TE Pvak 2019/3/6 A1-PVAB/19

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Veröffentlicht am 06.03.2019
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Norm

PVG §22 Abs3
PVG §22 Abs4
PVG §25 Abs4
GehG §12d Abs1
BDG §17 Abs1
AVG §68

Schlagworte

Genügender Entschuldigungsgrund für Nichtteilnahme an PVO-Sitzungen; Verhinderungsfall; Entscheidung über Verhinderungsfall; Vertretung verhinderter PV bei Sitzungen; Sanktion bei ungerechtfertigter Verhinderung; Mitgliedschaft in mehreren PVO; Handlungsfähigkeit des PVO; gesetzmäßige Zusammensetzung eines PVO, Nichtigkeit von Beschlüssen; Freistellung; Mitgliedschaft in einem Landtag; Bezugskürzung

Text

A 1-PVAB/19

Bescheid

Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Dr. Wolfgang SETZER als Vertreter der Dienstnehmer/innen über den Antrag des LAbg. ADir. A, die Geschäftsführung des Zentralausschusses beim Bundesministerium für ***) (ZA) in den im Antragsvorbringen näher bezeichneten Fällen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, gemäß § 41 Abs. 1 und 2 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes, BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 102/2018, entschieden:

1.   Insoweit sich der Antrag gegen den Beschluss des ZA zu TOP 1 seiner Sitzung vom 12. Dezember 2018 richtet, die Teilnahme des Antragstellers an einer Sitzung des N.N. Landtags nicht als genügenden Grund für dessen Nichtteilnahme an der ZA-Sitzung vom 12. Dezember 2018 anzuerkennen und demzufolge das vom Antragsteller für seine Vertretung namhaft gemachte Ersatzmitglied an der Teilnahme an dieser Sitzung auszuschließen, wird dem Antrag wegen Gesetzwidrigkeit der Geschäftsführung stattgegeben und werden der Beschluss zu TOP 1 der Sitzung, eine Landtagssitzung sei kein gerechtfertigter Entschuldigungsgrund, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie alle nach den Ausschluss des Vertreters des Antragstellers in dieser Sitzung gefassten Beschlüsse des ZA wegen unrichtiger Zusammensetzung des Kollegialorgans als gesetzwidrig aufgehoben.

2.   Insoweit sich der Antrag gegen die Übermittlung der Stellungnahme des ZA vom 28. Jänner 2019 an die PVAB ohne entsprechenden Beschluss des ZA richtet, wird er mangels Gesetzwidrigkeit der Geschäftsführung des ZA abgewiesen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 10. Jänner 2019 wurde von ZA-Mitglied A beantragt, die Geschäftsführung des ZA als gesetzwidrig festzustellen und den entsprechenden Beschluss als gesetzwidrig aufzuheben, weil dieser in seiner Sitzung vom 12. Dezember 2018 den Entschuldigungsgrund des Antragstellers (Teilnahme an einer Sitzung des N.N. Landtages, dessen Mitglied der Antragsteller ist) nicht als gerechtfertigt anerkannt und dem vom Antragsteller namhaft gemachten Ersatzmitglied die Teilnahme an dieser Sitzung verwehrt hatte. Als Folge dieser gesetzwidrigen Geschäftsführung sei die Sitzung des ZA am 12. Dezember 2018 wegen unrichtiger Zusammensetzung nichtig gewesen.

Mit Schriftsatz vom 29. Jänner 2019 machte der Antragsteller zusätzlich geltend, die Stellungnahme des ZA vom 28. Jänner 2019 an die PVAB sei ohne entsprechenden Beschluss des ZA erfolgt, weshalb die Geschäftsführung des ZA auch in diesem Punkt auf ihre Gesetzmäßigkeit zu überprüfen war.

