TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/16 94/12/0011

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Veröffentlicht am 16.12.1998
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

BDG 1979 §50 Abs1;
GehG 1956 §20b Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des J in P, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. November 1993, Zl. 50 055/10-II/2/93, betreffend Fahrtkostenzuschuß nach § 20 b des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor des Kriminaldienstes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Bundespolizeidirektion Innsbruck; sein Wohnort Pfons.

Bis einschließlich März 1993 bezog der Beschwerdeführer einen Fahrtkostenzuschuß gemäß § 20 b des Gehaltsgesetzes 1956 (im folgenden GG), dessen Berechnung die Fahrtkosten einer Monatskarte für die Benützung des Zuges zwischen Pfons (Matrei) und Hauptbahnhof Innsbruck sowie eines innerstädtischen Verkehrsmittels (Autobus) der Innsbrucker Verkehrsbetriebe (im Folgenden IVB) zwischen Hauptbahnhof und Bundespolizeidirektion Innsbruck zugrundegelegt waren.

Am 30. März 1993 teilte die Bundespolizeidirektion Innsbruck (Dienstbehörde erster Instanz) dem Beschwerdeführer mit, daß bei der Berechnung des Fahrtkostenzuschusses die Kosten für die Benützung des innerstädtischen Verkehrsmittels in Innsbruck nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Dem Beschwerdeführer gebühre daher ab 1. April 1993 kein monatlicher Fahrtkostenzuschuß mehr, da die notwendigen monatlichen Fahrtauslagen (für die Eisenbahnverbindung) den vom Beamten zu tragenden Eigenanteil nicht überstiegen.

Auf Grund eines Antrages des Beschwerdeführers auf bescheidmäßige Absprache und seiner Meldung vom 2. April 1993 betreffend den Fahrtkostenzuschuß sprach die Dienstbehörde erster Instanz mit Bescheid vom 5. Mai 1993 aus, dem Beschwerdeführer gebühre kein Fahrtkostenzuschuß, da der Fahrtkostenanteil, den der Beamte gemäß § 20 b Abs. 3 GG selbst zu tragen habe, S 380,-- betrage, die Monatsstreckenkarte jedoch nur S 356,-- koste. Der Klarheit wegen werde weiters festgestellt, daß die Fahrtauslagen für eine IVB Monatskarte nicht gebührten und damit in "den Fahrtkostenzuschuß nicht einberechnet werden".

Begründend führte die Dienstbehörde erster Instanz aus, für die Wegstrecke Hauptbahnhof Innsbruck bis zur Bundespolizeidirektion Innsbruck gebühre kein Fahrtkostenzuschuß in Form einer IVB-Monatskarte, weil die kürzeste Strecke zwischen diesen beiden Punkten nur 900 m betrage. Eine solche Wegstrecke sei aber so gering, daß jedem Bediensteten deren Zurücklegung zu Fuß zugemutet werden könne und dies nicht mit unzumutbaren körperlichen Anstrengungen verbunden sei (ca. 10 bis 12minütiger Fußmarsch für diese ebene Strecke). Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels für diese Strecke sei daher im Sinne des Gesetzes nicht notwendig. Außerdem stünden für diese Strecke grundsätzlich nur zwei Linien der IVB zur Verfügung, deren Fahrzeit ca. 5 Minuten betrage. Während des Tages verkehre die Linie C alle 20 Minuten, die Linie R alle 7,5 Minuten. Daraus ergebe sich, daß die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels auch nicht zweckmäßig erscheine, zumal auch der Fußweg von der Bundespolizei Innsbruck zur jeweiligen Haltestelle (ca. 60 bis 70 m) und Wartezeiten bis zum Eintreffen des Busses zu berücksichten seien.

