälle dargetan. Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass der BF1 auch hinsichtlich seiner Kündigung keine Probleme geltend gemacht und auf Nachfragen bestätigt hat, dass eine derartige Kündigung auch vor Ablauf der Zeit möglich gewesen sei.

Die BF2 machte für sich und ihre erstgeborene Tochter keine eigenen Fluchtgründe geltend.

Was die in der Stellungnahme vom 10.07.2018 zitierte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 27.06.2017 betrifft, ist festzuhalten, dass sich diese im Wesentlichen auf traditionelle Formen der Blutrache zwischen konkreten Familien bezieht und hierbei aktuell insbesondere Blutrachetaten von Angehörigen von getöteten Sicherheitskräften gegen Täter und deren männliche Verwandte in Tschetschenien thematisiert werden, wobei erstere letztere auch in anderen Landesteilen der Russischen Föderation ausfindig machen könnten (vgl. S. 2 Staatendokumentation: Russische Föderation - Blutrache in Tschetschenien, 27.06.2017).

Zur Ländersituation führte das Bundesverwaltungsgericht beweiswürdigend aus:

"Die zur Lage in der Russischen Föderation bzw. Inguschetien getroffenen Feststellungen basieren auf aktuellen Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und stellen angesichts des bereits Ausgeführten im konkreten Fall eine hinreichende Basis zur Beurteilung des Vorbringens der BF dar. Aus den getroffenen Länderfeststellungen lässt sich keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Gefährdung der BF ableiten. Die von den BF in der Beschwerde und Stellungnahme dargetanen Berichte stehen den getroffenen Feststellungen nicht entgegen, zumal auch aus diesen keine derartige außergewöhnliche Situation im Herkunftsland abzuleiten ist, wonach den BF allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ohne Hinzutreten individueller Faktoren in der Russischen Föderation bzw. Inguschetien aktuell und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder dass ihm im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation oder Inguschetien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Dies entspricht Im Übrigen auch der Einschätzung des Europäischen Gerichtshofes für Menschrechte, wobei etwa auf das Urteil vom 09.07.2016 im Fall R.K. gegen Frankreich, Zl. 61.264/11, verwiesen wird, wonach die Situation im Nordkaukasus (inklusive Inguschetien) - trotz dort festzustellender schwerer Menschenrechtsverletzungen - nicht so geartet ist, dass die Abschiebung dorthin automatisch eine Verletzung nach Art. 3 EMRK darstellen würde (vgl. dazu auch EGMR 30.11.2017, Application no. 54646/17, X v. Germany). Der in der Stellungnahme vom 10.07.2018 zitierte Bericht zu Inguschetien wurde in den Feststellungen berücksichtigt. Das gleiche gilt auch für die Reise- und Sicherheitshinweise des deutschen Auswärtigen Amtes sowie des österreichischen Außenministeriums, wobei diesbezüglich auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen wird, wonach sich daraus nicht ergibt, dass solche Reisewarnungen gegenüber anderen Beweismitteln eine besondere Stellung einnehmen würden (vgl. dazu etwa VwGH 20.09.2017, Zl. Ra 2017/19/0323). Letztlich ist noch zu ergänzen, dass der BF1 nach Kündigung auch nicht mehr den Militär- oder Sicherheitskräften angehört. Der Vollständigkeit halber ist dazu noch festzuhalten, dass den BF zudem die Möglichkeit offensteht, sich außerhalb von Inguschetien in der Russischen Föderation niederzulassen, etwa bei dem Bruder des BF1 in XXXX"

Am XXXX wurde der gemeinsame Sohn des Beschwerdeführers und seiner Gattin in Österreich geboren.

Für diesen wurde infolge Übermittlung seiner österreichischen Geburtsurkunde durch den Beschwerdeführer als dessen gesetzlicher Vertreter gemäß § 17a AsylG 2005 ein Verfahren auf internationalen Schutz vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingeleitet, in dessen Rahmen der Beschwerdeführers als sein gesetzlicher Vertreter am 10.01.2019 niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen wurde.

Dabei gab der gesetzliche Vertreter des minderjährigen Beschwerdeführers im Wesentlichen an, sein im Bundesgebiet geborener Sohn leide gegenwärtig an einer Erkältung, sei jedoch ansonsten gesund; dieser habe keine eigenen Fluchtgründe, da er in Österreich geboren sei. Der Antrag seines Sohnes werde im Rahmen des Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG 2005 gestellt.