Die PVAB erachtete aufgrund des Antragsvorbringens, der Ergänzung dazu vom 29. Jänner 2019, der Stellungnahme des ZA vom 28. Jänner 2019 und der im Verfahren vorgelegten Unterlagen folgenden Sachverhalt als erwiesen:

Der Antragsteller ist ZA-Mitglied, Vorsitzender des DA X und Mitglied des FA Y.

Der Antragsteller ist als ZA-Mitglied zu 100% von seinen dienstlichen Verpflichtungen für seine Tätigkeit im ZA freigestellt. Für seine Tätigkeit im N.N. Landtag wurde sein Bezug nach Gehaltsrecht um 25% gekürzt. Zusätzlich ist der Antragsteller Mitglied einer Parlamentarischen Kommission.

Der Sitzung des ZA vom 11./12. Dezember 2018 blieb der Antragsteller am 12. Dezember 2018 mit der Begründung fern, an der Sitzung des N.N. Landtags vom 12. Dezember 2018 teilzunehmen.

Zunächst herrschte Unklarheit, ob diese Sitzung des Landtags am 12. oder 13. Dezember 2018 stattfand. Nach Klärung dieser Frage – Sitzungstermin 12. Dezember – bewertete der ZA diesen Entschuldigungsgrund als nicht ausreichend iSd § 22 Abs. 3 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG) und beschloss mit Mehrheit der abgegebenen Stimmen (7:4), dass die Teilnahme an einer Landtagssitzung kein gerechtfertigter Entschuldigungsgrund nach PVG sei.

Aus diesem Grund wurde auch dem vom Antragsteller benannten Ersatzmitglied B verwehrt, anstelle des Antragstellers an der ZA-Sitzung vom 12. Dezember 2018 teilzunehmen.

In seiner Sitzung vom 22. Jänner 2019 beschloss der ZA zu TOP 38 der Tagesordnung dieser Sitzung mit Stimmenmehrheit (11 Pro-Stimmen), die Stellungnahme zum Antrag des Antragstellers vom 10. Jänner 2019 mit allen Unterlagen durch den Vorsitzenden zu erstellen, den Fraktionen zur Einsicht zuzustellen und der PVAB (Frist 28. Jänner 2019) vorzulegen.

Die ZA-Stellungnahme zum Antrag wurde der PVAB mit Schriftsatz vom 28. Jänner 2019 vorgelegt.

Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen wurden den Parteien des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 3 AVG zur Kenntnisnahme übermittelt und ihnen Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen. Unter einem wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall keiner Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist angenommen werde, es bestünden keine Einwände gegen den festgestellten Sachverhalt.

Der Antragsteller erhob in seiner Stellungnahme vom 11. Februar 2019 keinen Einwand gegen die Sachverhaltsfeststellungen der PVAB. Ergänzend führte er zur 25%-igen Gehaltskürzung (Dienstfreistellung) aus, diese sei auf der Grundlage des § 17 BDG 1979 iVm § 12d GehG von der Dienstbehörde festgelegt worden, da er kein Ausmaß beantragt habe. Zudem stellte er klar, dass er zu TOP 38 (Beschlussfassung über die Stellungnahme an die PVAB) der Sitzung vom 22./23. Jänner 2019 keine Auskunft geben könne, weil er wegen Befangenheit den Sitzungsraum verließ und überdies das Protokoll erst in der ZA-Sitzung vom 19./20. Februar 2019 beschlossen werde; inhaltlich benannte er zu diesem Punkt als Zeugen die ZA-Mitglieder C, D und E.

Der ZA teilte mit Stellungnahme vom 22. Februar 2019 zu den Sachverhaltsfeststellungen der PVAB mit, diese ohne Änderung in der vorliegenden Ausfertigung zur Kenntnis zu nehmen. Zudem übermittelte er mit E-Mail vom 25. Februar 2019 den Beschluss der ZA-Sitzung vom 19./20. Februar 2019, mit dem das Protokoll zu TOP 38 der ZA-Sitzung vom 22. Jänner 2019 genehmigt wurde.

Der Sachverhalt steht somit fest.

