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41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
StbG 1985 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde 1. der M,
2. der S, 3. des A, 4. des B, und 5. des G, alle in Wien, die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, diese vertreten durch Dr. Wenzel Drögsler, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 34/3, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 25. April 1997, Zl. MA 61/IV-G 162/93, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft und Erstreckung derselben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Wien zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 25. April 1997 wurde der Antrag der Erstbeschwerdeführerin vom 27. Jänner 1992 auf Verleihung der Staatsbürgerschaft und Erstreckung der Verleihung auf ihre mj. Kinder, die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer, gemäß §§ 10 und 11 (sowie 18) Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß die am 23. Mai 1955 geborene Erstbeschwerdeführerin jugoslawische Staatsangehörige und ledig sei. Sie spreche sehr gut deutsch und lebe seit 1978 ununterbrochen in Österreich. Ihre vier unehelichen Kinder seien in Österreich geboren. Die Beschwerdeführerin arbeite als Krankenschwester und sei darüber hinaus als Geschäftsführerin einer namentlich genannten Gesellschaft mit beschränkter Haftung tätig, welche in Wien ein Kaffeehaus betreibe.
Mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Hernals vom 18. Jänner 1991 sei die Beschwerdeführerin wegen vorsätzlicher (leichter) Körperverletzung eines damals zwölfjährigen Kindes durch Schläge gegen Gesicht und Oberkörper und wegen vorsätzlicher (leichter) Körperverletzung einer erwachsenen Person zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden. Diese Strafe sei seit 28. Februar 1996 getilgt.
Die Erstbeschwerdeführerin sei wie folgt rechtskräftig bestraft worden:
Am 12. Juli 1989 wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu einer Geldstrafe von S 5.500,--,
am 10. Jänner 1991 wegen Betriebes eines Münzspielautomaten ohne Konzession zu einer Geldstrafe von S 3.000,--,
am 28. Oktober 1991 wegen desselben Delikts zu einer Geldstrafe von S 2.500,--,
am 9. Dezember 1993 wegen Übertretung des Bazillenausscheidergesetzes zu einer Geldstrafe von S 800,--,
am 13. Dezember 1993 wegen Betriebes eines Münzspielautomaten ohne die dafür erforderliche Konzession zu einer Geldstrafe von S 1.000,--,
am 13. Dezember 1993 wegen desselben Delikts zu einer Geldstrafe von S 2.500,--,
am 2. Juli 1993 wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu einer Geldstrafe von S 5.500,--,
am 29. Juni 1993 wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu einer Geldstrafe von S 2.750,--,
am 31. Mai 1994 neuerlich wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu einer Geldstrafe von S 11.000,--,
am 24. Jänner 1995 wegen Übertretung von § 3 Bazillenausscheidergesetz zu einer Geldstrafe von S 1.000,--,
am 24. Jänner 1995 wegen der Übertretung nach § 74 Abs. 5 Z. 3 Lebensmittelgesetz zu einer Geldstrafe von S 1.000,--,
am 12. April 1994 wegen der Übertretung nach § 74 Abs. 4 Z. 4 Lebensmittelgesetz zu einer Geldstrafe von S 1.500,-- und
am 25. Juli 1995 wegen derselben Übertretung zu einer Geldstrafe von S 3.000,--.
Das von der Erstbeschwerdeführerin als Geschäftsführerin der erwähnten GesmbH geführte Kaffeehaus weise nach Auskunft des Marktamtes zahlreiche Mängel und Unzulänglichkeiten auf. Es mache einen "schmuddeligen" Eindruck und sei schlampig geführt.
Gegen die Zweitbeschwerdeführerin sei ein Strafverfahren wegen Körperverletzung geführt und gemäß § 4 Abs. 2 Z. 2 Jugendgerichtsgesetz eingestellt worden.
Ein gesetzliches Hindernis gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 bis 8 StbG stehe der Einbürgerung der Erstbeschwerdeführerin nicht entgegen. Es sei daher zu prüfen gewesen, ob eine Ermessensübung gemäß § 11 StbG zugunsten dieser Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung des öffentlichen Wohles, der öffentlichen Interessen und des Gesamtverhaltens der Partei möglich sei.
Im Rahmen der Ermessensentscheidung spräche die lange Aufenthaltsdauer für die Erstbeschwerdeführerin. Ebenso seien ihre guten Deutschkenntnisse, der inländische Schulbesuch ihrer Kinder und ihre langjährige Berufstätigkeit zu ihren Gunsten zu berücksichtigen. Diese Umstände ließen bei sonstiger Straffreiheit der Erstbeschwerdeführerin eine Ermessensentscheidung zu ihren Gunsten angezeigt sein.