In seiner Berufung vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, die Kosten der IVB-Monatskarte seien bei der Ermittlung des Fahrtkostenzuschusses zu berücksichtigen; um die Notwendigkeit der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels beurteilen zu können, müsse von der gesamten Wegstrecke ausgegangen werden; es sei untunlich, nur eine Teilwegstrecke (hier Bahnhof-Bundespolizeidirektion) herauszunehmen und diese alleine zu beurteilen. Auf Grund der innerstädtischen Verhältnisse (Personen- und Kfz- Verkehr; Ampeln) betrage die Dauer des Fußmarsches zwischen Hauptbahnhof und Bundespolizeidirektion Innsbruck (Wegstrecke: 900 m) mindestens 15 bis 20 Minuten. Die Fahrtzeit der IVB-Busse betrage hingegen nur 3 Minuten. Eine offenkundige Zeitersparnis von 15 Minuten begründe die Notwendigkeit bzw. Zweckmäßigkeit der Benützung des innerstädtischen Verkehrsmittels. Dies ergebe sich auch durch die Dienstzeiten (wird näher ausgeführt) des Beschwerdeführers: ohne Benützung des innerstädtischen Verkehrsmittels müßte der Beschwerdeführer teilweise weitaus früher von zu Hause wegfahren, um rechtzeitig in den Dienst zu kommen oder käme erst weitaus später nach Hause. Außerdem gestehe die Dienstbehörde den Sicherheitswachebeamten die IVB-Karte mit der Begründung zu, sie müßten fallweise auch auf anderen Dienststellen (Wachzimmern) Dienst versehen. Dies treffe auch auf die Kriminalbeamten zu, da diese bei diversen Diensten wie zB Überwachungen, Vorpaßhaltungen und dergleichen gleichfalls in verschiedenen Stadtteilen eingesetzt würden und diesfalls ihren Dienst auch am Einsatzort und nicht in der Polizeidirektion anzutreten hätten.

In der Folge ließ die belangte Behörde weitere Ermittlungen durch die Dienstbehörde erster Instanz durchführen (Ermittlung der Gehzeit für die strittige Wegstrecke; fahrplanmäßige Fahrzeit der in Betracht kommenden innerstädtischen Busse; Zeitverlust bei Nichtbenützung der innerstädtischen Autobusse unter Berücksichtigung des jeweiligen Dienstes des Beschwerdeführers; Bekanntgabe der durchschnittlichen Anzahl von Zusatzdiensten eines Kriminalbeamten pro Monat), zu deren Ergebnis dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewährt wurde. Der Beschwerdeführer erhob gegen das mitgeteilte Ermittlungsergebnis keine Einwände.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24. November 1993 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Sie ging dabei auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens davon aus, die Gesamtwegstrecke von der Wohnung des Beschwerdeführers bis zu seiner Dienststelle könne nach der Art der möglichen Fortbewegung in folgende Teilwegstrecken unterteilt werden:

1.

Pfons-Hauptbahnhof Innsbruck: Österreichische Bundesbahnen

2.

Hauptbahnhof Innsbruck-Bundespolizeidirektion:

innerstädtisches Innsbrucker Verkehrsmittel.

Die Wegstrecke zwischen dem Hauptbahnhof Innsbruck und der Bundespolizeidirektion betrage ungefähr 900 m; der für die Zurücklegung dieser Strecke erforderliche Zeitaufwand sei mit durchschnittlich 16 Minuten zu veranschlagen. Auf der in Rede stehenden Strecke verkehrten folgende Autobuslinien: Linie B, C, 1 und 4 (Hauptbahnhof-Polizeidirektion) bzw. B, C, R, 1 und 6 (Polizeidirektion-Hauptbahnhof). Die fahrplanmäßige Fahrzeit betrage jeweils 3 Minuten. Der Beschwerdeführer versehe grundsätzlich seinen Dienst von 7.30 Uhr bis 15.30 Uhr (Normaldienstzeit). Zum Tagjournaldienst d.h. von 7.30 Uhr bis 19.00 Uhr werde der Beschwerdeführer vier Mal monatlich eingeteilt. Nachtjournal (7.30 Uhr bis 7.30 Uhr des nächsten Tages) sowie Nachtstreife (wochentags: 20.00 Uhr bis 4.00 Uhr; Wochenende:

21.00 Uhr bis 4.00 Uhr) versehe der Beschwerdeführer jeweils nur einmal pro Monat. Zu Zusatzdiensten (zB Überwachungen) werde der Beschwerdeführer durchschnittlich vier Mal monatlich eingeteilt. Aus der folgenden Tabelle ergäben sich die für die jeweilige Diensttour maßgeblichen Ankunfts- und Abfahrtszeiten der Österreichischen Bundesbahnen und die Zurücklegung der Wegstrecke Pfons-Hauptbahnhof Innsbruck und retour. Darüber hinaus sei daraus ersichtlich, inwieweit die Nichtbenützung des innerstädtischen Verkehrsmittels für den Beschwerdeführer einen Zeitverlust darstelle:

                             mit IVB

                      Ankunft         Abfahrt

Normaldienstzeit      Bahnh 07.25     Dion  15.34

07.30-15.30           Dion  07.28     Bahnh 06.57

Tagesjournal          Bahnh 07.25     Dion  19.00

07.30-19.00           Dion  07.28     Bahnh 19.03

Nachtjournal          Bahnh 07.25     Dion  07.34

07.30-7.30            Dion  07.28     Bahnh 08.03

Nachtstreife

Wochentag             Bahnh 18.47     Dion

20.00-4.00            Dion  19.04     Bahnh k.V.

Nachtstreife

Wochenend             Bahnh 20.52     Dion

21.00-4.00            Dion  20.56     Bahnh k.V.

                           ohne  IVB

                      Ankunft         Abfahrt

Normaldienstzeit      Bahnh 06.57     ---

07.30-15.30           Dion  07.13     Bahnh 16.03

Tagesjournal          Bahnh 06.57     ---

07.30-19.00           Dion  07.13     Bahnh 21.03

Nachtjournal          Bahnh 06.57     ---

07.30-7.30            Dion  07.13     Bahnh 08.03

Nachtstreife

Wochentag             Bahnh 18.57     ---

20.00-4.00            Dion  19.13     Bahnh k.V.

Nachtstreife

Wochenend             Bahnh 20.12     ---

21.00-4.00            Dion  20.28     Bahnh k.V.

                            Zeitverlust (Min.)

                      Ankunft         Abfahrt

Normaldienstzeit

07.30-15.30           28              --

Tagesjournal

07.30-19.00           28              120

Nachtjournal

07.30-7.30            28              --

Nachtstreife

Wochentag

20.00-4.00            9               --

Nachtstreife

Wochenend             --

21.00-4.00            401             --

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, es sei im Beschwerdefall nur das Vorliegen der Voraussetzungen für den Fahrtkostenzuschuß nach § 20 b Abs. 1 Z. 3 GG strittig, d.h. ob die notwendigen monatlichen Fahrtauslagen des Beschwerdeführers für das billigste öffentliche Beförderungsmittel, das für ihn zweckmäßigerweise in Betracht komme, den Fahrtkostenanteil übersteige, den der Beamte nach Abs. 3 dieser Bestimmung selbst zu tragen habe.

Bei der Beurteilung dieser Frage sei zunächst zu prüfen, ob der innerstädtische Autobus für die Wegstrecke vom Hauptbahnhof Innsbruck zur Bundespolizeidirektion als Beförderungsmittel im Sinne des § 20 b Abs. 1 Z. 3 GG zweckmäßigerweise in Betracht komme (Unterstreichungen im Original). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei dies nach der Gesamtheit aller Kriterien zu beurteilen, die für eine solche Entscheidung bei objektiver Betrachtungsweise als erheblich anzusehen seien (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. November 1979, 2503/79). Die Frage der Zweckmäßigkeit der Benützung des jeweiligen öffentlichen Beförderungsmittels sei demzufolge auch nicht für jede Teilwegstrecke einzeln, sondern für die Gesamtwegstrecke zu prüfen.

