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26/03 PatentrechtNorm
ÄrzteG 1998 §2 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Präsidenten der Ärztekammer für Wien, vertreten durch die PHH Prochaska Havranek Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Julius Raab-Platz 4, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 2. Oktober 2015, Zl. VGW-162/027/4838/2015-6, betreffend Kammerumlage für das Jahr 2013 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Ärztekammer für Wien; mitbeteiligte Partei:
Univ. Prof. Dr. U S in W, vertreten durch die Fiebinger Polak & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Getreidemarkt 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Mitbeteiligte ist Ärztin in Wien. Mit Bescheid vom 30. Mai 2014 hatte ihr der Präsident der Ärztekammer für Wien auf Basis der Einkünfte im Jahr 2010 die Kammerumlage zur Ärztekammer für Wien für das Jahr 2013 mit EUR 24.000,-- und zur Österreichischen Ärztekammer mit EUR 7.784,56 vorgeschrieben. Insgesamt betrage die Nachzahlungsverpflichtung daher EUR 31.784,56.
2 In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Mitbeteiligte vor, bei der Berechnung der Kammerumlage habe die Ärztekammer fälschlicherweise einen Betrag von EUR 1.559.411,46 als Bemessungsgrundlage angenommen. In diesem Betrag seien Patenteinkünfte in Höhe von EUR 1.201.448,96 enthalten, die der Mitbeteiligten aufgrund einer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der H.M. School (USA) für den Zeitraum von 1. Juli 1990 bis 29. April 1992 zustünden. Hierbei sei sie jedoch nicht als Ärztin, sondern als Stipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Ausbildung ausschließlich für ein rein wissenschaftliches Projekt angestellt gewesen. Darüber hinaus seien die Einkünfte vor dem relevanten Zeitraum erzielt worden, nämlich bereits in den Jahren 1990 bis 1992. Lediglich die Überweisung habe im Jahr 2010 stattgefunden, da erst zu diesem Zeitpunkt die Verteilung der "royalties" aus dem Patent juristisch geklärt gewesen sei. Selbst wenn diese Tätigkeit als ärztliche eingeordnet werden sollte, seien die Einkünfte nicht in die Berechnung der Kammerumlage einzubeziehen, weil die Tätigkeit in den USA und nicht in Wien stattgefunden habe.
3 In der mündlichen Verhandlung am 27. August 2015 brachte die Mitbeteiligte vor, dass sie im fraglichen Zeitraum (1990-1992) lediglich Grundlagenforschung durchgeführt habe, und es wurde eine Kopie des Patentauszuges vorgelegt. Der Vertreter der Ärztekammer brachte vor, die Umlagenordnung ziele allein auf das zu versteuernde Einkommen ab.
4 Mit Schreiben vom 4. September 2015 ergänzte die Mitbeteiligte ihre Beschwerde dahin, dass es sich bei dem Patent weder um eine medizinische Methode noch um ein medizinischtechnisches Gerät handle, sondern um eine Konzeptentwicklung, zu der sie einen rein wissenschaftlichen Zwischenschritt erarbeitet habe. Darüber hinaus wurden drei Arbeiten der Mitbeteiligten konkret genannt, die in das Patent eingeflossen seien. 5 Am 1. Oktober 2015 brachte der Revisionswerber eine Stellungnahme ein, die am 6. Oktober 2015 beim Landesverwaltungsgericht einlangte.
6 Mit Erkenntnis vom 2. Oktober 2015 gab das Verwaltungsgericht der Beschwerde statt und setzte die Kammerumlage für das Jahr 2013 zur Ärztekammer f??r Wien gemäß § 1 der Umlagenordnung mit EUR 1.432,17 und jene zur Österreichischen Ärztekammer gemäß § 2 der Umlagenordnung mit EUR 376,88 fest. Die ordentliche Revision erklärte es für zulässig.
Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die Mitbeteiligte im Jahr 1986 ihr Medizinstudium in Deutschland abgeschlossen habe. Vom 1. Juli 1990 bis 29. April 1992 sei sie Mitarbeiterin der H.M. School gewesen und habe während dieser Tätigkeit an der Entwicklung eines näher angeführten Patents aus dem Jahr 1998 mitgearbeitet. Die Einnahmen aus diesem Patent seien der Mitbeteiligten erst im Jahr 2010 zugeflossen. Die erstmalige Eintragung der Mitbeteiligten in die österreichische Ärzteliste sei am 3. März 2004 erfolgt. Nach beweiswürdigenden Erwägungen folgerte das Verwaltungsgericht zusammengefasst, dass § 1 Abs. 2 Umlagenordnung zwar nicht dahingehend auszulegen sei, dass sämtliche ärztliche Leistungen, deren faktischer Erfüllungsort nicht in Wien liege, von der Umlagepflicht ausgenommen wären, allerdings sei die Bestimmung so zu verstehen, dass eine Umlagepflicht nur dann bestehe, wenn es einen berufsrechtlichen Anknüpfungspunkt - nämlich in Form der Mitgliedschaft - zur Ärztekammer Wien gebe. Einer Ärztekammer gehöre als ordentlicher Kammerangehöriger gemäß § 68 ÄrzteG 1998 jeder Arzt an, der in die Ärzteliste eingetragen sei, seinen Beruf im Bereich dieser Ärztekammer ausübe und keine Alters- oder ständige Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds beziehe. Der fragliche Passus der Umlagenordnung ("soweit es im Bereich des Bundeslandes Wien erzielt wurde") sei seinem Wortlaut nach an § 68 Abs. 1 Z 2 ÄrzteG 1998 angelehnt, der an den Berufsausübungsort anknüpfe. Die Mitbeteiligte sei jedoch im fraglichen Zeitraum nicht in die Ärzteliste eingetragen gewesen und habe keinen Berufssitz, Dienstort oder Wohnsitz im Sinne des § 47 ÄrzteG 1998 gehabt. Da somit ein Anknüpfungspunkt für eine Mitgliedschaft zur Ärztekammer gefehlt habe, stellten die Einnahmen aus der damals erbrachten Tätigkeit kein umlagepflichtiges Einkommen dar. Dass die Mitbeteiligte im Zeitpunkt des Entgeltzuflusses 2010 Mitglied der Ärztekammer für Wien gewesen sei, vermöge nichts daran zu ändern, zumal ihr die Mitgliedschaft ja nicht rückwirkend zugekommen sei und für die frühere Tätigkeit somit keinen berufsrechtlichen Anknüpfungspunkt bieten könne.
Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision wurde ausgeführt, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Auslegung des § 1 Abs. 2 Umlagenordnung ("soweit es im Bereich des Bundeslandes Wien erzielt wurde") fehle. Es sei zu klären, ob der betreffende Passus ausschließlich als örtlicher oder vielmehr als berufsrechtlicher Anknüpfungspunkt zu verstehen sei. Diese Frage habe grundsätzliche Bedeutung, da ärztliche Tätigkeit vermehrt an verschiedenen geografischen Orten stattfinde. Auch fehle Rechtsprechung dazu, ob eine ärztliche Tätigkeit nur dann umlagepflichtig sei, wenn es bereits im Zeitpunkt der Leistungserbringung einen entsprechenden Anknüpfungspunkt gebe, oder ob es genüge, dass dieser Anknüpfungspunkt im Zeitpunkt des Zuflusses der Einnahmen bestehe. Zuletzt fehle auch Rechtsprechung dazu, inwieweit Einnahmen aus immaterialgüterrechtlichen Lizenzen/Nutzungsrechten umlagepflichtig sein könnten. Insbesondere sei hierzu unklar, ob solche Einnahmen bereits von vorne herein nicht einzubeziehen seien, da eine erfinderische Tätigkeit abgegolten werde, oder ob sie Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit darstellen könnten, sofern die zugrundeliegende Forschung als solche qualifiziert werden könne.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision des Präsidenten der Ärztekammer für Wien, zu der die Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstattete. 8 In der ordentlichen Revision wurde zur Zulässigkeit ergänzend vorgebracht, das Erkenntnis weiche von der (nicht näher bezeichneten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 19 EStG zur zeitlichen Zuordnung von Einkünften ab. Das dort normierte Zufluss-Abfluss-Prinzip gelte auch für die Bemessung von Kammerumlagen. Auch gebe es bereits Rechtsprechung zur Einbeziehung von medizinischer Forschung in die Bemessungsgrundlage zur Kammerumlage, von der das Erkenntnis ebenfalls abweiche.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Die Revision ist aus den im angefochtenen Erkenntnis
genannten Gründen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. 11 Die maßgeblichen Bestimmungen des ÄrzteG 1998 idF. BGBl. I Nr. 156/2005 lauten auszugsweise:
"Der Beruf des Arztes
§ 2. (1) Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen.