Mit Bescheid vom 25.01.2019 hatte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des minderjährigen Sohnes des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und den Antrag gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den minderjährigen Sohn des Beschwerdeführers eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Sohnes des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.), gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestünde (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde über diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz des minderjährigen Sohnes des Beschwerdeführers wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtete sich die am 22.02.2019 fristgerecht eingebrachte Beschwerde.

Mit Erkenntnis vom 06.03.2019, W103 2215296-1, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3, 8, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, §§ 9, 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG idgF, §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

Auf der Tatsachenebene hielt das Bundesverwaltungsgericht unter anderem fest: (minderjähriger Beschwerdeführer = minderjähriger Sohn des gegenständlichen Beschwerdeführers - Anm. d. ER.)

"Nicht festgestellt werden kann, dass der in Österreich geborene minderjährige Beschwerdeführer nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte oder dass diesem eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

Die gesetzlichen Vertreter des minderjährigen Beschwerdeführers, welche im Hinblick auf ihren Sohn keine individuellen Rückkehrbefürchtungen vorgebracht haben, haben nicht glaubhaft gemacht, dass der knapp fünf Monate alte Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation befürchten müsste, Verfolgung durch staatliche Behörden zu erleiden, in eine hoffnungslose Lage zu kommen, einem realen Risiko einer sonstigen Verfolgung oder einer Verletzung seiner Rechte auf Leben, nicht unmenschlicher Behandlung oder Folter unterworfen zu werden und/oder nicht der Todesstrafe zu unterliegen oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes unterworfen zu werden.

Der minderjährige Beschwerdeführer leidet an keiner akuten oder lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung, welche ein Hindernis für eine Rückführung in die Russische Föderation darstellen würde. Eine Rückkehr würde nur gemeinsam mit einem Elternteil erfolgen, sodass auch kein Risiko besteht, dass der Minderjährige im Fall einer Rückkehr auf sich alleine gestellt wäre und daher Gefahr liefe, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten.

Der minderjährige Beschwerdeführer lebt im Bundesgebiet in einem gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern sowie seiner ebenfalls minderjährigen älteren Schwester, deren Aufenthalt infolge Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht rechtmäßig ist. Aufgrund seines Lebensalters verfügt der minderjährige Beschwerdeführer außerhalb seiner Kernfamilie noch über keine maßgeblichen Bindungen sozialer oder wirtschaftlicher Natur. Eine Integrationsverfestigung/Verwurzelung im Bundesgebiet liegt angesichts seines Lebensalters ebenfalls noch nicht vor."

Wiederum wurden Länderfeststellungen zum Herkunftsland unter Einbeziehung von umfangreichen aktuellen Länderinformationsmaterialien getroffen.

Beweiswürdigend führte es aus:

"Die Feststellungen zur Person des minderjährigen Beschwerdeführers und dessen persönlichen Verhältnissen ergeben sich aus dem Akteninhalt und den dahingehenden Angaben seines gesetzlichen Vertreters vor dem BFA. Da die Identität seiner Eltern feststeht, wird aufgrund der vorliegenden österreichischen Geburtsurkunde in Zusammenschau mit den dahingehend glaubhaften Angaben seines gesetzlichen Vertreters auch in Bezug auf die beschwerdeführende Partei von einer feststehenden Identität ausgegangen.

Die Feststellungen zu seiner Herkunft, Volksgruppenzugehörigkeit und seinem Gesundheitszustand gründen darüber hinaus auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des gesetzlichen Vertreters der beschwerdeführenden Partei; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zur Russischen Föderation deckenden - Aussagen des gesetzlichen Vertreters zu zweifeln. Mangels Erstattung eines dahingehenden Vorbringens respektive der Vorlage medizinsicher Unterlagen konnte nicht festgestellt werden, dass der minderjährige Beschwerdeführer aktuell an schwerwiegenden Erkrankungen leidet.

(...)

Die Feststellung zu einer nicht gegebenen individuellen oder generellen maßgeblichen Gefährdung der minderjährigen beschwerdeführenden Partei im Falle einer Rückkehr ergibt sich aus den Angaben ihres gesetzlichen Vertreters, welcher im Verfahren vor dem Bundesamt ausdrücklich festgehalten hat, dass der minderjährige Beschwerdeführer keine individuellen Rückkehrbefürchtungen aufweisen würde, in Zusammenschau mit den vorliegenden Länderberichten, welchen sich eine spezifische Gefährdung von Minderjährigen ebenfalls nicht entnehmen lässt.