Wie bereits festgestellt worden sei, versehe der Beschwerdeführer im überwiegenden Ausmaß von 7.30 bis 15.30 Uhr Dienst (= Normaldienst). Zu anderen Diensttouren werde er nur fallweise eingeteilt. Bei der Beurteilung der Zweckmäßigkeit des "Inbetrachtkommens" des innerstädtischen Beförderungsmittels sei daher nach Ansicht der belangten Behörde insbesondere von der Normaldienstzeit des Beschwerdeführers auszugehen.

In diesem Zusammenhang stehe zunächst unbestritten fest, daß der Beschwerdeführer durch die Benützung des innerstädtischen Autobusses eine Zeitersparnis bei der täglichen Hin- und Rückfahrt für sich erzielen könnte.

Nach der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könne jedoch aus der allgemeinen Tatsache, daß die Benützung eines bestimmten öffentlichen Beförderungsmittels vorteilhaft sei, nicht geschlossen werden, daß die Kosten für die Inanspruchnahme desselben jedenfalls gemäß § 20 b GG vergütungsfähig seien.

Nach Auffassung der belangten Behörde sei nämlich ein Zeitverlust von rund einer halben Stunde, der sich für die tägliche Hin- und Rückfahrt bei Nichtbenützung des innerstädtischen Autobusses ergebe, nicht unzumutbar (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1987, Zl. 86/12/0004).

Hinzu komme, daß die Zurücklegung einer ebenen Wegstrecke von rund 900 m - wie die erstinstanzliche Behörde zutreffenderweise ausgeführt habe - nicht mit großen körperlichen Anstrengungen verbunden sei und einem exekutivdiensttauglichen Beamten jedenfalls zugemutet werden könne.

Die belangte Behörde gelange daher nach Würdigung des gesamten Vorbringens zur Ansicht, daß der innerstädtische Autobus für den Beschwerdeführer nicht das zweckmäßigerweise in Betracht kommende Beförderungsmittel im Sinne des § 20 b GG sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf

Fahrtkostenzuschuß nach § 20 b GG durch unrichtige Anwendung dieser Norm, insbesondere des Abs. 1 Z. 3 verletzt.

Gemäß § 20 b Abs. 1 GG 1956 idF der

24. GG Nov BGBl. Nr. 214/1972 gebührt dem Beamten ein Fahrtkostenzuschuß, wenn

1. die Wegstrecke zwischen der Dienststelle und der nächstgelegenen Wohnung mehr als 2 km beträgt,

2. er diese Wegstrecke an den Arbeitstagen regelmäßig zurücklegt und

3. die notwendigen monatlichen Fahrtauslagen für das billigste öffentliche Beförderungsmittel, das für den Beamten zweckmäßigerweise in Betracht kommt, den Fahrtkostenanteil übersteigen, den der Beamte nach Abs. 3 selbst zu tragen hat.

