TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/2 W256 2147660-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.05.2019
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Entscheidungsdatum

02.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W256 2147660-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX StA Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 7. Februar 2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 8. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

Am 9. September 2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Farsi die Erstbefragung statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt (wortwörtlich wiedergegeben) folgendes an: "Afghanistan musste ich damals mit meiner Familie aufgrund einer Feindschaft verlassen. Den Iran habe ich nun deshalb verlassen müssen, weil ich dort keine Arbeit finden konnte, und überdies mein Aufenthalt illegal war. Ich konnte im Iran keine Schule besuchen, und musste ständig eine Abschiebung nach Afghanistan befürchten. Außerdem wurde ich aufgrund meiner Herkunft von den Iranern schikaniert und diskriminiert. Das sind meine Asylgründe." Die aufgenommene Erstbefragung wurde dem Beschwerdeführer laut Protokoll rückübersetzt und anschließend von diesem unterzeichnet.

Der Beschwerdeführer wurde am 6. Februar 2017 durch ein Organ der belangten Behörde in Anwesenheit des auch bei der Erstbefragung herangezogenen Dolmetschers einvernommen. Dabei wiederholte er im Wesentlichen sein bisheriges Fluchtvorbringen. Berichtigend führte er aus, dass er im Iran geboren und niemals in Afghanistan gewesen sei. Die aufgenommene Befragung wurde dem Beschwerdeführer laut Protokoll rückübersetzt und anschließend von diesem unterzeichnet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft habe machen können. Die vorgebrachten Probleme im Iran seien überdies nicht asylrelevant. Auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lasse sich eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten. Weiters seien keine Anhaltspunkte zu Tage getreten, wonach der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sei oder eine im gesamten Herkunftsstaat vorliegende extreme Gefährdungslage für ihn vorherrschen würde. Mangels familiärer oder privater Beziehungen in Österreich sei von keiner besonderen Bindung zu Österreich auszugehen und sei der mit der Rückkehrentscheidung einhergehende Eingriff in das Privatleben nicht unverhältnismäßig, weshalb eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Aufgrund seiner Volksgruppen- bzw. Religionszugehörigkeit sei er dem Risiko ausgesetzt, von den Taliban bzw. Anhängern des IS erwischt und ermordet zu werden. Eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative stehe dem Beschwerdeführer mangels eines sozialen oder familiären Netzes in Afghanistan nicht zur Verfügung.

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurden den Parteien diverse Länderberichte, darunter u.a. das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29. Juni 2018, zuletzt aktualisiert am 11. September 2018 (im Folgenden: LIB) durch das Bundesverwaltungsgericht zum Parteiengehör übermittelt.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde durch die erkennende Richterin in der gegenständlichen Rechtssache am 19. November 2018 eine öffentlich mündliche Verhandlung durchgeführt. Darin brachte der Beschwerdeführer erstmals vor, dass sein Vater in Afghanistan in Zusammenhang mit der Feindschaft seiner Familie mehrere Menschen getötet habe, weshalb ihm eine Rückkehr nach Afghanistan auch aus diesem Grunde verwehrt sei. Zudem arbeite sein in Afghanistan lebender Onkel mit diesen Feinden zusammen und habe ihn dieser überdies auch zur Zusammenarbeit mit den Taliban aufgefordert. Es drohe ihm daher auch durch seinen Onkel in Afghanistan Verfolgung. Unter einem legte der Beschwerdeführer Bestätigungen über die Teilnahme an Deutschkursen vor.

In ihrer Stellungnahme vom 21. November 2018 führte die belangte Behörde aus, dass sowohl der Erstbefragung als auch der Einvernahme vor der belangten Behörde derselbe amts- und gerichtsbekannte Dolmetscher herangezogen worden sei. Auch seien keine Verständigungsprobleme aufgetreten und sei die Rückübersetzung ordnungsgemäß und vollständig durchgeführt worden.

Mit Schreiben vom 30. November 2018 legte der Beschwerdeführer eine Unterstützungserklärung vom Projektleiter XXXX und ein Empfehlungsschreiben von XXXX sowie ein Sprachzertifikat vom 9. April 2019 über eine nicht bestandene Prüfung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

zur Person

Der - im Spruch genannte - Beschwerdeführer besitzt die afghanische Staatsangehörigkeit, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist schiitischer Moslem (OZ 1 AS 1, AS 73, Verhandlungsschrift Seite 7).

Er wurde in Afghanistan, in der Provinz Oruzgan geboren und hat er dort bis zu seinem fünfzehnten Lebensjahr auch gelebt. Danach ist er gemeinsam mit seiner Familie in den Iran ausgewandert (siehe dazu die Beweiswürdigung). Der Beschwerdeführer hat den Iran im August 2015 verlassen und ist er anschließend nach Europa ausgereist (OZ 1 AS 7, Verhandlungsschrift Seite 5 f).