Soweit in der Beschwerde (erstmals) eine dem Beschwerdeführer drohende Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit der sozialen Gruppe der Familie ausgehend von einer Gefährdung seines Vaters angesprochen wurde, ist festzuhalten, dass im Falle des Vaters wie auch der übrigen Familienmitglieder (welche ihrerseits keine individuellen Rückkehrbefürchtungen geltend gemacht hatten) keine maßgebliche Gefährdungslage im Falle einer Rückkehr erkannt werden konnte, zumal die vom Vater des Beschwerdeführers dargelegten Verfolgungsgründe als unglaubwürdig gewertet wurden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 01.09.2014, Zl. W103 1439218-1 sowie vom 24.07.2018, Zl. W182 1439218-2). Insofern kann auch nicht erkannt werden, dass der wenige Monate alte Beschwerdeführer aufgrund seiner Eigenschaft als Familienangehöriger seines Vaters im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation einer konkreten Gefährdung einer staatlichen oder privaten Verfolgung unterliegen würde. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen Säugling im Alter von knapp fünf Monaten, weshalb auch vor dem Hintergrund seines Lebensalters eine individuelle staatliche Verfolgung (aufgrund seiner Familienangehörigeneigenschaft zu seinen Eltern) nicht prognostiziert werden könnte. Den Länderberichten lässt sich kein Hinweis darauf entnehmen, dass sich allfällige staatliche Repressalien gegen Kleinkinder richten würden und hat auch der gesetzliche Vertreter der beschwerdeführenden Partei kein Vorbringen in diese Richtung erstattet. Insofern konnte kein Risiko festgestellt werden, dass der minderjährige Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr einen Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit erleiden würde oder (zumal eine Rückkehr jedenfalls nicht ohne Begleitung eines Elternteils erfolgen würde) von einer existenzbedrohenden Notlage bedroht wäre. Soweit die Beschwerde unter Anführung diverser Medienberichte auf die prekäre Sicherheitslage in Inguschetien, der Herkunftsregion der Eltern des Beschwerdeführers, verweist, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Übereinstimmung mit den Erwägungen in den Verfahren der Familienmitglieder in den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 01.09.2014 sowie vom 24.07.2018 zutreffend darauf hingewiesen, dass die Teilrepublik Inguschetien von keiner derart exzeptionell schlechten Sicherheitslage betroffen ist, als dass bereits die bloße Anwesenheit auf deren Territorium mit dem realen Risiko eines Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit verbunden wäre. Zudem wurde bereits im die Familienmitglieder des minderjährigen Beschwerdeführers betreffenden Verfahren festgestellt, dass die Familie alternativ zu einer Rückkehr in die Heimatregion über die Möglichkeit verfügen würde, sich in einem anderen Teil der Russischen Föderation, etwa bei dem in XXXX lebenden Onkel des Beschwerdeführers, niederzulassen.

Zur festgestellten Ländersituation führte das Bundesverwaltungsgericht unter anderem aus:

"Die gesetzlichen Vertreter der beschwerdeführenden Parteien sind den Länderberichten auch nicht substantiiert entgegengetreten. Insofern Quellen älteren Datums herangezogen werden, bleibt festzuhalten, dass sich die aktuelle Lage folglich laufender Medienbeobachtung sowie unter Berücksichtigung der in der Beschwerde ergänzend angeführten Berichte zur Sicherheitslage in Inguschetien bezogen auf den zu beurteilenden Fall - in welchem keine individuellen Rückkehrbefürchtungen geltend gemacht wurden - im entscheidungsrelevanten Aspekt gegenüber den zitierten Feststellungen unverändert darstellt."

Am 10.05.2019 stellten sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Gattin und die beiden gemeinsamen Kinder Asylfolgeanträge; im gegenständlichen Asylverfahren sowie jenen der Gattin und der gemeinsamen Kinder wurden der Beschwerdeführer und seine Gattin - getrennt voneinander - zu ihren Fluchtgründen (und allfällig zu jenen der Kinder) am 29.05.2019 niederschriftlich befragt: Der Beschwerdeführer gab entscheidungswesentlich an:

"(...)

LA: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen, CH oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?

VP: Nein.

(...)

LA: Wer von Ihrer Familie lebt noch im Heimatland?

VP: Meine Mutter und zwei Schwestern.