Der Beschwerdeführer bringt vor, es stehe unbestritten fest, daß die in Betracht kommende innerstädtische Autobusverbindung laufend zur Verfügung stehe. Nach dem Gesetz komme es darauf an, ob dieses Beförderungsmittel "zweckmäßigerweise" in Betracht komme. Anders als in dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1987, 86/12/0004, das sich mit der Frage der Benützung unterschiedlich schneller Beförderungsmittel (Personenzug/Schnellzug) und der Benützung des billigsten Beförderungsmittels im Sinne des § 20 b Abs. 1 Z. 3 GG befaßt habe, gehe es im Beschwerdefall um die Alternative zwischen Fahren oder zu Fuß gehen. Die von der belangten Behörde unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit angestellten Überlegungen gingen am Gesetz vorbei. Das Gesetz stelle nicht darauf ab, ob es "zumutbar" sei, daß anstelle eines zur Verfügung stehenden Massenbeförderungsmittels die betreffende Wegstrecke zu Fuß zurückgelegt werde. Schon gar nicht könne es auf die individuelle körperliche Verfassung des Dienstnehmers oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kategorie von Beamten ankommen. Das Gesetz lasse keine Unterscheidung zwischen Exekutivdienstbeamten und sonstigen Beamten zu. Die Benützung eines Beförderungsmittels komme dann zweckmäßigerweise nicht in Betracht, wenn der durch die Benützung des Massenbeförderungsmittels erzielte Zweck oder Vorteil nicht mindestens so groß sei, daß er die dafür anfallenden Kosten rechtfertige. Bei der Beurteilung dieser Nutzen-Kostenrelation sei die Möglichkeit des Fahrtkostenzuschusses auszuklammern: weder dürfe zugunsten des Beamten von der Überlegung ausgegangen werden, daß durch den Fahrtkostenzuschuß für ihn eine Verbilligung eintrete, die die Benützung eines Massenbeförderungsmittels für ihn subjektiv als zweckmäßig erscheinen lasse, noch dürfe zugunsten des Dienstgebers (hier: Bund) ein den Fahrtkostenzuschuß im Auge habender Sparsamkeitsgedanke eingebracht werden. Der anzulegende Maßstab sei vielmehr aus einer objektiven Betrachtungsweise zu gewinnen. Es sei auf ein sinnvolles Verhalten abzustellen und damit auf ein typisches oder durchschnittliches Verhalten, wie es in einer gleichartigen Situation der Lebenserfahrung gemäß stattfinde. Wende man diesen Maßstab im Beschwerdefall an, komme man zu einem völlig eindeutigen Ergebnis: Die innerstädtische Verbindung sei praktisch von "Tür zu Tür". Die Ausnützung dieser Verbindung sei eine absolute Selbstverständlichkeit. Dies gelte jedenfalls uneingeschränkt für den Normalfall. Es werde jemand höchstens ausnahmsweise hier auf Grund einer persönlichen Eigenart auf die Benützung eines Massenbeförderungsmittels verzichten. Das gelte selbst für normale Witterung und naturgemäß noch mehr, wenn man immer wieder vorkommende Wetterunbilden berücksichtige, die in Westösterreich überdurchschnittlich gegeben seien (wesentlich höhere Niederschlagsmenge als in Ostösterreich). Der Zeitfaktor spiele grundsätzlich keine Rolle. Relevant sei ausschließlich, daß es zu keiner übermäßigen Wartezeit komme. Typischer- und zweckmäßigerweise werde die Autobusverbindung ganz unabhängig davon ausgenützt werden, ob und welcher Zeitvorteil dabei eintrete. Daß es im Beschwerdefall auch noch zu einem erheblichen Zeitvorteil komme, spreche nur zusätzlich für die Zweckmäßigkeit der Benützung des innerstädtischen Beförderungsmittels. Dazu komme, daß bei der Fußwegversion auch Wartezeiten vor Dienstbeginn anfielen und beim Tagesjournaldienst nicht weniger als zwei Stunden Wartezeit (bei der Heimreise) in Kauf genommen werden müßte. Dies stelle für sich allein schon eine solche Unannehmlichkeit dar, daß die Autobusbenützung selbst dann als insgesamt zweckmäßig erscheinen würde, wenn dies ansonsten nicht der Fall wäre. Im Beschwerdefall sei daher die Autobusbenützung schon unter Ausklammerung dieses Sonderfalles voll und ganz zweckmäßig; der Sonderfall des Tagesjournaldienstes spreche daher nur zusätzlich für die Zweckmäßigkeit der Benützung des strittigen innerstädtischen Massenbeförderungsmittels.

Dem ist folgendes zu erwidern:

Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die belangte Behörde im Beschwerdefall zutreffend auf das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1987, 86/12/0004, berufen konnte oder nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich nämlich in seiner bisherigen Judikatur - und zwar auch unter dem Gesichtspunkt des § 20 b Abs. 1 Z. 3 GG (bzw. der früheren Rechtslage) - mehrfach mit der im Beschwerdefall interessierenden Alternative "Fußmarsch - Benützung eines öffentlichen Beförderungsmittels" beschäftigt.

