TE Vwgh Erkenntnis 2019/6/25 Ra 2019/05/0002

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Veröffentlicht am 25.06.2019
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Wien
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien
L82000 Bauordnung
L82009 Bauordnung Wien
001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §8
BauO Wr §134a Abs1
BauO Wr §134a Abs1 litb
BauO Wr §81 Abs2
BauRallg
VwRallg

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/05/0003Ra 2019/05/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. des Dr. R L, 2. der Dr. I S und 3. der Prof. Dr. h.c.

W S, alle in W, alle vertreten durch die Hausmaninger Kletter Rechtsanwälte - Gesellschaft mbH in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 1. Oktober 2018, u.a. Zlen. VGW-111/077/10446/2017-16, VGW- 111/V/077/11638/2017, VGW-111/V/077/10448/2017, VGW- 111/V/077/11639/2017, VGW-111/V/077/10451/2017, VGW- 111/V/077/11640/2017, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörden vor dem Verwaltungsgericht:

1. Magistrat der Stadt Wien und 2. Bauausschuss der Bezirksvertretung für den 3. Bezirk; mitbeteiligte Partei: D GmbH in W, vertreten durch Mag. Gregor Michalek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Falkestraße 1/6; weitere Partei:

Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat den Revisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Eingabe vom 20. Februar 2017 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der Baubewilligung für den Ausbau des Dachgeschoßes und einen Liftzubau beim Gebäude auf der Liegenschaft K Gasse 24 ident B Gasse 9. Bei der Liegenschaft handelt es sich um eine Eckliegenschaft. Die Revisionswerber sind Miteigentümer der auf der gegenüberliegenden Seite der B Gasse befindlichen Eckliegenschaft K Gasse 22 ident B Gasse 12. 2 Bei der mündlichen Bauverhandlung am 15. Mai 2017 erhoben u. a. die Revisionswerber Einwendungen insbesondere betreffend die Gebäudehöhe.

3 Mit Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den dritten Bezirk vom 25. Mai 2017 wurden gemäß § 69 der Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) folgende Abweichungen von den Vorschriften des Bebauungsplanes bewilligt: Die hofseitig zulässige Gebäudehöhe werde um 1 m überschritten, wobei diese durch den Bestand bereits um 0,4 m überschritten sei; die zulässige maximale Firsthöhe von 4,50 m über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe dürfe um 0,25 m überschritten werden. Darüber hinaus wurde gemäß § 81 Abs. 6 BO die Bewilligung dafür erteilt, dass die Länge der hofseitigen Dachgaube im Trakt an der K Gasse 50% der zugehörigen Frontlänge betragen dürfe. 4 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 9. Juni 2017 wurde daraufhin die beantragte Baubewilligung erteilt. 5 Gegen die genannten Bescheide erhoben u.a. die Revisionswerber Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht Wien. 6 Das Verwaltungsgericht holte eine Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen vom 2. Oktober 2017 ein. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, durch das bestehende, direkt an der Baulinie in geschlossener Bauweise errichtete Gebäude werde die laut Bebauungsplan zulässige Gebäudehöhe von 17 m sowohl an der B Gasse als auch an der K Gasse hof- und straßenseitig überschritten, und sie betrage an der B Gasse 17,705 m. Das bestehende Dach werde abgetragen. Straßenseitig solle nun an beiden Fronten ein neues, 45 steiles und 30 cm erhöhtes Dach errichtet werden. Hofseitig werde beim Trakt an der B Gasse die bestehende Gebäudehöhe beibehalten, während beim Trakt an der K Gasse durch einen Zubau die zulässige Gebäudehöhe überschritten werde.

7 Im Schnitt A-A (B Gasse) sei die bestehende Gebäudehöhe straßenseitig mit 17,705 m angegeben, wobei diese um Teile des Daches um 30 cm überschritten werde. Gemäß § 81 Abs. 1 und 2 BO dürfe der oberste Abschluss des Daches nicht höher als 7,5 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen, sofern der Bebauungsplan nicht anderes bestimme. Das für die gegenständliche Liegenschaft maßgebende Plandokument 7975 sehe unter Punkt 3.4. vor, dass bei den zur Errichtung gelangenden Gebäuden der höchste Punkt des Daches nicht höher als 4,5 m über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe liegen dürfe. Diese Regelung finde allerdings aufgrund der Tatsache, dass es sich um ein bereits bestehendes Gebäude handle, keine Anwendung. Die zulässige Firsthöhe werde weder an der B Gasse noch an der K Gasse überschritten.

