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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §3Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofrätin Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des X Y, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2019, L525 2145483-2/2E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Pakistans, stellte am 18. September 2014 den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er leide an TBC und könne nicht nach Pakistan zurück, weil er dort keine medizinische Versorgung bekommen würde. Die Fluchtgründe aus dem Vorverfahren, wonach die Familie eines bei einem Streit mit einer gegnerischen Studentenorganisation getöteten Studenten ihn für dessen Tod verantwortlich mache und deshalb verfolgt habe, blieben aufrecht. Seine Eltern seien von der Familie des getöteten Studenten gefoltert und gezwungen worden, in einer Zeitungsannonce den Revisionswerber zu enterben. In einer weiteren Zeitungsannonce sei eine Prämie für die Verhaftung des Revisionswerbers ausgesetzt worden.
2 Mit Bescheid vom 14. Dezember 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers ab. Mit Beschluss vom 1. Februar 2017 behob das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) diesen Bescheid und verwies ihn zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurück. 3 Im fortgesetzten Verfahren gab der Revisionswerber in den Einvernahmen vor dem BFA am 21. August 2017 und am 9. Jänner 2018 an, es gehe ihm gut, er sei von seiner Krankheit geheilt, gesund und nicht in ärztlicher Behandlung.
4 Mit Bescheid vom 4. Februar 2019 wies das BFA den Antrag des Revisionswerbers vom 18. September 2014 zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Pakistan zulässig sei, sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und erkannte einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung ab. 5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werde. Das BVwG behob den Spruchpunkt über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das BVwG habe in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Unrecht das Vorliegen einer entschiedenen Sache angenommen. Der Folgeantrag beziehe sich nämlich zum einen auf die fehlende medizinische Behandlungsmöglichkeit im Herkunftsstaat des Revisionswerbers und zum anderen auf neue Bedrohungshandlungen, die sich in den genannten Zeitungsannoncen manifestierten.
9 Mit diesem Vorbringen entfernt sich die Revision, die sich nicht gegen die diesbezügliche Beweiswürdigung wendet, vom festgestellten Sachverhalt. Das BVwG hat festgestellt, dass der Revisionswerber gesund sei, keine Medikamente einnehme und nicht in ärztlicher Behandlung stehe. Hinsichtlich der Zeitungsannoncen geht das BVwG - wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt - davon aus, dass es sich um Fälschungen handle. Schon deshalb wird mit diesem Vorbringen keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 28.3.2019, Ra 2018/14/0315, mwN).
10 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit weiter vor, das BVwG sei seiner "Ermittlungspflicht" nicht nachgekommen, da es trotz des achtjährigen Aufenthalts des Revisionswerbers in Österreich und seiner zahlreichen wirtschaftlichen und privaten Kontakte keine nennenswerten private und familiären Beziehungen festgestellt habe. Das BVwG sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Revisionswerber über keine nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte verfüge.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 28.3.2019, Ra 2019/14/0058, mwN).
12 Die Revision zeigt nicht auf, dass die Interessenabwägung fallbezogen unvertretbar wäre. Das BVwG hat alle entscheidungswesentlichen und auch die zugunsten des Revisionswerbers sprechenden Umstände berücksichtigt, wobei es insbesondere auch die Dauer seines Aufenthalts in Österreich in seine Abwägung einbezogen hat.
13 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 10. Juli 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140288.L00Im RIS seit
09.08.2019Zuletzt aktualisiert am
09.08.2019