Wenngleich die gerichtlich strafbare Handlung der Erstbeschwerdeführerin - sie habe nicht nur eine erwachsene Person, sondern auch ein zwölfjähriges Kind vorsätzlich am Körper verletzt - bereits getilgt sei, sei zu berücksichtigen, daß sie seit dieser Tathandlung dreizehn verwaltungsbehördlich zu ahndende Rechtsverletzungen begangen habe. Besonders zu berücksichtigen seien davon die Bestrafungen wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Lebensmittelgesetzes. Da die Erstbeschwerdeführerin in einem Zeitraum von nur fünf Jahren dreizehn Mal verwaltungsbehördlich bestraft worden sei, sei erkennbar, daß sie nicht gewillt sei, sich in ausreichendem Maß an die österreichischen Rechtsvorschriften zu halten. Es könne weder im öffentlichen Interesse gelegen sein, noch dem allgemeinen Wohl entsprechen, eine Fremde, die sich über längere Zeiträume hinweg immer wieder über österreichische Vorschriften hinweggesetzt habe, einzubürgern. Im Hinblick auf die rechtskräftigen Bestrafungen erübrige sich ein Eingehen auf etwaige mildernde oder entschuldigende Umstände. Das Gesamtverhalten der Erstbeschwerdeführerin erscheine angesichts der "negativen Momente" nicht so gestaltet, daß vom Ermessen zu ihren Gunsten Gebrauch zu machen sei.
Bei der Erstreckung der Staatsbürgerschaft auf die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer handle es sich um einen akzessorischen Anspruch. Die Erstreckungsanträge seien daher auch abzuweisen gewesen.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 23. Februar 2998, B 1483/97, unter gleichzeitiger Ablehnung ihrer Behandlung abgetretene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 StbG kann einem Fremden die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen ordentlichen Wohnsitz im Gebiet der Republik Österreich hat (Z. 1) und die weiteren, in den Z. 2 bis 8 dieser Bestimmung im einzelnen angeführten Voraussetzungen erfüllt. Die Entscheidung liegt - sofern die Anforderungen des Abs. 1 erfüllt sind - sodann im Ermessen der Behörde, wobei sich die Behörde bei dessen Ausübung gemäß § 11 leg. cit. von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Gesamtverhalten der Partei leiten zu lassen hat.
Die belangte Behörde ist im vorliegenden Fall davon ausgegangen, daß die Erstbeschwerdeführerin die Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 1 bis 8 StbG erfülle. Sie hat im Rahmen des von ihr auszuübenden freien Ermessens ihre Entscheidung jedoch zu Ungunsten der Erstbeschwerdeführerin getroffen.
Bei der Ermessensbegründung hat die belangte Behörde die in der Beschwerde zugunsten der Erstbeschwerdeführerin geltend gemachten Umstände, den Aufenthalt seit 1978 im Inland, den inländischen Schulbesuch ihrer Kinder, ihre langjährige Berufstätigkeit und die sehr guten Deutschkenntnisse ohnehin berücksichtigt.
Wenn sie dennoch nicht zu einer Ermessensübung zugunsten der Erstbeschwerdeführerin gelangte, kann darin keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Die Erstbeschwerdeführerin ist unstrittig im Zeitraum von Juli 1989 bis Juli 1995 insgesamt dreizehn Mal verwaltungsbehördlich bestraft worden. Besonders ins Gewicht fallen dabei - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - die vier Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Der Gesetzgeber hat die von einem Fremden, der gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz verstößt (und dafür als Arbeitgeber rechtskräftig bestraft wird), ausgehende Gefährdung der öffentlichen Interessen so hoch bewertet, daß er in § 18 Abs. 2 Z. 3 Fremdengesetz (1992) - ebenso wie in § 37 Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz 1997 - das Vorliegen zweier rechtskräftiger Bestrafungen wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes als Aufenthaltsverbotsgrund normierte. Die belangte Behörde hat daher der Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen durch die viermalige rechtskräftige Bestrafung der Beschwerdeführerin nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz auch im Rahmen des gemäß § 11 StbG maßgebenden Ermessenskriteriums der öffentlichen Interessen zu Recht einen hohen Stellenwert beigemessen.
