TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/16 98/01/0402

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Veröffentlicht am 16.12.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §10;
AsylG 1997 §11;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2000/01/0437 E 16. Juli 2003 2000/01/0346 E 16. Juli 2003 2000/01/0539 E 16. Juli 2003 2000/01/0438 E 16. Juli 2003 2002/01/0582 E 9. September 2003 2002/01/0612 E 20. Jänner 2004 2000/20/0343 E 19. Februar 2004 2003/01/0108 E 25. Mai 2004 2003/01/0358 E 21. September 2004 2003/20/0121 E 30. September 2004 2003/20/0122 E 30. September 2004 2002/20/0446 E 30. September 2004 2004/20/0217 E 30. September 2004 2002/01/0503 E 28. Juni 2005 2002/01/0504 E 28. Juni 2005 2003/20/0183 E 27. April 2006 2006/01/0035 E 29. Juni 2006 2004/20/0195 E 17. Oktober 2006 2005/01/0151 E 27. Februar 2007 2000/01/0088 E 29. Juni 2000

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der M, vertreten durch Dr. Hubert Maier, Rechtsanwalt in 4310 Mauthausen, Vormarktstraße 17, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 16. April 1998, Zl. 201.754/0-IV/11/98, betreffend Erstreckung von Asyl gemäß §§ 10 und 11 AsylG 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem angefochtenen Bescheid liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Asylantrag des Ehegatten der Beschwerdeführerin wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. April 1998 abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde langte am 24. August 1998 beim Verwaltungsgerichtshof ein. Der damit angefochtene Bescheid wurde mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 98/01/0391, aufgehoben.

Die Beschwerdeführerin beantragte am 24. März 1995 gemäß § 4 Asylgesetz 1991 die Ausdehnung der Gewährung von Asyl. Das Bundesasylamt wies den Antrag mit Bescheid vom 21. August 1997 ab. Der unabhängige Bundesasylsenat wies die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. April 1998 gemäß § 11 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76 (AsylG), ab. Der unabhängige Bundesasylsenat begründete den nunmehr angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, daß dem Ehegatten der Beschwerdeführerin nicht Asyl gewährt worden sei, weshalb die gemäß § 10 Abs. 1 des nunmehr anzuwendenden AsylG geforderte Voraussetzung, daß einem Angehörigen Asyl gewährt worden sei, nicht vorliege.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die für die Beantwortung dieser Frage maßgeblichen

Bestimmungen des AsylG lauten:

"Asylerstreckungsantrag

§ 10. (1) Fremde begehren mit einem Asylerstreckungsantrag die Erstreckung des einem Angehörigen auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährten Asyl.

(2) Asylerstreckungsanträge können frühestens zur selben Zeit wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden. Sie sind nur für Eltern eines Minderjährigen oder für Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder zulässig; für Ehegatten überdies nur dann, wenn die Ehe spätestens innerhalb eines Jahres nach der Einreise des Fremden geschlossen wird, der den Asylantrag eingebracht hat.

Asylerstreckung

§ 11. (1) Die Behörde hat auf Grund eines zulässigen Antrages durch Erstreckung Asyl zu gewähren, wenn dem Asylwerber die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten EMRK, BGBl. Nr. 210/1958, mit dem Angehörigen in einem anderen Staat nicht möglich ist.

(2) Fremde, die einen Asylerstreckungsantrag eingebracht haben, können im Verfahren über den Asylantrag ihres Angehörigen aus eigenem alles vorbringen, was ihnen für dieses Verfahren maßgeblich erscheint. Wird der Asylantrag als unzulässig zurückgewiesen oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen, so gelten die der Sache nach damit verbundenen Asylerstreckungsanträge, sofern der Betroffene nach Belehrung über die Folgen nicht ausdrücklich darauf verzichtet, als Asylanträge. Die Behörde hat über diese Anträge unverzüglich zu entscheiden; im Falle eines Verzichtes sind Asylanträge dieser Fremden innerhalb von 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft der die Asylerstreckungsanträge abweisenden Entscheidung unzulässig.