Seine Kernfamilie besteht aus seinen Eltern, seiner Frau und seiner minderjährigen Tochter, welche sich derzeit in XXXX aufhalten (OZ 1 AS 5, 73 f und Verhandlungsschrift Seite 7 ff). Der Beschwerdeführer verfügt über einen in Afghanistan lebenden Onkel väterlicherseits (Verhandlungsschrift Seite 10 f).

Er spricht Dari und Farsi (OZ 1 AS 1, Verhandlungsschrift Seite 7). Auch hat er in Österreich bereits Deutschkurse besucht (siehe dazu die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Teilnahmebestätigungen), aber bislang noch keine Prüfung bestanden (Verhandlungsschrift Seite 11, Urkundenvorlage vom 30. November 2018).

Der Beschwerdeführer hat weder eine Schul-, noch eine Berufsausbildung. Er war jedoch bisher in der Landwirtschaft als Arbeiter tätig (Verhandlungsschrift Seite 7).

Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund (OZ 1 AS 1, AS 75, Verhandlungsschrift Seite 4 und 7) und arbeitsfähig.

Er ist seit seiner Antragsstellung am 8. September 2015 im Bundesgebiet aufhältig (OZ 1 AS 3). Zudem ist er strafgerichtlich unbescholten (Strafregisterauszug vom 30. April 2019).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Familienangehörige oder Verwandte (Verhandlungsschrift Seite 11).

Seinen Alltag verbringt der Beschwerdeführer damit, sich die deutsche Sprache anzueignen und diversen sportlichen Aktivitäten nachzugehen (Verhandlungsschrift Seite 11). Der Beschwerdeführer verfügt über geringe freundschaftliche Kontakte (Verhandlungsschrift Seite 12).

Auch ist er in Österreich verschiedenen ehrenamtlichen Tätigkeiten nachgegangen, u.a. hat er das XXXX bei Reinigungsarbeiten oder Vorbereitungen für Veranstaltungen unterstützt (Beweismittelvorlage vom 30. November 2018).

Der Beschwerdeführer wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt (Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem vom 30. April 2019).

zur Lage in Afghanistan

zur Sicherheitslage

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (LIB, Seite 27).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (LIB, Seite 27).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (vgl. LIB, Seite 30).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (LIB, Seite 38).

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (LIB, Seite 31).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt. Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheits-operationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden; auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (LIB, Seite 31).

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert; auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen. Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (LIB, Seite 31).

zu Uruzgan

Der Provinz Uruzgan - lange Zeit eine der umstrittensten Provinzen im Süden des Landes - wird nachgesagt, der Geburtsort des Talibangründers Mullah Omar zu sein. Im Jahr 2001 war sie Ort einer Guerillaoperation - geführt vom ehemaligen Präsident Karzai - um die Taliban zu vertreiben. Die Provinz hat somit für beide Seiten des Konfliktes symbolischen Wert (LIB, Seite 207).

Uruzgan zählt zu den volatilen Provinzen im Süden Afghanistans. Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen sind in einer Anzahl von Distrikten aktiv. Auch zählt Urzugan zu jenen Provinzen, in denen eine hohe Anzahl an Zivilisten aufgrund explosiver Kampfrückstände und indirekter Waffeneinwirkung ums Leben kam (LIB, Seite 207).

Die afghanischen Sicherheitskräfte sowie die afghanische Armee führen hartnäckig Antiterror-Operationen in der Provinz durch, um Aktivitäten von Aufständischen und Terroristen zu verringern. Insbesondere in den unruhigen Distrikten der Provinz werden regierungsfeindliche bewaffnete Kräfte bekämpft (LIB, Seite 208).

Uruzgan gehört zu den Provinzen des Landes, in denen die Opium-Produktion und dadurch die Präsenz der Taliban im Laufe des Jahres 2017 gestiegen ist. Berichten zufolge sind in einigen Distrikten die Taliban aktiv. So wurde beispielsweise das Hauptkrankenhaus der Provinz im September aufgrund von Drohungen der Taliban vorübergehend geschlossen (vgl. LIB, Seite 209).

zu Mazar-e Sharif

Mazar-e-Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e-Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri. Sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich auch an und auch der Dienstleistungsbetrieb wächst. In Mazar-e-Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. LIB, Seite 70 f).

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten (LIB, Seite 70).

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, das darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz zu reduzieren (LIB, Seite 71).

Die Provinz Balkh ist nach wir vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistan, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen Nordafghanistans. Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (LIB, Seite 71).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (LIB, Seite 71).

zur Situation der Schiiten

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-15% geschätzt (LIB, Seite 275).

Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen (LIB Seite 275).

Im Ulema Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u. a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote schiitischer Muslime va. 30 %. Auch tagen rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, welche aus Mitgliedern sunnitischer und schiitischer Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, regelmäßig, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern (LIB, Seite 275).

Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen (LIB, Seite 275 f).

Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern - manche Paschtunen sind über die öffentlichen Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet. In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS (LIB, Seite 276).

zu den ethnischen Minderheiten

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34.1 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken (LIB, Seite 282).

Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen zu haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (LIB, Seite 283).

zur Situation der Hazara

Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden (LIB, Seite 284).

Die Hazara-Gemeinschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammeskulturen bezeichnet, dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammeskulturen. Das traditionelle Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (LIB, Seite 285).

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage verbessert; vornehmlich aufgrund von Bildung und vor allem auf ökonomischen und politischen Gebiet. Hazara in Kabul gehören jetzt zu den am besten gebildeten Bevölkerungsgruppen und haben auch eine Reihe von Dichtern und Schriftstellern hervorgebracht. Auch wenn es nicht allen Hazara möglich war, diese Möglichkeit zu nutzen, so haben sie dennoch in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft etabliert. So haben Hazara eine neue afghanische Mittelklasse gegründet. Im Allgemeinen haben sie, wie andere ethnische Gruppen, gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz sind sie von einer allgemeinen wirtschaftlichen Verschlechterung mehr betroffen als andere da für sie der Zugang zu Regierungsstellen schwieriger ist (LIB, Seite 285).

Gesellschaftliche Spannungen bzw. Diskriminierungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (LIB, Seite 286).

Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10 % in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (LIB, Seite 286).

zur Situation für Rückkehrer:

Afghanen, die längere Zeit in Europa gelebt und kulturell verändert (mit anderer Kleidung, anderen Verhaltensweisen und anderem Akzent) zurückkommen, werden bei einer Rückkehr nach Afghanistan sozial stigmatisiert und besteht auch unter bestimmten Umständen ein Risiko, dem Vorwurf der Kollaboration mit dem Feind oder des Abfalls vom Glauben ausgesetzt zu werden (ACCORD Anfragebeantwortung vom 1. Juni 2017, Seite 19 f).

zur Versorgungslage:

Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (LIB, Seite 321).

Für ungefähr ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden (LIB, Seite 321 f).

Die afghanische Regierung hat Bemühungen zur Armutsreduktion gesetzt und unterstützt den Privatsektor weiterhin dabei, nachhaltige Jobs zu schaffen und das Wirtschaftswachstum voranzutreiben (LIB, Seite 323).

Die Verfügbarkeit und Qualität der medizinischen Grundbehandlung ist durch Mangel an gut ausgebildeten Ärzten und Assistenzpersonal (v.a. Hebammen), mangelnde Verfügbarkeit von Medikamenten, schlechtes Management sowie schlechte Infrastruktur begrenzt (LIB, Seite 325).

In den letzten 10 Jahren hat die Flächendeckung der primären Gesundheitsversorgung in Afghanistan stetig zugenommen. Das afghanische Gesundheitssystem hat in dieser Zeit ansehnliche Fortschritte gemacht. Einer Umfrage der Asia Foundation zufolge hat sich 2017 die Qualität der afghanischen Ernährung sowie der Gesundheitszustand in den afghanischen Familien im Vergleich zu 2016 gebessert (LIB, Seite 325).

Das afghanische Gesundheitsministerium bietet zwei Grundversorgungsmöglichkeiten an: das "Essential Package of Health Services" (EPHS) und das "Basic Package of Health Services" (BPHS). Beide Programme sollen standardisierte Behandlungsmöglichkeiten in gesundheitlichen Einrichtungen und Krankenhäusern garantieren. Die im BPHS vorgesehenen Gesundheitsdienstleistungen und einige medizinische Versorgungsmöglichkeiten des EPHS sind kostenfrei. Jedoch zahlen Afghanen und Afghaninnen oft aus eigener Tasche, weil sie private medizinische Versorgungsmöglichkeiten bevorzugen, oder weil die öffentlichen Gesundheitsdienstleistungen die Kosten nicht ausreichend decken. Es gibt keine staatliche Unterstützung für den Erwerb von Medikamenten, diese Kosten müssen von den Patienten getragen werden. Nur privat versicherten Patienten können die Medikamentenkosten zurückerstattet werden (LIB, Seite 326 f).

