Index
L65000 Jagd Wild;Norm
JagdG Tir 1983 §37 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des G S in G, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Klemens Stefan Zelger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 17. Juni 1997, Zl. 1997/16/142-1, betreffend Übertretung des Tiroler Jagdgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 25. April 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe den mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 20. Mai 1996 genehmigten Abschußplan 1996/1997 für das Revier E insofern nicht vollständig erfüllt, als bei einem vorgeschriebenen Abschuß von 30 Stück Rotwild und 20 Stück Rehwild sowie 12 Stück Gamswild innerhalb der regulären Schußzeit nur 21 Stück Rotwild, 15 Stück Rehwild und 10 Stück Gamswild erlegt worden seien. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 70 in Verbindung mit § 37 des Tiroler Jagdgesetzes 1983 und § 3 Abs. 3 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz begangen, weshalb ihm unter Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG eine Ermahnung erteilt wurde.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. Juni 1997 wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen, der Spruch des Erstbescheides jedoch dahin korrigiert, daß "die übertretene Gebotsnorm § 37 Abs. 1 Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 60/1983, idF LGBl. Nr. 68/1993 (kurz TJG 1983) iVm § 3 Abs. 3 und § 7 der zweiten Durchführungsverordnung zum TJG 1983, LGBl. Nr. 16/1995, iVm dem von der Bezirkshauptmannschaft Reutte mit Bescheid vom 20.05.1996 genehmigten Abschußplan für das Jahr 1996/97 für das Revier E" zu lauten habe. Die Strafbestimmung habe zu lauten "§ 70 Abs. 1 Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 60/1983 idF LGBl. Nr. 68/1993 iVm § 7 der zweiten Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 16/1995".
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen davon aus, daß dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 20. Mai 1996 (Abschußplan 1996/97) für das Revier E für das Jagdjahr 1996/97 der Abschuß von 30 Stück Rotwild, 12 Stück Gamswild und 20 Stück Rehwild vorgeschrieben worden sei. Innerhalb der regulären Schußzeit, nämlich bis 31. Dezember 1996, habe er von diesem Abschuß jedoch nur 21 Stück Rotwild, 15 Stück Rehwild und 10 Stück Gamswild erlegt. Daraufhin sei dem Beschwerdeführer von der Erstbehörde gemäß § 52 Abs. 1 TJG 1983 der Auftrag erteilt worden, im Jänner 1997 9 Stück Rotwild und 5 Stück Rehwild zu erlegen, wovon er jedoch nur ein Stück Rotwild und 5 Stück Rehwild erlegt habe. Er habe innerhalb der regulären Schußzeit (bis 31. Dezember 1996) den Abschußplan lediglich zu 70 % erfüllt. Die Erfüllung des Abschußplanes zu 96,6 % - der Beschwerdeführer hatte sich nämlich im Berufungsverfahren darauf gestützt, daß nach Ablauf der gesetzten Nachfrist lediglich 1 Stück Rotwild auf die 100 %ige Erfüllung des Abschußplanes gefehlt hätte - ergebe sich erst durch den nachträglichen Abschuß im Jänner 1997 unter Einrechnung des Fallwildes. Bei der Beurteilung der Frage der Erfüllung eines Abschußplanes komme es auf den Zeitpunkt des Endes der regulären Schußzeit an, der auf Grund eines Auftrages gemäß § 52 Abs. 1 TJG 1983 getätigte Abschuß sowie das Fallwild (§ 39 Abs. 2 leg. cit.) seien bei Beurteilung dieser Frage nicht zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer habe somit innerhalb der regulären Schußzeit um 9 Stück Rotwild, 5 Stück Rehwild und 2 Stück Gamswild zu wenig erlegt. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe; Bemühungen, den Abschußplan vollständig zu erfüllen, habe er nicht nachgewiesen.
