TE Vwgh Beschluss 2015/4/22 Ra 2015/04/0025

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Veröffentlicht am 22.04.2015
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
50/01 Gewerbeordnung

Norm

B-VG Art133 Abs4
GewO 1994 §74 Abs1
GewO 1994 §74 Abs2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision des JM in W, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 20. Jänner 2015, Zl. LVwG-1-958/E1-2013, betreffend Übertretungen der GewO 1994 (belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 11. Oktober 2013 wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der C AG zu verantworten, dass an einem konkret bezeichneten Standort durch eine näher umschriebene Tätigkeit das Gewerbe "Ausschank von nicht alkoholischen Getränken und Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen, wenn der Ausschank oder der Verkauf durch Automaten erfolgt" gemäß § 111 Abs. 2 Z 6 GewO 1994 ausgeübt worden sei, obwohl dafür keine Gewerbeberechtigung vorgelegen habe. Weiters habe es der Revisionswerber zu verantworten, dass das genannte Unternehmen an diesem Standort eine genehmigungspflichtige, jedoch nicht genehmigte Betriebsanlage betrieben habe.

2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers lediglich insoweit Folge, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils EUR 500,- und die festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 50 Stunden herabgesetzt wurden.

Das Verwaltungsgericht stellte - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - fest, dass die C AG am gegenständlichen Standort ein Wettlokal betreibe, in dem ein Getränkeautomat für Heiß- und Kaltgetränke aufgestellt sei, wobei unter anderem Heißgetränke um EUR 1,- pro Becher angeboten würden. Es stünden acht Tische mit 28 Sitzplätzen zur Verfügung, an denen die Getränke konsumiert werden könnten.

In seiner Begründung bejahte das Verwaltungsgericht das Vorliegen einer gewerbsmäßigen Tätigkeit, weil die gastgewerbliche Tätigkeit jedenfalls insoweit in der Absicht der Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils betrieben werde, als der Verkauf von Getränken den Zweck habe, den Verbleib der Kunden im Lokal zu verlängern und damit mehr Wettabschlüsse zu generieren (es könne daher dahingestellt bleiben, ob mit dem Verkauf der Getränke unmittelbar ein Gewinn erzielt werde). Das verfahrensgegenständliche Lokal werde für gewerbliche Zwecke genutzt. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass diese Anlage grundsätzlich geeignet sei, Belästigungen der Nachbarn (der nächstgelegene Nachbar wohne direkt oberhalb des Lokals) - etwa durch Gästeverhalten - hervorzurufen. Für diese Beurteilung sei nicht nur der Getränkeautomat, sondern das gesamte Lokal heranzuziehen.

Weiters erfolgten Ausführungen zur Strafbemessung und es wurde die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig erklärt.

3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4. Ausgehend davon ist zu dem in der vorliegenden außerordentlichen Revision zur Zulässigkeit erstatteten Vorbringen Folgendes auszuführen:

4.1. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers, der die Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils durch die Aufstellung des Getränkeautomaten bestreitet und moniert, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, die damit verbundene Absicht zu ergründen, hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen der Absicht der Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils in nicht unvertretbarer Weise begründet und bejaht. Soweit der Revisionswerber rügt, das Verwaltungsgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, ob die fraglichen Getränke in "unverschlossenen Gefäßen" angeboten worden seien, genügt es anzumerken, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung den Verkauf unter anderem von Kaffee in Bechern zugrunde gelegt hat; es ist nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht ausgehend davon dieses Erfordernis (des § 111 Abs. 2 Z 6 GewO 1994) als erfüllt angesehen hat.

4.2. Zum (Nicht)Vorliegen einer gewerblichen Betriebsanlage bringt der Revisionswerber vor, es gebe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, inwieweit die betriebsanlagenrechtlichen Bestimmungen der GewO 1994 für einen nicht der GewO 1994 unterliegenden Tätigkeitsbereich gelten würden. Dieser Frage kommt im vorliegenden Zusammenhang schon deshalb keine Relevanz zu, weil das Verwaltungsgericht die Anwendbarkeit der betriebsanlagenrechtlichen Bestimmungen der GewO 1994 nicht mit der - von der GewO 1994 gemäß seinem § 2 Abs. 1 Z 22 ausgenommenen - Tätigkeit der Vermittlung von Wetten begründet hat, sondern mit dem der GewO 1994 unterliegenden Betrieb eines Gastgewerbes. Im Übrigen wird auf die Definition des § 74 Abs. 1 GewO 1994 verwiesen, wonach als gewerbliche Betriebsanlage eine Einrichtung zu verstehen ist, die der Entfaltung einer "gewerblichen Tätigkeit" regelmäßig zu dienen bestimmt ist (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 28. September 2011, 2011/04/0128).

4.3. Schließlich bringt der Revisionswerber noch die Rechtsfrage vor, wie der räumliche Bereich einer gewerblichen Betriebsanlage von jenem Bereich abzugrenzen sei, der einer nichtgewerblichen Tätigkeit diene (hier: Vermittlung und Abschluss von Wetten), bzw. ob bei einem Getränkeautomaten von einer bewilligungspflichtigen gewerblichen Betriebsanlage gesprochen werden könne. Dazu ist auf die hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach bei fehlender räumlicher und zeitlicher Trennung einer Betriebsanlage, die sowohl einem gewerblichen als auch einem nichtgewerblichen Zweck dient, die gesamte Betriebsanlage der Genehmigungspflicht nach der GewO 1994 unterliegt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. April 1984, VwSlg. 11.399/A, und vom 17. April 1998, 96/04/0221). Ausgehend davon ist es nicht zu beanstanden, dass das verfahrensgegenständliche Lokal, das nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes auch dem Konsum der verkauften Getränke dient, als gewerbliche Betriebsanlage angesehen wurde. Mit dem bloßen Hinweis auf eine - wie geltend gemacht - uneinheitliche Judikatur der Verwaltungsgerichte (der Revisionswerber verweist auf ein Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, in dem für die dort vorliegende Sachverhaltskonstellation eine von der Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg abweichende Ansicht vertreten worden sei) wird für sich genommen noch keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt (vgl. Nedwed, Die Zulässigkeit der Revision an den Verwaltungsgerichtshof, ÖJZ 2014, 1041 (1042)).

5. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 22. April 2015

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015040025.L00

Im RIS seit

29.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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