Entscheidungsdatum
27.03.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L524 2137133-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Irak, vertreten durch RA Dr. Gerhard MORY, Wolf-Dietrich-Str. 19, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.09.2016, Zl. 1071494606-150596429/BMI-BFA_SZB_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.03.2019, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 25.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 30.05.2015 erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, er sei sunnitischer Moslem und Araber. Am 26.09.2014 sei er legal aus dem Irak ausgereist. Seinen Ausreiseentschluss habe er bereits 2007 gefasst, als die Probleme im Irak begonnen hätten. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes brachte er vor, dass er als Lebensmittelverteiler für die Regierung gearbeitet habe. Am 06.06.2014 sei der IS nach Mossul gekommen. Er sei am rechten Unterarm tätowiert, was die Leute vom IS nicht akzeptieren würden. Entweder würden sie die Teile mit den Tattoos abschneiden oder die Person umbringen, weil sie sie als ungläubig betrachten würden. Er habe immer langärmelige Sachen getragen. Der IS habe die Männer gezwungen, sich einen Bart wachsen zu lassen, die Haare nicht zu schneiden und keinen Alkohol zu trinken sowie keine Zigaretten zu rauchen. Die Frauen hätten sich komplett vermummen müssen. Eines Tages seien die Leute des IS zum Beschwerdeführer gekommen und hätten wissen wollen, welche Leute, die er mit Lebensmitteln versorge, Christen seien und welche Schiiten seien. Er habe ihnen eine Liste zugesichert und sei dann aus dem Irak geflüchtet.
2. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 28.07.2016 gab der Beschwerdeführer an, dass er im bisherigen Verfahren die Wahrheit gesagt habe, alles rückübersetzt und richtig protokolliert worden sei. Er sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. In Mossul habe er in einem zweistöckigen Haus seines Vaters gelebt. Er habe 13 Jahre die Schule besucht sowie ein Institut für Elektriker. Er habe in einem Geschäft für die Lebensmittelverteilung gearbeitet und sei im Autohandel tätig gewesen. Im Monat habe er ca. 1.500 Dollar verdient. Etwa 300 Dollar habe er für sich benötigt und den Rest seiner Familie gegeben. Es seien ca. 400 bis 500 Dollar pro Monat übriggeblieben. Mit dem Geld habe er das Haus renoviert und einen Teil davon gespart. Seinen Entschluss zur Ausreise habe er 2007 gefasst und am 26.09.2014 sei er aus dem Irak ausgereist. Er habe 2007 nicht ausreisen können, weil alle Grenzen geschlossen gewesen seien.
Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass er wegen seiner Arbeit das Land habe verlassen müssen. Er habe die Namen und Adressen der Hilfsbedürftigen gehabt und als der IS einmarschiert sei, habe dieser eine Liste der christlichen und schiitischen Leute verlangt. Die Milizen hätten gewollt, dass die Menschen die Häuser nicht verlassen, sonst würden sie umgebracht werden. Er habe keine Namen preisgegeben und so seien die Milizen zu ihm gekommen und hätten ihn geschlagen und mitgenommen und wieder geschlagen. Für einen Tag sei er eingesperrt gewesen. Er habe eine Frist von zehn Tagen bekommen und in dieser Zeit sei er aus Mossul geflohen. Auch sein Tattoo sei beim IS verboten. Als er Mossul verlassen habe, hätten die Milizen bei ihm zu Hause nach ihm gefragt und gedroht, ihm die rechte Hand abzuhacken und vor allen Leuten umzubringen. Seine Eltern hätten das Haus verlassen und sich bei verschiedenen Verwandten versteckt.
3. Mit Bescheid des BFA vom 23.09.2016, Zl. 1071494606-150596429/BMI-BFA_SZB_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht habe. Es sei auch davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Eine Interessenabwägung ergebe, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde.
5. Am 23.05.2017 und am 04.03.2019 langten Beschwerdeergänzungen des Beschwerdeführers ein. Weiters wurden Dokumente zur Integration des Beschwerdeführers vorgelegt.
6. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 05.03.2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilnahm. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter, beantragte jedoch die Abweisung der Beschwerde. Dem Beschwerdeführer wurde die Gelegenheit eingeräumt, sein Fluchtvorbringen zu schildern. Dem Beschwerdeführer wurden Berichte zur Lage im Irak zur Kenntnis gebracht und ihm eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme hierzu eingeräumt. Am 19.03.2019 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist sunnitischer Moslem. Der Beschwerdeführer lebte mit seinen Eltern in einem Haus im Westteil Mossuls. An derselben Adresse leben noch seine Eltern. Der Beschwerdeführer hat zwei Brüder und drei Schwestern, die alle in Mossul leben. Der Beschwerdeführer hat auch Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen, die alle in Mossul, überwiegend im Ostteil der Stadt, aber auch im Westteil der Stadt leben. Die Brüder gehen Gelegenheitsarbeiten nach. Die Schwestern sind verheiratet und Hausfrauen. Die Familie erhält auch Spenden von Organisationen. Der Beschwerdeführer steht mit seinen Verwandten in Kontakt.
Der Beschwerdeführer besuchte zwölf Jahre die Schule und schloss diese ca. 1999/2000 mit der Matura ab. Er besuchte auch einen Kurs für Elektrizität. Ab dem Jahr 2000 war der Beschwerdeführer berufstätig. Er handelte mit Autos und arbeitete in einem Geschäft, welches für die Verteilung von Lebensmitteln zuständig war.
Der Beschwerdeführer verließ am 26.09.2014 legal den Irak und reiste danach schlepperunterstützt illegal in Österreich ein, wo er am 25.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund, wonach der Beschwerdeführer von Mitgliedern des IS aufgesucht worden sei, sie von ihm eine Liste der Namen von christlichen und schiitischen Personen verlangt hätten, er von Mitgliedern des IS mitgenommen, eingesperrt und geschlagen worden sei und der IS ein Problem mit seiner Tätowierung gehabt habe, wird der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zugrunde gelegt.
Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Der Beschwerdeführer besuchte eine Werte- und Orientierungskurs. Er hat das ÖSD-Zertifikat A1 am 30.03.2016 und das ÖSD-Zertifikat A2 am 16.03.2017 "bestanden". In den Jahre 2016 bis 2018 arbeitete er jeweils für fünf Tage bei einem Flohmarkt mit. Der Beschwerdeführer ist seit 01.06.2018 ehrenamtlicher Mitarbeiter des XXXX im Bereich der Betreuung von behinderten Menschen. Seit 06.09.2018 ist er ehrenamtlich bei der XXXX tätig und kocht dabei für die Klienten der XXXX . Der Beschwerdeführer war im Rahmen eines sozialen Projekts für Asylwerbende der Stadt XXXX im Zeitraum von 19.07.2017 bis 12.08.2017 für 72 Stunden, im Zeitraum vom 13.11.2017 bis 22.12.2017 für 112 Stunden und im Zeitraum von 27.07.2018 bis 08.09.2018 für 120 Stunden beschäftigt. Der Beschwerdeführer hat österreichische Freund und verfügt über Unterstützungsschreiben von verschiedenen Personen.
Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Er ist nicht erwerbstätig. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
Zur Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:
Im Juni 2014 startete der sog. Islamische Staat Irak (IS) oder Da'esh, einen erfolgreichen Angriff auf Mossul, die zweitgrößte Stadt des Irak. Der IS übernahm daraufhin die Kontrolle über andere Gebiete des Irak, einschließlich großer Teile der Provinzen Anbar, Salah al-Din, Diyala und Kirkuk. Im Dezember 2017 erklärte Premierminister Haider al-Abadi den endgültigen Sieg über den IS, nachdem die irakischen Streitkräfte die letzten Gebiete, die noch immer an der Grenze zu Syrien unter ihrer Kontrolle standen, zurückerobert hatten. ISIL führt weiterhin kleine Angriffe vorwiegend auf Regierungstruppen und Sicherheitspersonal an Straßenkontrollpunkten aus.
Am 25. September 2017 hat die kurdische Regionalregierung (KRG) ein unverbindliches Referendum über die Unabhängigkeit der kurdischen Region im Irak sowie über umstrittene Gebiete, die unter Kontrolle der KRG stehen, abgehalten. Das Referendum wurde für verfassungswidrig erklärt.