8 Die im Plan dargestellte Giebelflächenberechnung an der B Gasse sei aufgrund teilweise fehlender Koten nicht zur Gänze nachvollziehbar. An der Hoffront sei für die Berechnung offensichtlich unzulässigerweise von einem über der Gebäudehöhe liegenden Punkt ausgegangen worden. Das Vorbringen der Revisionswerber, wonach eine Höhe von 4,8 m zu berücksichtigen sei, könne nicht nachvollzogen werden.

9 Die hofseitige Gebäudehöhe beim Trakt an der K Gasse werde nach dem Schnitt C-C nicht wie angegeben um 1 m, sondern um ca. 1,4 m überschritten.

10 Die bestehende Gebäudehöhe an der B Gasse betrage 17,705 m. Da die Belichtung schon durch das vorhandene Gebäude nicht in vollem Umfang gewährleistet sei, komme es durch jegliche Erhöhung der Gebäudehöhe zu einer Verminderung der Bebaubarkeit der Liegenschaft der Revisionswerber.

11 In einer gutachterlichen Stellungnahme vom 19. September 2017 führte die Magistratsabteilung 21 (Stadtteilplanung und Flächennutzung) u.a. zur Firsthöhe aus, dass der höchste Punkt des Daches von der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe zu bemessen sei. Durch die Beibehaltung des Gesimses über beide Straßenfronten werde eine einheitliche Dachfläche bzw. Front erreicht. Es sei aber anzumerken, dass die Überschreitung durch den Teilabtrag des Oberteils des bestehenden Gesimses tatsächlich ca. 0,6 m betragen werde.

12 Mit Eingabe vom 1. März 2018 erstattete die mitbeteiligte Partei eine Stellungnahme und legte überarbeitete Einreichpläne vor. Darin seien als Änderungen die Absenkung der straßenseitigen Steildachflächen in der K Gasse und B Gasse um jeweils 18 cm enthalten. Außerdem sei eine Ergänzung der Nachweise der Größe der beiden Giebelflächen um Maßangaben durch Koten zur eindeutigen Nachvollziehbarkeit der Größe enthalten.

13 In weiterer Folge fand vor dem Verwaltungsgericht eine Verhandlung am 11. Juni 2018 (in Fortsetzung einer Verhandlung vom 19. Februar 2018) statt. Dabei führte der bautechnische Amtssachverständige u.a. aus, in den überarbeiteten Plänen sei ein ursprünglich vorhanden gewesener Widerspruch beseitigt: Die Flächenaufstellung betreffend die Giebelflächen mit 49,71 m2 würde nunmehr mit den Grundrissen und Ansichten übereinstimmen. Außer Streit gestellt wurde ferner laut Verhandlungsprotokoll, dass der oberste Abschluss des Daches etwa 4,8 m über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe liege.

14 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde u. a. der Revisionswerber abgewiesen und die obgenannten Bescheide mit der Maßgabe bestätigt, dass die einen Bestandteil des Erkenntnisses bildenden (Anmerkung: die während des Beschwerdeverfahrens vorgelegten) Pläne an die Stelle der einen Bestandteil des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 9. Juni 2017 bildenden Pläne treten.