Rechtliche Beurteilung

Der Antragsteller ist Mitglied des ZA und fühlt sich in seinem Recht, im Verhinderungsfall ZA-Sitzungen fernbleiben zu können und ein Ersatzmitglied als Vertreter namhaft zu machen, durch die behauptete gesetzwidrige Geschäftsführung des ZA verletzt. Auch sei die Stellungnahme vom 28. Jänner 2019 ohne entsprechenden Beschluss des ZA an die PVAB übermittelt worden.

Die Antragslegitimation des Antragstellers ist gegeben.

Zu Spruchpunkt 1

Der Antragsteller ist ZA-Mitglied, Mitglied im FA Y, Mitglied (Vorsitzender) im DA X und Mitglied einer Parlamentarischen Kommission. Er ist auch Abgeordneter zum N.N. Landtag, wofür sein Bezug um 25% gekürzt wurde (§ 12d Abs. 1 GehG).

Für seine Personalvertretungstätigkeit im ZA wurde er als Personalvertreter (PV) zu 100% von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt.

Der ZA vertritt die Auffassung, der Antragsteller habe die Pflicht, an den ZA-Sitzungen teilzunehmen, weil er zu 100% von seiner Dienstleistung freigestellt sei. Der ZA vertritt zudem die Auffassung, die Teilnahme an einer Landtagssitzung des N.N. Landtags stelle keinen Entschuldigungsgrund nach PVG dar. Nach Meinung des ZA stünden landesgesetzliche Verpflichtungen mit bundesgesetzlichen Verpflichtungen (Pflicht zur Teilnahme an ZA-Sitzungen) in „unauflösbarem Widerspruch“ sowie einander „unvereinbar gegenüber“. Gleiches gelte für die durch Mandat in anderen Personalvertretungsorganen (PVO) übernommenen Pflichten. Nach Meinung des ZA müsse der Antragsteller seine Lebensumstände so gestalten, dass er an den ZA-Sitzungen teilnehmen könne und habe der ZA die Pflicht, die Einhaltung des PVG (darunter die verpflichtende Teilnahme an ZA-Sitzungen) sicherzustellen. Es könne nicht in der freien Disposition des Antragstellers liegen, welche von mehreren selbst eingegangenen Pflichten er jeweils befolge.

Der Antragsteller vertritt dagegen die Auffassung, er müsse aufgrund seiner Bezugskürzung und damit verbundenen Freistellung von 25% nur 75% seiner Zeit für Personalvertretung (PV) aufwenden, auch wenn er zu 100% für die ZA-Tätigkeit freigestellt ist.

Nach § 22 Abs. 3 PVG haben PVO-Mitglieder an den Sitzungen des PVO teilzunehmen, können sich im Verhinderungsfall aber vertreten lassen.

Sowohl dienstliche Gründe als auch Einsätze in PV-Angelegenheiten können die Verhinderung einer/eines PV, an einer Sitzung teilzunehmen, bewirken (PVAK 29. Jänner 2001, A 29-PVAK/00). Die Teilnahme an einer Sitzung eines ZA, wenn auch nur als Ersatzmitglied, kann ein Verhinderungsfall für die Teilnahme an einer Sitzung eines anderen PVO sein (PVAK 23. Mai 1989, A 14-PVAK/89). So lange zumindest die Hälfte der Mitglieder oder Ersatzmitglieder eines PVO nicht iSd § 22 Abs. 3 PVG verhindert sind, ist dieses handlungsfähig (PVAK 4. Oktober 2004, A 10-PVAK/04).

Als genügender Entschuldigungsgrund gilt eine Situation, die es Personalvertreter/innen unmöglich oder unzumutbar schwer macht, an einer Sitzung teilzunehmen. Das Gesetz regelt nicht ausdrücklich, wer im Zweifelsfall darüber zu entscheiden hat, ob ein Verhinderungsfall gegeben ist. Diese Entscheidung kann aber nur dem PVO selbst obliegen. Im Regelfall wird davon auszugehen sein, dass die angeführten Verhinderungsgründe bestehen. Ein weitläufiges Ermittlungsverfahren ist jedenfalls zu vermeiden (Schragel, PVG, § 22, Rz 33).

