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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AVG §58 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des S E in Z, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 5. April 2018, LVwG-2017/21/0737-6, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Schwaz), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 20. Februar 2017 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P GmbH gemäß § 9 Abs. 1 VStG der dreifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 iVm § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, 2, 3 und 4 § 3 und § 4 Abs. 1 und 2 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt und über ihn drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 3.000 € (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Die P GmbH habe als Betreiberin des Geschäftslokals „B“ verbotene Ausspielungen ermöglicht und mit dem Vorsatz unternehmerisch zugänglich gemacht, fortgesetzte Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen, und zwar dadurch, dass die Aufstellung und der Betrieb der in ihrem Lokal vorgefundenen Geräte geduldet und an der Auszahlung erzielter Gewinne dadurch mitgewirkt worden sei, dass der Revisionswerber für die Ausbezahlung von Gewinnen und zur Zurückstellung der Zahlenfelder am Gerätebildschirm auf Null verantwortlich gewesen sei. Er habe stets dafür gesorgt, dass die Geräte täglich eingeschaltet den Spielern betriebsbereit zur Verfügung gestanden seien, und habe den Spielern Auskunft über Fragen im Zusammenhang mit der Gerätebedienung erteilt sowie die Gewinne ausbezahlt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab, verpflichtete den Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens und sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
3 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht aus, die P GmbH sei Mieterin eines näher bezeichneten Lokals, in welchem Glücksspielgeräte vorgefunden worden seien. Aus der Zusammenschau der aufgenommenen Beweismittel stehe außer Zweifel, dass die P GmbH wesentlichen Einfluss auf das Geschehen im Lokal habe. Es möge sein, dass das Lokal offiziell an eine andere Gesellschaft untervermietet worden sei, dies habe allerdings auf das Verfahren keine Auswirkung, weil die P GmbH einen wesentlichen Einfluss auf das Lokal habe und das Aufstellen der Glücksspielautomaten geduldet habe. Für den Fall der tatsächlichen Weitervermietung könne nicht festgestellt werden, dass die P GmbH als Vermieterin etwas gegen die Durchführung von Glücksspielen unternommen habe. Rechtlich führte das Landesverwaltungsgericht aus, dem Revisionswerber sei eine unternehmerische Beteiligung am Verstoß gegen das Glücksspielgesetz vorzuwerfen, weil er es geduldet oder durch die Nichteinrichtung eines Kontrollsystems ermöglicht habe, dass in einem von seiner Gesellschaft zur Verfügung gestellten Pachtobjekt Glücksspielautomaten aufgestellt und betrieben worden seien.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte Kostenersatz.
5 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Die vorliegende Revision erweist sich schon im Hinblick auf das Zulässigkeitsvorbringen, es sei dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen, welche konkrete Tathandlung dem Revisionswerber vorgeworfen werde, als zulässig. Die Revision ist auch begründet.
7 § 44a VStG regelt, welche Bestandteile der Spruch eines Straferkenntnisses zu enthalten hat. Dazu zählen unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann. Der Revisionswerber hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden. Die Identität der Tat muss unverwechselbar feststehen (vgl. VwGH 14.9.2018, Ra 2017/17/0407, mwN).
8 Besteht ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung, bei dem es sich nicht bloß um eine terminologische Abweichung, deren Wirkung sich im Sprachlichen erschöpft, handelt, sondern bei dem die Wahl unterschiedlicher Begriffe vielmehr eine Unterschiedlichkeit in der rechtlichen Wertung durch Subsumtion unter je ein anderes Tatbild zum Ausdruck bringt, führt dies zu einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit (vgl. VwGH 19.5.2017, Ra 2016/17/0173, mwN).
9 Im angefochtenen Erkenntnis werden dem Revisionswerber unterschiedliche Tathandlungen vorgeworfen. Im durch die Abweisung der Beschwerde seitens des Verwaltungsgerichts bestätigten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft wird ihm ausdrücklich das unternehmerische Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen (§ 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild GSpG) vorgeworfen. Im Rahmen der rechtliche Beurteilung lastet das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber dann allerdings die unternehmerische Beteiligung (§ 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG) am Verstoß gegen das Glücksspielgesetz an.
10 Damit ist aber dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen, welche Tathandlung(en) dem Revisionswerber konkret vorgeworfen wurde(n) und unter welches Tatbild diese Tathandlung(en) nach Ansicht des Verwaltungsgerichts zu subsumieren wäre(n). Das angefochtene Erkenntnis entspricht somit nicht den Anforderungen gemäß § 44a Z 1 und 2 VStG.
11 Das angefochtene Erkenntnis war aus dem dargelegten Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
12 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 18. Oktober 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018150065.L00Im RIS seit
07.10.2020Zuletzt aktualisiert am
07.10.2020