(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfaßt jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere
1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Mißbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind;
2. die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel;
3.
die Behandlung solcher Zustände (Z 1);
4.
die Vornahme operativer Eingriffe einschließlich der Entnahme oder Infusion von Blut;
5.
die Vorbeugung von Erkrankungen;
6.
die Geburtshilfe sowie die Anwendung von Maßnahmen der
medizinischen Fortpflanzungshilfe;
7. die Verordnung von Heilmitteln, Heilbehelfen und medizinisch diagnostischen Hilfsmitteln;
8. die Vornahme von Leichenöffnungen.
(3) Jeder zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigte Arzt ist befugt, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten.
...
Einrichtung der Ärztekammern
§ 65. (1) Zur Vertretung des Ärztestandes ist für den räumlichen Bereich eines jeden Bundeslandes eine Ärztekammer eingerichtet. Diese Ärztekammern führen die Bezeichnung ‚Ärztekammer für ...' mit einem auf das jeweilige Bundesland hinweisenden Zusatz.
...
Kammerangehörige
§ 68. (1) Einer Ärztekammer gehört als ordentlicher Kammerangehöriger jeder Arzt an, der
1. in die von der Österreichischen Ärztekammer geführte Ärzteliste gemäß § 4 eingetragen worden ist und
2.
seinen Beruf im Bereich dieser Ärztekammer ausübt und
3.
keine Alters- oder ständige Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds bezieht. Bezieher einer Alters- oder ständigen Invaliditätsversorgung aus dem Wohlfahrtsfonds sind ordentliche Kammerangehörige, wenn sie auf Grund regelmäßiger ärztlicher Tätigkeit fortlaufend Beiträge zum Wohlfahrtsfonds und die Kammerumlage entrichten.
(2) Ordentliche Angehörige einer Ärztekammer sind ferner Ärzte, die gemäß § 34 in die Ärzteliste eingetragen worden sind und ihren Beruf im Bereich dieser Ärztekammer ausüben.
(3) Ärzte gemäß Abs. 1 und 2 haben sich zwecks Feststellung der Kammerzugehörigkeit innerhalb von vier Wochen nach Erhalt der Bestätigung über die Eintragung bei ihrer Ärztekammer zu melden.
(4) Die Zugehörigkeit zu einer Ärztekammer erlischt, wenn der Arzt
1. seinen Berufssitz (seine Berufssitze), seinen Dienstort (seine Dienstorte) oder, sofern es sich um einen Wohnsitzarzt handelt, seinen Wohnsitz (§ 47) in den Bereich einer anderen Ärztekammer verlegt hat oder
2. von der Österreichischen Ärztekammer gemäß § 59 aus der Ärzteliste gestrichen worden ist. Eine Verlegung des Dienstortes gemäß Z 1 liegt nicht vor, wenn der Arzt auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften, insbesondere auf Grund von Karenzierung und Dienstzuteilung, vorübergehend im Bereich einer anderen Ärztekammer oder im Ausland ärztlich tätig wird.
(5) Ärzte, die nicht die Erfordernisse der Abs. 1 oder 2 erfüllen, sowie Amtsärzte können sich bei der Ärztekammer, in deren Bereich sie ihren Hauptwohnsitz haben, freiwillig als außerordentliche Kammerangehörige eintragen lassen.
Pflichten und Rechte der Kammerangehörigen
§ 69. (1) Alle Kammerangehörigen sind verpflichtet, die von der Ärztekammer im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungskreises gefaßten Beschlüsse zu befolgen sowie die in der Umlagenordnung und in der Beitragsordnung festgesetzten Umlagen und Wohlfahrtsfondsbeiträge zu leisten.
...
§ 91. (1) Zur Bestreitung des Sachaufwandes, des Aufwandes für die Organe, des Personalaufwandes und der anderen finanziellen Erfordernisse für die Durchführung der den Ärztekammern übertragenen Aufgaben (§ 84), ausgenommen für den Wohlfahrtsfonds, sowie zur Erfüllung der gegenüber der Österreichischen Ärztekammer bestehenden Umlageverpflichtung heben die Ärztekammern von sämtlichen Kammerangehörigen die Kammerumlage ein.
...