15 Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die Front B Gasse 9 sei der Liegenschaft der Revisionswerber zugewandt. Sie machten diesbezüglich geltend, dass der oberste Dachabschluss 4,8 m über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe liege, obwohl nach dem Bebauungsplan nur maximal 4,5 m zulässig seien. Der Bescheid des Bauausschusses vom 25. Mai 2017, so die Begründung weiter, könne keine Rechtsgrundlage für die vorgesehene Dachhöhe von 4,8 m darstellen, weil mit diesem Bescheid u.a. bewilligt worden sei, dass die zulässige maximale Firsthöhe von 4,5 m über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe um 0,25 m überschritten werden dürfe, die gegenständliche Überschreitung aber 0,30 m und nicht lediglich 0,25 m ausmache. Die Regelung des Bebauungsplanes sei aber nur auf zur Errichtung gelangende Gebäude anzuwenden. Der gegenständliche Dachausbau sei kein Fall eines zur Errichtung gelangenden Gebäudes. Die Einschränkung der Dachhöhe auf 4,5 m über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe sei daher im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Gemäß § 81 Abs. 1 letzter Satz BO sei die maximale Dachhöhe somit mit 7,5 m beschränkt. Der Bescheid des Bauausschusses enthalte keine Bindungswirkung dahingehend, dass die gegenständliche Regelung des Bebauungsplanes auf den vorliegenden Dachausbau anzuwenden wäre. Die diesbezüglich erteilte Ausnahmebewilligung für eine Überschreitung um 0,25 m gehe daher ins Leere.

16 Zu den Giebeln an jener Front, die hinter der Gebäudefront K Gasse 24 liege und im rechten Winkel von der Front B Gasse 12 des Gebäudes der Revisionswerber weg verlaufe, sei festzuhalten, dass es sich bei dieser Gebäudefront um keine der Liegenschaft der Revisionswerber zugewandte Front handle. Sie hätten daher diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht. Fragen zur Berechnung der Fläche des zurückversetzten hofseitigen Gaubenteils könnten daher dahingestellt bleiben, weil es sich um keine der Liegenschaft der Revisionswerber zugewandte Front handle. 17 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

18 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig als unzulässig zurückzuweisen bzw. als unbegründet abzuweisen.

19 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

20 Die Revision ist in Anbetracht der Frage, ob Punkt 3.4. des Bebauungsplanes (betreffend den höchsten Punkt des Daches der zur Errichtung gelangenden Gebäude) auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist, zulässig.

21 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, von der mitbeteiligten Partei werde außer Streit gestellt, dass bei der der Liegenschaft der Revisionswerber zugewandten Gebäudefront B Gasse 9 der oberste Gebäudeabschluss in einem schrägen Winkel um 4,8 m bis zum obersten Dachabschluss ansteige. Dies, obwohl bereits der Bestand über der nach dem Bebauungsplan zulässigen Gebäudehöhe von 17 m liege. Eine Bewilligung einer Abweichung von der Bestimmung des Bebauungsplanes, wonach der höchste Punkt des Daches der zur Errichtung gelangenden Gebäude nicht höher als 4,5 m über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe liegen dürfe, liege in diesem Ausmaß nicht vor. Bewilligt worden sei lediglich eine Überschreitung von 25 cm, nicht eine solche von 30 cm. 22 Die mitbeteiligte Partei berechne im Übrigen die Giebelfläche im Bereich eines Lichthofes, der sich an der Grundstücksgrenze der Bauliegenschaft zur Liegenschaft B Gasse 11 befinde, unrichtig. Sie gebe sie lediglich mit 49,71 m2 an, um unter den zulässigen 50 m2 zu bleiben. Es werde eine Fläche von 5,49 m2 bei der Flächenaufstellung nicht berücksichtigt (wurde näher ausgeführt). Eine unrichtige Giebelflächenberechnung verletze den Nachbarn entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes auch dann in seinem Recht auf Einhaltung der Gebäudehöhe, wenn die Giebelfläche auf einer senkrecht zur Liegenschaft des Nachbarn verlaufenden Front falsch berechnet worden sei (Hinweis auf VwGH 2.4.2009, 2008/05/0149). 23 § 81 BO, LGBl. Nr. 11/1930, in der Fassung LGBl. Nr. 25/2014 lautet auszugsweise:

"Gebäudehöhe und Gebäudeumrisse; Bemessung

§ 81. (1) Bei Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsflüchtlinie gilt bis zu einer Gebäudetiefe von 15 m als Gebäudehöhe der lotrechte Abstand von der festgesetzten Höhenlage der Verkehrsfläche bis zur obersten Schnittlinie der zulässigen Außenwandfläche der Straßenfront ohne Berücksichtigung vorspringender Gebäudeteile wie Gesimse, Erker und dergleichen mit der Oberfläche des Daches; nichtraumbildende Gebäudeteile und raumbildende Dachaufbauten gemäß Abs. 6 bleiben dabei außer Betracht. Giebelflächen zählen bei dieser Ermittlung mit; sind sie nicht zur Straßenfront gerichtet, bleiben jedoch je einzelner Giebelfläche höchstens 50 m2, je Gebäude höchstens 100 m2 außer Betracht. In diesen Fällen ist auch innerhalb einer Gebäudetiefe von 15 m fur die Ermittlung der Gebäudehöhe die Giebelfläche gemäß Abs. 2 zu berücksichtigen. Weiters darf die zulässige Gebäudehöhe um höchstens 1,50 m überschritten werden, wenn diese Überschreitung innerhalb derselben Front flächenmäßig ausgeglichen wird; § 75 Abs. 4 ist einzuhalten. Dasselbe gilt für Gebäude an Verkehrsflächen, deren festgesetzte Höhenlage an der Gebäudefront nicht einheitlich ist. Der oberste Abschluss des Daches darf keinesfalls höher als 7,5 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen, sofern der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt.

(2) Bei den über eine Gebäudetiefe von 15 m hinausragenden Teilen von Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie sowie bei allen nicht an diesen Fluchtlinien gelegenen Gebäuden darf die Summe der Flächeninhalte aller Gebäudefronten nicht größer als das Produkt aus der Summe der Längen aller Gebäudefronten und der höchsten zulässigen Gebäudehöhe sein. Hierbei darf die höchste zulässige Gebäudehöhe an nicht an Verkehrsflächen liegenden Grundgrenzen und bis zu einem Abstand von 3 m von diesen Grundgrenzen überhaupt nicht und an den übrigen Fronten an keiner Stelle um mehr als 3 m überschritten werden; im Gartensiedlungsgebiet tritt an die Stelle dieser Maße jeweils ein Maß von 2 m. Bei dieser Ermittlung sind die Wände an der Bauplatz- oder Baulosgrenze (Feuermauern) ab 15 m hinter der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie wie Fronten in Rechnung zu stellen. Giebelflächen zählen bei dieser Ermittlung mit, jedoch bleiben je einzelner Giebelfläche höchstens 50 m2, je Gebäude höchstens 100 m2 außer Betracht. Der oberste Abschluss des Daches darf keinesfalls höher als 7,5 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen, sofern der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt.

...

(4) Durch das Gebäude darf jener Umriss nicht überschritten werden, der sich daraus ergibt, dass in dem nach Abs. 1 bis 3 für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgeblichen oberen Anschluss der Gebäudefront ein Winkel von 45 Grad , im Gartensiedlungsgebiet von 25 Grad , von der Waagrechten gegen das Gebäudeinnere ansteigend, angesetzt wird. Dies gilt auch für den Fall, dass im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe der Dächer festgesetzt ist. Ist im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Neigung der Dächer festgesetzt, ist der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend.

..."

24 § 134a BO in der Fassung LGBl. Nr. 25/2014 lautet

auszugsweise:

"Subjektiv-??ffentliche Nachbarrechte

§ 134 a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

...

b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;

..."

25 Punkt 3.4. des Plandokumentes 7975, Flächenwidmungs- und Bebauungsplan vom 29. September 2016, lautet:

"3.4. Der höchste Punkt des Daches der zur Errichtung gelangenden Gebäude darf nicht höher als 4,5 m über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe liegen."

26 Der Nachbar kann seine Nachbarrechte gemäß § 134a Abs. 1 BO nur soweit geltend machen, als er - insbesondere im Hinblick auf die Situierung des Bauvorhabens - durch ihre Nichteinhaltung betroffen wäre. Daher kann er hinsichtlich der Gebäudehöhe nur die Einhaltung seiner Rechte an der seiner Liegenschaft zugekehrten Front geltend machen, woran auch der Umstand, dass die "Fassadenabwicklung" nach § 81 Abs. 2 BO eine rechnerische Einheit darstellt, nichts ändert (VwGH 5.3.2014, 2011/05/0135, mwN). 27 Der Nachbarliegenschaft der Revisionswerber ist die Gebäudefront der Bauliegenschaft an der B Gasse 9 zugekehrt. Auf diese Front bezieht sich die Frage der Einhaltung der Regelung des Bebauungsplanes, wonach der höchste Punkt des Daches nicht mehr als 4,5 m über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe liegen darf. Darauf wird noch zurückzukommen sein.