Bei dreimaligem Fernbleiben ohne genügenden Entschuldigungsgrund können Mitglieder durch Beschluss (Zweidrittelmehrheit) des PVO aus dem PVO ausgeschlossen werden. Das PVG schreibt den Ausschluss nicht zwingend vor, das Wort „können“ in § 22 Abs. 3 zweiter Satz PVG ist daher als Ermächtigung, nicht als Verpflichtung anzusehen. Dass ein solches Vorgehen dem Gesetzgeber nicht opportun scheint, folgt daraus, dass für den Ausschluss eine Zweidrittelmehrheit der abgegeben Stimmen erforderlich ist. Eine Verhinderung ist immer als genügender Entschuldigungsgrund anzusehen. Wurde eine Verhinderung allerdings unberechtigt behauptet, kann das PVO das Fernbleiben immer noch als unentschuldigt werten, nicht jedoch eine anerkannte Verhinderung, die als solche nicht hätte anerkannt werden dürfen. Die Zulassung eines Ersatzmitgliedes ist als Anerkennung der Verhinderung eines Mitglieds anzusehen, auch wenn darüber kein Beschluss gefasst wurde (Schragel, PVG, § 22, Rz 34).

Nach § 17 Abs. 1 BDG 1979 ist einem Beamten, der Mitglied eines Landtages ist, die zur Ausübung seines Mandates erforderliche Dienstfreistellung in dem von ihm beantragten prozentuellen Ausmaß der regelmäßigen Wochendienstzeit unter anteiliger Kürzung seiner Bezüge zu gewähren und Dienstplanerleichterungen (z.B. Diensttausch, Einarbeitung) unter Berücksichtigung dienstlicher Interessen in größtmöglichem Ausmaß einzuräumen. Nach § 12d des Gehaltsgesetzes 1956 (GehG) sind einem nach § 17 Abs. 1 BDG 1979 dienstfreigestellten Beamten die Dienstbezüge im Ausmaß von mindestens 25% zu kürzen und die Dienstbezüge von Beamten, die Mitglieder eines Landtages und weder dienstfrei noch außer Dienst gestellt sind, um 25% zu kürzen.

Dass Beamte Mitglieder von Landtagen sein können, setzt der Bundesgesetzgeber somit nicht nur voraus, sondern er sah explizit spezielle Regelungen dafür vor, nach denen die Bezüge von Abgeordneten zu Landtagen wegen ihrer deshalb gerechtfertigten Abwesenheiten vom Dienst um mindestens 25% zu kürzen sind.

Die Rechtsansicht des ZA, ein vom Dienst für die Personalvertretungstätigkeit im ZA zu 100% freigestellter Personalvertreter habe an ZA-Sitzungen jedenfalls teilzunehmen und seine Lebensumstände so zu gestalten, dass ihm das möglich wird, findet ebenso wie die Rechtsmeinung des ZA, er habe die verpflichtende Teilnahme an ZA-Sitzungen sicherzustellen, keine Deckung im PVG.

Wie bereits erwähnt, setzt der Gesetzgeber nämlich das Fernbleiben gewählter Mandatare von Sitzungen von PVO als zulässig voraus, auch wenn er sie grundsätzlich zur Teilnahme verpflichtet.

Dies folgt ohne rechtlichen Zweifel aus der Regelung in § 22 Abs. 3 PVG, wonach Mitglieder, die drei aufeinanderfolgenden Sitzungen ohne genügenden Entschuldigungsgrund fernbleiben, aus dem PVO ausgeschlossen werden können. Dadurch wird zum einen klargestellt, dass bei ausreichenden Entschuldigungsgründen ein Fernbleiben von Sitzungen vom Gesetzgeber akzeptiert wird. Zum anderen aber auch daraus, dass jedes Mitglied eines PVO jedenfalls - und immer wieder - zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen des PVO, dem es angehört, ohne genügenden Entschuldigungsgrund fernbleiben kann, ohne Sanktionen irgendwelcher Art befürchten zu müssen. Der Gesetzgeber verschließt sich somit nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens, nach denen ein Sitzungstermin beispielsweise sogar übersehen oder vergessen werden kann.

