TE Vwgh Beschluss 2019/7/4 Ra 2019/06/0095

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Veröffentlicht am 04.07.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §69 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §32 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Dr. Bayjones und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision des Dr. G I in G, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 16. Mai 2018, LVwG 40.21- 3061/2017-16, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme eines baurechtlichen Bewilligungsverfahrens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz; mitbeteiligte Partei: G GmbH in G, vertreten durch die Tschurtschenthaler Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Dr. Arthur Lemisch-Platz 7; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG) vom 4. August 2017 wurden die Beschwerden unter anderem des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 1. Dezember 2016, mit dem der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für ein näher bezeichnetes Vorhaben (unter anderem betreffend die Neuerrichtung eines Wohngebäudes mit einer Arztpraxis und einer Tiefgarage für 27 Pkw, Aufstockung und Sanierung einer Villa und Errichtung eines neuen Zubaus zur Villa) erteilt worden war, mit einer Maßgabe hinsichtlich der einen Bestandteil des Erkenntnisses bildenden Planunterlagen abgewiesen.

2 Die gegen dieses Erkenntnis vom Revisionswerber erhobene Revision wurde mit dem hg. Beschluss vom 23. Oktober 2018, Ra 2018/06/0070, zurückgewiesen.

3 Mit dem nun angefochtenen Beschluss des LVwG vom 16. Mai 2018 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Wiederaufnahme des mit dem genannten Erkenntnis des LVwG vom 4. August 2017 abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG abgewiesen. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt. 4 Begründend führte das LVwG aus, der Revisionswerber stütze seinen Wiederaufnahmeantrag wörtlich auf die Wiederaufnahmegründe des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG und § 69 Abs. 1 Z 2 AVG, die jenen des § 32 (zu ergänzen: Abs. 1) Z 1 und 2 VwGVG gleichzusetzen seien. 5 Der Sache nach mache der Revisionswerber mit seinem Vorbringen betreffend "entschiedene Rechtssache" den Wiederaufnahmegrund des § 32 Abs. 1 Z 4 VwGVG geltend. Für die Bejahung dieses Wiederaufnahmegrundes wäre es aber unerlässlich, dass über das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei in seiner konkreten Ausgestaltung bereits rechtskräftig abgesprochen worden wäre. Die vom Revisionswerber erwähnte Baubewilligung vom 29. Juli 1949 habe jedoch mit dem im vom Antrag auf Wiederaufnahme bezogenen Verfahren genehmigten Bauvorhaben nichts gemein.

6 Mit seinem Vorbringen zum Wiederaufnahmegrund des "Erschleichens der Entscheidung" versuche der Revisionswerber aufzuzeigen, dass sich die mitbeteiligte Partei durch die - aus seiner Sicht - unrichtige Behauptung, sie würde alle notwendigen Zustimmungen für eine Zufahrt aus dem A.-R.-Weg besitzen, insbesondere im Verfahren vor dem LVwG die Entscheidung erschlichen hätte. Dazu - so das LVwG - sei auszuführen, dass sich die Frage der rechtlich gesicherten Zufahrt im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 6 Stmk. BauG, welche allein schon über die Zufahrt über die S.-Gasse gegeben sei, dem Mitspracherecht von Nachbarn, so auch des Revisionswerbers, entziehe, weshalb bereits aus diesem Gesichtspunkt dem Vorbringen des Revisionswerbers kein Erfolg beschieden sei. Die Frage, ob die Zufahrt über den Servitutsweg (A.-R.-Weg) über das Grundstück Nr. X zulässig sei oder nicht, sei privatrechtlicher Natur, die für die Frage der Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens nicht von Relevanz gewesen sei. Im Übrigen seien sämtliche nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für den Wiederaufnahmegrund des § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG erforderlichen Voraussetzungen (zur Übertragbarkeit der zu § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ergangenen Rechtsprechung auf § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG wurde auf VwGH 23.2.2016, Ra 2015/01/0116, verwiesen) im gegenständlichen Fall - schon allein aus dem Grund, dass die vorgetragenen Vorhaltungen wegen des aufgezeigten fehlenden Mitspracherechts von vornherein nicht geeignet seien, Einfluss auf die Entscheidung zu haben - nicht gegeben, weshalb das Vorliegen des Wiederaufnahmegrundes des § 32 Abs. 1 Z 1 VwGVG zu verneinen sei.