28 Nicht zugekehrt ist der Nachbarliegenschaft hingegen die Hinterfront des von der Bauführung betroffenen Gebäudetraktes an der K Gasse 24, die, wie unbestritten vom Verwaltungsgericht festgestellt wurde, senkrecht von der Nachbarliegenschaft der Revisionswerber wegläuft. Diese Front liegt nämlich hinter der der Nachbarliegenschaft der Beschwerdeführer zugekehrten Front B Gasse 9. Eine Front, die hinter dieser der Liegenschaft der Revisionswerber zugekehrten Straßenfront an der B Gasse 9 (hier: eine in einem etwa rechten Winkel davon weglaufende Front) errichtet wird, kann Interessen der gegenüberliegenden Nachbarn nicht berühren (vgl. VwGH 15.10.1996, 96/05/0113). Die von der Nachbarliegenschaft aus maßgebende Gebäudehöhe ist somit nach der Front B Gasse 9 zu beurteilen und nicht nach der dahinter liegenden, von der Front B Gasse 9 weglaufenden Front des Bauteiles an der K Gasse 24 (vgl. in diesem Zusammenhang auch VwGH 18.12.2006, 2005/05/0073). Auch durch die bloße Möglichkeit der Einsichtnahme auf eine Front von der Nachbarliegenschaft aus (eine solche Möglichkeit in Bezug auf die Hinterfront des Traktes an der K Gasse 24 wird in der Revision gar nicht behauptet) wird diese nicht zu einer der Nachbarliegenschaft zugekehrten Front (vgl. VwGH 23.7.2013, 2012/05/0191, mwN).

29 Das Verwaltungsgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass den Revisionswerbern in Bezug auf die Berechnung der Gebäudehöhe der Hinterfront des an der K Gasse 24 liegenden Gebäudeteiles kein Nachbarrecht zusteht. Daran ändert auch das von den Revisionswerbern zitierte Erkenntnis VwGH 2.4.2009, 2008/05/0149, nichts. Dort ging es nämlich darum, dass ein geplanter Dachgeschoßaufbau unmittelbar an die Feuermauer des Gebäudes des Beschwerdeführers angrenzte. Die Front, die an die Feuermauer unmittelbar angrenzte, wurde vom Verwaltungsgerichtshof als dem Nachbarn zugekehrte Front qualifiziert, sodass dem Nachbarn diesbezüglich Nachbarrechte hinsichtlich der Gebäudehöhe zustanden. Im vorliegenden Fall besteht aber keine der Nachbarliegenschaft der Revisionswerber zugekehrte Front einer Feuermauer des Objektes an der K Gasse 24, sondern es ist lediglich die Front an der B Gasse 9 der Nachbarliegenschaft zugekehrt. Die Hinterfront im Bereich des Bauteiles an der K Gasse 24 liegt hinter dieser Gebäudefront, sodass schon deshalb auf Grund der zuvor zitierten hg. Judikatur diesbezüglich kein Nachbarrecht auf Einhaltung der Gebäudehöhe besteht. 30 In Bezug auf die der Nachbarliegenschaft der Revisionswerber zugekehrte Front B Gasse 9 ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Bestimmung des Bebauungsplanes, wonach der höchste Punkt des Daches der zur Errichtung gelangenden Gebäude nicht höher als 4,5 m über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe liegen darf, deshalb nicht zur Anwendung gelange, weil es sich um kein "zur Errichtung gelangendes Gebäude" handle. Das Gebäude stehe ja bereits, es würden nur Änderungen im Dachbereich vorgenommen. Unbestritten wird das Maß von 4,5 m im vorliegenden Fall nicht eingehalten und gibt es für das Ausmaß der geplanten Überschreitung (von 0,3 m) im Hinblick auf Punkt 3.4. des Bebauungsplanes keine Ausnahmebewilligung gemäß § 69 BO.

