Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §52Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/06/0101Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision 1. der Dr. M A und 2. der Dr. S A, beide in I und vertreten durch Dr. Günther Egger und Dr. Karl Heiss, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 30. April 2018, LVwG- 2017/32/2905-19, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck; mitbeteiligte Partei: D GmbH, vertreten durch die Altenweisl Wallnöfer Watschinger Zimmermann Rechtsanwälte GmbH in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 8; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG) wurde die Beschwerde der Revisionswerberinnen gegen den Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 13. November 2017, mit welchem der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für den Umbau, die Aufstockung, die Errichtung einer Dachterrasse und eines Aufzugs im Gebäudeinneren sowie weitere Sanierungsmaßnahmen an einem bestehenden Wohnhaus auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG I. unter Auflagen erteilt worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 In der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses führte das LVwG zusammengefasst aus, dass für den hier in Rede stehenden Fall die zulässige Bauhöhe durch die im gegenständlichen Bebauungsplan festgelegte Bauhöhe bestimmt werde, in dem der oberste Punkt des Gebäudes mit 22 m festgelegt sei. Der Bebauungsplan sei im Geltungszeitraum des Tiroler Raumordnungsgesetztes 1997 (TROG 1997) idF LGBl. Nr. 21/1998 erlassen worden und enthalte keine Festlegungen über die Höhenlage gemäß § 62 Abs. 4 TROG 1997 als Bezugspunkt. In Ansehung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 8.6.2011, 2009/06/0215) sei von der Höhenlage des anschließenden Geländes vor einer allfälligen Veränderung des Geländes durch die Bauführung auszugehen (vgl. § 61 Abs. 6 TROG 1997). Fallgegenständlich sei das anschließende Gelände im Innenhofbereich, welches tiefer gelegen sei als straßenseitig, maßgeblich. Weder durch die gegenständliche Bauführung noch durch eine Bauführung seit dem Inkrafttreten des Bebauungsplanes habe sich die hofseitige Höhenlage des Geländes verändert. Die Höhe des obersten Punktes der geplanten baulichen Anlagen liege gemessen vom anschließenden hofseitigen Gelände nicht über 22 m, die im Bebauungsplan festgelegte zulässige Gebäudehöhe werde somit nicht überschritten (Anm.: die Höhe des Innenhofes ist in den Einreichunterlagen mit 571,87 m üM angegeben; das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die im Lageplan dargestellte Höhenlage des anschließenden Geländes jener entspreche, wie sie sich seit dem Inkrafttreten des Bebauungsplanes darstelle).
6 Hinsichtlich der behaupteten Abstandsverletzung durch die geplanten Balkone ist dem Erkenntnis zu entnehmen, die Kriterien nach § 2 Abs. 17 lit. a TBO 2018 träfen zu, wenn sowohl die Länge der einzelnen Balkone als auch die Gesamtfläche der Balkone jeweils weniger als 50 % der bezüglichen Länge bzw. Fläche der Fassade aufwiesen, was das LVwG unter Berufung auf das Gutachten eines hochbautechnischen Amtssachverständigen bejahte. Da jeder Balkon als untergeordneter Bauteil im Sinne des § 2 Abs. 17 lit. a TBO 2018 zu qualifizieren sei, sei es nach § 6 Abs. 4 TBO 2018 auch zulässig, dass jeder dieser Balkone bis zu 1,50 m über die festgelegte Baugrenzlinie rage. Insofern seien die geplanten Balkone zulässig. Eine Abstandsverletzung liege nicht vor. 7 Die Revisionswerberinnen bringen in ihrer Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision zusammengefasst vor, es gebe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob und welche Ermittlungsschritte zur Bestimmung des Geländeniveaus als Bezugspunkt zur Messung der maximalen Gebäudehöhe laut Bebauungsplan vorzunehmen seien. Es fehle auch an Rechtsprechung, wie vorzugehen sei, wenn kein Geländebezugspunkt im Bebauungsplan festgelegt sei. Es sei nicht sicher