TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/22 I415 2212431-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.01.2019
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Entscheidungsdatum

22.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2212431-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl RD OÖ vom 10.11.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Dauer des befristeten Einreiseverbotes in Spruchpunkt VII. gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 Fremdenpolizeigesetz (FPG) auf zwei Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 09.11.2015 in Italien und am 03.09.2017 in der Schweiz einen Antrag auf internationalen Schutz, ehe er am 18.12.2017 einen solchen in Traiskirchen stellte, den er mit Problemen mit einem Kult in seinem Herkunftsstaat begründete. Sein Vater sei 2009 von Leuten dies Kultes umgebracht worden, in weiterer Folge sei auch der Beschwerdeführer als einziger Sohn seines Vaters bedroht und geschlagen worden. In den Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge: BFA) am 14.08.2018 und 08.11.2018 ergänzte der Beschwerdeführer dahingehend, dass er an einem Verkehrsunfall mit Todesfolge involviert gewesen sei und sein Vater als Beifahrer für den Verkehrsunfall verantwortlich gemacht und mit dem Tod bedroht worden sei. Der Vater sei in weiterer Folge nach Libyen ausgewandert und dort einige Zeit später verstorben, woraufhin die Familie des verunfallten Mädchens den Beschwerdeführer bedroht und geschlagen habe.

2. Von Seiten des BFA wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten zur Altersfeststellung in Auftrag gegeben. In diesem Gutachten vom 24.01.2018 wurde das wahrscheinliche Alter "nach der vorliegenden und konsistenten Befundkonstellation" zum Untersuchungszeitpunkt am 23.01.2018 mit 17,2 Jahren angenommen. Das daraus errechnete ‚fiktive' Geburtsdatum laute XXXX2018, es könne damit zum Zeitpunkt der Asylantragstellung (18.12.2017) von einem wahrscheinlichen Alter mit 17,10 Jahren ausgegangen werden. Das behauptete Lebensalter bzw. Geburtsdatum (17,10 bzw. XXXX.2000) ist mit dem festgestellten Alter bzw. ‚fiktiven' Geburtsdatum vereinbar, die Differenz betrage 47 Tage. Das 18. Lebensjahr sei nach dem errechneten ‚fiktiven' Geburtsdatum am XXXX.2018 und nach dem angegebenen plausiblen Geburtsdatum am XXXX.2018 vollendet.

3. Mit dem Bescheid vom 10.11.2018, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V. Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VI.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 07.12.2018 (bei der belangten Behörde eingelangt am 14.12.2018) seitens gesetzlichen Vertretung, welche mittels ausdrücklicher Anordnung der XXXX Kinder- und Jugendhilfe dahingehend angewiesen wurde. Dem Antragsteller zufolge seien seine Angaben richtig und im Herkunftsstaat aufgrund korrumpierter Verbindungen mit schwerwiegenden Folgen verbunden.

5. Mit Schriftsatz vom 07.01.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 09.01.2019, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist unverheiratet, kinderlos, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen-protestantischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Edo an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer reiste illegal ins Bundesgebiet ein. Er hält sich seit (mindestens) 18.12.2017 in Österreich auf.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Nigeria hat er eine Chance auch hinkünftig am nigerianischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

Er geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung in Alkoven/Oberösterreich.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer privater oder staatlicher Verfolgung unterliegt.

Es wird weiters festgestellt, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland Marokko keiner Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt war.

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sowie der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 10.11.2018 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle (Stand 07.08.2017) "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10 % der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 07.08.2017.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll vom 14.08.2018, AS 207ff sowie Protokoll vom 08.11.2018, AS 307ff). Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde (Protokoll vom 08.11.2018, AS 311) sowie aus dem Umstand seines erst kurzen Aufenthalts in Österreich.

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit rühren aus der im Akt befindlichen Volljährigkeitsbeurteilung vom 24.01.2018 der XXXX. Demnach ist das behauptete Lebensalter mit dem festgestellten Alter vereinbar, die Differenz beträgt lediglich 47 Tage. Das 18. Lebensjahr ist nach dem errechneten ‚fiktiven' Geburtsdatum am XXXX2018 und nach dem angegebenen plausiblen Geburtsdatum am XXXX2018 vollendet. Festgehalten wird allerdings, dass der Beschwerdeführer bei seinen Asylanträgen in Italien und der Schweiz mit dem Geburtsdatum XXXX1997 in Erscheinung getreten ist und sich auf der Facebookseite des Beschwerdeführers damit korrespondierend am XXXX2018 ein Posting von ihm mit dem Inhalt "Happy Birthday to me" findet.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 09.01.2019.