Beim Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 1968, 1831/67, Slg. NF Nr. 7292/A, ging es um einen Trennungszuschuß gemäß § 34 Abs. 4 RGV 1955. Der Beamte hatte im Berufungsverfahren geltend gemacht, daß die Fahrtstrecke der von ihm für die Fahrt vom "Meidlinger Südbahnhof" in Wien zur Dienststelle benützten Straßenbahnlinie 62 (der Wiener Verkehrsbetriebe) zwei Haltestellen beinhalte; die Fahrtzeit betrage je nach Verkehrsdichte etwa 4 min. Zu Fuß müßte er vom "Meidlinger Südbahnhof" zur Dienststelle eine Wegstrecke von 850 m zurücklegen, bei Benützung der Straßenbahn aber nur eine solche von 150 m. Im Hinblick auf die Wegdifferenz von ca. 700 m müsse die Benützung der Straßenbahn als "zweckdienlich" und auch als "notwendig" angesehen werden, zumal sich bei Schlechtwetter das Zurücklegen der Strecke von 850 m infolge seines Fußleidens (Arthrose des linken Kniegelenks) besonders nachteilig auswirke. Die Behörde hatte den Standpunkt vertreten, der Beamte brauche die Straßenbahn nicht zu benützen, weil die Wegstrecke vom "Meidlinger Südbahnhof" bis zu seiner Dienststelle nicht länger als 800 m sei und einem Beamten die Zurücklegung dieses Weges zu Fuß durchaus zugemutet werden könne. Dem trat der Verwaltungsgerichtshof bei, soweit es sich um einen Beamten handle, dem das Gehen keine wesentlichen Beschwerden verursache; die belangte Behörde habe aber nicht geprüft, ob das vom Beamten vorgebrachte Fußleiden die Benützung der Straßenbahn (dennoch) erforderlich mache, weshalb eine Verfahrensergänzung erforderlich sei.

Im Fall des Erkenntnisses vom 13. April 1972, 342/1972, in welchem es um einen Fahrtkostenzuschuß gemäß (damals) § 16 a GG 1956 ging, unterstrich der Verwaltungsgerichtshof, daß es darauf ankomme, ob das Beförderungsmittel zweckmäßigerweise benützt werde. Der Beamte habe nicht bestritten, daß die Länge des Fußweges zwischen dem Bahnhof und seiner Dienststelle 750 m betrage, ebenso nicht, daß er bei Benützung der Straßenbahn zwischen den von ihm angegebenen Punkten jedenfalls einen Fußmarsch im Ausmaß von 450 m zurückzulegen hätte. Bei einer zusätzlichen Wegstrecke von 300 m und einem damit verbundenen Zeitaufwand für einen gesunden Menschen (eine Gehbehinderung habe der Beamte niemals behauptet) von nicht einmal fünf Minuten könne nicht davon gesprochen werden, daß die Benützung der Straßenbahn für den Beschwerdeführer zweckmäßig sei, wenn man noch dazu hinsichtlich der Wegzeit berücksichtige, daß erfahrungsgemäß mit dem Zuwarten auf die Straßenbahn bei der Einsteigstelle und bei der Umsteigstelle (die bei der vom Beamten angegebenen Wegstrecke in Betracht komme) mehrere Minuten vergingen. Im übrigen habe der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 20. Februar 1968, Slg. N.F. Nr. 7292/A, hinsichtlich der Bemessung eines Trennungszuschusses ausgesprochen, daß für die Zurücklegung einer Wegstrecke von 700 bis 850 m die Benützung der Straßenbahn auf etwa 700 m für einen Gesunden nicht "zweckdienlich" sei.

