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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §11Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des X Y, vertreten durch Mag. Thomas Loos, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Schönauerstraße 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. April 2019, W153 2180480-1/16E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 4. Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, die Familie eines Mädchens habe ihm zu Unrecht vorgeworfen, dass diese von ihm schwanger geworden sei. Da er sie nicht heiraten habe wollen, habe ihn die Familie mit dem Tod bedroht und entführt.
2 Mit Bescheid vom 29. November 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. 3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung zum Unmittelbarkeitsgrundsatz abgewichen, weil es seine Entscheidung maßgeblich auf Beweismittel - Ergänzungen des Länderinformationsblattes und die UNHCR-Richtlinien (zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender) vom 30. August 2018 - gestützt habe, die nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen seien. Der Revisionswerber hätte durch Vorlage ergänzender Unterlagen darlegen können, dass die vom BVwG angenommenen innerstaatlichen Fluchtalternativen in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif nicht gegeben seien.
8 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 28.3.2019, Ra 2018/14/0406, mwN). 9 Eine solche Darstellung gelingt der Revision mit der bloßen Behauptung, der Revisionswerber hätte darlegen können, dass er in den als innerstaatliche Fluchtalternativen angenommenen Städten nicht sicher sei, wofür sie pauschal auf näher genannte Empfehlungen von Nicht-Regierungsorganisationen zu Rückführungen nach Afghanistan verweist, nicht.
10 Vor diesem Hintergrund hat das weiter in der Revision enthaltene Vorbringen, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob eine zusätzliche Beweisaufnahme außerhalb einer durchgeführten mündlichen Verhandlung zulässig sei, nur mehr hypothetischen Charakter, sodass die Entscheidung über die vorliegende Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage nicht abhängt.
11 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit weiter vor, das BVwG habe es unterlassen, eindeutige Feststellungen zur Frage zu treffen, ob sich die Kernfamilie des Revisionswerbers im Herkunftsstaat aufhalte. Wenn dies nicht der Fall sei, könne nicht von einer innerstaatlichen Fluchtalternative ausgegangen werden und wäre die Abwägung nach § 9 BFA-VG anders ausgefallen. 12 Das BVwG hat die Feststellung getroffen, die Familie des Revisionswerbers halte sich "mit hoher Wahrscheinlichkeit" in Kabul auf. Aus der Beweiswürdigung geht jedoch deutlich hervor, dass das BVwG von einem Aufenthalt der Familie in Kabul ausgeht. Diese Annahme, die von der Revision nicht substantiiert bestritten wird, hat das BVwG auch der Beurteilung der innerstaatlichen Fluchtalternative und der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG zu Grunde gelegt, sodass dieses Zulässigkeitsvorbringen schon aus diesem Grund ins Leere geht.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 10. Juli 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019140287.L00Im RIS seit
09.08.2019Zuletzt aktualisiert am
09.08.2019