und gesetzlich auch nicht geregelt, ob ein Geländebezugspunkt einfach näherungsweise angenommen werden dürfe, oder ob in Ermangelung eines solchen die Ist-Höhe in der Natur eines bereits 22 m hohen Gebäudes als maximal zulässige Höhe anzusehen sei. Weiters fehle es zur Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes des "untergeordneten Bauteils" an gesicherter Rechtsprechung. In VwGH 22.12.2015, Ra 2015/06/0121, sei ausgesprochen worden, dass zur Beurteilung, ob ein Bauteil als "untergeordnet" zu qualifizieren sei, eine Gesamtschau vorzunehmen sei. Es fehle jedoch Rechtsprechung, welche Aspekte der Gesamtschau hier relevant seien und ob für die "Untergeordnetheit" des Bauteils lediglich auf ein prozentuales Verhältnis der Masse des Bauteils zur übrigen Baumasse abzustellen sei, oder es auch auf das Erscheinungsbild des Bauteils oder auf beide Kriterien ankomme. 8 Wie das LVwG zutreffend dargelegt hat, liegt zur Auslegung der Festlegungen eines Bebauungsplanes wie im vorliegenden Fall mit dem Erkenntnis VwGH 8.6.2011, 2009/06/0215, eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, anhand der sich auch der gegenständliche Fall lösen lässt (vgl. dazu auch VwGH 29.6.2017, Ra 2017/06/0100, betreffend die Abweisung des damaligen Bauansuchens der mitbeteiligten Partei auf dem auch hier gegenständlichen näher bezeichneten Grundstück der KG I.). Das LVwG hat sich bei seiner Entscheidung von den im Erkenntnis VwGH 8.6.2011, 2009/06/0215, festgelegten Leitlinien nicht entfernt. Es wird in der Revision auch nicht vorgebracht, inwiefern sich das Niveau des Geländes im Innenhof, wie es in den Einreichplänen dargestellt ist, durch die Bauführung verändern sollte. Es bleibt daher unerfindlich, welche Regel zur Ermittlung eines Bezugspunktes für die Lösung des Falles erforderlich w??re. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der Einhaltung der Höhenregelung nach dem Bebauungsplan der tiefer gelegene Innenhof entscheidend sei. Beweiswürdigend stützte sich das LVwG diesbezüglich vor allem auf das Gutachten eines hochbautechnischen Amtssachverständigen, dessen mangelnde Fachkunde nur durch ein konkretes Vorbringen geltend gemacht werden kann, wonach das vom Sachverständigen erstattete Gutachten unrichtig oder unvollständig ist, was die gegenständliche Revision vermissen lässt (vgl. VwGH 27.3.2018, Ra 2017/06/0247, mwN).
9 Soweit die Revision fehlende Rechtsprechung zu den bei einer gemäß VwGH 22.12.2015, Ra 2015/06/0121, vorzunehmenden Gesamtschau relevanten Aspekten moniert, vermochte sie keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen. Der zitierten Entscheidung ist zu entnehmen, dass sich die Berücksichtigung des optischen Zusammenhanges in VwGH 24.2.2009, 2005/06/0362, auf die Beschaffenheit des dort in Rede stehenden Bauvorhabens gründete. Die Ausführungen der gegenständlichen Revision zur besonderen Dominanz der geplanten Balkone basieren jedoch auf der vom LVwG ohnehin berücksichtigten Dimensionierung der Balkone. Darüber hinausgehende, insbesondere optische Aspekte, welche fallgegenständlich in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen gewesen wären, werden von der Revision nicht aufgezeigt. Damit kommt den aufgeworfenen Rechtsfragen jedoch nur theoretische Bedeutung zu. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG aber nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 19.3.2015, Ra 2014/06/0012, mwN). Das LVwG kam im vorliegenden Fall unter Berufung auf das Gutachten des hochbautechnischen Amtssachverständigen zu dem Ergebnis, die Kriterien nach § 2 Abs. 17 lit. a TBO 2018 träfen zu. Dass diese im Einzelfall vorgenommene Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, zeigte die Revision nicht auf und ist auch nicht ersichtlich (vgl. etwa VwGH 26.2.2019, Ra 2019/06/0012, mwN).
10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 4. Juli 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018060100.L00Im RIS seit
02.09.2019Zuletzt aktualisiert am
02.09.2019