7 Mit seinem Vorbringen wegen "privatrechtlicher Beendigung der Fahrwegeservitut" releviere der Revisionswerber den Wiederaufnahmegrund des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG. Dieses Vorbringen sei umfassend im zur Wiederaufnahme beantragten Verfahren vor dem LVwG vorgetragen worden. Das LVwG habe bereits im genannten Verfahren die Geltendmachung der Servitutsüberschreitung bzw. das Erlöschen der Servitut des Fahrens über das Grundstück Nr. X des Revisionswerbers und den Versuch, damit das Nichtvorliegen einer rechtlich gesicherten Zufahrt zu behaupten, als unbeachtlich festgestellt, weshalb mangels Vorliegen neuer Tatsachen oder Beweismittel der Tatbestand des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG nicht erfüllt sei. Dies gelte ebenso für das Vorbringen betreffend die "Frage Zubau oder Neubau".

8 Zum Vorbringen betreffend "Vernichtung und Beseitigung des Mischwasserkanals" sei auszuführen, dass der Revisionswerber bereits im Beschwerdeverfahren über das Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei hinsichtlich allfälliger Beeinträchtigungen seines Mischwasserkanals auf den Zivilrechtsweg verwiesen worden sei, somit auch die Thematik des Mischwasserkanals schon den Gegenstand dieses Verfahrens gebildet habe. Ob allenfalls eine Beschädigung oder Vernichtung des Mischwasserkanals des Revisionswerbers eingetreten sei, sei nicht vom LVwG zu prüfen. Auch dieses Vorbringen vermöge daher einen Wiederaufnahmegrund gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG nicht zu begründen.

9 Die in einer weiteren Eingabe des Revisionswerbers vom 28. März 2018 erklärte Auflösung der "Fahrerservitut" stelle - ungeachtet dessen, ob sie zivilrechtlich wirksam sei oder nicht - keine neue Tatsache (nova reperta) im Sinne des § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG dar, weil sei erst nach Abschluss des Bauverfahrens erfolgt sei. Derartige nova producta stellten keinen Wiederaufnahmegrund dar.

10 Mit Beschluss vom 12. März 2019, E 2581/2018-10, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer vom Revisionswerber gegen den Beschluss des LVwG vom 16. Mai 2018 erhobenen Beschwerde abgelehnt.

11 Gegen den genannten Beschluss des LVwG richtet sich auch die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 15 In der Zulassungsbegründung der Revision wird vorgebracht, die "gegenständliche Wiederaufnahmsklage" diene zur Behebung schwerstwiegender Fehler, wobei "für die erfolgten absoluten Nichtigkeiten" kein Neuerungsverbot bestehe. Danach erfolgt eine Auflistung der aus Sicht des Revisionswerbers bestehenden "absoluten Nichtigkeiten", die der im wiederaufzunehmenden Verfahren ergangenen Entscheidung anhaften sollen.

16 So sei die Verweigerung der Ausfolgung von Aktenkopien an den Revisionswerber gemäß § 17 Abs. 1 AVG rechtswidrig. 17 Mit diesem Vorbringen gegen die Enderledigung im wiederaufzunehmenden Verfahren wird nicht aufgezeigt, inwiefern die Entscheidung über die Revision gegen die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages von einer grundsätzlichen Rechtsfrage abhinge.

18 Abgesehen davon, dass in der Zulassungsbegründung der Revision überhaupt keine konkrete Rechtsfrage formuliert und auch keine gegebenenfalls abweichende Judikatur zitiert wird, richtet sich das Vorbringen des Revisionswerbers inhaltlich weitgehend gegen die der mitbeteiligten Partei mit Erkenntnis des LVwG vom 4. August 2017 erteilte Baubewilligung. Hingegen beinhaltet die Zulassungsbegründung der Revision kein Vorbringen, weshalb die Beurteilung des LVwG im angefochtenen Beschluss vom 16. Mai 2018, es liege keiner der vom Revisionswerber in seinem Antrag auf Wiederaufnahme geltend gemachten Wiederaufnahmegründe nach § 32 Abs. 1 VwGVG vor, unzutreffend sein sollte. Auch das Fehlen von Rechtsprechung zu einer konkreten, für den gegenständlichen Fall ausschlaggebenden Frage wird nicht behauptet.

19 Die Revision erweist sich daher mangels Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG als nicht zur Behandlung geeignet, weshalb sie zurückzuweisen war.

Wien, am 4. Juli 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019060095.L00

Im RIS seit

04.09.2019

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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