LA: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie?

VP: Ja. Nachgefragt, habe ich leider nicht regelmäßig Kontakt zu meiner Familie. Das Internet ist nicht so gut in Russland.

LA: Sie haben Deutschkurse besucht?

VP: Ja. Nachgefragt habe ich A2 abgeschlossen.

Frage wird auf Deutsch gestellt:

LA: Könnten Sie die Einvernahme auch ohne Dolmetscherin durchführen?

VP: Lacht ... auf Deutsch: Ohne Dolmetscher geht nicht.

Weiter in Russisch:

LA: Was haben Sie bis jetzt unternommen, damit Sie sich in die Gesellschaft integrieren?

VP: Ich habe versucht, aber ich hatte nicht so viele Möglichkeiten. Im Jahr 2015 ist meine Tochter verstorben. Im Jahr 2017 wurden mir meine Papiere abgenommen.

LA: Was meinen Sie damit, dass Ihnen Ihre Papiere abgenommen wurden?

VP: Ich hatte § 8. Mir wurde der Ausweis weggenommen. Der subsidiäre Schutz wurde nicht mehr verlängert.

LA: Wie haben Sie sich bisher Ihren Lebensunterhalt in Österreich finanziert?

VP: Hmm... Ich war drei Monate im Jahr 2017 arbeiten. Das war ein Vollzeitjob. Ich hatte aber Probleme mit den Rücken. Daher wurde ich entlassen. Sonst bekomme ich finanzielle Unterstützung vom Staat.

LA: Haben Sie versucht, eine andere Arbeit zu finden?

VP: Ja, ich habe es versucht, aber es ist nicht einfach ohne Ausweis. Derzeit habe ich Bekannte, welche bereit sind, mir einen Arbeitsplatz zu geben. Aber darf jetzt nicht arbeiten.

V: Ihnen wurde im September 2014 subsidiärer Schutz zuerkannt. Warum haben Sie nicht versucht von 2014 bis zur Aberkennung des subsidiären Schutzes Arbeit zu finden? Laut Ihren Angaben, gingen Sie wie eben angegeben nur drei Monate im Jahr 2017 arbeiten!

VP: 2014 - 2015 waren wir fast immer bei unserer Tochter im KH. Danach habe ich einen AMS Kurs besucht und gleichzeitig Deutschkurse A1 und A2 besucht. Das dauerte eben von 2015 - 2017. Meine Deutschkenntnisse haben nicht gereicht um eine Arbeit zu bekommen. Ich habe mich aber bemüht.

LA: Was haben Sie unternommen, um sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren?

VP: Schweigt anfänglich ... Was meinen Sie? Es ist schwer, wenn du

keine Arbeit hast, viele Kontakte zu knüpfen. Als ich die Kurse besucht habe, hatte ich natürlich mit andren Leuten Kontakt

LA: Gingen Sie in Ihrer Heimat einer Arbeit nach?

VP: Ja, nachgefragt war ich von 2010 - 2012 Soldat. Zuvor habe ich bis 2010 auf verschiedenen Baustellen als Fliesenleger gearbeitet. Seit 2013 bin ich in Österreich. 2018 hätte ich einen AMS Kurs besuchen können, da ich keinen Ausweis hatte, konnte ich keinen Kurs besuchen, ich durfte nicht.

LA: Ihre Gründe aus dem ersten Verfahren sind noch aufrecht, bestehen nach wie vor?

VP: Bei der Erstbefragung im Jahr 2013, habe ich nicht die ganze Wahrheit gesagt. Aber jetzt habe ich keine Wahl. Ich bin bereit alles zu erzählen.

LA: Ihre Angaben, welche Sie seit 2013 bis zur letzten Einvernahme angegeben haben, bezüglich Ihres Fluchtgrundes, die sind noch aufrecht?

VP: Ja.

LA: Was haben Sie damals nicht erzählt?