Eine begrenzte Anzahl an staatlichen Krankenhäusern in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Während in den Städten ein ausreichendes Netz von Krankenhäusern und Kliniken besteht, ist es in den ländlichen Gebieten für viele Afghanen schwierig, eine Klinik oder ein Krankenhaus zu erreichen. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Für den Zugang zur medizinischen Versorgung sind der Besitz der afghanischen Staatsbürgerschaft und die Mitnahme eines gültigen Ausweises bzw. der Tazkira erforderlich (LIB, Seite 327 f).

zur Situation im Falle einer Rückkehr

Im Jahr 2017 kehrten sowohl freiwillig, als auch zwangsweise insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (vgl. LIB, Seite 334).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung, wo Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden können (LIB, Seite 335 f).

IOM, IRARA, ACE und AKAH bieten Unterstützung und nachhaltige Begleitung bei der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Schulungen an. AMASO bietet zwangsweise zurückgekehrten Personen aus Europa Beratung und Unterstützung. Unter anderem betreibt AMASO ein Schutzhaus, welches von privaten Spendern finanziert wird. NRC bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an und hilft bei Grundstücksstreitigkeiten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (vgl. LIB, Seite 336 f).

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (LIB, Seite 337 f).

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Nur sehr wenige Afghanen in Europa verlieren den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (vgl. LIB, Seite 338 f).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (vgl. LIB, S. 339).

Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB, Seite 339 f).

2. Beweiswürdigung:

Die einzelnen Feststellungen beruhen jeweils auf den in der Klammer angeführten Beweismitteln.

1. zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Soweit jedoch in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdatum) getroffen werden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seinem Familienstand, seinem Ausreisezeitpunkt und seinen Sprachkenntnissen ergeben sich aus seinen diesbezüglich weitestgehend gleichbleibenden und glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung, an diesen Angaben zu zweifeln.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer in Afghanistan geboren und im Alter von fünfzehn Jahren gemeinsam mit seiner Familie Afghanistan verlassen hat, ergeben sich aus seinen diesbezüglich gleichbleibenden Angaben im Rahmen seiner Erstbefragung ("1. aufgenommen mit (persönliche Daten): ...

Geburtsdaten: .. Oruzgan, Afghanistan; 8. Angaben zur

Wohnsitzadresse und Herkunftsland: ... In Afghanistan, wo ich bis zu

meinem 15. Lj. lebte, war ich in der Provinz Oruzgan wohnhaft. An den genauen Namen meines damaligen Wohnortes kann ich mich nicht erinnern. Im Iran war ich genau an jener Adresse wohnhaft, wo meine Ehefrau mit unserem gemeinsam Kind lebt.; 9.1. Wann und womit haben Sie ihre/n Heimat/Herkunftsstaat verlassen? Afghanistan habe ich im Alter von 15 Jahren verlassen. Den Iran verließ ich nunmehr vor ca. 1 Monat.; 9.9. Geben Sie die konkrete Reiseroute mit Nennung der verwendeten Verkehrsmittel von ihrer Heimat bis nach Österreich an:

Mein Heimatland habe ich bereits vor vielen Jahren im Alter von ca. 15 Jahren gemeinsam mit meiner Familie verlassen. Es bestand eine Feindschaft gegenüber meiner Familie. Ich selbst hatte damals keinen eigenen Fluchtgrund. Im Iran lebte ich danach bis zu meiner nunmehrigen Weiterreise vor etwa 1 Monat gemeinsam mit meiner Familie in der Stadt XXXX ....."). Dass er - wie von ihm im weiteren Verfahren behauptet - während der Erstbefragung vom Dolmetscher in Bezug auf seinen Geburtsort in Afghanistan falsch verstanden worden und er nie in Afghanistan gewesen sein soll, kann schon deshalb nicht nachvollzogen werden, weil der Beschwerdeführer während der Erstbefragung - wie oben aufgezeigt - mehrmals und gleichbleibend über sein Leben in Afghanistan und zudem über seine Ausreise in den Iran mit 15 Jahren berichtet hat. Hinzu kommt, dass derselbe Dolmetscher auch der Befragung vor der belangten Behörde beigezogen wurde, dabei jedoch vom Beschwerdeführer in Bezug auf die Übersetzung seines Geburtsortes keinerlei Verständigungsschwierigkeiten aufgezeigt worden sind. Letztlich erweist sich auch der Versuch des Beschwerdeführers, die Protokollierung seines Geburtsortes und Lebens in Afghanistan im Erstbefragungsprotokoll mit einer fehlenden Rückübersetzung zu argumentieren, als nicht tauglich, weil eine solche Rückübersetzung im unterzeichneten Protokoll einerseits ausdrücklich ausgewiesen ist und er sich andererseits im Zuge dieser Behauptung im Übrigen selbst in Widersprüche verstrickt hat (Verhandlungsschrift Seite 14 f: "R:

