TE Vwgh Beschluss 2016/7/13 Ra 2016/11/0078

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Veröffentlicht am 13.07.2016
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung
90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

KFG 1967 §20 Abs4
KFG 1967 §20 Abs5
KFG 1967 §20 Abs5 litc
KFG 1967 §22 Abs4
StVO 1960 §26 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der E in I, vertreten durch Dr. Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts

Tirol vom 2. Juli 2015, Zl. LVwG-2014/13/1840-3, betreffend Bewilligung für die Anbringung von Blaulicht- und Tonanlagen nach dem KFG 1967 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Tirol), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Schreiben vom 9. Juni 2013 beantragte die Revisionswerberin die Erteilung der "österreichweiten Genehmigungen" zum Anbringen von Warnleuchten mit blauem Licht und Folgetonhorn für vier dem Kennzeichen nach präzisierte Fahrzeuge.

Mit vier Bescheiden des Landeshauptmannes von Tirol jeweils vom 12. Juni 2013 wurden bezüglich dieser Fahrzeuge Bewilligungen zum Anbringen von Warnleuchten mit blauem Licht und Folgetonhorn - eingeschränkt auf das Bundesland Tirol - unter Auflagen erteilt.

1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der auf die Bundesländer Wien, Niederösterreich, Burgenland, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Kärnten und Vorarlberg bezogene Antrag auf Erteilung der Bewilligung zum Anbringen von Warnleuchten mit blauem Licht und Folgetonhorn für drei der genannten Fahrzeuge (hinsichtlich des vierten Fahrzeuges war der Antrag zurückgezogen worden) gemäß § 20 Abs. 4 und 5 lit. c iVm § 22 Abs. 4 KFG 1967 abgewiesen. Gemäß § 25a VwGG wurde ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

In der Begründung wurde festgestellt, die Revisionsweberin sei ein Verein für Kranken- und Notfalltransporte mit Sitz in Innsbruck und für die Organisation und Durchführung von Verlegungstransporten von Verunglückten in österreichische und ausländische Fachkliniken zuständig. Sie verfüge derzeit über drei Fahrzeuge, davon zwei Rettungsfahrzeuge mit der höchstmöglichen Ausstattung und ein Fahrzeug für Intensivtransporte, das zusätzlich mit Geräten für die Intensivmedizin ausgestattet sei. Die Revisionswerberin sei bereits seit dem Jahre 1992 tätig und rund um die Uhr erreichbar, sie beschäftige fix zwei ausgebildete Rettungssanitäter und eine Sekretärin. Weiters seien bei der Revisionswerberin ein Arzt ehrenamtlich und mehrere Freiwillige, vorwiegend Medizinstudenten, tätig.

Bei den laufend durchgeführten Intensivtransporten mit schwererkrankten und teilweise intubierten sowie beatmeten Patienten werde die Wegstrecke unter Berücksichtigung der Krankenhäuser, welche im Notfall angefahren werden könnten, im Vorhinein abgeklärt. Die Revisionswerberin bediene sich seit Jahren des örtlichen Rettungsdienstes, wenn es um Fahrten vom Flughafen Wien ins Wiener Stadtgebiet und umgekehrt sowie um Auslandseinsätze mit dem Wiener Flughafen als Ziel gehe.

Im Gegensatz zum Roten Kreuz führe die Revisionswerberin vorbestellte Krankentransporte durch. Insgesamt sei die Rettung für den Rettungsdienst und die Revisionswerberin eher für den Krankentransport zuständig. Einer Einschätzung des Geschäftsführers der Revisionswerberin zufolge seien von Weihnachten 2014 bis Ende April 2015 (Skisaison) etwa 150 Krankentransporte durchgeführt worden. Befragt, wie oft bei den Fahrten Gefahr im Verzug vorgelegen sei, habe der Geschäftsführer angegeben, dass von Jänner 2015 bis April 2015 sicher "30 Fahrten mit Arzt" durchgeführt worden seien, manche Patienten hätten in einem "bedrohlichen Zustand überstellt" werden müssen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, eine Bewilligung gemäß § 20 Abs. 5 KFG 1967 dürfe nur erteilt werden, wenn u.a. die Verwendung des Blaulichtes im öffentlichen Interesse gelegen sei. Eine uneingeschränkte Bewilligung für das gesamte Bundesgebiet komme somit nur dann in Betracht, wenn sämtliche Erteilungsvoraussetzungen, insbesondere das öffentliche Interesse an der Verwendung von Blaulicht und Tonfolgeanlagen, hinsichtlich des gesamten Bundesgebietes bestünden.