Im Fall des Erkenntnisses vom 21. November 1979, 2503/79, ging es ebenfalls um einen Fahrtkostenzuschuß; strittig war die Frage, ob die Benützung einer innerstädtischen Autobuslinie in Wien (zusätzlich zur Straßenbahn) "zweckmäßigerweise in Betracht" komme (damalige Linie 1 S; dazu ist anzumerken, daß damals für diese Linien ein eigener Tarif bestand). Der Verwaltungsgerichtshof führte aus, welches Beförderungsmittel im Sinne des § 20 b GG 1956 "zweckmäßigerweise in Betracht" gekommen sei, nach der Gesamtheit aller Kriterien zu beurteilen, die für eine solche Entscheidung bei objektiver Betrachtungsweise als erheblich anzusehen seien. In den Zeiten, in denen die Stunden des Dienstbeginns und des Dienstabschlusses des Beamten gelegen seien, sei die Situation des Straßenverkehrs in der Wiener Innenstadt durch das starke Verkehrsaufkommen und sonstige regelmäßige wiederkehrende Behinderungen so ungünstig, daß die Zeitersparnis, die der Beamte durch Benützung des Autobusses der Linie 1 S für sich erzielen könnte, unter Einrechnung der durchschnittlich zu gewärtigenden Wartezeit auf ein Fahrzeug dieser Verkehrslinie, wenn sie überhaupt eintrete, gegenüber den für ihn möglichen Fußwegen von einer Haltestelle einer Straßenbahn oder U-Bahn bis zu seiner Dienststelle keine nennenswerte sei. Dazu komme, daß dem Beschwerdeführer auch bei Benützung des erwähnten Autobusses ein Stück Fußweg nicht erspart bliebe. Dazu kämen weiters die offenkundigen gesundheitlichen Vorteile, die das Zurücklegen von zwei an sich ohnehin bescheidenen Wegstrecken zu Fuß für einen tagsüber mit sitzend zu verrichtender Schreibtischarbeit befaßten Beamten mit sich brächten, der nicht an einer Gehbehinderung leide. Tatsachen in der letztgenannten Richtung habe der Beamte nie behauptet. Demnach könne nicht davon gesprochen werden, der innerstädtische Autobus sei das für ihn "zweckmäßigerweise in Betracht kommende" Beförderungsmittel. Dabei sei es im Hinblick darauf, daß der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 20. Februar 1968, Slg. N.F. Nr. 7292/A (auch das Erkenntnis vom 13. April 1972, 342/1972, greife den Rechtssatz unverändert auf) dargelegt habe, die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels auf etwa 700 m zwecks Zurücklegung einer Wegstrecke von 800 bis 850 m sei für einen Gesunden nicht "zweckdienlich", unerheblich, ob der Fußweg, auf dem der (damalige) Beschwerdeführer zu seiner Dienststelle am Kohlmarkt gelange, von der Haltestelle Stephansplatz der Untergrundbahn, von der Straßenbahnhaltestelle Bellaria oder - wie dies der Beamte selbst vorbringe - von der Straßenbahnhaltestelle am "Schottentor" aus zurückgelegt werde. Gegen dieses Ergebnis spreche keineswegs die Einrichtung der innerstädtischen Autobuslinie 1 S an sich, weil diese Linie eine viel größere Anzahl von Haltestellen und Punkten miteinander verbinde als die im Beschwerdefall zu erörternden. Auch müsse bei der Einrichtung solcher öffentlicher Verkehrsmittel auf Gehbehinderte, Ältere und Kranke oder - sei es durch Berufsarbeit, sei es etwa durch zu Fuß zurückgelegte stundenlange Besichtigungen - ermüdete Personen Rücksicht genommen werden. Daß die Verkehrsverbindung als Institution gesehen eine zweckmäßige sei, mache sie noch nicht zu der, die unter den gegebenen Umständen für den Beamten zweckmäßigerweise in Betracht komme.