Wurde Ihnen das Protokoll nun übersetzt, oder wurde es nur nicht vollständig übersetzt, war die Übersetzung nicht gut, was stimmt jetzt? BF: Ich weiß nicht. Ich weiß einfach nicht, ob die D alles übersetzt hat. Das Protokoll wurde mir damals nicht übersetzt, nur mein Name und mein Geburtsdatum. R: Wenn Ihnen das Geburtsdatum übersetzt wurde, dann müsste Ihnen doch auch Ihre Geburtsprovinz Oruzgan übersetzt worden sein. Das steht in derselben Zeile! BF: Ich schwöre es wurde nicht übersetzt. R: Wurde Ihnen die zweite Einvernahme übersetzt? BF: Nein, wurde nicht übersetzt. R: Laut Protokoll wurden Ihnen beide Protokolle rückübersetzt. Sie haben es auch unterschrieben. BF: Nein, es wurde mir nicht rückübersetzt. R:

Warum haben Sie in Ihrer Beschwerde darüber nichts gesagt? BF: Sie hat nur meinen Namen, Nachnamen, Geburtsdatum übersetzt."). Insgesamt entstand vielmehr der Eindruck, der Beschwerdeführer sei aus asyltaktischen Gründen bemüht, etwaige Berührungspunkte zu seiner Heimat Afghanistan in jeder Form zu vermeiden.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem schulischen und beruflichen Werdegang stützen sich auf seine glaubhaften und weitestgehend gleichbleibenden Aussagen im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Zusammenhalt mit seinen Angaben in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde (OZ 1 AS 1, 3, 5 und 73, Verhandlungsschrift Seite 7).

Die Feststellungen zu seiner Kernfamilie ergeben sich aus den eigenen im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren; das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung, an diesen Angaben zu zweifeln (OZ 1 AS 5, 73 und Verhandlungsschrift Seite 7 f).

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer über einen Onkel in Afghanistan verfügt, ergeben sich aus seinen glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsschrift Seite 8 ff).

Die Feststellung seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Feststellungen zu seinem Leben und seiner Integration in Österreich ergeben sich aus seinem diesbezüglichen Vorbringen in Zusammenhalt mit den vorgelegten Bestätigungen.

2. zu den Nichtfeststellungen in Bezug auf individuelle gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohungen in Afghanistan:

Der Beschwerdeführer behauptete im Rahmen seiner Erstbefragung und vor der belangten Behörde, er werde in Afghanistan aufgrund einer Feindschaft seiner Familie verfolgt.

Im Rahmen der Befragung vor dem erkennenden Gericht brachte der Beschwerdeführer erstmals vor, sein Vater habe in Zusammenhang mit dieser Feindschaft mehrere Menschen in Afghanistan getötet. Zudem arbeite sein in Afghanistan lebender Onkel mit diesen Feinden zusammen und habe ihn dieser überdies auch zur Zusammenarbeit mit den Taliban aufgefordert.

Diese vom Beschwerdeführer behaupteten Bedrohungen konnten vom Beschwerdeführer insgesamt nicht plausibel und damit nicht glaubhaft gemacht werden.

Dazu ist bereits an dieser Stelle vorauszuschicken, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe sowohl im Rahmen der Erstbefragung als auch im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde auf eine Feindschaft seiner Familie beschränkte. Die von ihm in weiterer Folge in der mündlichen Verhandlung geäußerten Probleme hinsichtlich seines Onkels väterlicherseits erwähnte er bis dahin hingegen nicht. Auch steigerte er sein Fluchtvorbringen derart, dass sein Vater in Afghanistan "ein paar Leute" getötet haben soll und diese Tötungen auch in Zusammenhang mit der Feindschaft seines Vaters stehen würden (Verhandlungsschrift Seite 13 f). Zudem gab er auch erstmals an, dass sein Onkel väterlicherseits mit diesen Feinden zusammenarbeiten würde und er auch von seinem Onkel bedroht worden sei und dieser ihn zur Mitarbeit mit den Taliban aufgefordert haben soll (Verhandlungsschrift Seite 8 ff).

