TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/16 98/04/0116

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Veröffentlicht am 16.12.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z8;
B-VG Art15 Abs1;
GewO 1994 §2 Abs1 Z5;
GewO 1994 §2 Abs9;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des PL in G, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. Dezember 1996, Zl. 318.950/1-III/4/96, betreffend Feststellung gemäß § 348 Abs. 1 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 4. Dezember 1996 stellte der Bundesminister gemäß § 348 Abs. 1 GewO 1994 fest, daß auf die vom Beschwerdeführer am 3. April 1994 in seinem (dem Standort nach definierten) Anwesen ausgeübte Tätigkeit des Ausschankes von Glühmost (1 Glas S 10,--) der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 1 Z. 5 GewO 1994 nicht anzuwenden sei und diese Tätigkeit somit den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 über die Ausübung des Gastgewerbes (Betriebsart Mostschank) unterliege. Zur Begründung führte der Bundesminister im wesentlichen aus, zentrales Wesensmerkmal des Glühweines sei die Zugabe von Geschmacks- und Süßstoffen sowie der Charakter eines Heißgetränkes. Diese Kriterien ließen sich auf den Glühmost übertragen. Vom trinkfertigen (heißen) Glühmost sei begrifflich das Ausgangsmaterial (Obstwein) zu unterscheiden, auch wenn diesem die für die Glühmosterzeugung erforderlichen Ingredienzen bereits beigemegt sein sollten. Gemäß § 34 Abs. 1 Weingesetz 1985 sei unter Obstwein das durch begonnene oder vollendete alkoholische Gärung des Saftes oder der Maische von frischem Kern-, Stein- oder Beerenobst hergestellte Getränk sowie Obstwein der in den Abs. 3 bis 6 aufgezählten Art zu verstehen, wobei im vorliegenden Fall nur Abs. 4 (aromatisierter Obstwein) in Betracht komme. Von der im § 3 Abs. 1 des Weingesetzes 1985 definierten Weinbehandlung seien die nach § 3 Abs. 2 leg. cit. zu beurteilenden Zubereitungshandlungen, die in einem mit Kenntnis des Verbrauchers vorgenommenen besonderen Zurichten des Weines bestünden, zu unterscheiden. Gehe man davon aus, daß es sich beim trinkfertigen heißen Glühwein bzw. Glühmost nicht um eine marktgängige Handelsware handle und eine solche Verwendung mit Rücksicht auf das Wesensmerkmal eines Heißgetränkes nicht in Betracht komme, ergebe sich, daß die Glühwein- bzw. Glühmosterzeugung durch den Verabreicher nur als Herstellung eines Lebensmittels (aus Wein als Rohmaterial) im Sinne einer Zubereitungshandlung, nicht jedoch als Maßnahme zur Weinerzeugung (Weinbehandlung) gewertet werden könne. Da es sich bei der Erzeugung von Glühwein bzw. Glühmost sohin nicht um die Herstellung von (versetztem) Wein bzw. Most handle, komme eine Subsumtion derartiger Produkte unter die Oberbegriffe "Wein" bzw. "Obstwein" im Sinne des Weingesetzes nicht in Betracht. Eine (im folgenden angestellte) vergleichende Betrachtung der Rechtslage nach den in den einzelnen Bundesländern geltenden Buschenschankgesetzen ergebe, daß die Herstellung von Glühmost keineswegs zum Wesenskern des Buschenschankbegriffes gehöre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde. Der Verfassungsgerichtshof trat die Beschwerde unter gleichzeitiger Ablehnung deren Behandlung mit Beschluß vom 24. Juni 1998 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, daß nicht entgegen § 2 Abs. 1 Z. 5 und § 2 Abs. 9 GewO 1994 festgestellt werde, daß die von ihm am 3. April 1994 in seinem Anwesen ausgeübte Tätigkeit des Ausschankes von Glühmost als Ausübung des Gastgewerbes den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 unterliege. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt er vor, entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei festzuhalten, daß nach Art. Va des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung jedenfalls dann, wenn im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gewerbeordnung der Ausschank von Glühmost durch die Besitzer von Obst- und Weingärten üblich gewesen sei, die Gewerbeordnung gar nicht berechtigt sei, eine Regelung zu treffen. Es hätte daher die belangte Behörde untersuchen müssen, ob in Oberösterreich im Jahr 1985 der Ausschank von Glühmost den Besitzern von Wein- und Obstgärten gestattet gewesen sei. Hätte die belangte Behörde diese Prüfung vorgenommen, wäre sie zum Ergebnis gekommen, daß dies der Fall gewesen sei und daher jedenfalls in Oberösterreich der Verkauf von Glühmost generell nicht der Gewerbeordnung, sondern dem Buschenschankwesen unterliege. Dies entspreche auch dem bereits in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erwähnten Erlaß des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. Oktober 1996, welcher "im Einvernehmen mit der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer Oberösterreich" verfaßt worden sei. Der Umstand, daß einzelne Landesgesetzgeber den Buschenschanken den Verkauf von Glühwein nicht gestatteten, sei nicht kompetenzrechtlich begründbar, sondern lasse allenfalls Rückschlüsse auf entsprechende faktische Übungen in den einzelnen Bundesländern zu, nicht aber Rückschlüsse auf das hier allein maßgebende Oberösterreich. Betreffend das Niederösterreichische Buschenschankgesetz sei auf die Änderung vom 12. Dezember 1996 hinzuweisen, wonach die niederösterreichischen Buschenschankbetriebe zur Verabreichung von Glühwein und Glühmost berechtigt seien. Wäre die Auffassung im angefochtenen Bescheid zutreffend, wäre die Beschlußfassung des niederösterreichischen Landtages eine Kompetenzüberschreitung. Auch nach § 5 Abs. 1 lit. a des Steiermärkischen Buschenschankgesetzes 1979 berechtige das Buschenschankrecht zur Verabreichung von Glühwein und Glühobstwein. Richtigerweise sei daher davon auszugehen, daß Glühwein bzw. Glühmost unter § 2 Abs. 9 GewO 1994 und damit unter die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 5 GewO 1994 falle und es daher mit dieser gesetzlichen Bestimmung unvereinbar sei, wenn der angefochtene Bescheid ausspreche, die vom Beschwerdeführer am 3. April 1994 ausgeübte Tätigkeit wäre die Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart Mostschank gewesen.

