Entscheidungsdatum
19.03.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L524 2139247-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Irak, vertreten durch RA Mag. Dr. Bernhard ROSENKRANZ, Plainstr. 23, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.10.2016, Zl. 1071704300-150588523/BMI-BFA_SZB_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.02.2019, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 31.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 02.06.2015 erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, er sei sunnitischer Moslem und Araber. Am 26.05.2015 sei er legal aus dem Irak ausgereist. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes brachte er vor, dass er zur sunnitischen Glaubensrichtung gehöre und von den schiitischen Milizen mit der Ermordung bedroht worden sei.
2. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 24.05.2016 gab der Beschwerdeführer an, dass er im bisherigen Verfahren wahrheitsgemäße Angaben gemacht habe, diese rückübersetzt und richtig protokolliert worden seien. Er habe mit seinen Eltern und Geschwistern bis 2007 in einem Haus im Stadtteil XXXX in Bagdad gelebt. Dann seien sie von den schiitischen Milizen vertrieben worden und die Familie sei nach XXXX in Diyala gezogen. Der Beschwerdeführer selbst sei jedoch nach Syrien gegangen und habe dort von 2007 bis 2012 studiert. Anschließend sei er in den Irak zurückgekehrt und habe vor seiner Flucht aus dem Irak im Jahr 2015 bei der Familie seiner Schwägerin in XXXX in Bagdad gewohnt. Im Mai 2015 habe er seinen Ausreiseentschluss gefasst und am 26.05.2015 sei er aus dem Irak ausgereist. Durch seine Flucht werde seine Familie nicht bedroht; sie fühlten sich auf Grund der Lage im Irak nicht sicher.
Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass seine Familie am 11.03.2005 das Haus in XXXX in Bagdad wegen einer Drohung durch schiitische Milizen verlassen habe, nach XXXX gegangen und dort bis 22.06.2007 geblieben sei. Dann seien sie wieder vertrieben worden und seine Eltern seien nach Diyala gezogen und der Beschwerdeführer nach Syrien. Dort habe er studiert und sei 2012 in den Irak zurückgekehrt, wo er bei der Familie seiner Schwägerin in XXXX gewohnt habe. Sein Vater habe eine Arbeit für ihn in XXXX besorgt, woraufhin er von 29.10.2012 bis 14.06.2014 als Mechaniker gearbeitet habe. Am 14.06.2014 hätten er und seine Familie eine Drohung durch den Daesh erhalten und sie seien nach Diyala gegangen, wo er und ein Bruder in einem Café gearbeitet hätten. Am 16.05.2015 sei er mit seinem Bruder XXXX nach Bagdad gefahren, um ihr Familienhaus zurückzubekommen. Sie hätten auch Kontakt mit dem Hausbewohner gehabt, dem sie einen Grundbuchsauszug vorgelegt hätten, um zu zeigen, dass dies ihr Elternhaus sei. Sie seien von dem Mann beschimpft worden und er habe gesagt, sie sollten gehen und froh sein, dass sie noch am Leben seien. Am 23.05.2015 sei sein Bruder XXXX von dem Mann bzw. von den Milizen, wo dieser Mitglied sei, entführt worden. Daraufhin sei der Vater des Beschwerdeführers nach Bagdad gekommen und habe zu ihm gesagt, er solle sofort den Irak verlassen, damit er nicht auch entführt werde. Der Vater habe den Bruder des Beschwerdeführers gesucht und das Lösegeld in Höhe von 20.000 US-Dollar organisiert. Am 28.05.2015 sei der Bruder freigekommen. Der Beschwerdeführer sei von der Asai Ahl al-Haqq und Al Hashd Al Shaabi bedroht worden. Es habe keine direkte Bedrohung gegen seine Person gegeben, jedoch hätte ihn der Hausbewohner des Familienhauses in Bagdad umgebracht, wenn er im Irak geblieben wäre. In Diyala sei er außerdem von XXXX bedroht worden, weil er Sunnit sei. Als er im Café gearbeitet habe, habe ihn dieser am Arm gegriffen und gesagt, dass er und seine Familie aus Diyala verschwinden solle, ansonsten würde etwas passieren.
3. Mit Bescheid des BFA vom 20.10.2016, Zl. 1071704300-150588523/BMI-BFA_SZB_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht habe. Es sei auch davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Eine Interessenabwägung ergebe, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in der das Fluchtvorbringen wiederholt und Dokumente betreffend das Familienhaus in Bagdad vorgelegt wurden.
5. Am 22.02.2019 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein.
6. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 26.02.2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilnahm. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter, beantragte jedoch die Abweisung der Beschwerde. Dem Beschwerdeführer wurde die Gelegenheit eingeräumt, sein Fluchtvorbringen zu schildern. Dem Beschwerdeführer wurden Berichte zur Lage im Irak zur Kenntnis gebracht und ihm eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme hierzu eingeräumt.
7. In seiner Stellungnahme verwies der Beschwerdeführer auf den Bericht EASO Country of Origin Information Report, Iraq, Internal mobility.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Moslem. Der Beschwerdeführer lebte bis 2007 mit seinen Eltern und Geschwistern in Bagdad. Er besuchte insgesamt 13 Jahre die Schule. Von 2005 bis 2006 besuchte er die Universität im Irak und begann eine Ausbildung zum Pfleger. Von 2007 bis 2012 lebte der Beschwerdeführer in Syrien, wo er ein Studium als Fachingenieur für Öl abschloss. Im Jahr 2012 kehrte der Beschwerdeführer in den Irak zurück. Der Beschwerdeführer lebte nach seiner Rückkehr in den Irak in Bagdad.
Der Beschwerdeführer arbeitete von ca. Oktober 2012 bis Juni 2014 als Ingenieur in Diyala und verdiente dabei ca. 1.600 US-Dollar im Monat. Danach kehrte der Beschwerdeführer nach Bagdad zurück, wo er bis zu seiner Ausreise aus dem Irak im Mai 2015 lebte. In Bagdad leben im eigenen Haus der Familie zumindest der Vater und die Geschwister des Beschwerdeführers. Ob auch die Mutter des Beschwerdeführers dort derzeit lebt, kann nicht festgestellt werden. Es leben auch noch weitere Verwandte und Bekannte dort.
Der Beschwerdeführer verließ ca. im Mai 2015 legal den Irak und reiste danach schlepperunterstützt nach Österreich, wo er am 31.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund, wonach er von schiitischen Milizen bedroht worden sei und befürchtet habe, von diesen entführt zu werden, weil er Sunnit sei, wird der Entscheidung nicht zugrunde gelegt.
Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer besuchte eine Werte- und Orientierungskurs. Er hat das ÖSD-Zertifikat A2 am 06.06.2016 "bestanden" und das ÖSD-Zertifikat B1 am 31.03.2017 "befriedigend bestanden". Der Beschwerdeführer ist seit dem Sommersemester 2019 an der Technischen Universität XXXX für das Masterstudium XXXX zugelassen. Der Beschwerdeführer hat österreichische Freunde.
Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Er ist nicht erwerbstätig. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
Zur Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:
Im Juni 2014 startete der sog. Islamische Staat Irak (IS) oder Da'esh, einen erfolgreichen Angriff auf Mossul, die zweitgrößte Stadt des Irak. Der IS übernahm daraufhin die Kontrolle über andere Gebiete des Irak, einschließlich großer Teile der Provinzen Anbar, Salah al-Din, Diyala und Kirkuk. Im Dezember 2017 erklärte Premierminister Haider al-Abadi den endgültigen Sieg über den IS, nachdem die irakischen Streitkräfte die letzten Gebiete, die noch immer an der Grenze zu Syrien unter ihrer Kontrolle standen, zurückerobert hatten. Der IS führt weiterhin kleine Angriffe vorwiegend auf Regierungstruppen und Sicherheitspersonal an Straßenkontrollpunkten aus. Am 25. September 2017 hat die kurdische Regionalregierung (KRG) ein unverbindliches Referendum über die Unabhängigkeit der kurdischen Region im Irak sowie über umstrittene Gebiete, die unter Kontrolle der KRG stehen, abgehalten. Das Referendum wurde für verfassungswidrig erklärt. Bei den nationalen Wahlen im Mai 2018 gewann keine Partei die Mehrheit, obwohl die meisten Stimmen und Sitze an die Partei des schiitischen Klerikers Muqtada al-Sadr gingen, ein ehemaliger Anti-US-Milizenführer.
Genaue, aktuelle offizielle demographische Daten sind nicht verfügbar. Die letzte Volkszählung wurde 1987 durchgeführt. Das US-Außenministerium schätzt die Bevölkerung im Irak auf rund 39 Millionen. Araber (75 Prozent) und Kurden (15 Prozent) bilden die beiden wichtigsten ethnischen Gruppen. Andere Ethnien sind Turkmenen, Assyrer, Yazidis, Shabak, Beduinen, Roma und Palästinenser. 97 Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Schiiten machen 55 bis 60 Prozent der Bevölkerung aus und umfassen Araber, Shabak und Faili-Kurden. Der Rest der Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Sunniten, einschließlich der sunnitischen Araber, die schätzungsweise 24 Prozent der Gesamtbevölkerung des Irak ausmachen. Die meisten Kurden sind auch Sunniten und machen etwa 15 Prozent der nationalen Bevölkerung aus. Die schiitischen Gemeinden leben in den meisten Gebieten des Irak, konzentrieren sich jedoch im Süden und Osten. Die Mehrheit der Bevölkerung von Bagdad sind Schiiten, insbesondere Vororte wie Sadr City, Abu Dashir und Al Dora. Sunniten leben hauptsächlich im Westen, Norden und im Zentralirak. Die Anzahl der in Bagdad als gemischt betrachteten Gebiete nimmt ab. In einigen Bezirken Bagdads gibt es immer noch bedeutende sunnitische Gemeinden, darunter Abu Ghraib. Die Bezirke A'adamia, Rusafa, Za'farania, Dora und Rasheed haben kleinere Gebiete sunnitischer Gemeinschaften. Gemischte sunnitische-schiitische Gemeinden leben in den Bezirken Rusafa und Karada, kleinere gemischte Gemeinden auch in den Bezirken Dora, Rasheed, Karkh, Mansour und Kadhimiya.
Der Konflikt mit dem IS hat die Wirtschaft des Irak geschwächt. Die irakische Wirtschaft ist weiterhin stark vom Öl abhängig, und ihr wirtschaftliches Vermögen hängt eng mit den globalen Ölpreisen zusammen. Die Weltbank prognostiziert, dass sich die Wirtschaft durch den Wiederaufbau nach Konflikten und die Verbesserung der Sicherheitslage erholen wird.
Die Verfassung garantiert das Recht auf Gesundheitsversorgung, es gibt ein staatliches Gesundheitswesen und Behandlungsmöglichkeiten sind vom Staat bereitzustellen. Die medizinische Grundversorgung erfolgt sowohl in privaten als auch in öffentlichen Kliniken. Die Gesundheitsinfrastruktur hat unter jahrzehntelangen Konflikten gelitten. Das Gesundheitswesen ist begrenzt, insbesondere in von Konflikten betroffenen Gebieten und in Gegenden mit einer großen Anzahl von Binnenvertriebenen.
Die Verfassung sieht eine obligatorische Grundschulausbildung vor. Für Kinder in der Region Kurdistan besteht die Schulpflicht bis zum Alter von 15 Jahren. Der Irak war einst regional führend in der Bildung, aber jahrelange Konflikte haben zu sinkenden Bildungsergebnissen geführt. Gemeinschaften bauen Schulen wieder auf. Das US-Außenministerium berichtet, dass Tausende von Schulen in ehemals von IS betroffenen Gebieten wiedereröffnet wurden, aber Kindern von Binnenvertriebenen, insbesondere außerhalb von Lagern, weiterhin die Schulbildung verweigert wird. Wohlhabende Familien in Bagdad haben Zugang zu höherer Bildung von privaten und internationalen Schulen. Die privaten Schulgebühren in Bagdad betragen durchschnittlich rund 1.300 USD pro Monat.
Der öffentliche Sektor ist bei weitem der größte Arbeitgeber, und der private Sektor ist unterentwickelt. Während die Regierung den größten Teil ihrer Einnahmen aus Ölexporten erwirtschaftet, beschäftigt die Ölindustrie nur wenige Mitarbeiter. Die Regierung beschäftigt schätzungsweise 40 Prozent der irakischen Arbeitskräfte. Im UNDP-Bericht 2016 wurde eine Arbeitslosenquote von 16,9 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit auf 35,1 Prozent geschätzt.
Die irakische Verfassung garantiert grundlegende Menschenrechte einschließlich Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit vor dem Gesetz, Chancengleichheit, Privatsphäre und Unabhängigkeit der Justiz. Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Nationalität, der Herkunft, der Hautfarbe, der Religion, der Meinung, des wirtschaftlichen oder sozialen Status. Die Verfassung sieht eine Hohe Kommission für Menschenrechte vor.
Mehrere Faktoren beeinflussen die Sicherheitslage im Irak, einschließlich der Aktionen verbliebener IS-Kämpfer (oder anderer extremistischer Kämpfer, die seit der Niederlage von IS aufgetaucht sind), anderer bewaffneter Gruppen (einschließlich der staatlich sanktionierten Popular Mobilization Forces) und historische Spannungen innerhalb der Schiiten und innerhalb der Sunniten. In der Region Kurdistan wird die Sicherheitslage durch Spannungen zwischen der Bundesregierung und der KRG, Spannungen zwischen verschiedenen kurdischen politischen Blöcken und Maßnahmen der Türkei und des Irans beeinflusst.
Die verbleibenden IS- und andere extremistische Kämpfer sowie der zunehmende Einfluss der PMF sind die akutesten Probleme, die die gegenwärtige Sicherheitslage im gesamten Irak beeinflussen. Am 15. Januar 2018 griff der IS einen Markt im Zentrum von Bagdad an, wobei mindestens 38 Menschen getötet und 105 verletzt wurden. In der irakischen Region Kirkuk wurden 25 Menschen im Vorfeld der nationalen Wahlen vom IS getötet. Der IS behauptet, seit Dezember 2017 58 Angriffe in der Region durchgeführt zu haben. In der Region Kurdistan tötete der IS im Juni 2018 12 Mitglieder einer Familie. Zu den zahlreichen schiitischen bewaffneten Gruppen im Irak gehören Saraya Al-Salam (SAS, auch Friedensbrigaden genannt, die zum Teil aus ehemaligen Mahdi-Armeekämpfern bestehen), Asaib Ahl al-Haq (AAH), Kataib Hizbullah (KH) und das Badr Corps. SAS und das Badr Corps sind die militärischen Waffen der politischen Bewegungen Sadrist und Badr.