(3) Bringen Fremde einen Asylerstreckungsantrag während eines bereits anhängigen Verfahrens gemäß § 7 ein, ist mit der Erledigung dieses Antrages zuzuwarten, bis die Entscheidung über ihren Asylantrag ergangen ist. Asyl durch Erstreckung darf ihnen erst gewährt werden, wenn ihr Asylantrag rechtskräftig zurückgewiesen oder abgewiesen wurde.

(4) Bescheide, mit denen Angehörigen durch Erstreckung Asyl gewährt wurde, treten außer Kraft und Asylerstreckungsanträge werden gegenstandslos, wenn den Angehörigen gemäß § 7 Asyl gewährt wird."

§ 11 Abs. 3 und 4 AsylG können im folgenden außer Betracht bleiben, weil sie Asyl- und Asylerstreckungsanträge ein und derselben Person betreffen.

§ 10 Abs. 1 AsylG scheint dem Wortlaut nach ein schon im Zeitpunkt des Asylerstreckungsantrages positiv, nämlich durch Asylgewährung, abgeschlossenes Verfahren über den Hauptantrag vorauszusetzen. Dem steht aber die ausdrückliche Anordnung des § 10 Abs. 2 AsylG entgegen, wonach Asylerstreckungsanträge "frühestens zur selben Zeit" wie der der Sache nach damit verbundene Asylantrag eingebracht werden können. Mit der Vorstellung, derartige vor einem positiven Abschluß des Hauptverfahrens gestellte Anträge seien zwar nicht als unzulässig zurückzuweisen, aber schon während des erstinstanzlichen Verfahrens über den Hauptantrag spruchreif und mangels Vorliegens der Voraussetzung eines bereits "gewährten Asyls" sogleich abzuweisen, ließe sich diese Anordnung des Gesetzgebers nicht sinnvoll in Einklang bringen. Daß eine derartige Spruchreife während des erstinstanzlichen, aber zumindest in bezug auf eine verfahrensbeendende Entscheidung über den Asylerstreckungsantrag auch während des Berufungsverfahrens über den Hauptantrag nicht anzunehmen ist, ergibt sich jedoch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes vor allem aus § 11 Abs. 2 erster Satz AsylG, wonach Erstreckungswerber im Verfahren über den Hauptantrag aus eigenem alles vorbringen können, was ihnen für dieses Verfahren (nämlich dasjenige über den Hauptantrag) maßgeblich erscheint. Diese Bestimmung setzt voraus, daß das Verfahren über den Erstreckungsantrag nicht vor dem Verfahren über den Hauptantrag rechtskräftig beendet wird. Zusätzliche Bestätigung findet dies in der detailliert durchgestalteten Parallelführung beider Verfahren für den besonders geregelten Fall, daß der Hauptantrag als unzulässig zurückgewiesen oder als offensichtlich unbegründet abgewiesen wird und der Erstreckungswerber auf die Behandlung seines Antrages als Asylantrag verzichtet (vgl. hiezu

§ 11 Abs. 2 zweiter und dritter Satz in Verbindung mit § 32 Abs. 1 letzter Satz und Abs. 2 dritter Satz AsylG, wobei es an der zuletzt genannten Stelle statt "zurückweisenden" richtig "abweisenden" heißen müßte; die Aufhebung der Wortfolge "§ 4 und" des § 32 AsylG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1998, G 31/98-10 u.a., wegen der verfassungswidrigen Kürze der in der Stammfassung dieser Bestimmung vorgesehenen Berufungsfrist ist im vorliegenden Zusammenhang nicht von Bedeutung).

Für den vorliegenden Fall folgt daraus, daß mit der rechtskräftigen Erledigung des Antrages der Beschwerdeführerin bis zur rechtskräftigen Erledigung des durch die Aufhebung des den Asylantrag des Gatten der Beschwerdeführerin abweisenden Bescheides wieder offenen Verfahrens über den Hauptantrag zuzuwarten ist und der beschwerdeführenden Partei in dem genannten Verfahren die ihr durch § 11 Abs. 2 erster Satz AsylG eingeräumte Beteiligtenstellung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1998, Zl. 98/20/0311).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998010402.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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