31 Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof regelmäßig bei gleich lautenden Bestimmungen in Bebauungsplänen, die den höchsten Punkt des Daches "der zur Errichtung gelangenden Gebäude" über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe festgelegt haben, auch dann von der Maßgeblichkeit dieser Bestimmung ausgegangen ist, wenn lediglich bauliche Maßnahmen im Dachbereich gesetzt werden sollten, das Gebäude als solches aber bereits bestanden hat (vgl. z.B. VwGH 20.9.2005, 2004/05/0231; 12.10.2007, 2006/05/0147; 12.6.2012, 2009/05/0093; 29.4.2015, 2013/05/0130). Der Verwaltungsgerichtshof hat insoweit nicht differenziert zwischen Bebauungsplanregelungen für die höchste Dachhöhe über der tatsächlich ausgeführten Gebäudehöhe bei "zur Errichtung gelangenden Dächern" (vgl. etwa den Fall, der dem zitierten Erkenntnis VwGH 2.4.2009, 2008/05/0149, zugrunde gelegen ist) und jenen Bestimmungen, die den höchsten zulässigen Punkt des Daches über der tats??chlich ausgeführten Gebäudehöhe bei "zur Errichtung gelangenden Gebäuden" regeln.

32 Hinzuweisen ist an dieser Stelle auf die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass im Zusammenhang mit der Gebäudehöhe davon auszugehen ist, was rechtens wäre, wenn sowohl der Altbestand als auch der Zubau in einem errichtet würden (vgl. VwGH 26.5.1981, 2489/80). In Bezug auf die Bestimmungen über die Gebäudehöhe, zu denen beim Nachbarrecht gemäß § 134a Abs. 1 lit. b BO auch die Bestimmungen über die Dächer zählen (VwGH 30.1.2007, 2005/05/0315), ist somit davon auszugehen, dass ein Gebäude mit einem ausgebauten Dachgeschoß insoweit ein anderes ist als ein solches ohne ausgebautes Dachgeschoß, das geänderte Gebäude durch den Dachgeschoßausbau gleichsam erst "errichtet" wird.

33 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass die Regelungen über die Gebäudehöhe und die Ausgestaltung der Dächer, insbesondere wie hier über die zulässige Höhe der Dächer, abgesehen vom Schutz der Nachbarn, vor allem der Gestaltung des örtlichen Stadtbildes dienen. Es wäre sachlich nicht vertretbar, wenn in Bezug auf die Gebäudehöhe (bzw. Dachhöhe) andere Regelungen gelten sollten je nachdem, ob ein Neubau aufgeführt wird oder lediglich Veränderungen im Dachbereich vorgenommen werden. Im vorliegenden Fall würde eine dahingehend differenzierende Auffassung bedeuten, dass ein Neubau nur mit einer Dachhöhe von 4,5 m über der tatsächlich errichteten Gebäudehöhe zulässig wäre, ein bloßer Dachgeschosszubau aber bis zu einer solchen von 7,5 m. Dies erscheint weder im Hinblick auf die Gestaltung des Ortsbildes sachlich begründbar noch im Hinblick auf den Schutz der Nachbarrechte. Es erweist sich daher eine verfassungskonforme Interpretation als geboten (vgl. dazu VwGH 24.6.2014, 2013/05/0148; 29.3.2017, Ro 2015/05/0022), um dieses verfassungswidrige Ergebnis zu vermeiden: Auch eine Vergrößerung des Gebäudes durch einen Zubau im Dachgeschoß ist daher im Sinne der gegenständlichen Bestimmung des Bebauungsplanes als "Errichtung eines Gebäudes" zu verstehen.

34 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

35 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG Abstand genommen werden.

36 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF Nr. 8/2014.

Wien, am 25. Juni 2019

Schlagworte

Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3Baurecht NachbarNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Gebäudehöhe BauRallg5/1/5Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050002.L00

Im RIS seit

13.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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