TE OGH 2019/7/23 9ObA77/19t

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Veröffentlicht am 23.07.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Bernhard Kirchl und Herbert Bauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Prim. Dr. *****, vertreten durch Dr. Johannes Dörner und Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Land *****, vertreten durch die Holzer Kofler Mikosch Kasper Rechtsanwälte OG in Klagenfurt, wegen 5.852,73 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 4. April 2019, GZ 6 Ra 66/18z-15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 23a Z 1 des auf das Dienstverhältnis der Parteien anwendbaren Kärntner Landesvertragsbediensteten-gesetzes 1994 (K-LVBG 1994) ist Dienstzeit, die Zeit der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden, der Überstunden, einer Dienststellenbereitschaft, eines Journaldienstes sowie die Zeit einer Rufbereitschaft, während der der Vertragsbedienstete verpflichtet ist, seiner dienstlichen Tätigkeit nachzugehen. Die Dienstzeit des einzelnen Bediensteten ist (…) in einem Dienstplan festzulegen. Der Bedienstete hat die in seinem Dienstplan vorgesehenen Dienstzeiten einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder sonst gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist (§ 24 Abs 1 Satz 2 und 3 K-LVBG 1994).

Aus dienstlichen Gründen darf der Vertragsbedienstete verpflichtet werden, sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden in einer Dienststelle oder an einem bestimmten anderen Ort aufzuhalten und bei Bedarf oder auf Anordnung seine dienstliche Tätigkeit aufzunehmen (Dienststellenbereitschaft, Journaldienst) (§ 26 Abs 1 K-LVBG 1994). Soweit es dienstliche Rücksichten zwingend erfordern, darf der Vertragsbedienstete fallweise verpflichtet werden, in seiner dienstfreien Zeit seinen Aufenthalt so zu wählen, dass a) er jederzeit erreichbar und binnen kürzester Zeit zum Antritt seines Dienstes bereit ist, oder b) er von sich aus bei Eintritt von ihm zu beobachtende Umstände seine dienstliche Tätigkeit aufnimmt (Rufbereitschaft). Rufbereitschaft gilt nicht als Dienstzeit (§ 26 Abs 2 K-LVBG 1994).

§ 2 Z 1 KA-AZG definiert (vgl auch § 2 Abs 1 AZG) als Arbeitszeit die Zeit vom Dienstantritt bis zum Dienstende ohne die Ruhepausen.

Allgemein gehört zum wesentlichen Inhalt der Dienstpflicht der Ort, an dem die Dienstleistung zu erbringen ist (vgl RS0018175 [T13]). Der typische Inhalt des Dienstvertrags besteht gerade darin, dass der Dienstnehmer verpflichtet ist, sich am Dienstort – und nicht an einem anderen in seinem Belieben stehenden Ort – für entsprechende Dienstleistungen nach den Anweisungen des Dienstgebers zur Verfügung zu halten (RS0120421 [T2]).

Die übereinstimmende rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, der Kläger (ein Primar mit Sondervertrag) habe für jene Zeiten seiner laut Dienstplan zu versehenden Nachtdienste, die er nicht in der Krankenanstalt, sondern eigenmächtig zu Hause verbrachte, keinen Entlohnungsanspruch (Überstundenentlohnung, Nachtdienst-zulage), ist nicht zu beanstanden.

Der Kläger wendet sich gegen diese Auffassung. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zeigt er aber in seiner außerordentlichen Revision nicht auf.

Der Kläger durfte sich zwar während des Nachtdienstes, in denen er keine unmittelbare Dienstleistung zu erbringen hatte, im Nachtdienstzimmer ausruhen, eine auswärtige Arbeitsbereitschaft war aber weder angeordnet noch dem Kläger gestattet worden.

Die Argumentation des Klägers, er habe seinen Aufenthaltsort während des Nachtdienstes ohnehin nicht (völlig) frei wählen können, weil er gezwungen gewesen sei, diesen Ort so zu wählen, dass er innerhalb kürzester Zeit (praktisch gleich schnell wie vom Nachtdienstzimmer aus) seinen Dienst nach Abruf wieder aufnehmen habe können, verkennt, dass es weder gesetzlich noch vertraglich in seinem Belieben stand, sich den Aufenthaltsort seiner Arbeitsbereitschaft auszusuchen. Arbeitsbereitschaft, die in vollem Ausmaß als Arbeitszeit zu qualifizieren ist (vgl RS0051351 [T4]), ist der Aufenthalt an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort mit der Bereitschaft zur jederzeitigen Aufnahme der Arbeitsleistung im Bedarfsfall (RS0051351; RS0051403). Die Sichtweise des Klägers, es habe für die Beklagte im konkreten Fall keinen Unterschied gemacht, dass er sich während seiner Nachtdienste zeitweise auf Abruf zu Hause befunden habe, geht an dieser Beurteilung vorbei und versucht nur jene Diskussion zu führen, die die klaren Anordnungen des Arbeitgebers entbehrlich machen sollten.

Ein Fall der Rufbereitschaft iSd § 26 Abs 2 K-LVBG 1994 liegt auch nach Ansicht des Klägers nicht vor.

Aus der Entscheidung des EuGH vom 21. 2. 2018, C-518/15, Nivelles, ist für den Standpunkt des Klägers nichts zu gewinnen. Diese Entscheidung betraf die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, die aber nicht die – hier relevante – Frage des Arbeitsentgelts für Arbeitnehmer regelt.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

Textnummer

E125761

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:009OBA00077.19T.0723.000

Im RIS seit

08.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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