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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1968 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des K, vertreten durch Mag. Martin Edelmann, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, Stadtplatz 36, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. April 1996, Zl. 4.338.349/7-III/13/96, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein mazedonischer Staatsangehöriger, der am 29. April 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 4. Mai 1992 einen Asylantrag gestellt hat, hat bei seiner niederschriftlichen Vernehmung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 6. Mai 1992 zu seinen Fluchtgründen im wesentlichen folgendes angegeben:
Er sei nie Mitglied einer politischen Partei oder Organisation gewesen und habe diesbezüglich auch niemals Schwierigkeiten gehabt. Am 28. April 1992 habe er in Mazedonien einen Einberufungsbefehl zur jugoslawischen Bundesarmee erhalten. Dies hätte seinen Einsatz im Krieg entweder in Bosnien oder in Kroatien bedeutet. Da er den Krieg für sinnlos gehalten habe, habe er dem Einberufungsbefehl keine Folge geleistet. Da er befürchtete, wegen der Wehrdienstverweigerung eingesperrt zu werden, habe er beschlossen gemeinsam mit seiner Familie nach Österreich zu fliehen.
Mit Bescheid vom 25. Mai 1992 hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei.
In seiner dagegen gerichteten Beschwerde wiederholte der Beschwerdeführer im wesentlichen seine niederschriftlichen Angaben und führte weites aus, daß auch seine Bruder zur Armee einberufen worden sei. Dieser habe dem Einberufungsbefehl Folge geleistet.
Der Bescheid der belangten Behörde vom 11. Februar 1994, mit welchem diese Berufung abgewiesen worden war, wurde mit hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zlen. 94/01/0440, 0485, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil die belangte Behörde anstelle des anzuwendenden Asylgesetzes (1968) bereits das Asylgesetz 1991 angewendet und den in diesem Gesetz normierten Asylausschließungsgrund der "Verfolgungssicherheit" herangezogen hatte.
Mit Bescheid vom 5. April 1996 hat der Bundesminister für Inneres die Berufung des Beschwerdeführers neuerlich abgewiesen und festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinn des Asylgesetzes (1968) sei.
Dazu hat die belangte Behörde festgestellt, daß sich Mazedonien am 18. September 1991, somit sieben Monate vor der Ausreise des Beschwerdeführers, für unabhängig erklärt habe. Die jugoslawische Volksarmee habe im Dezember 1991 begonnen, sich aus Mazedonien zurückzuziehen. Der Rückzug habe sich auf Grundlage eines entsprechenden Abkommens friedlich vollzogen und sei am 24. April 1992, somit noch vor der Ausreise des Beschwerdeführers, abgeschlossen gewesen. Im Zuge dessen seien Wehrpflichtige und Freiwillige aus Mazedonien über ihren Wunsch aus der jugoslawischen Volksarmee entlassen worden. Dies habe auch alle mazedonischen Militärangehörigen betroffen, die außerhalb dieses Staates im Einsatz gestanden seien. Mitte Februar 1992 habe das mazedonische Parlament die Einführung eines eigenen Verteidigungssystems beschlossen, welches die Aufstellung einer eigenen Armee vorsehe. Für männliche Staatsangehörige Mazedoniens bestehe nunmehr Wehrpflicht.
Aufgrund dieser Feststellungen müsse dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei noch am 28. April 1992 in Mazedonien zur jugoslawischen Bundesarmee einberufen worden, jede Glaubwürdigkeit abgesprochen werden. Jedenfalls habe der Beschwerdeführer keine Konsequenzen seitens seines Heimatstaates (Mazedonien) zu befürchten, weil er einer Einberufung zur jugoslawischen Bundesarmee nicht Folge geleistet habe. Sollte der Beschwerdeführer eine Einberufung zur mazedonischen Armee erhalten haben, so stellten allenfalls zu erwartende Sanktionen durch die mazedonischen Gerichte und Behörden keine asylrelevante Verfolgung dar.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, aus Mazedonien zu stammen und Staatsangehöriger dieses Staates zu sein. Ebenso läßt er die Feststellungen der belangten Behörde über die Unabhängigkeitserklärung Mazedoniens und den Abzug der Truppen der jugoslawischen Bundesarmee unbekämpft. Er bringt jedoch vor, daß der Staat Mazedonien auch nach Abzug der jugoslawischen Truppen "offensichtlich" toleriert habe, daß mazedonische Staatsangehörige weiterhin zur jugoslawischen Bundesarmee einberufen werden. Daß sich Mazedonien diesen Eingriff in seine Souveränität habe gefallen lassen, ergebe sich auch aus den Feststellungen der belangten Behörde, wonach der nach außen hin souveräne Staat Mazedonien jedenfalls toleriert habe, daß seine Staatsbürger nur auf Wunsch aus der jugoslawischen Bundesarmee entlassen würden und somit auch weiter dort dienen könnten.
Diesem Vorbringen - das mangels Einräumung des Parteiengehörs zu den Feststellungen betreffend die Souveränität Mazedoniens keine unzulässige Neuerung darstellt - ist zu entgegnen, daß selbst aus der vorgebrachten Tatsache, daß Mazedonien die Einberufung seiner Staatsangehörigen zur jugoslawischen Bundesarmee toleriert hätte, noch nicht abzuleiten wäre, daß Männer, die einer derartigen Einberufung nicht nachkommen, von den mazedonischen Behörden verfolgt werden. Im übrigen bestreitet der Beschwerdeführer nicht, daß Personen mit mazedonischer Staatsangehörigkeit über ihren Wunsch aus der jugoslawischen Bundesarmee entlassen werden.
Da somit selbst bei Zutreffen der Beschwerdebehauptungen, daß der Staat Mazedonien auch nach seiner Unabhängigkeit insofern einen Eingriff in seine Souveränität geduldet habe, als er die Einberufung seiner Staatsangehörigen durch die jugoslawische Bundesarmee toleriert habe, keine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers durch die Behörden seines Heimatstaates vorläge, zeigt der Beschwerdeführer mit seiner Rüge, die belangte Behörde hätte Erhebungen über das Ausmaß der tatsächlichen Umsetzung der Souveränitätserklärung aus dem Jahre 1991 durchführen müssen, keinen relevanten Verfahrensmangel auf.
Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 16. Dezember 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996011004.X00Im RIS seit
20.11.2000