Dass jedes Mal eine fehlerhafte Übersetzung bzw. eine nicht oder nur teilweise erfolgte Rückübersetzung für das ausgewechselte bzw. gesteigerte Fluchtvorbringen verantwortlich gewesen sein soll, überzeugt - wie auch bereits zum Geburtsort ausgeführt - nicht, zumal der Beschwerdeführer - wie dem Protokoll zur Einvernahme am 6. Februar 2017 zu entnehmen ist - weitere Fluchtgründe von sich aus sogar selbst dezidiert ausgeschlossen hat (OZ 1 AS 77: "VP: Meine Eltern sind wegen einer Feindschaft die schon der Großvater hatte ausgereist. Soviel ich weiß, wurde mein Vater bei einem Kampf von einer Kugel getroffen. Seit dem kann er nicht arbeiten. Darum war es mir nicht möglich nach Afghanistan zu gehen, wegen den Feinden meines Vaters. Ich bin im Iran geboren und aufgewachsen. Ich hatte keine Aufenthaltsberechtigungskarte. Ich habe mein Leben lang gearbeitet um die Familie zu unterstützen. Ich hatte im Iran niemals die Möglichkeit mich weiterzubilden, da ich der einzige war, der die Familie versorgen konnte. Das war alles. LA: Haben Sie somit alle Ihre Gründe für die Asylantragstellung genannt? VP: Das sind alle Gründe, mehr kann ich nicht dazu angeben."). Davon abgesehen finden sich auch in seiner Beschwerde keine Hinweise auf weitere (bisher nicht genannte) Fluchtgründe.

Die erstmalige Nennung von bisher vom Beschwerdeführer sogar dezidiert ausgeschlossenen weiteren Fluchtgründen bzw. das gesteigerte Fluchtvorbringen vor dem erkennenden Gericht ist für das Bundesverwaltungsgericht daher nicht nachvollziehbar. Vielmehr entstand dadurch erneut verstärkt der Eindruck, der Beschwerdeführer sei bemüht, sein Asylverfahren durch erweitertes Vorbringen umständlich zu verlängern und damit gezielt aufrecht zu erhalten.

Dabei darf aber auch nicht übersehen werden, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf die vorgebrachte Feindschaft seiner Familie seinen eigenen Angaben zufolge einer Bedrohung - und zwar auch in Afghanistan - nie ausgesetzt gewesen sein soll (OZ 1 AS 78:

"LA: Wurden Sie selbst in irgendeiner Art und Weise bedroht, von diesen Feinden? VP: Nein."), weshalb eine direkte den Beschwerdeführer treffende Gefahr zur damaligen Zeit und damit auch heute schon allein aus diesem Grund nicht angenommen werden kann.

Auch der Umstand, dass sein Onkel väterlicherseits trotz der Feindschaft der Familie nach wie vor in Afghanistan leben kann, vermag eine Verfolgung des Beschwerdeführers nicht glaubhaft darzutun. Dass sein Onkel - dazu befragt - plötzlich auch ein Mitglied dieser ihm sonst im Verfahren immer unbekannten Feinde sein soll, überzeugt jedenfalls nicht (Verhandlungsschrift Seite 13: "R:

Um welche Feindschaft handelt es sich genau? BF: Wenn ich mit ihm darüber gesprochen habe, dann hat er nicht geantwortet und hat gesagt: "Ich kann mit dir darüber nicht sprechen.";

Verhandlungsschrift Seite 14: "R: Weshalb ist es Ihrem Onkel trotz dieser Feindschaft väterlicherseits möglich in Afghanistan zu leben?

BF: Mein Onkel arbeitet mit diesen Feinden, damals und heute noch.

R: Weshalb haben Sie dazu wiederum im Verfahren bisher nichts gesagt? BF: Ich konnte damals nicht Deutsch. Ich habe vieles gesagt, nur wurde es nicht verstanden. Es wurde auch nicht übersetzt. Ich weiß nicht, ob alles übersetzt wurde."). Dies insbesondere auch deshalb, weil der Beschwerdeführer dem Onkel zu Beginn der Verhandlung eigentlich eine Zusammenarbeit mit - ihm nicht unbekannten Feinden, nämlich - den Taliban und eine ihn insoweit treffende Verfolgung aufgrund einer Zwangsrekrutierung zugeschrieben hat (Verhandlungsschrift Seite 8 ff).

Abgesehen davon, dass diese vom Beschwerdeführer erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung behauptete Verfolgung durch seinen Onkel ohnedies - wie aufgezeigt - als eine aus asyltaktischen Gründen erfolgte unzulässige Steigerung des Fluchtvorbringens zu qualifizieren ist, kann diese aber auch nicht plausibel gemacht werden. Jedenfalls ist nicht einzusehen, weshalb der Onkel die Familie das letzte Mal vor 10 Jahren im Iran aufgesucht und bedroht haben soll, es seither aber zu keinen weiteren Verfolgungshandlungen gegenüber dem (aufgrund seiner Berufstätigkeit im Iran jedenfalls leicht auffindbaren) Beschwerdeführer und auch seiner nach wie vor dort lebenden Familie gekommen sein soll (Verhandlungsschrift Seite 9: "R: Weshalb hat er Sie bedroht? BF: Wie ich gesagt habe, arbeitet er mit den Taliban und er wollte auch, dass ich wie ein Sklave für die Taliban arbeite. R: Wann war das? BF: Genau weiß ich es nicht.