Der Gesetzgeber sieht zudem, wie gleichfalls bereits erwähnt, expressis verbis im Gehaltsrecht vor, dass die Bezüge von Bundesbediensteten, die Mandatare zu Landtagen sind, um ein bestimmtes zeitliches Ausmaß, mindestens jedoch um 25% zu kürzen sind. Auch daraus folgt eindeutig, dass es keinen diesbezüglichen „unlösbaren Widerspruch“ zwischen Bundes- und Landesrecht gibt, im Gegenteil, der Bundesgesetzgeber setzt voraus, dass Bedienstete, die Mandatare zu einem Landtag sind, dem Dienstgeber Bund nicht in vollem Umfang zur Verfügung stehen können. Dies gilt in gleicher Weise auch für Personalvertreter, die vom Dienst freigestellt sind. Sind Personalvertreter/innen, die zu 100% vom Dienst für die Personalvertretungstätigkeit freigestellt sind, gleichzeitig Abgeordnete zum Landtag, wirkt sich, worin dem Antragsteller beizupflichten ist, die 25%-Bezugskürzung so aus, dass sie nur 75% ihrer „Dienstzeit“ für Personalvertretungstätigkeit aufzuwenden haben.

Zu den Situationen, die es einem PV unmöglich oder unzumutbar schwer machen, an der Sitzung eines PVO, dem er angehört, teilzunehmen, zählen ohne Zweifel Krankheit, Urlaub, Sonderurlaub, Pflegeurlaub etc. sowie bestimmte dienstliche Angelegenheiten, deren Erledigung auch von einem vom Dienst freigestellten Bediensteten nicht ohne weiteres abgelehnt werden kann, beispielsweise direkte und/oder persönliche Aufträge der Ressortleiter/innen. Aus dem zuvor im Detail geschilderten Zusammenspiel und Ineinandergreifen von Freistellung und Bezugskürzung für Beamte, die gleichzeitig Mandatare zu einem Landtag sind, folgt gleichfalls ohne jeden rechtlichen Zweifel, dass die Teilnahme an einer Landtagssitzung für gewählte Mandatare einen genügenden Entschuldigungsgrund iSd § 22 Abs. 3 PVG darstellt. Ebenso zählen auch Tätigkeiten für die Parlamentarische Kommission, der der Antragsteller angehört, zu den gerechtfertigten Verhinderungsfällen iSd PVG. Letztlich sind auch terminliche Überschneidungen mit Sitzungsterminen anderer PVO, denen ein/e PV angehört, als gerechtfertigte Verhinderungsfälle anzusehen (PVAK 29. Jänner 2001, A 29-PVAK/00; PVAK 23. Mai 1989, A 14-PVAK/89), wobei jedoch grundsätzlich - außer in besonders gelagerten Fällen – bei Terminkollisionen der Teilnahme an ZA-Sitzungen der Vorzug zu geben ist.

Daher geht nicht nur das Argument des ZA ins Leere, seine Mitglieder hätten ihre Lebensumstände so gestalten, dass sie an den ZA-Sitzungen teilnehmen können, sondern entbehrt auch die Rechtsansicht des ZA, es könne nicht in der freien Disposition eines ZA-Mitglieds gelegen sein, welche von mehreren selbst übernommenen Pflichten es befolge, ihrer rechtlichen Grundlage, so lange die Entscheidung nach objektiv nachvollziehbaren Kriterien getroffen wird.