Die Verfassung macht den Islam zur offiziellen Religion des Staates. Sie garantiert die Glaubens- und Religionsfreiheit für alle Personen, einschließlich Christen, Yazidis und Sabean-Mandäer. Auf der Scharia beruhende Regelungen verbieten zwar eine Konversion vom islamischen Glauben, doch ist keine Strafverfolgung hierfür bekannt. Nach irakischem Recht wird ein Kind unter 18 Jahren automatisch zum Islam konvertiert, wenn auch einer seiner nicht-muslimischen Eltern konvertiert ist.
Nach der Absetzung von Saddam Hussein und der (von Sunniten dominierten) Ba'ath-Partei aus der Regierung fühlten sich viele Sunniten ausgegrenzt. Sunniten, einschließlich IDPs, berichten weiterhin, dass sie von PMF-Gruppen belästigt und beschuldigt werden, den IS zu unterstützen sowie körperlich verletzt werden. Sunniten berichten ein ähnliches Verhalten, wenn auch in geringerem Maße von der ISF in manchen Gebieten. Das US-Außenministerium und internationale Menschenrechtsgruppen berichten von regierungsnahen Streitkräften, die sunnitische Männer anzugreifen versuchen, die von IS-kontrollierten Gebieten fliehen und verhindern, dass Sunniten die von der Regierung kontrollierten Gebiete verlassen. Außerhalb der vom IS kontrollierten Gebiete wurden Sunniten in der Form belästigt und diskriminiert, dass sie bei Kontrollpunkten in aufdringlicher Weise kontrolliert wurden und Dienste minderer Qualität in sunnitischen Gebieten bereitgestellt werden. Sunniten sind außerhalb von Gebieten, die kürzlich vom IS kontrolliert wurden, aufgrund ihrer Religion einem geringen Risiko gesellschaftlicher Gewalt ausgesetzt. In Gebieten, in denen sie eine Minderheit sind, sind Sunniten einem moderaten Risiko von Diskriminierung durch die Behörden und der Gesellschaft ausgesetzt sind. Das Risiko der Diskriminierung variiert je nach lokalem Einfluss und Verbindungen.
Bei der Einreise in den Irak über die internationalen Flughäfen, einschließlich der Region Kurdistan, werden Personen, die illegal ausgereist sind, nicht festgenommen. Es werden jene Iraker bei der Rückkehr festgenommen, die eine Straftat begangen haben und gegen die ein Haftbefehl erlassen worden war. Um den Irak zu verlassen, sind gültige Dokumente (in der Regel ein Pass) und eine entsprechende Genehmigung (z. B. ein Visum) für die Einreise in das vorgesehene Ziel erforderlich. Eine illegale Ausreise aus dem Irak ist rechtswidrig, jedoch sind keine Strafverfahren gegen Einzelpersonen wegen illegaler Ausreise bekannt. Iraker, die einen irakischen Pass verloren haben oder nicht haben, können mit einem laissez-passer-Dokument in den Irak einreisen. Die Einreise mit einem laissez-passer-Dokument ist üblich und Personen, die damit einreisen werden weder gefragt, wie sie den Irak verlassen haben, noch werden sie gefragt, warum sie keine anderen Dokumente haben. Dem britischen Innenministerium zufolge können Grenzbeamte am Flughafen Bagdad ein Schreiben ausstellen, um die Verbringung an den Herkunftsort oder die Umsiedlung einer Person im Irak zu erleichtern. (Australian Government - Department of Foreign Affais and Trade, Country Information Report Iraq, 09.10.2018)
Im Irak ging die Zahl der Sicherheitsvorfälle (zB Schießereien, IED's, Angriffe auf Checkpoints, Entführungen, Selbstmordattentate, Autobomben) von Jänner bis Dezember 2018 um etwa 60 % zurück. Zu Beginn des Jahres waren es 224 Vorfälle. Im März gab es einen Anstieg der Vorfälle, die sich vor allem in Anbar, Diyala, Kirkuk und Salahaddin ereigneten. Im April sanken sie auf 139. Von Juni bis Oktober schwankten die Zahlen. Das begann in Diyala und Kirkuk, danach in Ninewa und schließlich in Anbar, Bagdad, Kirkuk und Ninewa. Während der letzten beiden Monate des Jahres 2018 gab es - seit dem Rückzug des sog. IS - die wenigsten Vorfälle, die jemals im Land verzeichnet wurden.
Im Jänner 2018 gab es insgesamt 13 "Mass Casualty Bombings", davon 7 Selbstmordattentate (ein Attentat in Bagdad) und 6 Autobomben. Im Verlauf des Jahres bewegten sich diese Vorfälle zwischen 1 und 8. Im Mai ereignete sich ein Selbstmordattentat in Bagdad. Weitere Vorfälle ereigneten sich in Ramadi, Kirkuk, Tikrit, Fallujah und Mossul.
Bagdad, das früher ein Hauptangriffsziel war, entwickelte sich zu einem Nebenschauplatz. Im Jänner gab es 71 Vorfälle. Diese Zahl sank kontinuierlich und lag bei 13 Vorfällen im Juni. Danach erfolgte wieder ein Anstieg und es gab im September 47 Vorfälle. Seither kam es wieder zu einem Rückgang und 13 Vorfällen im November 2018. Bei fast allen Angriffen handelte es sich um kleinere Vorfälle wie Schießereien und IED's. Die meisten Vorfälle ereigneten sich auch in Städten im äußern Norden. (Joel Wing, Musings on Iraq, 15.01.2019)
Nach einer Zusammenstellung von ACCORD auf Basis von ACLED (Armed Conflict Location & Event Data Project) gehen im Berichtszeitraum September 2016 bis September 2018 die Konfliktvorfälle mit Todesopfern kontinuierlich zurück. In diesem Zeitraum ereigneten sich die meisten Vorfälle mit Todesopfern in Salah ad-Din, gefolgt von Diyala, At-Tamim (Kirkuk) und Al-Anbar. Die meisten Todesopfer gab es in Salah ad-Din und Al-Anbar, gefolgt von At-Tamim (Kirkuk) und Diyala. In Al-Anbar wurden 80 Vorfälle mit 308 Toten erfasst, in Al-Basrah 84 Vorfälle mit 42 Toten. In At-Ta'mim (Kirkuk) gab es 115 Vorfälle mit 251 Toten, in Baghdad wurden 58 Vorfälle mit 38 Toten erfasst. In Diyala wurden 136 Vorfälle mit 220 Toten, in Ninawa 65 Vorfälle mit 184 Toten und in Sala ad-Din 114 Vorfälle mit 308 Toten verzeichnet. (ACCORD Irak, 3. Quartal 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), aktualisierte 2. Version vom 20.12. 2018)
In Bagdad herrscht Aufbruchsstimmung. Nach Jahren des Kriegs gegen den IS atmet die Stadt sichtlich durch. Die Jugend genießt es, dass das Nachtleben wieder an Fahrt gewinnt. Die Wasserpfeifencafés sind jeden Abend gefüllt. In einigen Stadtteilen gibt es sogar wieder Bars, die Alkohol ausschenken und in denen man Rockkonzerten lauschen und tanzen kann. "Wir hatten jahrelang keine Möglichkeit auszugehen, jetzt wollen wir unser Leben genießen!", erzählt mir ein junger Mann in einem der Cafés in der Omar-Bin-Yasir-Straße. Er und seine Freunde haben jüngst eine Jugendorganisation gegründet, die "Vereinigung der freien Jugend des Irak". Mit dieser wollen sie sich auch aktiv dafür einsetzen, dass man jene Freiheit leben kann, die man leben will. "Bagdad muss wieder ein Ort werden, in dem wir uns wohl fühlen, in dem auch junge Frauen frei leben können und in dem die Religiösen nicht mehr das ganze Leben bestimmen."