Die Feststellungen zu seinem gegenwärtigen Wohnsitz und seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden, am 09.01.2019 abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussage des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt, müssen die Angaben des Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden.

Eine Aussage ist grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren, wenn das Vorbringen eines Antragstellers auf internationalen Schutz hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. seine Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d.h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn ein Antragsteller auf internationalen Schutz den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Antragsteller nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.

Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Wenn in der Beschwerde zum Ausdruck gebracht wird, dass die belangte Behörde ihrer Pflicht zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes nicht nachgekommen sei, weil es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen sei, sein Vorbringen ausführlich und infolgedessen substantiiert zu erstatten, ist diesem Vorbringen dahingehend entgegenzutreten, dass es grundsätzlich dem Asylwerber zukommt, die Gründe seiner Furcht vor Verfolgung konkret und substantiiert vorzubringen (VwGH 21.11.1996, Zahl 95/20/0334). Dem Beschwerdeführer wurde im vorliegenden Fall im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme ausreichend Gelegenheit eingeräumt, alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände anzuführen, wobei zusammengefasst festzuhalten ist, dass sein Schildern der angeführten Gründe vage und oberflächlich geblieben ist, auch die in der Einvernahme anwesende gesetzliche Vertretung konnte nichts Gegenteiliges vorbringen.

Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass es dem Asylwerber obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (VwGH 20.1.1993, 92/01/0752; 19.5.1994, 94/19/0465 mwN) und dass die erstinstanzliche Behörde nicht verpflichtet ist, den Antragsteller derart anzuleiten, dass sein Antrag von Erfolg gekrönt sein muss. Das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde ist im Ergebnis nicht geeignet, der behördlichen Beweiswürdigung konkret und substantiiert entgegen zu treten.

Auch die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers wurde im Verfahren ausreichend berücksichtigt; hiezu ist anzumerken, dass die Erstbefragung des Beschwerdeführers durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 18.12.2017 im Beisein eines Rechtsberaters vorgenommen wurde und ihm das Einvernahmeprotokoll zudem in einer ihm verständlichen Sprache rückübersetzt wurde. Zudem erfolgten seine niederschriftlichen Einvernahmen durch die belangte Behörde am 14.08.2018 und 08.11.2018 im Beisein einer Mitarbeiterin seiner gesetzlichen Vertretung. Ungeachtet dessen, ist ein altersadäquates Vorbringen erwartbar (vgl etwa Entscheidung des AsylGH vom 06.04.2010, C17 404.795-1/2009). Zwischenzeitlich ist der Beschwerdeführer volljährig, ganz egal, ob man vom ‚fiktiven' (XXXX2000) oder vom plausiblen ‚behaupteten' (XXXX2000) Geburtstag ausgeht. Dieser müsste jedenfalls in der Lage sein, einen (einfachen) Sachverhalt widerspruchsfrei und mit der notwendigen Stringenz zu schildern. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer ein unbegleiteter Minderjähriger war, hat daher unter Berücksichtigung, dass alle drei Einvernahmen im Beisein einer Rechtsberatung bzw. seiner gesetzlichen Vertretung vorgenommen wurden, gegenständlich keinen entscheidungsrelevanten wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit.

Im Übrigen hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall zutreffend festgestellt, dass der Beschwerdeführer trotz seines jungen Alters durchaus ein erwachsenes, reifes Verhalten an den Tag legte und grundsätzlich in der Lage war, seine Fluchtgründe relativ widerspruchsfrei zu schildern. Nichtsdestotrotz kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das zentrale Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers als vage, detailarm, widersprüchlich und unplausibel erachtet. Den beweiswürdigenden Überlegungen im angefochtenen Bescheid kann - wie im Folgenden näher erläutert wird - uneingeschränkt gefolgt werden.

Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt am 14.08.2018 brachte der Beschwerdeführer befragt nach seinem Fluchtgrund vor, dass er an einem Verkehrsunfall mit Todesfolge involviert gewesen sei. Dabei hätte er als Neunjähriger im Mai 2009 ein Fahrzeug ohne Führerschein gelenkt. Sein Vater als Beifahrer wäre in weiterer Folge für den Verkehrsunfall, bei dem ein kleines Mädchen verstorben wäre, verantwortlich gemacht worden. Daraufhin hätte es polizeiliche Ermittlungen gegeben. Der Vater des verstorbenen Mädchens hätte weiters die Behörden bestochen und die Familie des Beschwerdeführers mit dem Leben bedroht. Auch der Bruder des verstorbenen Mädchens, welcher Mitglied eines Geheimkultes gewesen wäre, hätte ebenso die Familie des Beschwerdeführers mit dem Leben bedroht. Dies wäre dann alles zu viel für seinen Vater geworden, sodass dieser 2009 nach Libyen ausgewandert wäre, wo er dann einige Zeit später verstorben wäre. Da sein Vater nicht mehr im Land gewesen wäre, hätte die Familie des Mädchens begonnen den Beschwerdeführer aufzusuchen, zu bedrohen und zu schlagen. Sogar als sich der Beschwerdeführer innerhalb der Stadt eine andere Wohnung genommen hätte, hätte die Familie des Mädchens ihn erneut aufgesucht, geschlagen und bedroht. Auch hätte die nigerianische Polizei überall verbreitet, dass man nach ihm suchen würde. Während dieser Zeit hätte der Beschwerdeführer einen Beruf erlernt, jedoch kein Zertifikat bekommen, um sich selbständig zu machen. Dies alles wäre letztlich zu viel für den Beschwerdeführer gewesen, sodass der Beschwerdeführer Nigeria 2013 - und damit mehr als drei Jahre nach dem behaupteten Verkehrsunfall als nunmehr etwa Dreizehnjähriger - Richtung Libyen verlassen hätte.

Das Vorbringen untermauerte der Beschwerdeführer durch Vorlage eines "Suchauftrages" der Polizei in Edo State ("Wanted Persons", datiert vom 19.12.2012, AS 217). In diesem Zusammenhang langte bei der belangten Behörde am 22.08.2018 eine schriftliche Stellungnahme seitens der gesetzlichen Vertreterin ein. Darin wurde zwar eingeräumt, dass sich "in Nigeria grundsätzliche viele innerstaatliche Fluchtalternativen anbieten", sich im konkreten Fall jedoch eine bundesweite Gefahr für den Beschwerdeführer ergebe. Die Richtigkeit seiner Angaben könne durch Kontaktaufnahme bzw. Rücksprache mit dem betreffenden Department belegt werden. Es böten sich daher durchaus mehrere Ermittlungsmöglichkeiten für die Behörde zur Überprüfung dieser Angaben, da nicht davon auszugehen sei, dass der Wunsch nach Verfolgung des Beschwerdeführers durch bloßen Zeitablauf verblassen werde.

Die gesetzliche Vertreterin verkennt hier jedoch - wie das BFA zutreffend festhält - dass der Schutz von personenbezogenen Daten von Antragstellern und deren Angehörigen gegenüber dem Herkunftsstaat sowie potentiellen (auch nicht-staatlichen) Verfolgern gesichert sein muss. Diese dürfen nicht von einer Asylantragstellung in Österreich Kenntnis erlangen. Darüber hinaus ist eine mögliche Gefährdung von Antragstellern und deren Angehörigen sowie von Quellen und Recherchercheuren zu vermeiden (vgl. Art. 30 EU-Verfahrensrichtlinie, § 33 BFA-VG).

Dennoch wurde durch das BFA eine umfangreiche Recherche im Herkunftsstaat durch die Staatendokumentation in Auftrag gegeben. Aus der diesbezüglichen Anfragebeantwortung durch die Staatendokumentation vom 24.10.2018 (AS 297ff) geht hervor, dass seitens des Vertrauensanwaltes der Österreichischen Botschaft (ÖB) Abuja die Echtheit des beigefügten Haftauftrages (Anm. Suchauftrag) nicht bestätigt werden konnte, da die zuständigen Behörden die polizeiliche Referenznummer des Haftbefehls für dessen Authentifizierung forderten; dies wiederum war im Lichte von § 33 BFA-VG nicht möglich.

