Index
32/02 Steuern vom Einkommen und ErtragNorm
EStG 1988 §16 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger sowie Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamts Bregenz in 6900 Bregenz, Brielgasse 19, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 19. Februar 2019, Zl. RV/1100393/2016, betreffend Einkommensteuer 2013 und 2014 (mitbeteiligte Partei:
Mag. W B in B, vertreten durch die SPT Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG in 6850 Dornbirn, Messestraße 11), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte war bis November 2013 Geschäftsführer der D GmbH (sowie der D GmbH & Co KG). Er erklärte für das Jahr 2013 u. a. aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und machte hiezu Werbungskosten von ca. 23.000 EUR geltend. Auf Ersuchen des Finanzamts übermittelte er zur Erläuterung ein Schreiben der D GmbH. Es seien Gerichtsverfahren anhängig, mit deren Kosten die Gesellschaft belastet werde; diese Kosten habe der Revisionswerber zu tragen.
2 Nach einem weiteren Vorhalt setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 31. August 2015 die Einkommensteuer für das Jahr 2013 fest. Die geltend gemachten Werbungskosten im Rahmen des Dienstverhältnisses zur D GmbH wurden dabei nicht berücksichtigt, da erforderliche Unterlagen nicht beigebracht worden seien. 3 Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. 4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22. März 2016 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
5 Der Mitbeteiligte beantragte die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
6 Betreffend das Jahr 2014 machte der Mitbeteiligte wiederum Werbungskosten (70.000 EUR) zu diesem (nunmehr ehemaligen) Dienstverhältnis geltend. Auch im Einkommensteuerbescheid 2014 sowie in der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts wurden diese Werbungskosten nicht berücksichtigt. In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung wurde hiezu insbesondere ausgeführt, entscheidend (für die Berücksichtigung der geltend gemachten Werbungskosten) sei, ob das Fehlverhalten der beruflichen Sphäre zuzuordnen sei oder es als private Verhaltenskomponente das Band zur "betrieblichen" Veranlassung durchschneide. Hier beruhe das Fehlverhalten auf einer gewollten und bewussten Entscheidung, eine im Innenverhältnis bestehende Beschränkung zu missachten. 7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht den Beschwerden Folge. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
8 Begründend führte das Bundesfinanzgericht - nach Darlegung des Verfahrensgangs - im Wesentlichen aus, der Mitbeteiligte habe in seiner Funktion als Geschäftsführer ohne die erforderliche Zustimmung der Gremien (Beirat und Generalversammlung) zwei Banken damit beauftragt, zu Gunsten der W GmbH, mit welcher die D GmbH & Co KG in langjährigem geschäftlichen Kontakt gestanden sei, Bankgarantien im Wert von insgesamt mehr als 4 Mio. EUR auszustellen. Im Gesellschaftsvertrag sei die Befugnis zur Durchführung der dort im Einzelnen angeführten Geschäfte (u.a. Eingehen von sonstigen Verbindlichkeiten und Gewährung von Garantien) im Einzelfall mit 15.000 EUR und insgesamt in einem Geschäftsjahr mit 75.000 EUR begrenzt gewesen. Ein der privaten Sphäre des Mitbeteiligten zuzurechnender Grund für das pflichtwidrige Verhalten gehe aus der Aktenlage nicht hervor. 9 Nachdem die Bankgarantien schlagend geworden seien, hätten die D GmbH & Co KG (sowie die D GmbH) Schadenersatzforderungen gegen den Mitbeteiligten als ihren ehemaligen Geschäftsführer geltend gemacht. In der Zwischenzeit habe der Mitbeteiligte Schadenersatzforderungen in Höhe von insgesamt 990.000 EUR (weitere Zahlungen, Abtretung von Gesellschaftsanteilen und Verrechnung mit Gesellschafterguthaben) erfüllt.
10 Anhaltspunkte für eine in der Privatsphäre des Mitbeteiligten begründete Veranlassung habe das Finanzamt nicht aufgezeigt. Auch dem Bundesfinanzgericht seien solche Umstände nicht erkennbar gewesen. Wie aus der Niederschrift über die Einvernahme des Mitbeteiligten vor der Staatsanwaltschaft hervorgehe, sei der Mitbeteiligte aufgrund entsprechender Informationen des Geschäftsführers der W GmbH, dem er auf Grund der langjährigen und problemlosen Geschäftsbeziehung vertraut habe, der Auffassung gewesen, dass die Bankgarantien erforderlich seien, um Förderungen für die D GmbH & Co KG bzw. deren Komplementärin lukrieren zu können. Nachträglich habe sich herausgestellt, dass der Geschäftsführer der W GmbH teilweise falsche Angaben gemacht und unrichtige Bilanzen vorgelegt habe. Der Mitbeteiligte habe geglaubt, zum Vorteil der Gesellschaften zu handeln, er habe diesen nie einen Schaden zufügen wollen, zumal er selbst Gesellschafter und langjähriger Geschäftsführer gewesen sei.