(3) Die Umlagen sind unter Bedachtnahme auf die
1. wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anhand der Einnahmen (Umsätze) und/oder Einkünfte sowie
2. Art der Berufsausübung
der Kammerangehörigen festzusetzen, wobei die Höhe der Umlagen betragsmäßig oder in Relation zu einer Bemessungsgrundlage festgesetzt werden kann. Bei Beteiligung eines Kammerangehörigen an einer Gruppenpraxis kann bei der Bemessungsgrundlage ein dem Geschäftsanteil an der Gruppenpraxis entsprechender Anteil am Umsatz (Umsatzanteil) oder ein entsprechender Anteil am Bilanzgewinn - unabhängig von dessen Ausschüttung - berücksichtigt werden. Die Höchstgrenze der Kammerumlage beträgt 3 vH der Einnahmen (Einkünfte) aus ärztlicher Tätigkeit einschließlich der Umsatzanteile an Gruppenpraxen. Die Umlagenordnung kann einen Mindestsatz für die Kammerumlage vorsehen. Näheres ist in der Umlagenordnung zu regeln. Für den Fall einer verspäteten Entrichtung der Kammerumlage durch Kammerangehörige kann die Umlagenordnung die Vorschreibung von angemessenen Mahnspesen vorsehen."
12 Die vorliegend maßgeblichen Regelungen der Umlagenordnung der Ärztekammer für Wien für das Jahr 2013 lauten (auszugsweise):
"UMLAGE ZUR ÄRZTEKAMMER FÜR WIEN
§ 1 Kammerumlage
(1) Die Kammerumlage beträgt, soweit in dieser Umlagenordnung nichts anderes festgelegt ist, jährlich 1,9 v.H. der Bemessungsgrundlage, höchstens aber EUR 24.000,- p.a.
(2) Die Bemessungsgrundlage ist das gesamte zu versteuernde Jahreseinkommen aus ärztlicher Tätigkeit des jeweils drittvorangegangenen Kalenderjahres, soweit es im Bereich des Bundeslandes Wien erzielt wurde. ...
...
(5) Für TurnusärztInnen sowie für ÄrztInnen, die ausschließlich niedergelassen sind, beträgt die Kammerunmlage in den ersten drei Jahren nach Beginn der Tätigkeit in Wien bzw. ab Eröffnung der Erstpraxis im Bereich der Ärztekammer für Wien EUR 40,-- pro Kalenderjahr. Zeiten, in denen das Kammermitglied diese Tätigkeit unterbrochen hat oder die Kammerangehörigkeit zur Ärztekammer für Wien aus anderen Gründen nicht gegeben war, sind in den oben genannten Zeitraum von drei Jahren nicht einzurechnen.
...
UMLAGE ZUR ÖSTERREICHISCHEN ÄRZTEKAMMER
§ 2 Kammerumlage
(1) Die Kammerumlage zur Österreichischen Ärztekammer beträgt, soweit in dieser Umlagenordnung nicht anders festgelegt, zusätzlich zur Kammerumlage zur Ärztekammer für Wien 0,50 v.H. der Bemessungsgrundlage gemäß § 1, mindestens jedoch EUR 40,- und höchstens EUR 12.000,- p.a. ..."
13 § 91 Abs. 3 ÄrzteG 1998 knüpft die Bemessung der Kammerumlage an die Einnahmen des Kammerangehörigen (§ 68 ÄrzteG 1998) aus der ärztlichen Tätigkeit (§ 2 Abs. 2 ÄrzteG 1998).
14 § 68 ÄrzteG 1998 normiert, dass (ordentlicher) Kammerangehöriger jeder Arzt ist, der in die von der Österreichischen Ärztekammer geführte Ärzteliste gemäß § 4 eingetragen worden ist und seinen Beruf - wenn er nicht auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften vorübergehend im Bereich einer anderen Ärztekammer oder im Ausland ärztlich tätig wird (Abs. 4 Z 2 2. Satz) - im Bereich dieser Ärztekammer ausübt (Abs. 1 Z 1 und 2).
15 Die Kammerangehörigkeit begründet gemäß § 69 ÄrzteG 1998 unter anderem die Verpflichtung, die in der Umlagenordnung und in der Beitragsordnung festgesetzten Umlagen und Wohlfahrtsfondsbeiträge zu leisten. Die Bemessungsgrundlage für die Kammerumlage ist gemäß § 1 Abs. 2 der vorliegend maßgeblichen Umlagenordnung "das gesamte zu versteuernde Jahreseinkommen aus ärztlicher Tätigkeit des jeweils drittvorangegangenen Kalenderjahres, soweit es im Bereich des Bundeslandes Wien erzielt wurde".
16 Unstrittig ist, dass die Mitbeteiligte in den Jahren 1990 bis 1992 als Stipendiatin an der H.M. School in den USA beschäftigt und im Rahmen dieser Tätigkeit an der Entwicklung des (US-)Patents vom 25. August 1998 beteiligt war. Weiters unstrittig ist, dass die Mitbeteiligte seit 2004 Mitglied der Ärztekammer Wien ist und dass die Einkünfte ("royalties" - Lizenzgebühren) aus dem Patent im Jahr 2010 ausbezahlt wurden.