Der Beschwerdeführer setzt dem im wesentlichen entgegen, daß die Behörde ihm eine Nachfrist zur Erfüllung des Abschußplanes gesetzt habe; es sei ihm daher nicht vorzuwerfen, daß er den Abschußplan innerhalb der regulären Schußzeit nicht erfüllt habe. Durch den Bescheid vom 18. Dezember 1996 seien die Schußzeiten verlängert worden. Im übrigen sei ihm im Hinblick auf von außen wirkende Umstände, wie Baumaßnahmen zugunsten des Fremdenverkehrs, Errichtung eines Schiliftes mit Berg- und Talstationen, Beschneiungsanlagen und Kabelverlegungsarbeiten, und auch unter Berücksichtigung des von ihm beantragten und bewilligten Nachtabschusses sowie Beiziehung von weiteren Personen, die versucht hätten die Abschüsse zu tätigen, kein Verschulden an der nicht vollständigen Erfüllung des Abschußplanes anzulasten.
Gemäß § 37 Abs. 1 TJG 1983 darf der Abschuß von Schalenwild - mit Ausnahme von Schwarzwild, von Auer- und Birkhahnen und von Murmeltieren nur im Rahmen eines Abschußplanes erfolgen. Dieser ist jeweils für ein Jagdjahr und für ein Jagdgebiet zu erstellen. Der Abschußplan ist ein "Pflichtabschußplan", das heißt, er muß erfüllt werden und es steht nicht im Belieben des Jagdberechtigten, den Abschußplan nicht oder nur zum Teil zu erfüllen.
§ 3 der - im Beschwerdefall anzuwendenden - Zweiten Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl. Nr. 62/1983, lautet:
"§ 3
Abschußplan
(1) Der Abschußplan ist getrennt für Schalenwild und Murmeltiere (Anlage 1) sowie für Auer- und Birkhahnen (Anlage 2) zu erstellen. Die Erstellung des Abschußplanes hat nach den auf den Formblättern gegebenen Anleitungen und Anmerkungen zu erfolgen.
...
(3) Der nach dem Abschußplan genehmigte sowie der von der Bezirksverwaltungsbehörde nach Abs. 2 festgesetzte Abschußplan ist nach Maßgabe der Abs. 4, 6 und 7 zu erfüllen. Der Jagdausübungsberechtigte (sein Beauftragter) hat jedes erlegte Wild und Fallwild unverzüglich in die Abschußliste (Anlage 3) einzutragen.
..."
Daraus ist zu entnehmen, daß es in jedem Jagdgebiet nur einen Abschußplan für Schalenwild gibt, mögen auch in diesem die einzelnen Schalenwildarten gesondert aufgegliedert sein. Die Nichterfüllung des Abschußplanes bildet daher jeweils in Ansehung eines Jagdgebietes eine Einheit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1996, Zl. 94/03/0255).
Vom Beschwerdeführer wird nicht bekämpft, daß die Erstbehörde mit Bescheid vom 20. Mai 1996 (Abschußplan 1996/97) für das Revier E im Jagdjahr 1996/97 den Abschuß von 30 Stück Rotwild, 12 Stück Gamswild und 20 Stück Rehwild vorgeschrieben hat. Mit Recht führt der Beschwerdeführer jedoch ins Treffen, daß die Erstbehörde einen mit 18. Dezember 1996 datierten, auf § 52 Abs. 1 TJG 1983 gestützten Bescheid erlassen hat. Dieser lautet in seinem Spruch wie folgt:
"Die Bezirkshauptmannschaft Reutte erteilt gemäß § 52 Abs. 1 Tiroler Jagdgesetz 1983 in Anwendung des § 57 AVG 1991 dem/den Jagdausübungsberechtigten der GJ. E den Auftrag, den noch offenen Rotwildabschuß (IIIer Hirsche, Spießer, Tiere und Kälber) und den noch offenen Rehwildabschuß (Geißen und Kitze) zu erfüllen.
Mit heutigem Tag sind noch 9 Stück Rotwild und 5 Stück Rehwild offen.
Auf die Möglichkeit des "Herunterschießens" im Sinne des § 3 Abs. 7 der 2. Durchführungsverordnung zum Tiroler Jagdgesetz 1983 wird verwiesen.