Im Zusammenhang mit der Verhinderung von Mitgliedern, an PVO-Sitzungen teilzunehmen, ist auch die Rechtsprechung der Personalvertretungsaufsicht von Relevanz, nach der ein PVO handlungsfähig bleibt, solange zumindest die Hälfte der Mitglieder oder Ersatzmitglieder eines PVO nicht iSd § 22 Abs. 3 PVG verhindert ist (PVAK, 4. Oktober 2004, A 10-PVAK/04). Eine Beeinträchtigung der Handlungsfähigkeit des ZA, dem insgesamt 12 Mitglieder angehören, durch die Nichtteilnahme bzw. nicht vollständige Teilnahme des Antragstellers an der ZA-Sitzung vom 11./12. Dezember 2018 wäre der PVAB daher selbst dann nicht erkennbar, hätte sich der Antragsteller nicht durch ein Ersatzmitglied vertreten lassen wollen.

Ob geltend gemachte Entschuldigungsgründe anzuerkennen sind, ist – worin dem ZA Recht zu geben ist - im Zweifelsfall im Einzelfall zu prüfen. Auch für diese Entscheidungen gilt der den PVO vom Gesetzgeber eingeräumte weite Ermessenspielraum der PVO, doch muss sich das PVO auch bei der Prüfung von Entschuldigungsgründen mit allen Umständen des Falles auseinandersetzen und auf dieser Grundlage sachlich gerechtfertigte Entscheidungen treffen.

Ob es sich bei der Teilnahme eines gewählten Mandatars an einer Sitzung des N.N. Landtags um einen genügenden Entschuldigungsgrund iSd § 22 Abs. 3 PVG handelt, stellt aber entgegen der Auffassung des ZA keinen Zweifelsfall dar, sondern ist anhand gegebener Sach- und Rechtslage ohne jeden rechtlichen Zweifel zu bejahen.

Der Beschluss des ZA zu TOP 1 in seiner Sitzung vom 12. Dezember 2018, die Teilnahme des Antragstellers an der Sitzung des N.N. Landtags nicht als genügenden Entschuldigungsgrund nach § 22 Abs. 3 PVG anzuerkennen, erfolgte somit entgegen den Vorgaben des PVG in gesetzwidriger Geschäftsführung. Gleiches gilt für den Ausschluss des vom Antragsteller für diese Sitzung in seiner Vertretung namhaft gemachten Ersatzmitglieds. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass dieser Ausschluss zwingend aus der subjektiven Rechtsansicht des ZA folgte, der vom Antragsteller geltend gemachte Verhinderungsgrund sei kein gerechtfertigter Entschuldigungsgrund, weil die Zulassung der Vertretung immer als Anerkennung der Verhinderung eines Mitglieds anzusehen ist, auch wenn darüber kein Beschluss gefasst wurde (Schragel, PVG, § 22, Rz 34), da der Ausschluss des vom Antragsteller namhaft gemachten Ersatzmitglieds objektiv als gesetzwidrig einzustufen ist.

Nach dem rechtswidrigen Ausschluss des vom Antragsteller namhaft gemachten Vertreters war der ZA nicht mehr gesetzmäßig zusammengesetzt.

Die unrichtige Zusammensetzung eines Kollegialorgans belastet die von ihm in gesetzwidriger Zusammensetzung gefassten Beschlüsse mit Rechtswidrigkeit, weshalb diese als gesetzwidrig aufzuheben sind.

Es handelt sich, anders als vom Antragsteller geltend gemacht, dabei aber nicht um Nichtigkeit der Sitzung oder der dabei gefassten Beschlüsse des ZA, weil die im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) vorgesehene Möglichkeit, Entscheidungen, die an bestimmten Mängeln leiden, als nichtig zu erklären, nicht zu den fundamentalen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens zählen, die nach der Rechtsprechung der Personalvertretungsaufsicht auf die Geschäftsführungshandlungen von PVO, für die das PVG eine Regelung vermissen lässt, Anwendung zu finden haben (Hengstschläger-Leeb, AVG, § 68, Rz 105, mwN; Schragel, PVG, § 22, Rz 1, mwN).