Die Stadt hat vieles zu bieten und mittlerweile sieht man auch wieder Frauen in der Nacht auf der Straße, viele davon ohne Kopftuch. Einige zeigen sich sogar in den Cafés. Wer Bescheid weiß findet sogar versteckte Schwulenclubs. Ständig bedroht von gewaltsamen Übergriffen durch bigotte Milizen, versuchen diese nicht aufzufallen. Es gibt sie aber wieder. Auch für Kulturinteressierte hat Bagdad durchaus etwas zu bieten. Im Gegensatz zu den irakischen Kleinstädten ist Bagdad eine wirkliche Weltstadt mit einem kulturellen Angebot, mit Kinos, Theatern und einer ganzen Straße, die für ihre Buchläden bekannt ist. Die nach dem klassischen arabischen Dichter Abu at-Tayyib al-Mutanabbi benannte Mutanabbi-Staße, die 2007 noch Tatort eines blutigen Anschlags wurde, ist wieder in vollem Betrieb. An Freitagen finden hier Gedichtrezitationen unter freiem Himmel statt, ansonsten werden Bücher aller Art verkauft. Von klassischer arabischer Lyrik über moderne Romane bis zu religiöser Literatur ist hier alles zu finden. (derstandard.at, Abtanzen in Bagdad: Irak zwischen Aufbruch und Angst, 12.11.2018)
Die Sicherheitslage in Bagdad hat sich deutlich verbessert. Die Zeiten, in denen die Hauptstadt Bagdad regelmäßig von Terroranschlägen erschüttert wurde, sind vorbei. Im Dezember 2018 ordnete der neue Ministerpräsident Adil Abd al-Mahdi an, die mit Betonmauern geschützte Hochsicherheitszone im Zentrum der Stadt für einige Stunden am Tag zu öffnen. Seit 2003 war das Gebiet, in dem Ministerien und die US-Botschaft liegen, für normale Iraker praktisch unzugänglich. Die Mauern, die dort über viele Jahre hochgezogen wurden, werden langsam abgebaut. Deutschland hatte den Kampf gegen den IS im Irak vor allem mit der Ausbildung kurdischer Peschmerga-Kämpfer und Waffenlieferungen unterstützt. Im Camp Tadschi nahe Bagdad bildet die deutsche Bundeswehr irakische Soldaten aus. Die deutsche Bundesregierung setzt jetzt verstärkt auf zivile Hilfe. Deutschland ist nach den USA das Land, das den Irak in den vergangenen vier Jahren am stärksten mit Hilfsgeldern für Entwicklung, Stabilisierung und Wiederaufbau unterstützt hat. Mehr als 1,5 Milliarden Euro wurden dafür bereitgestellt. Die Bundesregierung hofft darauf, dass ein stabiler Irak die Nahost-Region insgesamt beruhigen kann. (Irak ruft Flüchtlinge zur Rückkehr aus Deutschland auf, welt.de 17.12.2018)
Die Zahl der Binnenvertriebenen (IDP's) wird seit April 2014 aufgezeichnet, jene der Rückkehrer seit April 2015. Seit Juni 2017 sinkt die Zahl der IDPs kontinuierlich und beträgt im Oktober 2018 nun 1.802.832 Personen (300.472 Familien). Die Zahl der Rückkehrer steigt seit April 2015 kontinuierlich an und betrug im Dezember 2018
4.165.320 Personen (694.220 Familien). Die Gesamtzahl der 2018 registrierten Rückkehrer betrug 944.958 und jene der IDPs lag bei
150.222. Zum 15. Dezember 2018 kamen IDPs aus 51 Distrikten in acht Gouvernements: Anbar (8 Distrikte), Babylon (4 Distrikte), Bagdad (10 Distrikte), Erbil (1 Distrikt), Diyala (6 Distrikte), Kirkuk (4 Distrikte), Ninewa (9 Distrikte) and Salah al-Din (9 Distrikte). Nahezu alle Familien (95%, 3.960.636 Personen) kehrten an ihren vor der Vertreibung gewöhnlichen Wohnsitz zurück, der sich in einem guten Zustand befand. Zwei Prozent (71.910) leben in anderen privaten Einrichtungen (gemietete Häuser, Hotels, Gastfamilien). Drei Prozent der Rückkehrer (132.774) leben in kritischen Unterkünften (informelle Siedlungen, religiöse Gebäude, Schulen, unfertige, aufgegebene oder zerstörte Gebäude). Von den zuletzt Genannten leben 85 Prozent in drei Gouvernements: 43 Prozent sind in Ninewa (57.054), 23 Prozent sind in Salah al-Din (30.108) und 19 Prozent sind in Diyala (25.878). Die meisten Rückkehrer wurden in den Gouvernements Ninewa (1,6 Millionen), Anbar (1,3 Millionen), Salah ad-Din (590.000), Kirkuk (319.000), Diyala (223.000) und Bagdad (85.000) verzeichnet. (Displacement Tracking Matrix, Round 107, December 2018)
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Herkunft, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zu seiner Schulbildung und seiner beruflichen Tätigkeit im Irak und in Syrien, zu seiner illegalen Einreise sowie zu seiner Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren, den Verwaltungsakten.
Die Feststellungen betreffend die Teilnahme an einem Werte- und Orientierungskurs und die Ablegung von Deutschprüfungen ergeben sich aus den diesbezüglichen Bestätigungen. Die Feststellung über die Zulassung zu einem Masterstudium ergibt sich aus einer Studienbestätigung für das Sommersemester 2019 und seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und zum Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung ergeben sich aus einem eingeholten Strafregisterauszug und einem GVS-Auszug, jeweils vom 04.03.2019.
Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund ist aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:
Der Beschwerdeführer war nicht in der Lage, sein Fluchtvorbringen in der Einvernahme vor dem BFA und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht übereinstimmend zu schildern. Darüber hinaus steigerte der Beschwerdeführer auch sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens, weshalb ihm eine Glaubhaftmachung seiner Fluchtgründe nicht gelungen ist.