VP: Ich habe damals nicht alles erzählt, da ich Angst hatte, dass die Informationen weiter geleitet werden. Ich habe von mehreren Personen gehört, dass die Sicherheitsdienste von verschiedenen Ländern zusammen arbeiten. Ich möchte jetzt über einen Vorfall erzählen. Das passierte Anfang April 2012. In einer Stadt, namens XXXX , wurden fünf Leute getötet. In Massenmedien wurden diese Leute als Terroristen dargestellt. Ich und mein Freund XXXX waren im selben Regiment, wo die Mörder von diesen Menschen waren. Einmal in einem Kaffee, hat mein Freund und ich ein Gespräch von diesen Leuten gehört. Sie waren betrunken. Ich möchte sagen, dass sich dieses Kaffee befindet sich am Militärgelände (wohl vergleichbar mit der Offiziersmesse in österreichischen Kasernen) Sie sprachen darüber, dass sie unschuldige Menschen getötet haben. Sie haben angeblich falsche Informationen bekommen, dass sich in diesem Auto Terroristen befinden, sie haben auf dieses Auto geschossen. Alle Insassen waren tot. Es waren vier Männer und eine Frau. Sie kamen dann drauf, dass es sich um Unschuldige gehandelt hat. Sie legten dann unter das Auto eine Bombe und diese ist explodiert. Mein Freund und ich haben darüber bei einer Organisation berichtet, der Organisation MEMORIAL. Die Mörder haben versucht den Vorfall zu vertuschen. Sie haben behauptet, dass ein Terrorist dabei war. Die regionale Regierung hat bestätigt, dass nur ein Terrorist dabei war. Die Leute haben Angst vor dem Sicherheitsdienst FSB. Mein Freund hat gemerkt, dass er verfolgt wird. Er ist fast immer mit dem Auto gefahren. Ich hatte kein Auto. Aber ich kann das bestätigen. Als ich mit ihm im Auto mitfuhr, habe ich die Verfolgung gemerkt. Mein Freund hat eine Pistole gekauft um sich im Notfall zu schützen. Aber dann am 28.06.2012 wurde er umgebracht. Die Leute haben wie Zivilisten ausgesehen, sie haben aufs Auto geschossen, er hat sich versucht mit der Pistole zu schützen. Das dauerte ungefähr 15 Minuten, das Feuergefecht. Mein Freund wurde verletzt. Dann haben sie ihn ins Herz geschossen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich nicht dabei war.

LA: Den Tod Ihres Freundes gaben Sie bereits in Ihrem ersten Verfahren an und wurden Sie dazu befragt. Was hat der Tod Ihres Freundes nun mit Ihnen zu tun, zumal Sie den im Erstverfahren mit Ihnen gar nicht in Verbindung brachten, sondern allgemein erwähnt haben?

VP: Mein Freund hatte einen Bruder namens XXXX . Er wusste, dass die Mörder von seinem Bruder aus Inguschetien sind. Er und ich haben mit einem gesprochen. XXXX sagte ihm, dass er über den Mord seines Bruders bescheid weiß und er würde sich rächen wollen. Blutrache ist bei uns üblich. Im September 2012 wurde dann XXXX festgenommen. Ihn wurden Waffen untergeschoben. Seit dem habe ich die Verfolgung gemerkt. Am 01.05.2013 kamen zu mir die Leute und haben mich mitgenommen. Sie haben mich drei Tage festgehalten. Ich wurde geschlagen und mit Strom gefoltert. Sie haben mich eines Mordes einer Menschenrechtsaktivistin im Jahr 2008 bezichtigt. Danach haben sie mich laufen lassen. Mein Verwandter hat dabei geholfen. Er war ein Bankleiter, er hat sich eingemischt und deswegen haben sie mich freigelassen. Dieser Verwandte hat uns auch die Ausreise ins Ausland organisiert. Er hat uns mit dem Visum und all anderen Papieren geholfen.

V: Sie wurden letztmalig in Ihrem Verfahren am 10.01.2018 beim BVwG einvernommen. Sie erwähnten den heutigen neu vorgebrachten Grund mit keinem Wort. Weiters wurden Sie im Verfahren Ihres Sohnes am 10.01.2019 einvernommen. Auch in diesem Verfahren erwähnten Sie Ihren nun genannten Grund nicht. Ihnen musste bereits bei Übernahme des Bescheides, wo Ihnen mitgeteilt wurde, dass Ihnen Ihr zuerkannter subsidiärer Schutz aberkannt wurde, klar gewesen sein, dass Ihr weiterer Aufenthalt in AT nicht gesichert ist! Es ist nicht nachvollziehbar, dass Sie erst derart spät, nun angeblich die Wahrheit sagen!

VP: Ich habe damit nicht gerechnet, dass mir der subsidiäre Schutz aberkannt wird. Ich hatte Angst darüber zu sprechen. Wenn diese Information weiter geleitet wird, wird es für mich gefährlich. Jetzt habe ich wie gesagt, keine Wahl. Ich habe schon gehört, dass viele Dolmetscher/innen, für den Geheimdienst arbeiten.