Gemäß § 348 Abs. 1 GewO 1994 hat, wenn eine Gewerbeanmeldung erstattet oder um die Bewilligung zur Ausübung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes (§ 127) oder um die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage angesucht oder bei der Bezirksverwaltungsbehörde oder beim Landeshauptmann die Feststellung beantragt wird, ob die Genehmigungspflicht einer Anlage im Sinne des § 74 gegeben ist, aber Zweifel bestehen, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden sind, der Landeshauptmann über diese Frage zu entscheiden. Dies gilt auch für den Fall, wenn in einem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 366 GewO 1994 Zweifel bestehen, ob auf die betreffende Tätigkeit die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anwendbar sind.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 5 GewO 1994 ist dieses Bundesgesetz - unbeschadet weiterer ausdrücklich angeordneter Ausnahme durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf den Buschenschank (Abs. 9) nicht anzuwenden.

Nach dem Abs. 9 dieser Gesetzesstelle ist unter Buschenschank im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs. 1 Z. 5) der buschenschankmäßige Ausschank von Wein und Obstwein, von Trauben- und Obstmost und von Trauben- und Obstsaft durch Besitzer von Wein- und Obstgärten, soweit es sich um deren eigene Erzeugnisse handelt, zu verstehen; im Rahmen des Buschenschankgesetzes ist auch die Verabreichung von kalten Speisen und der Ausschank von Mineralwasser und kohlesäurehaltigen Getränken zulässig, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß diese Tätigkeiten dem Herkommen im betreffenden Bundesland in Buschenschänken entsprechen. Die Verabreichung von warmen Speisen auf Grund dieser Ausnahmebestimmung ist nicht zulässig.

Der Beschwerdeführer bekämpft in seiner Beschwerde nicht die Rechtsansicht der belangten Behörde, aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 2 Abs. 9 in Verbindung mit den Bestimmungen des Weingesetzes ergebe sich, daß der Ausschank von Glühmost nicht unter den Buschenschankbegriff des § 2 Abs. 1 Z. 5 GewO 1994 falle, er meint jedoch, diese Auslegung sei deshalb verfassungswidrig, weil sie dem § 2 Abs. 9 GewO 1994 insofern einen verfassungswidrigen Inhalt unterstelle, als aus kompetenzrechtlichen Gründen die Regelung des Ausschankes von Glühmost als unter die Bestimmungen der Gewerbeordnung fallend nach der Versteinerungstheorie in den den Ländern vorbehaltenen Kompetenzbereich eingreife. Dieser Rechtsansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen.

Wie schon der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluß vom 4. Juni 1998 dargelegt hat, scheidet die Gewerbeordnung 1994 in der Bestimmung des § 2 Abs. 9 unter dem Begriff des Buschenschankes mehr aus ihrem Geltungsbereich aus, als die für die Kompetenzgrenze maßgebliche Gewerbeordnung 1859 und es findet sich auch keine Vorschrift, die die Gestattung des Ausschankes von Glühmost im maßgeblichen Zeitpunkt in Oberösterreich nahelegen könnte. Da, wie der Beschwerdeführer selbst in seiner an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde darlegt, für die Beurteilung der Kompetenzgrenzen nach der herrschenden Versteinerungstheorie die im Jahr 1925 geltende Rechtslage maßgeblich ist, ist es zur Beurteilung dieser Frage ohne jede Bedeutung, ob den Besitzern von Wein- und Obstgärten in Oberösterreich im Jahr 1985 der Ausschank von Glühmost gestattet war. Es bildet daher auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, daß sich die belangte Behörde mit dieser Frage nicht auseinandergesetzt hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Dezember 1998

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998040116.X00

Im RIS seit

18.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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