Es ist lange her. R: Sie haben vorher angeführt, dass Sie seit 10 Jahren keinen Kontakt zu ihm haben, das heißt es müssten zumindest ca. 10 Jahre gewesen sein, ist das richtig? BF: Ja. R: Kam es noch

einmal zu einer Bedrohung durch Ihren Onkel? BF: Nein. ... R: Sie

haben in dieser Zeit immer gearbeitet, das heißt Sie wären leicht auffindbar gewesen, ist das richtig? BF: Richtig, ich habe immer gearbeitet.").

Es kann daher aufgrund der obigen Erwägungen das geschilderte Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers insgesamt als nicht schlüssig und damit glaubhaft bewertet werden. Dabei wird auch nicht übersehen, dass - aufgrund der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt des fluchtauslösenden Ereignisses - Unstimmigkeiten im Aussageverhalten bzw. Lücken und Unschärfen des Erinnerungsvermögens vorliegen können und auch hinzunehmen sind (siehe dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2014, Zl. 2014/19/0020.). Diesem Umstand Rechnung tragend wurde in der vorliegenden Beweiswürdigung auf bestehende Widersprüchlichkeiten in der Erzählung in Bezug auf Detailfragen des Beschwerdeführers nicht eingegangen, sondern alleine die Plausibilität und Glaubhaftigkeit des Kerninhaltes seiner Erzählung herangezogen.

In Bezug die in der mündlichen Verhandlung behauptete Verfolgung aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, machte der Beschwerdeführer keine individuelle und konkret gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung geltend. Seine diesbezüglichen Ausführungen beliefen sich auf rein allgemein gehaltene Aussagen (Verhandlungsschrift Seite 15: "R: Was würde Ihnen konkret passieren, wenn Sie jetzt nach Afghanistan gehen müssten? BF: Mein Leben ist in Gefahr. Sie würden mich töten. Würden Sie dort leben wollen? R: Wer würde Sie töten? BF: Die Taliban. R: Warum? BF: Die Taliban sind Feinde von Shiiten und Hazara. Die Taliban töten die ganze Zeit Shiiten.").

Es konnten daher insgesamt keine Feststellungen in Bezug auf den Beschwerdeführer treffende Verfolgungen getroffen werden. Sonstige Anhaltspunkte für eine konkret die Person des Beschwerdeführers treffende Verfolgung sind nicht hervorgekommen und wurden solche im Übrigen vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet.

zu den Feststellungen zur Lage in Afghanistan

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln, zumal der Beschwerdeführer dazu auch gar nichts Gegenteiliges zumindest substantiiert vorgebracht hat. Dass die Sicherheits- und Versorgungslage insgesamt in Afghanistan - wie vom Beschwerdeführer in der Beschwerde unter Verweise auf Länderberichte und Judikatur angedeutet - angespannt ist, kann mit den oben getroffenen Feststellungen jedenfalls nicht in Widerspruch gebracht werden.

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

zu Spruchpunkt A.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Unter "Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl. bspw. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. September 2016, Ra 2016/19/0074 u.v.a).

§ 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie), worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 2016, Ra 2016/18/0083).

Da es sich beim Beschwerdeführer - wie festgestellt wurde - um einen afghanischen Staatsangehörigen und damit in seinem Fall um den Herkunftsstaat Afghanistan handelt (siehe dazu § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005), hat eine Auseinandersetzung mit den geltend gemachten Diskriminierungen in Bezug auf den Iran nicht stattzufinden.

In Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan konnte der Beschwerdeführer allerdings - wie bereits in der Beweiswürdigung näher dargestellt - keine konkrete individuelle, gegen ihn gerichtete Bedrohung, aus welcher möglicherweise eine aktuelle asylrelevante Verfolgung der Person des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat ableitbar wäre, festgestellt werden. Dem Beschwerdeführer ist es entgegen dem Beschwerdevorbringen insgesamt nicht gelungen, die von ihm behauptete Verfolgung glaubhaft zu machen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung allerdings nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten (siehe dazu zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 2017, Ra 2016/20/0089 u.v.m.).

Wie den Feststellungen zwar zu entnehmen ist, unterliegen Schiiten - speziell jene, die der Volksgruppe der Hazara angehören - in Afghanistan zwar zweifelsohne nach wie vor gesellschaftlichen Diskriminierungen und Schikanen, deren Lage hat sich allerdings insgesamt verbessert. Dabei ist im Hinblick auf die derzeitige Sicherheitslage in Afghanistan insbesondere auch festzuhalten, dass vereinzelte Angriffe, Entführungen oder Tötungen von Zivilpersonen sowie Terroranschläge in Afghanistan grundsätzlich jederzeit und überall möglich sind. Die Gründe für diese Gewalthandlungen sind dabei aber ebenso vielfältig, wie die beteiligten Konfliktgruppen.