Dazu verwies das Verwaltungsgericht auf die hg. Judikatur zur gebotenen restriktiven Handhabung des § 20 Abs. 5 KFG 1967 (VwGH vom 21. Mai 1996, Zl. 96/11/0049 und vom 25. Juni 1996, Zl. 95/11/0263) sowie auf das hg. Erkenntnis vom 21. August 2014, Ro 2014/11/0068, in dem ausgeführt worden sei, dass ein öffentliches Interesse an der Verwendung von Blaulicht und Folgetonhorn nur dann gegeben sei, wenn das Fahrzeug, für das die Bewilligung angestrebt werde, nicht nur in Ausnahmefällen, sondern mit entsprechender Häufigkeit zu Fahrten bestimmt sei, bei denen Gefahr im Verzug im Sinne des § 26 Abs. 1 StVO 1960 vorliege.

Dies sei bei der Revisionswerberin nicht der Fall, weil bei deren Fahrten nicht mit entsprechender Häufigkeit Gefahr in Verzug vorliege, es also gleichsam "um Minuten" gehe. Die Revisionswerberin habe in der Verhandlung selbst angegeben, dass sie eher für den Krankentransport zuständig sei und dabei in erster Linie für Sekundärfahrten, also von Privaten und Versicherungen vorbestellte Fahrten, wohingegen sie bei der Rettung von Patienten mit örtlichen Rettungsdiensten zusammenarbeite.

2. Mit Beschluss vom 24. Februar 2016, E 1720/2015-13, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG erhobenen Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

3. Daraufhin erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision.

3.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. die hg. Beschlüsse vom 25. März 2014, Zl. Ra 2014/04/0001, und vom 18. Februar 2015, Zl. Ra 2015/08/0008).

3.2. In der vorliegenden Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

Soweit die Revision im Rahmen der Darlegung ihrer Zulässigkeit vorbringt, es fehle gesicherte Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Voraussetzungen das öffentliche Interesse an der Verwendung von Warnleuchten mit blauem Licht im Sinne des § 20 Abs. 5 KFG 1967 gegeben sei, so ist sie auf das im angefochtenen Erkenntnis und auch von ihr selbst zitierte hg. Erkenntnis vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0068, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof diese Frage ausführlich behandelt hat. Nach diesem Erkenntnis setzt die Bewilligung von Warnleuchten mit blauem Licht auch bei Fahrzeugen gemäß § 20 Abs. 5 lit. c KFG 1967 (Fahrzeuge für den Rettungsdienst oder den Bergrettungsdienst) das Vorliegen eines öffentlichen Interesses voraus, welches dann anzunehmen ist, wenn das Fahrzeug nicht nur in Ausnahmefällen, sondern mit entsprechender Häufigkeit (in einer größeren Zahl von Fällen) zu Fahrten bestimmt ist, bei denen anzunehmen ist, dass die durch die Verwendung von Blaulicht oder Tonfolgehorn bewirkte Erleichterung des Vorankommens ausschlaggebend sein wird, um drohende Gefahr für das Leben oder für die Gesundheit von Menschen abzuwenden (bei denen es also gleichsam "um Minuten geht"). Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu klargestellt, dass diese Voraussetzung im Regelfall weder bei bloßen Krankentransporten, bei denen in seltenen Fällen Komplikationen auftreten können, noch bei Patiententransporten vom Flughafen zu umliegenden Spitälern im Rahmen internationaler Krankenlufttransporte (somit beim Transport von Personen, deren Gesundheitszustand einen Flug zulässt) erfüllt sein werden.

Vor diesem Hintergrund wird mit dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen der Revision, das angefochtene Erkenntnis sei mit einem Verfahrensmangel behaftet, weil nicht festgestellt wurde, inwieweit die Revisionswerberin auch "Hilfsdienste und Rettungsdienste" durchführt, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht dargelegt, weil (abgesehen davon, dass vom Verwaltungsgericht vermeintlich nicht beachtete Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom Revisionswerber nicht zitiert wird) die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers nicht dargetan wurde und im Hinblick auf das Vorgesagte auch nicht ersichtlich ist.

Wenn die Revision vorbringt, die Beschränkung der Bewilligungsfreiheit beim Anbringen von Blaulicht auf die fünf in § 23 Sanitätergesetz genannten Organisationen sei sachlich nicht gerechtfertigt und damit gleichheitswidrig, genügt der Hinweis auf den bereits erwähnten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 2016, E 1720/2015-13.

Mit dem übrigen (mehrseitigen) Vorbringen "zum Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage" wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht konkret dargelegt, sondern vielmehr in der Art von Revisionsgründen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufzuzeigen versucht.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. Juli 2016

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016110078.L00

Im RIS seit

06.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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