Soweit die Erstbeschwerdeführerin dazu ausführt, es hätte ihr die Gelegenheit eingeräumt werden müssen, zu jeder einzelnen Verwaltungsübertretung Stellung zu nehmen, ist ihr zu entgegnen, daß sie bei der niederschriftlichen Vernehmung am 17. Jänner 1998 in Anwesenheit ihres Rechtsvertreters mit dem Vorliegen der im angefochtenen Bescheid berücksichtigten Verwaltungsstrafen konfrontiert worden ist und dies "zur Kenntnis" genommen hat. Danach hätte sie bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides am 7. Mai 1997 jedenfalls genügend Zeit gehabt, dazu Stellung zu nehmen. Von dieser Gelegenheit hat sie jedoch nicht Gebrauch gemacht. Im übrigen gesteht die Erstbeschwerdeführerin in der Beschwerde selbst zu, daß sie als Geschäftsführerin der erwähnten GesmbH für das den Bestrafungen zugrunde liegende Fehlverhalten verantwortlich sei, und zeigt nicht auf, aus welchen Gründen von den Verstößen gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz, anders als die Beschwerde meint, keine oder nur eine geringe Gefährdung von öffentlichen Interessen ausgehe.
Im Licht des ausdrücklich als Ermessenskriterium normierten "Gesamtverhaltens" kann es keine Rechtswidrigkeit darstellen, daß die belangte Behörde auch die - von der Beschwerde nicht bestrittene - Tatsache berücksichtigt hat, daß das von der Erstbeschwerdeführerin als Geschäftsführerin einer GesmbH geführte Lokal laut Stellungnahme des Marktamtes zahlreiche Mängel und Unzulänglichkeiten aufweise, sowie einen "schmuddeligen" und schlampigen Eindruck mache.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde hingegen in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht verwertet, daß gegen den Lebensgefährten der Erstbeschwerdeführerin polizeilich ermittelt werde und in dem Kaffeehaus Diebsgut gelagert worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag somit darin, daß die belangte Behörde den erwähnten, für die Einbürgerung der Erstbeschwerdeführerin sprechenden Umständen ein geringeres Gewicht beigemessen hat als den - vorwiegend in der Übertretung von verwaltungsrechtlichen Normen zu erblickenden - gegen die Einbürgerung sprechenden Umständen, einen Ermessensmißbrauch oder eine Ermessensüberschreitung nicht zu erkennen.
Hinsichtlich der von der belangten Behörde - zu Recht (vgl. etwa das zu § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG ergangene, insoweit auch hier maßgebliche hg. Erkenntnis vom 11. November 1997, Zl. 96/01/0967) - mitberücksichtigen Verurteilung wegen Körperverletzung bestand entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht sehr wohl insofern eine Bindung an das rechtskräftige Urteil, als danach feststeht, daß die Erstbeschwerdeführerin (am 22. Juli 1990) ein zwölfjähriges Kind und (am 31. Juli 1990) eine erwachsene Person vorsätzlich am Körper verletzt hat. Die belangte Behörde hat zwar keine zur Beurteilung des Gesamtverhaltens grundsätzlich erforderliche (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 96/01/1224) Feststellungen zu den vorgebrachten näheren Umständen der Tatbegehung getroffen, doch kommt diesen gerichtlich strafbaren Handlungen der Erstbeschwerdeführerin auf Grund des Zeitablaufes und der bereits eingetretenen Tilgung der Verurteilungen - wie sich auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt - nur am Rande Bedeutung zu, sodaß auch das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin, sie habe das Kind nur verletzt, weil dieses vorher auf sie losgegangen sei, nicht geeignet ist, einen Ermessensmißbrauch aufzuzeigen.
Da die belangte Behörde somit den Verleihungsantrag der Erstbeschwerdeführerin zu Recht gemäß § 11 StbG abgewiesen hat, hat sie auch die Erstreckungsanträge der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer zu Recht abgewiesen, weil gemäß § 18 StbG die Erstreckung der Verleihung nur gleichzeitig mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft und nur mit demselben Erwerbszeitpunkt verfügt werden darf.
Soweit die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer vorbringen, sie hätten nicht (nur) Anträge auf Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft, sondern (auch) eigene Verleihungsanträge gestellt, ist ihnen zu entgegnen, daß der angefochtene Bescheid, der nur einen Abspruch über Erstreckungsanträge dieser Beschwerdeführer enthält, diese Beschwerdeführer nicht in ihrem Recht auf Entscheidung über eigene Verleihungsanträge verletzten konnte.
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 16. Dezember 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998010226.X00Im RIS seit
20.11.2000