Zuletzt hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 8. Juni 1994, 93/12/0148, bei dem strittig war, ob der innerstädtische Autobus in Klagenfurt (Stadtautobus) für die (arithmetisch ermittelte) Teilstrecke von 775 m als zweckmäßiges Beförderungsmittel in Betracht kommt, wobei noch ein Fußweg von 70 m ab der Ausstiegs/Einstiegsstelle bis zur bzw. von der Dienststelle zurückzulegen war, mit dieser Frage beschäftigt und an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten.

Zusammenfassend ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, daß der Verwaltungsgerichtshof bei der nach objektiven Kriterien vorzunehmenden Gesamtbeurteilung der Zweckmäßigkeit eines zur Verfügung stehenden Beförderungsmittels im Sinne des § 20 b Abs. 1 Z. 3 GG den Kriterien Länge der Wegstrecke, Zeitgewinn bzw. -verlust aus der Benützung/Nichtbenützung eines öffentlichen Beförderungsmittels und dem Gesundheitszustand des Beamten besondere Bedeutung zugemessen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich im Beschwerdefall nicht veranlaßt, von diesen in der Vorjudikatur aufgestellten Grundsätzen abzugehen. Die belangte Behörde hat das Vorliegen der strittigen Tatbestandsvoraussetzung nach § 20 b Abs. 1 Z. 3 GG im wesentlichen - ausgehend von dem im Monat überwiegenden Normaldienst des Beschwerdeführers - aus zwei Gründen verneint:

a) Der unbestritten gebliebene Zeitverlust von rund einer halben Stunde, der bei der Hin- und Rückfahrt zwischen Wohnung und Dienststelle bei Nichtbenützung des strittigen Verkehrsmittels auf der Teilstrecke Innsbruck Hauptbahnhof - Bundespolizeidirektion entstehe (und zwar nur bei der Hinfahrt, weil offenbar im Fall der Zurücklegung dieser Teilstrecke zu Fuß ein früherer Zug benützt werden muß, um die Dienststelle rechtzeitig zu erreichen), sei zumutbar;

b) die Zurücklegung dieser Teilstrecke im unbestritten gebliebenen Ausmaß von 900 m sei nicht mit großen körperlichen Anstrengungen verbunden und einem exekutivdiensttauglichen Beamten jedenfalls zuzumuten.

Für den von der belangten Behörde zugrundegelegten Normaldienst trifft vor dem Hintergrund der in der oben wiedergegebenen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze die Auffassung, daß dem Beschwerdeführer ein Fahrtkostenzuschuß nicht gebühre, weil die Benützung der innerstädtischen Verkehrsverbindung nicht zweckmäßig im Sinne des § 20 b Abs. 1 Z. 3 GG sei, im Ergebnis zu.

Anders verhält es sich aber in bezug auf den Tagesjournaldienst, der auf Grund seiner zeitlichen Lagerung und der im Beschwerdefall zur Verfügung stehenden Eisenbahnverbindung auf der Teilstrecke Hauptbahnhof Innsbruck-Pfons bei der Rückreise im Fall der Nichtbenutzung eines innerstädtischen Verkehrsmittels für die Teilstrecke Bundespolizeidirektion - Hauptbahnhof Innsbruck unbestritten zu einer Wartezeit von 120 Minuten führt. Wegen dieser langen Wartezeit kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Benützung des innerstädtischen Verkehrsmittels in diesem Fall zweckmäßigerweise in Betracht kommt. Nach der unbestritten gebliebenen Sachverhaltsfeststellung ist der Beschwerdeführer im Durchschnitt viermal pro Monat zum Tagesjournaldienst eingeteilt. Die regelmäßige Diensteinteilung zu diesem Dienst und in diesem Ausmaß hat dabei bei durchschnittlicher Betrachtung - unter Beachtung der auch beim Schicht- und Wechseldienst maßgeblichen regelmäßigen Wochendienstzeit - eine solche Nachhaltigkeit erreicht, daß - ungeachtet des Überwiegens der Normaldienstzeit - nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes die Gebührlichkeit des Fahrtkostenzuschusses nach § 20 b Abs. 1 GG zu bejahen ist.

Aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 16. Dezember 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1994120011.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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