Der Beschwerdeführer gab in der Erstbefragung als Fluchtgrund an, dass er von den schiitischen Milizen mit der Ermordung bedroht worden sei (Seite 5 des Protokolls). Die in der Einvernahme vor dem BFA geschilderte Entführung des Bruders, die Zahlung eines hohen Lösegeldes und seine Angst, auch entführt zu werden, brachte er dagegen in der Erstbefragung noch nicht vor. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass sich gemäß § 19 Abs. 1 AsylG die Erstbefragung nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, allerdings ist eine generelle Aufnahme der antragsbegründenden Fluchtgründe auch im Rahmen der Befragung nach § 19 Abs. 1 AsylG möglich. Zweck der Bestimmung, bei Befragungen durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht auf die näheren Fluchtgründe einzugehen, ist, dass gerade Flüchtlinge Schwierigkeiten haben könnten, sich hierzu gegenüber einem uniformierten Staatsorgan - vor dem sie möglicherweise erst vor kurzem aus ihrem Herkunftsstaat geflohen sind - zu verbreitern (vgl. Erläuterungen zur RV, 952 Blg NR XXII. GP). Dass dies hier der Fall ist, ist jedoch nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer hat in der folgenden Einvernahme vor dem BFA nämlich keine Verfolgung seitens staatlicher Organe geltend gemacht. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung die Entführung des Bruders und die daraus resultierende Furcht, selbst auch entführt zu werden, nicht erwähnt hat. Dadurch entsteht der Eindruck, dass die behauptete Entführung des Bruders nicht den Tatsachen entspricht und damit auch die Furcht, selbst auch entführt werden zu könne, nicht plausibel ist.
Abgesehen von diesen unterschiedlichen Angaben konnte der Beschwerdeführer sein Vorbringen vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht nicht gleichbleibend schildern und führt letztlich dazu, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, seinen vorgebrachten Fluchtgrund glaubhaft zu machen.
Der Beschwerdeführer brachte vor, dass seine Familie von ihrem Wohnort in Bagdad von schiitischen Milizen vertrieben worden sei. Diesbezüglich machte der Beschwerdeführer jedoch widersprüchliche Angaben zwischen der Erstbefragung, der Einvernahme vor dem BFA und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Auch innerhalb derselben Einvernahme bzw. mündlichen Verhandlung machte der Beschwerdeführer dazu widersprüchliche Angaben, so dass nicht glaubhaft ist, dass die Familie des Beschwerdeführers tatsächlich von schiitischen Milizen vertrieben worden ist. In der Einvernahme vor dem BFA gab der Beschwerdeführer zunächst an, dass die Familie bis zum Jahr 2007 in XXXX in Bagdad gelebt habe und dann nach XXXX in Diyala gezogen sei, weil sie von schiitischen Milizen vertrieben worden wären (Seite 5 des Protokolls). Im Zusammenhang mit der Schilderung seines Fluchtgrundes machte der Beschwerdeführer dann in dieser Einvernahme jedoch andere Angaben zu den Wohnorten der Familie. Nun brachte er vor, dass die Familie im Jahr 2005 ihren Wohnort XXXX in Bagdad wegen einer Drohung von schiitischen Milizen verlassen habe müssen. Sie seien daraufhin nach XXXX in Bagdad gezogen, wo sie bis zum Jahr 2007 geblieben seien. Dann habe es erneut eine Drohung von schiitischen Milizen gegeben und die Familie sei nach Diyala umgezogen (Seite 8 des Protokolls). Daran ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer schon in der Einvernahme nicht in der Lage war, übereinstimmende Angaben zur Anzahl der Bedrohungen durch schiitische Milizen und die damit zusammenhängenden Wohnsitzänderungen zu machen. In der Beschwerde führte der Beschwerdeführer noch an, dass die Familie im Jahr 2005 das Haus in XXXX in Bagdad verlassen habe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erwähnte der Beschwerdeführer die erste Vertreibung durch schiitische Milizen im Jahr 2005 jedoch nicht mehr. Hier sprach er nur davon, dass die Familie im Jahr 2007 vertrieben worden sei und zwar von ihrem Wohnort XXXX (Seiten 9 und 10 des Verhandlungsprotokolls). In der Erstbefragung hat der Beschwerdeführer als Wohnort XXXX in Bagdad angegeben, somit jenen Ort von dem die Familie 2005 vertrieben worden sei (Seite 3 des Protokolls). Das ist jener Ort, den der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nie erwähnt hat. Als der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung nach den Wohnorten seiner Eltern gefragt wurde, gab er an, dass diese vor 2012 in Bagdad gelebt hätten, dann vertrieben worden seien und von 2012 bis 2015 in Diyala gewohnt hätten (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). Eine Vertreibung im Jahr 2012 hat der Beschwerdeführer aber weder vor dem BFA noch in seiner Beschwerde geschildert.
Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung auch an, dass seine Eltern seit 2015 in der Türkei leben würden (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). In der Einvernahme vor dem BFA, die am 24.05.2016 stattfand, behauptete der Beschwerdeführer jedoch, dass seine Eltern aktuell in Diyala leben würden. Er gab auch an, dass er zu seinen Eltern jeden zweiten Tag Kontakt habe. Somit hätte er, wenn die Eltern tatsächlich seit 2015 in der Türkei wären, schon vor dem BFA angeben können und müssen, dass diese dort wohnen würden. Er behauptete vor dem BFA aber noch, dass sie in Diyala wären (Seiten 4 und 5 des Protokolls). Es ist daher nicht glaubhaft, dass die Eltern derzeit tatsächlich in der Türkei aufhältig sind. An dieser Einschätzung vermag auch die mit der Beschwerde vorgelegte türkische Aufenthaltserlaubnis der Mutter des Beschwerdeführers nichts zu ändern, da damit nicht nachgewiesen wird, dass die Mutter auch tatsächlich aktuell dort lebt. Der derzeitige Wohnort der Mutter konnte daher nicht festgestellt werden. Darüber hinaus behauptete der Beschwerdeführer, dass auch der Vater und die Geschwister in der Türkei wären (Seiten 7 und 8 des Verhandlungsprotokolls), doch legte er hinsichtlich dieser Familienangehörigen keine Dokumente vor, die diese Behauptung stützen würden. Es konnte daher auch nicht festgestellt werden, dass der Vater und die Geschwister derzeit in der Türkei leben. Auf Grund der oben aufgezeigten erheblichen Widersprüche und Unstimmigkeiten zu den behaupteten Wohnsitzänderungen und Vertreibungen der Familie im Irak wird vielmehr davon ausgegangen, dass der Vater und die Geschwister im Haus der Familie in Bagdad leben und der Beschwerdeführer mit seiner Behauptung, die Familie lebe jetzt in der Türkei, nur versucht, sein Fluchtvorbringen glaubhaft erscheinen zu lassen und mit der Behauptung, er habe keine Familienangehörigen mehr im Irak, eine Abschiebung in den Irak zu verhindern.