11 Wenn das Finanzamt meine, es bedürfe entsprechender Feststellungen, dass die W GmbH zum damaligen Zeitpunkt "insolvenzverdächtig" gewesen sei, sei ihm entgegenzuhalten, dass es solche Feststellungen selbst nicht getroffen habe. Es habe auch nicht behauptet, dass eine entsprechend schlechte wirtschaftliche Lage aus den vorgelegten Bilanzen ersichtlich gewesen wäre. In welchem Ausmaß die die festgelegten Befugnisse des Geschäftsführers überschreitenden Handlungen des Mitbeteiligten im Nachhinein durch die Gremien genehmigt worden seien, könne dahingestellt bleiben, zumal das pflichtwidrige Verhalten als solches außer Streit stehe.
12 Das die Schadenersatzverpflichtung auslösende pflichtwidrige Verhalten des Mitbeteiligten könne daher nicht als außerhalb der beruflichen Sphäre gelegen erkannt werden. Die geltend gemachten Zahlungen seien daher als Werbungskosten abzugsfähig.
13 Die im Beschwerdefall strittige Frage der Abzugsfähigkeit von Schadenersatzzahlungen als Werbungskosten sei auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten Rechtsprechung (Hinweis auf VwGH 28.4.2011, 2008/15/0259; 30.10.2014, 2011/15/0137; 1.6.2017, Ra 2015/15/0070) sowie von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen beurteilt worden. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung werde somit nicht berührt.
14 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Finanzamts. Zur Zulässigkeit wird darin vorgebracht, im angefochtenen Erkenntnis werde das Verhalten des Mitbeteiligten im Zusammenhang mit der Ausstellung von risikobehafteten (im Geschäftsleben unüblichen) Garantien zu Gunsten der W GmbH in Höhe von mehr als 4 Mio. EUR (und die nachfolgend daraus resultierenden Schadenersatzzahlungen) der beruflichen Sphäre zugeordnet, obwohl die Bewertung der Aussage des Mitbeteiligten vor der Staatsanwaltschaft die gegenteilige Feststellung zu stützen vermöge. Das angefochtene Erkenntnis messe überdies der Tatsache, dass mit der Ausstellung der Garantieerklärungen niemals Geschäfte verbunden gewesen seien, die zu Einnahmen für die D GmbH & Co KG hätten führen können, keine Bedeutung zu, obwohl dieses Kriterium eine wesentliche Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit der Schadenersatzzahlungen des Mitbeteiligten an die D GmbH & Co KG sei.
15 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 18 Es entspricht der - im angefochtenen Erkenntnis - dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Schadenersatzzahlungen nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzbar sind, wenn das eine Schadenersatzverpflichtung begründende pflichtwidrige Verhalten aus privaten Gründen gesetzt wird. Demgegenüber sind Schadenersatzzahlungen als Erwerbsaufwendungen abziehbar, wenn das Fehlverhalten der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzurechnen ist (vgl. VwGH 1.6.2017, Ra 2015/15/0070, mwN).
19 Mit den Aussagen des Mitbeteiligten vor der Staatsanwaltschaft hat sich das Bundesfinanzgericht - entgegen der Behauptung im Rahmen der Revisionsbegründung ("... haben keinen Niederschlag in der angefochtenen Entscheidung gefunden") - auseinandergesetzt (Seiten 10 und 11 im angefochtenen Erkenntnis) und ist insgesamt zum Ergebnis gelangt, dass Anhaltspunkte für eine in der Privatsphäre begründete Veranlassung des Fehlverhaltens nicht erkennbar seien. Dass die Bewertung dieser Aussagen - wie in der Revision behauptet - auch die "gegenteilige Feststellung zu stützen vermag", legt keine die Zulässigkeit der Revision begründende Fehlbeurteilung dar.
20 Entgegen den Ausführungen des Finanzamts kommt es für die Abzugsfähigkeit der Schadenersatzzahlungen des Mitbeteiligten nicht darauf an, ob mit der Ausstellung der Garantieerklärungen Geschäfte verbunden gewesen seien, die zu Einnahmen für die D GmbH & Co KG hätten führen können. Entscheidend kann im gegebenen Zusammenhang lediglich die Frage sein, ob die Schadenersatzzahlungen des Mitbeteiligten durch dessen steuerpflichtige Tätigkeit veranlasst sind (vgl. etwa VwGH 28.4.2011, 2008/15/0259, VwSlg. 8640/F; vgl. auch VwGH 23.1.2019, Ra 2018/13/0052, mwN). Es ist aber auch unklar, aus welchem Grund das Finanzamt annimmt, dass das Ausstellen von Garantien zugunsten von Lieferanten nicht zu künftigen Einnahmen führen könne. Unternehmen werden im Allgemeinen von Lieferanten nur dann Wirtschaftsgüter beziehen (und in diesem Rahmen allenfalls Sicherheitsleistungen anbieten), wenn sie sich aus diesen Investitionen für die Zukunft Einnahmen erwarten. Dass dies im vorliegenden Fall anders gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. 21 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 27. Juni 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019150063.L00Im RIS seit
24.09.2019Zuletzt aktualisiert am
24.09.2019