V: Sie wissen schon, dass alle Dolmetscher durch die eigene Behörde als auch durch die österreichische Sicherheitsbehörde überprüft werden!

VP: Schweigt dazu.

V: Sie haben mehrmals die Informationsblätter erhalten. Sie wurden mehrmals darauf hingewiesen, dass all was Sie vor der Asylbehörde angeben, nicht an die heimischen Behörden weiter gegeben wird. Sie hatten mehrmals Einvernahmen, nicht nur hier, sondern auch bei Gericht II. Instanz. Es ist nicht nachvollziehbar, dass Sie erst nach sechs Jahren eben erwähntes vorbringen! Was geben Sie dazu an.

VP: Ich kenne den Vorfall. Ein Mann, welcher aus Österreich abgeschoben wurde, wurde im Heimatland des Terrorismus bezichtigt und er bekam 13 Jahre Haft.

V: Weiters gaben Sie im Erstverfahren am 29.08.2013 an, dass Ihr erwähnter Freund am 28.06.2013 umgebracht wurde! Ihnen wird die Niederschrift vorgelegt. Sie Zu diesem Zeitpunkt befanden Sie sich bereits in Österreich. Heute geben Sie an, dass er am 28.06.2012 umgebracht wurde!

VP: Damals, das war ein Missverständnis. Das ist unmöglich. Er wurde getötet, bevor ich nach Österreich gekommen bin. Das versteh ich gar nicht, wie kann das sein.

V: Bei der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 28.06.2018 gaben Sie sogar anfänglich an, dass dieser im Jahr 2008 getötet wurde, nach Vorhalt, dass diese vor Ihrer Militärzeit gewesen wären, besserten Sie sich auf das Jahr 2011 aus. Somit wiederum ein anderes Sterbejahr. Die Niederschrift wird Ihnen hierzu vorgelegt. Was geben Sie dazu an? (während Übersetzung durch die Dolmetscherin, lacht AW)

VP: Damals war die Wahrheit nicht mein Ziel, ich habe unüberlegt erzählt.

V: Sie legten bei der Erstbefragung ein Schriftstück vor, dieses wurde am 31.10.2018 ausgestellt und mit 03.11.2018 in die deutsche Sprache übersetzt. Zu diesem Zeitpunkt war das Verfahren Ihres Sohnes XXXX noch nicht einmal anhängig. Sondern stellten Sie für Ihren Sohn am 22.11.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie wurden weiters am 10.01.2019 einvernommen. Sohin mehr als 2 Monate später, nachdem das Schriftstück übersetzt wurde. Sie legten dieses Schriftstück aber im Verfahren Ihres Sohnes zu keinem Zeitpunkt vor. Was sagen Sie dazu?

VP: Ich habe nicht sofort um Asyl angesucht, da mir gesagt wurde, dass ich ab diesen Zeitpunkt in Untersuchungshaft lande.

Nachgefragt, ob Schubhaft gemeint ist: Das weiß ich nicht, aber ich lande in Haft.

V: Am 22.02.2019 wurde durch die Diakonie, gegen den Bescheid Ihres Sohnes Beschwerde erhoben. Das nun vorgelegte Schriftstück wurde auch in der Beschwerde nicht erwähnt! Noch wurden die nun neu vorgebrachten Gründe von Ihnen angeführt. Was geben Sie dazu an?

VP: Ich habe dieses Schriftstück meinen Anwalt gegeben. Ich war in der Diakonie. Sie sagten, mein Anwalt hätte dies erhalten.

V: Sie waren damals von der Diakonie vertreten!

VP: Ich hatte einen Anwalt. Aber er hat nichts für mich gemacht, deswegen war ich bei der Diakonie. In der Diakonie haben sie mir gesagt, ich werde ohnehin abgeschoben, das würde keine Rolle spielen. Das betrifft auch meinen Sohn.

V: Sie hatten letztmalig am 28.06.2018 eine mündliche Verhandlung beim BVwG. In dieser Einvernahme gaben Sie an, dass Sie nicht wissen würden, ob Sie mit den Behörden Probleme hätten. Bis zu diesem Zeitpunkt gaben Sie zuvor immer an, dass Sie keine Probleme mit den Behörden hätten. Nun behaupten Sie im gegenständlichen Verfahren, dass Sie am 01.05.2013 von den Behörden zu Hause abgeholt worden wären und man Sie zu einem falschen Geständnis zwingen wollte. Warum haben Sie dies bisher nie erwähnt?

