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50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §74 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, Hofrat Dr. Kleiser sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision des M G in I, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 2. Juli 2014, Zl. LVwG-1- 425/E1-2013, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 17. April 2013 wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der S GmbH zu verantworten, dass dieses Unternehmen in der Zeit von September 2012 bis 20. Febr uar 2013 an einem konkret bezeichneten Standort durch eine näher umschriebene Tätigkeit das Gastgewerbe in einer weiteren Betriebsstätte ausgeübt habe, ohne eine Anzeige nach § 46 Abs. 2 GewO 1994 erstattet zu haben (Spruchpunkt 1).
Weiter habe es der Revisionswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer zu verantworten, dass das genannte Unternehmen in derselben Zeitspanne an diesem Standort eine genehmigungspflichtige, jedoch nicht genehmigte Betriebsanlage für das Gastgewerbe betrieben habe (Spruchpunkt 2).
2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers nicht Folge und bestätigte das bekämpfte Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass die betreffend Spruchpunkt 1 angeführte Übertretungsnorm anstelle "§ 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 iVm § 46 Abs. 2 GewO 1994" zu lauten habe: "§ 367 Z 16 GewO 1994 (idF BGBl. I Nr 85/2012) iVm § 46 Abs. 2 GewO 1994 (idF BGBl. I Nr 42/2008)".
Das Verwaltungsgericht stellte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zusammengefasst fest, dass die S GmbH, die eine Gastgewerbeberechtigung für einen anderen Standort habe, am verfahrensgegenständlichen Standort ein Wettlokal führe. In diesem Lokal werde von der S GmbH ein kombinierter Getränke- und Snackautomat betrieben. Es würden Heißgetränke wie Kaffee, Cappuccino, Moccacino, Kaffee Latte und Choco Creme zu je EUR 1 angeboten. Weiters würden Snacks (zB Soletti, Corny, Erdnüsse, Nuts, Bounty) und Kaltgetränke (Red Bull, Mineralwasser, Fruchtsaft, Limonade) zu EUR 1 oder EUR 2 angeboten. Es stünden 16 Verabreichungsplätze zur Verfügung. Die nächstgelegenen Nachbarn würden oberhalb des Lokals wohnen.
In seiner rechtlichen Begründung bejahte das Verwaltungsgericht das Vorliegen einer gewerbsmäßigen Tätigkeit, weil die gastgewerbliche Tätigkeit jedenfalls insoweit in der Absicht der Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils betrieben werde, als der Verkauf von Getränken den Zweck habe, den Verbleib der Kunden im Lokal zu verlängern und damit mehr Wettabschlüsse zu generieren. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob mit dem Verkauf der Getränke unmittelbar ein Gewinn erzielt werde. Das Lokal verfüge über mehr als acht Verabreichungsplätze. Es handle sich um eine weitere Betriebsstätte, für welche keine entsprechende Anzeige erfolgt sei. Dass das Lokal auch dem Betrieb eines Wettbüros diene, ändere an dieser Beurteilung nichts.
Das Lokal werde für gewerbliche Zwecke genutzt. Bereits die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage zur Gefährdung oder Belästigung begründe eine Genehmigungspflicht. Ob tatsächlich Gefährdungen bestünden, sei der Prüfung im Genehmigungsverfahren vorbehalten. Die Anlage sei ohne Zweifel grundsätzlich geeignet, Belästigungen der Nachbarn durch Lärm oder Geruch hervorzurufen. Für diese Beurteilung sei nicht nur der Getränkeautomat, sondern das gesamte Lokal heranzuziehen. Der Betrieb erfordere sohin eine Betriebsanlagengenehmigung, über welche die Inhaberin nicht verfügt habe.
Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens zur Doppelbestrafung führte das Verwaltungsgericht aus, dass es für die Abgrenzung des Strafzeitraumes im Zusammenhang mit einem fortgesetzten Delikt auf den Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz ankomme. Die Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz in dem von der Beschwerde angeführten früheren Strafverfahren liege weit vor dem verfahrensgegenständlichen Tatzeitraum.
Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.
3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4. Dem in der Revision zur Zulässigkeit erstatteten Vorbringen ist zu entgegnen:
4.1. Die Revision rügt, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof zur Notwendigkeit der ausreichenden Konkretisierung des Tatvorwurfs ab.
Beim Erfordernis einer genauen Tatumschreibung im Sinne des § 44a Z 1 VStG kommt es darauf an, den Beschuldigten in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2011, 2011/02/0281, mwN).
Angesichts des im Spruch des Straferkenntnisses formulierten Vorwurfs der Ausübung des Gastgewerbes in einer weiteren bestimmt bezeichneten Betriebsstätte ohne vorherige Anzeige während eines konkret umschriebenen Tatzeitraumes vermag die Revision fallbezogen keinen Widerspruch zu der eben dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aufzuzeigen.
4.2. Zum (Nicht)Vorliegen einer gewerblichen Betriebsanlage bringt der Revisionswerber vor, es gebe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, inwieweit die betriebsanlagenrechtlichen Bestimmungen der GewO 1994 für einen nicht der GewO 1994 unterliegenden Tätigkeitsbereich gelten würden.
Dieser Frage kommt im vorliegenden Zusammenhang schon deshalb keine Relevanz zu, weil das Verwaltungsgericht die Anwendbarkeit der betriebsanlagenrechtlichen Bestimmungen der GewO 1994 nicht mit der - von der GewO 1994 gemäß seinem § 2 Abs. 1 Z 22 ausgenommenen - Tätigkeit der Vermittlung von Wetten begründet hat, sondern mit dem der GewO 1994 unterliegenden Betrieb eines Gastgewerbes. Im Übrigen wird auf die Definition des § 74 Abs. 1 GewO 1994 verwiesen, wonach als gewerbliche Betriebsanlage eine Einrichtung zu verstehen ist, die der Entfaltung einer "gewerblichen Tätigkeit" regelmäßig zu dienen bestimmt ist (vgl. auch den hg. Beschluss vom 22. April 2015, Ra 2015/04/0025, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 28. September 2011, 2011/04/0128).
Auch ist auf die hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach bei fehlender räumlicher und zeitlicher Trennung einer Betriebsanlage, die sowohl einem gewerblichen als auch einem nichtgewerblichen Zweck dient, die gesamte Betriebsanlage der Genehmigungspflicht nach der GewO 1994 unterliegt (vgl. nochmals den hg. Beschluss, Ra 2015/04/0025, mit Verweis auf die hg. Erkenntnisse vom 10. April 1984, VwSlg. 11.399/A, und vom 17. April 1998, 96/04/0221). Ausgehend davon ist es nicht zu beanstanden, dass das verfahrensgegenständliche Lokal, das nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes auch dem Konsum der verkauften Getränke dient, als gewerbliche Betriebsanlage angesehen wurde.
Die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, die Betriebsanlage sei zumindest geeignet, Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 GewO 1994 zu verursachen, ist nicht zu beanstanden.
5. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 16. Dezember 2015
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2015:RA2014040041.L00Im RIS seit
29.07.2019Zuletzt aktualisiert am
29.07.2019