Der Beschwerdeführer legte mit der Beschwerde auch Dokumente vor, die die Vertreibung der Familie belegen würden. Nach dem Beschwerdevorbringen hätte die Familie von 2007 bis 2009 mehrfach irakische Behörden um Hilfe ersucht, um wieder in den Besitz des Hauses in Bagdad zu gelangen. Die vorgelegten Dokumente stammen jedoch alle aus dem Zeitraum Februar/März 2009. Es kann daher nicht die Rede davon sein, dass die Familie mehrfach über ca. zwei Jahre (von 2007 bis 2009) versucht hätte, ihr Haus zurückzubekommen. Darüber hinaus lassen sich die Dokumente mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht in Einklang bringen. In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer nämlich an, dass sie zwischen 2007 und 2015 nicht versucht hätten, ihr Haus in Bagdad zurückzubekommen. Sie hätten es erst 2015 versucht, als sie von Diyala vertrieben worden wären (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls). Es ist nicht nachvollziehbar und völlig unplausibel, dass sich die Familie einerseits 2009 wegen des Hauses in Bagdad an die Behörden wendet, aber andererseits dann keinen zeitnahen Versuch unternimmt, um das Haus zurückzubekommen, sondern erst 2015. Es ist auch völlig unrealistisch, dass die Familie mit Dokumenten aus dem Jahr 2009 erstmals im Jahr 2015 versucht haben soll, das Haus zurückzuerhalten. Zudem überzeugt die Antwort des Beschwerdeführers nicht, sie hätten 2015 einen Versuch unternommen, weil sie von Diyala vertrieben worden wären, da die Familie - laut seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung - schon im Jahr 2014 von Diyala vertrieben worden wäre. Es wäre daher viel naheliegender, dass die Familie bereits 2014 einen Versuch unternimmt, um das Familienhaus in Bagdad zurückzubekommen und nicht erst anlässlich der zweiten Vertreibung im Jahr 2015 (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls). Zusammengefasst ist daher nicht glaubhaft, dass die Familie aus Bagdad vertrieben wurde und nach Diyala umgezogen ist. Selbst wenn die Familie tatsächlich (im Jahr 2005 oder 2007) aus Bagdad vertrieben worden sein sollte, lässt das Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, wonach die Familie bis 2012 in Bagdad gelebt habe, nur den Schluss zu, dass die Familie das Haus in Bagdad wieder zurückerhalten hat. Die erstmals in der mündlichen Verhandlung behauptete neuerliche Vertreibung im Jahr 2012 ist nicht glaubhaft, da sie der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem BFA und der Beschwerde nicht erwähnt hat. Es wird daher davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer anhand der Dokumente aus dem Jahr 2009 eine Vertreibung der Familie und darauf aufbauend ein Fluchtvorbringen zu konstruieren versucht, die tatsächlich nicht stattgefunden hat. Auf Grund der aufgezeigten widersprüchlichen und unstimmigen Angaben wird somit davon ausgegangen, dass die Familie (zumindest der Vater und die Geschwister) im Haus in Bagdad lebt.
Der Beschwerdeführer brachte auch vor, dass er nach seinem Aufenthalt in Syrien von 2007 bis 2012 in den Irak zurückgekehrt sei. Vor dem BFA gab er an, dass er nach der Rückkehr in den Irak im Haus der Familie seiner Schwägerin in XXXX gelebt habe. Dieser Ort befindet sich in Bagdad (Seiten 5 und 8 des Protokolls). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab er dagegen an, dass er nach der Rückkehr in den Irak in Diyala gewohnt habe. Einen Aufenthalt in Bagdad brachte er nicht vor (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls). Auch hinsichtlich seines Aufenthalts vor seiner Ausreise aus dem Irak im Mai 2015 machte der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben. Vor dem BFA erklärte er, dass er vor der Flucht im Haus der Familie seiner Schwägerin in XXXX , Bagdad, gewohnt habe (Seite 5 des Protokolls). In der mündlichen Verhandlung brachte er zwar auch vor, sich in XXXX in Bagdad aufgehalten zu haben, doch meinte er hier, dass dies bei einer Bekannten der Frau seines Bruders gewesen sei (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls). Diese widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers sprechen gegen eine Vertreibung der Familie aus Bagdad und eine Verfolgung in Bagdad.
Vor dem BFA gab der Beschwerdeführer an, dass er von der Asaib Ahl Al-Haqq und der Al Hashd Al Shaabi bedroht worden sei (Seite 9 des Protokolls). Hingegen brachte er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nur vor, von der Asaib Ahl Al-Haqq bedroht worden zu sein. Die Al Hashd Al Shaabi erwähnte er mit keinem Wort. Eine Verfolgung durch eine Miliz ist daher wegen dieser unterschiedlichen Angaben nicht glaubhaft.
Widersprüchliche Angaben machte der Beschwerdeführer auch zur behaupteten Vertreibung im Jahr 2014. Dazu gab er vor dem BFA an, dass die Familie am 14.06.2014 ihre "Bleibe" verlassen habe, da sie eine Drohung durch Daesh erhalten hätten (Seite 8 des Protokolls). In der Beschwerde führte der Beschwerdeführer auch noch aus, dass die Familie in XXXX eine Drohung durch Daesh erhalten hat. Dagegen gab er vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass es sich nicht um eine Drohung gehandelt habe, sondern der Daesh nach XXXX in Diyala gekommen und die Familie gleich weggegangen sei; sie seien vertrieben worden (Seite 13 des Verhandlungsprotokolls). Auch diese unterschiedlichen Angaben (Drohung durch den Daesh oder "bloß" Einmarsch des Daesh) sprechen nicht für eine Glaubhaftmachung des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers.
Nach dieser Vertreibung im Juni 2014 sei die Familie des Beschwerdeführers nach XXXX in Diyala gezogen. Dort hätten der Beschwerdeführer und sein Bruder in einem Kaffeehaus gearbeitet, wo es im Mai 2015 zu einem Vorfall gekommen sei. Diesen Vorfall schilderte der Beschwerdeführer vor dem BFA jedoch anders als in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, weshalb im diesbezüglich eine Glaubhaftmachung nicht gelungen ist. Der Beschwerdeführer gab vor dem BFA an, dass er von XXXX am Arm gegriffen worden sei und dieser zum Beschwerdeführer gesagt habe, dass er und seine Familie aus Diyala verschwinden solle, ansonsten würde "was passieren" (Seite 9 des Protokolls). Auch in der Beschwerde war noch die Rede davon, dass dem Beschwerdeführer gesagt worden sei, seine Familie solle aus Diyala verschwinden, sonst würde etwas passieren. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte der Beschwerdeführer dagegen vor, dass XXXX zu ihm gekommen sei und gesagt habe, sie müssten das Land verlassen, ansonsten würde er "einen von euch entführen". Außerdem stünden ihre Namen auf der Liste der Miliz und sie würden sie finden, egal wo sie hingingen (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). Der Beschwerdeführer behauptete nicht mehr, dass er von dem Mann am Arm gegriffen worden sei. Zudem ist eine Steigerung im Vorbringen erkennbar, da der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht behauptete, seine Familie müsse das Land und nicht nur Diyala verlassen, sie stünden auf einer Liste der Miliz und ihm wäre konkret mit einer Entführung gedroht worden und nicht nur damit, dass "etwas passieren" würde. Hinsichtlich des Datums des Vorfalls im Kaffeehaus machte der Beschwerdeführer in der Beschwerde andere Angaben als in der mündlichen Verhandlung. In der Beschwerde wird ausgeführt, dass dies am 15.05.2015 gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung gab er an, dass dieser Vorfall sei am 16.05.2015 gewesen (Seiten 12 und 14 des Verhandlungsprotokolls).