VP: Ich habe diese Frage schon beantwortet.

V: Weiters ist es mehr als unglaubwürdig, dass Ihnen in weiterer Folge die legale Ausreise über Moskau mit Ihrem internationalen Pass am 02.06.2013 möglich gewesen wäre. Was geben Sie dazu an?

VP: Alles ist möglich, alle sind bestechlich. ... wenn du genug Geld

hast.

V: Weiters gaben Sie im Erstverfahren an, dass Ihnen ein Ihnen unbekannter Schlepper zur Ausreise verholfen hätte. Nun geben Sie an, dass dies ein Verwandter bzw. ein Cousin von Ihnen gewesen wäre!

VP: Ich wiederhole mich, ich wolle nicht die ganze Wahrheit erzählen.

V: Weiters erscheint es mehr als unglaubwürdig, dass Sie zu einer Rechtsschutzorganisation gehen, dort Ihre Aussage machen und die Leute nur auf Grund von Ihrer Aussage und den Aussagen anderer Personen sofort zugeben, dass Sie Zivilisten umgebracht haben!

VP: Murmelt vor sich hin.. .. Das waren wichtige Informationen,

natürlich ... Sie verstehen das nicht. Diese Informationen waren

gefährlich für die Leute. .. und wenn ich mich nicht Irre, wurde 2013 oder 2014 das Gebäude der Organisation in Brand gesetzt.

LA: Sie haben bereits eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Z. 6 erhalten, womit Ihnen mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben. Sie haben nunmehr Gelegenheit zur geplanten Vorgangsweise des BFA Stellung zu nehmen. Was spricht gegen Ihre Ausweisung, über die bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist?

VP: Atmet aus ... Was soll ich dazu noch sagen, ich habe alles

erzählt.

LA: Ihnen werden nun die Länderfeststellungen zu Ihrem Herkunftsstaat Russische Föderation, insbesondere Inguschetien vorgelegt. Wollen Sie diese durch den Dolmetscher auszugsweise übersetzt haben?

VP: Nein.

Der Rechtsberater hat die Möglichkeit Fragen oder Anträge zu stellen.

Keine Fragen, keine Anträge.

Der Vertreter hat die Möglichkeit Fragen oder Anträge zu stellen.

Vertreter legt zwei Schreiben vor: AW könnte theoretische als Lagerarbeiter arbeiten, weiters wird eine Bestätigung, dass AW seit August 2018 Mitglied des Kulturvereins für Tschetschenen und Inguschen in Österreich ist. Wir zum Akt genommen.

Anmerkung des Vertreters: Ich möchte anmerken, dass die Integration deshalb nicht gelungen ist, da die Familie sich um die totkranke, mit einem ganz seltenen Gendefekt behaftete Tochter Rajana, kümmern musste, welche auch verstorben ist.

Die Gattin des Beschwerdeführers gab für sich und ihre Kinder folgendes an:

"(...)

LA: Als Mutter und gesetzliche Vertreterin, gelten Ihre Angaben auch für Ihre beiden MJ Kinder XXXX , geb. XXXX (IFA: 1053046207) und XXXX , geb XXXX (IFA: 1213086509), oder haben Ihre Kinder eigene Fluchtgründe?

VP: Sie haben die gleichen Gründe. Sie wurden hier in Österreich geboren.

LA: Beide Kinder sind gesund?

VP: Ja, aber mein Sohn ist oft krank. Wahrscheinlich ist es damit verbunden, dass wir sooft umziehen sollen.

LA: Unter welchen Krankheiten leidet er öfters?

VP: Er ist sehr oft verkühlt. Vor kurzen hatte er Windpocken.

LA: Ansonsten leiden Ihre Kinder aber an keinen besonderen Krankheiten?

VP: Ja, im Großen und Ganzen sind sie gesund. Aber meine Tochter hat ein wenige komisch auf Impfungen reagiert. Deshalb war ich mit ihr im St. Anna Kinderspital. Mir wurde gesagt, dass manche Kinder ebenso reagieren. Also nicht alle gleich. Ich solle aber alles beobachten, haben mir die Ärzte gesagt, wegen meiner anderen Tochter. Sie hat erst mit drei Jahre angefangen zu spreche

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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