Von einer systematischen Vertreibung oder massiv diskriminierenden Benachteiligung sämtlicher Schiiten bzw. Hazara und damit von einer asylrechtlichen (Gruppen)Verfolgung im oben beschriebenen Sinn kann daher - auch im Hinblick auf ihre Repräsentation in Politik sowie auch Armee und Sicherheitsbehörden - nicht ausgegangen werden.

Daran ändern auch die vom Beschwerdeführer angeführten (und teilweise auch durch die Taliban oder den IS ausgeübten) Anschläge und Angriffe auf Hazara und Schiiten nichts, weil diese Vorkommnisse nicht die - für eine (Gruppen)Verfolgung erforderliche - Verfolgungsdichte aufzeigen können.

Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verwies in seiner Judikatur auf die schlechte Situation für Angehörige der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan, verneinte jedoch eine automatisch vorliegende Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK bei einer Rückkehr allein auf Grund der Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe (EGMR 05. Juli 2016, 29.094/09, A.M./Niederlande).

Aus diesen Gründen ist das Vorliegen einer Gruppenverfolgung im Hinblick auf die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit von Hazara und Schiiten in Afghanistan im Ergebnis zu verneinen.

Sonstige Anhaltspunkte für eine asylrelevante gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung sind nicht hervorgekommen und wurden solche vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet. Sohin kann insgesamt nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG 2005 droht, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Nach Abs. 3 dieser Bestimmung sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

§ 11 Abs. 1 AsylG 2005 ordnet an, dass Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann, und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 6. November 2018, Ra 2018/01/0106 ausgesprochen, dass aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG zwar ableitbar ist, dass für die Gewährung subsidiären Schutzes bereits jegliche Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art. 3 EMRK an sich, unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht, es allerdings den in der Statusrichtlinie 2011/95/EU festgelegten und in der Rechtsprechung des EuGH entwickelten Vorgaben widerspricht, einem Fremden den Status eines subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen. (siehe dazu ausführlich das genannte Erkenntnis sowie zuletzt auch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 2018, Ra 2018/01/0461 zur Dürresituation bzw. Lebensmittelknappheit in Somalia).

Im Sinne der vom Verwaltungsgerichtshof aufgezeigten richtlinienkonformen Auslegung ist § 8 Abs. 1 AsylG insofern derart zu lesen, dass vom subsidiären Schutz nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten durch Dritte (Akteure) zurückzuführenden ernsthaften Schaden im Sinne des Art 15 der Statusrichtlinie zu erleiden.

Art 15 der Statusrichtlinie definiert als "ernsthaften Schaden" die Todesstrafe oder Hinrichtung (lit.a), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragsstellers im Herkunftsland (lit. b) und "eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" (lit. c).

Eine Zuerkennung des subsidiären Schutzes aufgrund eines ernsthaften Schadens, welcher nicht von Dritten (Akteuren) verursacht, sondern bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist, widerspricht allerdings der Statusrichtlinie und kann damit aus § 8 Abs. 1 AsylG auch nicht abgeleitet werden (siehe dazu nochmals die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 6. November 2018 sowie in seinem Beschluss vom 21. November 2018).

In seinem Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2015/01/0134 hat der Verwaltungsgerichtshof auch unter Bezugnahme auf dazu ergangene Urteile des EGMR ausgeführt, dass die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde. Insofern obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde. Dabei reicht es für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Afghanistan nicht aus, bloß auf die allgemeine schlechte Sicherheits- und Versorgungslage zu verweisen. Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden Sicherheitslage ist eine Rückkehr nach Afghanistan im Hinblick auf die regional - sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt - unterschiedliche Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 08. September 2016, Ra 2016/20/0063, sowie zuletzt vom 20. September 2017, Ra 2017/19/0205).

Im vorliegenden Fall stammt der Beschwerdeführer aus der Provinz Uruzgan, einer volatilen Provinz im Süden Afghanistans. Wie festgestellt wurde, kommt es dort aufgrund der erhöhten Präsenz der Taliban verstärkt zu bewaffneten Kämpfen zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Aufständischen oder Terroristen, weshalb auch eine hohe Anzahl an Zivilisten ums Leben kommen.

Insofern ist die Sicherheitslage in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers derart unsicher, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, der Beschwerdeführer liefe allein durch seine dortige Anwesenheit tatsächl

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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