17 Nach § 1 des Patentgesetzes 1970, BGBl. Nr. 259/1970 idF BGBl. I Nr. 81/2007, werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik, sofern sie neu sind, sich für den Fachmann nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben und gewerblich anwendbar sind, auf Antrag Patente erteilt. Wie sich etwa aus § 22 Patentgesetz 1970 ergibt, berechtigt ein Patent "den Patentinhaber, andere davon auszuschließen, den Gegenstand der Erfindung betriebsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen". Es handelt sich somit um ein gewerbliches Verbots- bzw. Schutzrecht. Allerdings kann ein Patent durch Rechtsgeschäft an Dritte übertragen werden (vgl. § 33 Abs. 2 Patentgesetz 1970) und der Patentinhaber ist berechtigt, die Benützung der Erfindung dritten Personen mit oder ohne Ausschluss anderer Benützungsberechtigter zu überlassen (Lizenz; vgl. § 35 Patentgesetz 1970). Lizenzgebühren sind somit eine Abgeltung für die Nutzung des Patentrechts.
18 Nach der Aktenlage war die Mitbeteiligte (Mit)Inhaberin des Patents geworden, dessen Nutzung gegen Lizenzgebühren (royalties) Dritten gestattet wurde. Die Einkünfte der Mitbeteiligten aus diesen Lizenzgebühren sind - wie oben dargelegt - eine Abgeltung für die Nutzung des Patentrechts, nicht aber für die von 1990 bis 1992 ausgeübte Tätigkeit selbst. Für letztere erhielt die Mitbeteiligte ein Stipendium.
19 Da schon deshalb eine Einbeziehung der Patenteinkünfte in die Umlagepflicht ausscheidet, kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeit der Mitbeteiligten an der H.M. School eine ärztliche war oder nicht. Der vom Revisionswerber diesbezüglich gerügte Feststellungsmangel liegt daher nicht vor. Ebensowenig kommt es auf die vom Revisionswerber aufgeworfenen Fragen zum steuerlichen Zufluss-Abflussprinzip an.
20 Aus dem vom Revisionswerber ins Treffen geführten Erkenntnis VwGH 30.9.2011, 2009/11/0178, lässt sich für den vorliegenden Fall nichts gewinnen, da es sich in jenem Fall um einen - grundsätzlich von der Umlagepflicht ausgenommenen - Amtsarzt handelte, der aufgrund einer selbstständigen ärztlichen Tätigkeit als Kammermitglied vollumfänglich (also auch mit den Einkünften aus amtsärztlicher Tätigkeit) umlagepflichtig wurde. Der berufsrechtliche Zusammenhang war in keiner Hinsicht fraglich. 21 In der Revision wird eine Verletzung des Parteiengehörs dadurch gerügt, dass das Verwaltungsgericht eine Stellungnahme der Mitbeteiligten und ein von ihr eingeholtes juristisches Gutachten weder an den Revisionswerber noch an dessen Vertreter übermittelt habe. Die Übermittlung durch die Mitbeteiligte an die C AG habe zu einer Verzögerung und letzten Endes zum Ergebnis geführt, dass die Replik des Revisionswerbers im Erkenntnis keine Berücksichtigung gefunden habe. Er habe in seiner Replik "auf das steuerrechtliche Zufluss-Abfluss-Prinzip und den weit auszulegenden Begriff der ärztlichen Tätigkeit in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs" verwiesen und das von der Mitbeteiligten vorgelegte juristische Gutachten widerlegt. Mit diesem Vorbringen übersieht der Revisionswerber, dass sich das Recht auf Parteiengehör nicht auf (hier ausschließlich angesprochene) Rechtsfragen, sondern auf den maßgebenden Sachverhalt, also die Tatfrage bezieht (vgl. die bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 24, zitierte hg. Judikatur). Soweit der Revisionswerber schließlich vorbringt, er habe in der Replik "konkrete Inhalte der Forschung der Mitbeteiligten und des gegenständlichen Patents vorgebracht", tut er nicht dar, inwiefern dies geeignet gewesen wäre, am Verfahrensergebnis etwas zu ändern.
22 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
23 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 4. April 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2016110008.J00Im RIS seit
13.08.2019Zuletzt aktualisiert am
13.08.2019