Der Beschwerdeführer brachte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erstmals vor, dass er und einer seiner Brüder auf einer Namensliste der Miliz stünden. Dies behauptete er weder vor dem BFA noch in seiner Beschwerde. Es wird daher davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen seine behaupteten fluchtauslösenden Ereignisse aufbauschen will, um seine Chancen auf Asylgewährung zu erhöhen. Das Vorbringen rund um diese Liste gestaltete sich zudem als unstimmig und unplausibel. Der Beschwerdeführer bringt nämlich vor, dass XXXX , der Mitglied der Miliz Asaib Ahl Al-Haqq sei, den Staat "säubern" wolle und der Name des Beschwerdeführers und seines Bruders auf der Liste stünden (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). Das Vorbringen, die Miliz wolle den Staat "säubern" ist jedoch nicht mit dem Umstand in Einklang zu bringen, dass nur der Beschwerdeführer und ein Bruder auf der Liste stünden. Wenn die Miliz das Ziel habe, den Staat zu "säubern", müssten folgerichtig alle Familienmitglieder auf dieser Liste stehen. Der Beschwerdeführer konnte auch nicht plausibel erklären, weshalb seine Eltern und übrigen Geschwister nicht auf der Liste stehen. Er gab dazu völlig unsubstantiiert an, dass nur die jungen Leute für die Miliz wichtig seien, und sie sich nicht für Ältere und Frauen interessieren würden, was aber dem Ziel, den Staat zu "säubern", widerspricht. Der Beschwerdeführer hat außerdem noch einen zwei Jahre jüngeren Bruder. Er konnte dazu nicht überzeugend darlegen, weshalb dieser nicht auf der Liste stehen soll. Der Beschwerdeführer brachte nur vor, er könne dazu nicht genau antworten; vielleicht sei sein Bruder noch zu jung gewesen oder es sei ihnen nicht gesagt worden, dass er auch darauf stünde (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls). Der Beschwerdeführer selbst war im Mai 2015 27 Jahre alt. Sein jüngerer im Jahr 1989 geborener Bruder (Seite 3 der Erstbefragung) war zu diesem Zeitpunkt 25 oder 26 Jahre alt und damit - wie der Beschwerdeführer - ein erwachsener Mann. Es ist auf Grund dieses geringfügigen Altersunterschieds nicht im Geringsten nachvollziehbar, weshalb für die Miliz zwar junge Leute wichtig seien, der jüngere Bruder des Beschwerdeführers dann aber doch nicht auf der Liste stehen soll, weil er "zu jung" wäre. Auch dass man ihnen vielleicht nicht gesagt haben soll, dass auch der jüngere Bruder auf der Liste stünde, vermag nicht zu überzeugen. Würde es diese Liste tatsächlich geben, so kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer diese Liste schon in der Einvernahme vor dem BFA erwähnt hätte. Dort erwähnte er eine solche Liste aber nicht einmal ansatzweise. Der Beschwerdeführer wurde auch mehrfach in der Einvernahme gefragt, ob er alle seine Gründe genannt habe, was er bejahte und keine Liste erwähnte (Seiten 10, 12 und 13 des Protokolls). Es ist daher insgesamt nicht glaubhaft, dass es eine Liste der Miliz gibt, auf der der Beschwerdeführer und ein Bruder stehen sollen.
Der Beschwerdeführer brachte vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht vor, dass er nach dem Vorfall im Kaffeehaus in Diyala mit seinem Bruder nach Bagdad gefahren sei, um zu versuchen, das Haus der Familie zurückzubekommen. Auch zu diesem Teil des Vorbringens machte der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben, so dass es nicht glaubhaft ist, dass dies alles tatsächlich stattgefunden hat. In der Einvernahme vor dem BFA gab der Beschwerdeführer an, dass sie vom Hausbewohner XXXX beschimpft worden seien und er gesagt habe, sie sollten gehen und froh sein, dass sie noch am Leben seien (Seite 8 des Protokolls). Auch in der Beschwerde ist nur von Beschimpfungen durch XXXX die Rede. Demgegenüber behauptete der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass er und sein Bruder von XXXX mit der Ermordung und Entführung bedroht worden wären (Seiten 9 und 10 des Verhandlungsprotokolls).
Auch die Schilderungen des Beschwerdeführers zur Entführung des Bruders gestalteten sich unplausibel. Vor dem BFA gab er dazu nur an, dass der Bruder am 23.05.2015 von XXXX bzw. den Milizen, wo dieser Mitglied sei, entführt worden sei. Dann sei der Vater nach Bagdad gekommen und habe zum Beschwerdeführer gesagt, dass er den Irak sofort verlassen solle, damit er nicht auch noch entführt werde. Der Vater habe dann den Bruder gesucht und das Lösegeld in Höhe von 20.000 US-Dollar organisiert. Am 28.05.2015 sei der Bruder freigekommen (Seiten 7 und 8 des Protokolls). Zu den Gründen für die Entführung des Bruders machte der Beschwerdeführer keine Angaben vor dem BFA. Vor dem Bundesverwaltungsgericht erklärte der Beschwerdeführer, dass er und sein Bruder mit einer Entführung bedroht worden seien, was er aber vor dem BFA noch nicht behauptete, und diese Bedrohung sei dann wahr geworden. Als weiteren Grund für die Entführung nannte er auch den Vornamen seines Bruders, bei dem es sich erkennbar um einen sunnitischen Namen handle. Auf Nachfrage erklärte der Beschwerdeführer, das Ziel der Entführung des Bruders sei gewesen, das Land von Sunniten zu "säubern" und dass sie nicht mehr wagen würden, ihr Haus in Bagdad zurückzuverlangen (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls). Dass der Bruder entführt worden sei, um zu verhindern, dass die Familie weiter ihr Haus zurückverlange, ist nicht glaubhaft, da schon nicht glaubhaft ist, dass die Familie nicht mehr im Besitz ihres Hauses ist und der Beschwerdeführer rund um den Aufenthalt vor der Ausreise aus dem Irak im Mai 2015 widersprüchliche Angaben machte. Es ist auch nicht glaubhaft, dass der Bruder entführt worden sei, weil das Land von Sunniten gesäubert werden solle. Diesem Vorbringen widerspricht nämlich die Behauptung des Beschwerdeführers, dass Lösegeld gezahlt worden sein soll. Hätte die Miliz tatsächlich das Ziel, das Land von Sunniten gesäubert werden soll, ergibt eine Entführung und das Verlangen von Lösegeld keinen Sinn. Auch der Erklärungsversuch des Beschwerdeführers, dass dies Taktik sei, da bei einem Verbleib im Land eine neuerliche Entführung folge, es aber dann keine Rückkehr mehr gebe, überzeugt nicht. Würde die Miliz tatsächlich das Land "säubern" wollen, würden die entführten Personen wohl sofort getötet werden. Wenn aber Lösegeld verlangt wird, ist es daher viel wahrscheinlicher, dass der einzige Zweck der Entführung die Beschaffung von Geld ist und damit ein rein kriminelles Motiv vorliegt.
Vor dem BFA gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater ihm geraten habe, den Irak sofort zu verlassen, damit der nicht auch entführt werde (Seite 8 des Protokolls). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab er an, dass er selbst beschlossen haben, den Irak zu verlassen, um nicht der nächste zu sein, der entführt werde (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Etwas später im Verlauf der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass es die Entscheidung des Vaters gewesen sei, dass er den Irak verlassen solle (Seite 12 des Verhandlungsprotokolls). Dass der Beschwerdeführer nicht übereinstimmend angeben kann, wer beschlossen hat, dass er den Irak verlassen hat, spricht nicht dafür, dass die Entführung des Bruders stattgefunden hat, auf Grund derer die Entscheidung über das Verlassen des Iraks getroffen worden sei.