Dieser Abschußauftrag erfolgt bis zur Erfüllung des derzeitig laufenden Abschußplanes, längstens aber bis 31.01.1997.
Im Herbst erteilte Nachtabschußbewilligungen verlängern sich ebenfalls bis 31.01.1997."
§ 52 Abs. 1 TJG 1983 regelt Maßnahmen zur Hintanhaltung von Wildschäden und verpflichtet die Behörde, soweit sich bei Auftreten von Wildschäden die Verminderung des Wildstandes im Interesse der Landeskultur als notwendig erweist, von Amts wegen oder auf Antrag der Grundeigentümer oder der Bezirkslandwirtschaftskammer unter Bedachtnahme auf die im § 37 Abs. 2 TJG 1983 angeführten Ziele den Jagdausübungsberechtigten jener Jagdgebiete, die zum Lebensraum des den Wildschaden verursachenden Wildes gehören, einen ziffernmäßig und zeitlich sowie allenfalls auch örtlich zu begrenzenden Abschuß von Wild vorzuschreiben. Ein solcher Abschuß kann auch während der Schonzeit, zur Nachtzeit und abweichend vom Abschußplan vorgeschrieben werden. Der letzte Satz dieser Norm ermächtigt somit die Behörde, Maßnahmen zur Hintanhaltung von Wildschäden sowohl im Rahmen des Abschußplanes als auch abweichend vom Abschußplan vorzuschreiben. Damit ist jedoch die Rechtsauffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid verfehlt, daß es bei der Beurteilung der Frage der Erfüllung des Abschußplanes - nur - auf das Ende der "regulären Schußzeit" ankomme und ein auf Grund eines Auftrages gemäß § 52 Abs. 1 TJG 1983 getätigter Abschuß bei der Beurteilung dieser Frage nicht zu berücksichtigen sei. Denn ausgehend vom Inhalt des Bescheides der Erstbehörde vom 18. Dezember 1996, in dem ausdrücklich auf den "laufenden Abschußplan" Bezug genommen wurde und darauf, daß "noch 9 Stück Rotwild und 5 Stück Rehwild offen" seien, und wonach dem Beschwerdeführer aufgetragen wurde, "den noch offenen Rotwildabschuß und den noch offenen Rehwildabschuß zu erfüllen", kann nicht davon ausgegangen werden, daß durch die Behörde dem Beschwerdeführer ein zusätzlicher Abschußauftrag erteilt wurde. Vielmehr wurde dem Beschwerdeführer damit die Möglichkeit eingeräumt, den Abschußauftrag "längstens bis 31.1.1997" zu erfüllen, sodaß dem Beschwerdeführer eine Fristverlängerung eingeräumt wurde. Der Bescheid vom 18. Dezember 1996 trat damit, was die Frist zur Erfüllung des Abschußplanes für Rotwild und Rehwild anlangt, an die Stelle des Abschußplanes vom 20. Mai 1996. Ausgehend vom normativen Gehalt des Bescheides vom 18. Dezember 1996 war daher der Vorwurf der belangten Behörde gegen den Beschwerdeführer, er habe gegen die im Spruch des angefochtenen Bescheides zitierte Normen verstoßen, indem er bis 31. Dezember 1996 den Abschußplan nicht vollständig erfüllt hätte, nicht nur in Ansehung des Rotwildes und des Rehwildes rechtswidrig, sondern auch in Ansehung des Gamswildes, zumal die Nichterfüllung des Abschußplanes für Schalenwild - wie bereits erwähnt - eine Einheit bildet.
Schon aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodaß er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß auf das übrige Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die bereits im Pauschalbetrag für Schriftsatzwaufwand enthaltene USt und im übrigen den über S 390,-- hinausgehenden Stempelgebührenaufwand im Hinblick auf die vor dem 1. September 1997 eingebrachte Beschwerde (3-fach einzubringen, mit Bescheid in einfacher Ausfertigung).
Wien, am 16. Dezember 1998
Schlagworte
Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote Abschußplan Übertretungen und Strafen StrafnormenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997030214.X00Im RIS seit
16.07.2001