Zu Spruchpunkt 2

Der Antragsteller macht geltend, die Stellungnahme des ZA vom 28. Jänner 2019 zum Antragsvorbringen sei der PVAB ohne entsprechenden Beschluss des ZA übermittelt worden.

In der Sitzung des ZA vom 23. Jänner 2019 wurde zu TOP 38 (A 1-PVAB/19-2; Feststellung des Entschuldigungsgrundes von ADir A; Beschluss) nach längerer Diskussion zur Stellungnahme des ZA an die PVAB wörtlich Folgendes festgehalten (Zitat):

„Mit Schreiben vom 14 01 2019 hat die PVAB den ZA aufgefordert innerhalb von 2 Wochen (bis 28 01 2019) eine schriftliche Stellungnahme zu übermitteln.

……………………………………………………………………………………………………….

Vorsitzender S:                          Sagt den Fraktionsverantwortlichen zu, nach Möglichkeit
                                     bis Freitag die Stellungnahme zu erstellen und jedenfalls
                                     vor Übermittlung an die Fraktionen zu senden.

Antrag:                                   Vorlage der Stellungnahme an die PVAB.

Beschluss:                                   Mit 11 Pro-Stimmen angenommen.“

Das Protokoll wurde in dieser Fassung vom ZA in seiner Sitzung vom 19./20. Februar 2019 beschlossen. Daraus folgt, dass der Beschluss, die Stellungnahme des ZA der PVAB innerhalb der von ihr gesetzten Frist (28. Jänner 2019) vorzulegen, am 23. Jänner 2019 einstimmig mit 11 Pro-Stimmen (der Antragsteller verließ wegen seiner Befangenheit für diesen TOP die Sitzung) gefasst wurde. Die Stellungnahme des ZA zum Antragsvorbringen wurde der PVAB am 28. Jänner 2019 übermittelt.

Nach § 17 Abs. 2 der Bundes-Personalvertretungs-Geschäftsordnung (PVGO), BGBl. Nr. 35/1968, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 143/2014, können Beschlüsse eines PVO vor der Genehmigung (§ 16 Abs. 3 PVGO) des den Beschluss enthaltenen Protokolls ausgefertigt werden, wenn es der Personalvertretungsausschuss ausdrücklich beschließt.

Ein solcher Beschluss ist zwar im Protokoll der Sitzung des ZA vom 22./23. Jänner 2019 nicht expressis verbis enthalten, doch steht außer Zweifel, dass die Ausfertigung der Stellungnahme bereits vor der Genehmigung dieses Protokolls in der ZA-Sitzung vom 19./20. Februar 2019 konkludent, aber unmissverständlich beschlossen wurde. Dies deshalb, weil den Sitzungsteilnehmern die von der PVAB gesetzte Frist (28. Jänner 2019) lt. Protokoll bekannt war und die Abgabe der Stellungnahme mit den Stimmen aller Anwesenden beschlossen wurde. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass die ZA-Mitglieder zwar konkludent, aber dennoch unmissverständlich, beschlossen hatten, die Stellungnahme fristgerecht abzugeben, was freilich nur vor der Beschlussfassung über das Protokoll im Februar möglich gewesen war.

Somit entspricht es nicht der Sach- und Rechtslage, dass die Ausfertigung der Stellungnahme des ZA am 28. Jänner 2019 der PVAB vor der Genehmigung des Protokolls der ZA-Sitzung vom 22./23. Jänner 2019 ohne entsprechenden Beschluss des ZA übermittelt worden wäre.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 6. März 2019

Die Vorsitzende:

Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:PVAB:2019:A1.PVAB.19

Zuletzt aktualisiert am

10.02.2020
Quelle: Personalvertretungsaufsichtsbehörde Pvab, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/personalvertretungsaufsichtsbehorde
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