Im Zuge der Anfragebeantwortung berichtete der Vertrauensanwalt der ÖB Abuja weiter, dass er den Hauptsitz des Nigerian Observer Newspaper in Benin-City, Edo State besuchte und die gesamten Zeitungen vom 11.05.2009 bis zum 11.06.2009 durchgesehen habe, es aber keinen Artikel oder Medienbericht betreffend einen Verkehrsunfall gebe, bei dem am 10.05.2009 - dem Tag des Verkehrsunfalles laut Suchauftrag/Haftbefehl) in XXXX, Edo State, entlang der Old Agbor Road, ein Mädchen getötet worden sei. Der Vertrauensanwalt merkte diesbezüglich zudem ausdrücklich an, dass über Verkehrstote und Unfälle mit Fahrerflucht üblicherweise in den Medien berichtet werde.

Der Vertrauensanwalt der ÖB Abuja zitierte weiters den Criminal Procedure Act Law of the Federation 2004, wonach laut § 419 Abs 1 kein Kind zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden darf - der Beschwerdeführer wäre seinen Ausführungen zufolge ja als Neunjähriger hinter dem Lenkrad gesessen und sein Vater auf dem Beifahrersitz.

In der Zusammenschau erscheint das Vorgebrachte daher wenig plausibel, nicht nachvollziehbar und daher letztlich nicht glaubhaft.

Wenn nun die gesetzliche Vertreterin in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 22.08.2018 ausführt, dass ein von Korruption geprägtes Umfeld zu einer Verschärfung des Gefährdung beitrage und nicht davon auszugehen sei, dass die Verfolgung des Antragstellers nicht durch bloßen Zeitablauf verblassen werde, so hielt die belangte Behörde dem nachvollziehbarerweise entgegen, dass nichts darauf hindeute, dass der Antragsteller im Rahmen der Ermittlungen hinsichtlich des Verdachts eines Verkehrsunfalles mit Todesfolge im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen und des Strafverfahrens aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung schlechter gestellt wäre als andere Personen, gegen die ein Strafverfahren eingeleitet werde.

Die vom Asylwerber behaupteten Übergriffe beruhen daher - auch bei hypothetischer Wahrunterstellung wie das BFA zutreffend festhält - nicht auf einem der Gründe nach der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern stellt die Verfolgung der Angehörigen des Mädchens allenfalls eine Bedrohung durch Privatpersonen und nicht des nigerianischen Staates dar. Wie den Berichten im aktuellen Länderinformationsblatt (LIB) zu Nigeria zu entnehmen ist, sind im Allgemeinen die nigerianischen Behörden gewillt und fähig, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten (LIB, S 41). Zudem können Personen, die sich vor einer Schlechtbehandlung/Misshandlung durch derartige Gruppierungen wie Geheimkulte/Geheimgesellschaften fürchten, entweder Schutz erhalten oder eine innerstaatliche Relokationsmöglichkeit - etwa in den multi-ethnischen Städten Lagos, Abuja oder Bebin-City - in Anspruch nehmen, um der befürchteten Misshandlung zu entgehen (LIB, S 44). Ein lückenloser Schutz vor privaten Übergriffen kann naturgemäß nicht gewährt werden, weswegen dem Fehlen dieses Schutzes keine Asylrelevanz zukommt. An dieser Stelle sei weiters darauf verwiesen, dass es in Nigeria kein Meldewesen gibt (LIB, S 61).

Angemerkt sei an dieser Stelle weiters, dass der Beschwerdeführer - seinen Ausführungen folgend - Nigeria erst im Jahr 2013 verlassen hat, obwohl sich der behauptete Verkehrsunfall mit Todesfolge bereits am 10.05.2009 ereignet haben soll.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher - wie auch die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt.

Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde dem bekämpften Bescheid nicht substantiiert entgegentrat und sich seine Beschwerdebegründung darin erschöpfte, seine Fluchtgründe nach wie vor aufrecht zu halten und sie in seiner Beschwerde geltend zu machen, ergeben sich auch keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 07.08.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Nigeria - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 6.7.2017

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AA - Auswärtiges Amt (4.2017c): Nigeria - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 26.7.2017

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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2017): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/NigeriaSicherheit.html, Zugriff 24.7.2017

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AI - Amnesty International (6.2017): Submission To The United Nations Committee On The Elimination Of Discrimination Against Women,

https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1500389874_int-cedaw-ngo-nga-27623-e.pdf, Zugriff 28.7.2017

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/319680/458848_de.html, Zugriff 28.7.2017

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AI - Amnesty International (24.11.2016): Sicherheitskräfte töten mindestens 150 friedliche Demonstrierende, https://www.amnesty.de/2016/11/22/nigeria-sicherheitskraefte-toeten-mindestens-150-friedliche-demonstrierende, Zugriff 13.6.2017

-

BMEIA - Außenministerium (24.7.2017): Reiseinformationen - Nigeria,

http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/nigeria-de.html, Zugriff 24.7.2017

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Nigeria Country Report,

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Nigeria.pdf, Zugriff 6.7.2017

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EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1496729214_easo-country-focus-nigeria-june2017.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FFP - Fund for Peace (10.12.2012): Beyond Terror and Militants:

Assessing Conflict in Nigeria,

http://www.fundforpeace.org/global/library/cungr1215-unlocknigeria-12e.pdf, Zugriff 21.6.2017

-

FH - Freedom House (1.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/341818/485138_de.html, Zugriff 26.7.2017

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FH - Freedom House (2.6.2017): Freedom in the World 2017 - Nigeria, http://www.refworld.org/docid/5936a4663.html, Zugriff 12.6.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (7.2017a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 2.8.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2017b): Nigeria - Ge-sellschaft, http://liportal.giz.de/nigeria/gesellschaft.html, Zugriff 13.6.2017

-

IOM - International Organization for Migration (8.2014): Nigeria - Country Fact Sheet,

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/8628861/17247436/17297905/Nigeria_-_Country_Fact_Sheet_2014%2C_deutsch.pdf?nodeid=17298000&vernum=-2, Zugriff 21.6.2017

-

ÖBA - Österreichische Botschaft Abuja (9.2016): Asylländerbericht Nigeria

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OD - Open Doors (2017): Nigeria, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/2017/nigeria, Zugriff 14.6.2017

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SBM - SBM Intel (7.1.2017): A Look at Nigeria's Security Situation,

http://sbmintel.com/wp-content/uploads/2016/03/201701_Security-report.pdf, Zugriff 24.7.2017

-

UKHO - United Kingdom Home Office (8.2016b): Country Information and Guidance Ni-geria: Women fearing gender-based harm or violence, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/595734/CIG_-_Nigeria_-_Women.pdf, Zugriff 12.6.2017

-

USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): Nigeria,

https://www.ecoi.net/file_upload/5250_1494486149_nigeria-2017.pdf, Zugriff 7.7.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (19.7.2017): Country Report on Terrorism 2016 - Chapter 2 - Nigeria, https://www.ecoi.net/local_link/344128/487671_de.html, Zugriff 28.7.2017

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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Prac-tices 2016 - Nigeria, http://www.ecoi.net/local_link/337224/479988_de.html, Zugriff 8.6.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Wie dem Sachverhalt entnommen werden kann, war der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsland Nigeria keiner Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt.

Er wird auch im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sein.

Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers konnte - wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.3. bereits ausführlich erläutert wurde - nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer einer Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre oder aktuell ist.

Selbst bei Wahrunterstellung des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers würde dieses wie - wie die belangte Behörde zutreffend feststellt - keine Asylrelevanz entfalten.

Zudem gehen diese Handlungen nicht von staatlichen Organen aus. Zwar ist eine Verfolgungshandlung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 17.09.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann aber nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann aber nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinn ist die Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat nicht gewillt oder nicht in der Lage sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793).

Dem Beschwerdeführer wäre es daher auch im Falle einer tatsächlichen Verfolgung durch Privatpersonen zumutbar, sich des Schutzes der Sicherheitsbehörden seines Herkunftslandes zu bedienen (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112, vgl auch VwGH 26.11.2014, Ra 2014/19/0059 zu einer nur auf kriminellen Motiven beruhenden Verfolgung). Der Beschwerdeführer hat aber nach eigenen Angaben gar nicht versucht, staatlichen Schutz zu bekommen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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