Hinsichtlich der Daten der vom Beschwerdeführer geschilderten Ereignisse machte er weitgehend übereinstimmende Angaben. Lediglich zur Vertreibung aus Bagdad im Jahr 2007 und zum Vorfall im Kaffeehaus im Jahr 2015 machte der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer vorwiegend übereinstimmende Angaben zu den Daten der genannten Vorfälle machte, vermag jedoch nicht darüber hinwegzutäuschen, dass der Beschwerdeführer die genannten Vorfälle selbst nicht widerspruchsfrei schildern konnte. Allein die Angaben von nahezu übereinstimmenden Daten vermag daher das Fluchtvorbringen nicht glaubhaft zu machen.
Der Beschwerdeführer brachte zu Beginn der mündlichen Verhandlung dazu befragt, ob die von ihm gemachten Angaben zu seinem Fluchtgrund vor der Polizei und dem BFA richtig gewesen seien vor, dass er annehme, es sei alles richtig. Auf die Nachfrage, was nicht richtig sei, meinte er, er sei nervös und aufgeregt gewesen und es könnte sein, dass er ein paar Fragen falsch verstanden habe oder ihm sei etwas falsch erklärt worden. Auf die neuerliche Nachfrage, welche Fragen er falsch verstanden habe, behauptete er, er wisse es nicht genau und er sei sehr aufgeregt gewesen (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls). Vom Bundesverwaltungsgericht wird davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer damit versuchte, für mögliche Widersprüche in seinem Vorbringen schon im Vorhinein eine Erklärung zu finden. Hätte er nämlich tatsächlich Fragen nicht richtig verstanden oder wäre ihm tatsächlich etwas falsch erklärt worden, so hätte der Beschwerdeführer problemlos angegeben können müssen, was er falsch verstanden habe oder was falsch erklärt worden sei. Da ihm dies aber nicht möglich war, kann in diesen Äußerungen nur der Versuch gesehen werden, für mögliche Widersprüche schon im Vorhinein eine Erklärung zu liefern.
Es ist glaubhaft, dass der Beschwerdeführer von ca. Oktober 2012 bis ca. Juni 2014 als Ingenieur in Diyala arbeitete. Wegen der aufgezeigten Widersprüche und Unstimmigkeiten im Vorbringen des Beschwerdeführers ist jedoch nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer nach Juni 2014 weiterhin in Diyala lebte. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer nach Bagdad zurückkehrte und zwar in das Familienhaus. Es wird auch davon ausgegangen, dass zumindest der Vater dort nach wie vor lebt. Anhand der widersprüchlichen und unplausiblen Schilderungen ist der Eindruck entstanden, dass der Beschwerdeführer rund um seinen kurzzeitigen Aufenthalt in Diyala aus beruflichen Gründen eine Fluchtvorbringen konstruierte, das nicht den Tatsachen entspricht. Es leben auch Verwandte des Beschwerdeführers im Irak. Dass der Beschwerdeführer keinen Kontakt zu diesen hat, ist nicht glaubhaft. Es wird davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen bloß versucht, eine Abschiebung in den Irak zu verhindern.
Auf Grund der insgesamt aufgezeigten Widersprüche zu seinem zentralen Fluchtvorbringen und Unplausibilitäten in den Angaben des Beschwerdeführers, seines Aussageverhaltens, geht das Bundesverwaltungsgericht von der Unglaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund und davon aus, dass das Fluchtvorbringen in Wahrheit nicht stattgefunden hat.
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 22.02.2019 einzelne Passagen aus verschiedenen Berichten, die sich auf die Jahre 2016 und 2017 beziehen zitiert, ist festzuhalten, dass es nicht genügt, Verfolgungssituationen aufzuzeigen, die in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/01/0069). Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen sein individuelles Vorbringen glaubhaft zu machen. Das Zitieren von Berichten vermag die fehlende Glaubhaftmachung des Vorbringens des Beschwerdeführers nicht zu ersetzen.
Die getroffenen Feststellungen zum Irak beruhen auf folgenden Berichten:
* Fact Sheet Irak Nr. 70
* UK Home Office, Iraq: Internal relocation, Oktober 2018
* DTM Round 107, Dezember 2018
* ACCORD: Irak, 3. Quartal 2018, Kurzübersicht ACLED; 20.12.2018
* Australian Government, DFAT Country Information Report Iraq, 9.10.2018
* Der Standard: Abtanzen in Bagdad: Irak zwischen Aufbruch und Angst, 12.11.2018
* Musings on Iraq, 15.01.2019
* UN Casualty Figures for Irak for the Month of December 2018, 03.01.2019
* Irak ruft Flüchtlinge zur Rückkehr aus Deutschland auf, 17.12.2018
* AB- Chronologische Auflistung sicherheitsrelevanter Vorfälle von Oktober 2018 bis Jänner 2019 mit Sunniten als Opfer, 31.01.2019
Es handelt sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Irak ergeben. Angesichts der Seriosität der darin angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. In seiner Stellungnahme vom 22.02.2019 zitiert der Beschwerdeführer eine Anfragebeantwortung zu den Aktivitäten der Asaib Ahl Al-Haq vom 02.02.2018. Die für diesen Bericht herangezogenen Quellen beziehen sich jedoch auf das Jahr 2016 und 2017 und weisen daher nicht die nötige Aktualität auf. Der weitere Bericht "Shadow Report on Iraq" stammt zwar vom Dezember 2018, die vom Beschwerdeführer zitierten Passagen daraus beziehen sich jedoch auf das Jahr 2016 und fehlt es diesen daher auch an der erforderlichen Aktualität. Der Bericht von Human Rights Watch bezieht sich auf den Zeitraum 2014 bis 2017, weshalb auch diesem keine relevante Aktualität zukommt. Das gilt auch für die Anfragebeantwortung zu Bagdad vom 27.03.2017, welche sich auf das Jahr 2016 bezieht. Hinsichtlich der Anfragebeantwortung zu schiitischen Milizen vom 07.09.2018 bezieht sich die vom Beschwerdeführer zitierte Passage auf Jänner 2017 und ist daher auch nicht aktuell. In seiner Stellungnahme vom 07.03.2019 verwies der Beschwerdeführer auf einzelne Passagen aus dem Bericht EASO Country of Origin Information Report, Iraq, Internal mobility vom Februar 2019. Soweit in der Stellungnahme vorgebracht wird, der Beschwerdeführer lebe seit 2007 nicht mehr im Irak, widerspricht dies den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Anders als in der Stellungnahme behauptet, ist der Beschwerdeführer auch kein IDP. Zu den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen und dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung ausgehändigten Berichten äußerte sich der Beschwerdeführer nicht. Den vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen wird somit nicht substantiiert entgegengetreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht, oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, "aus Gründen" (Englisch: "for reasons of"; Französisch: "du fait de") der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0047 unter Hinweis auf VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031).
Die Gefahr der Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention kann nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Pe