Bei den nationalen Wahlen im Mai 2018 gewann keine Partei die Mehrheit, obwohl die meisten Stimmen und Sitze an die Partei des schiitischen Klerikers Muqtada al-Sadr gingen, ein ehemaliger Anti-US-Milizenführer.
Genaue, aktuelle offizielle demographische Daten sind nicht verfügbar. Die letzte Volkszählung wurde 1987 durchgeführt. Das US-Außenministerium schätzt die Bevölkerung im Irak auf rund 39 Millionen. Araber (75 Prozent) und Kurden (15 Prozent) bilden die beiden wichtigsten ethnischen Gruppen. Andere Ethnien sind Turkmenen, Assyrer, Yazidis, Shabak, Beduinen, Roma und Palästinenser.
97 Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Schiiten machen 55 bis 60 Prozent der Bevölkerung aus und umfassen Araber, Shabak und Faili-Kurden. Der Rest der Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Sunniten, einschließlich der sunnitischen Araber, die schätzungsweise 24 Prozent der Gesamtbevölkerung des Irak ausmachen. Die meisten Kurden sind auch Sunniten und machen etwa 15 Prozent der nationalen Bevölkerung aus.
Die schiitischen Gemeinden leben in den meisten Gebieten des Irak, konzentrieren sich jedoch im Süden und Osten. Die Mehrheit der Bevölkerung von Bagdad sind Schiiten, insbesondere Vororte wie Sadr City, Abu Dashir und Al Dora. Sunniten leben hauptsächlich im Westen, Norden und im Zentralirak. Die Anzahl der in Bagdad als gemischt betrachteten Gebiete nimmt ab. In einigen Bezirken Bagdads gibt es immer noch bedeutende sunnitische Gemeinden, darunter Abu Ghraib. Die Bezirke A'adamia, Rusafa, Za'farania, Dora und Rasheed haben kleinere Gebiete sunnitischer Gemeinschaften. Gemischte sunnitische-schiitische Gemeinden leben in den Bezirken Rusafa und Karada, kleinere gemischte Gemeinden auch in den Bezirken Doura, Rasheed, Karkh, Mansour und Kadhimiya.
Der Konflikt mit dem IS hat die Wirtschaft des Irak erheblich geschwächt. Die irakische Wirtschaft ist weiterhin stark vom Öl abhängig, und ihr wirtschaftliches Vermögen hängt eng mit den globalen Ölpreisen zusammen. Die Weltbank prognostiziert, dass sich die Wirtschaft durch den Wiederaufbau nach Konflikten und die Verbesserung der Sicherheitslage erholen wird.
Die Verfassung garantiert das Recht auf Gesundheitsfürsorge und es gibt ein staatliches Gesundheitswesen und Behandlungsmöglichkeiten sind vom Staat bereitzustellen. Der Irak verfügt über öffentliche und private Krankenhäuser. Die medizinische Grundversorgung erfolgt sowohl in privaten als auch in öffentlichen Kliniken. Die Gesundheitsinfrastruktur hat unter jahrzehntelangen Konflikten gelitten. Sogar vor dem Aufstieg des IS waren viele Einrichtungen der primären Gesundheitsfürsorge unterbesetzt, und viele qualifizierte medizinische Fachkräfte waren ins Ausland oder in sicherere Gebiete des Irak gezogen. Das Gesundheitswesen ist begrenzt, insbesondere in von Konflikten betroffenen Gebieten und in Gegenden mit einer großen Anzahl von Binnenvertriebenen.
Die Verfassung sieht eine obligatorische Grundschulausbildung vor. Für Kinder in der Region Kurdistan besteht die Schulpflicht bis zum Alter von 15 Jahren. Der Irak war einst regional führend in der Bildung, aber jahrelange Konflikte haben zu sinkenden Bildungsergebnissen geführt. Gemeinschaften bauen Schulen wieder auf, trotz Lehrermangels und Zerstörung, Beschädigung und Nutzung von Bildungseinrichtungen, einschließlich Schulen und Universitäten, in von Konflikten betroffenen Gebieten. Das US-Außenministerium berichtet, dass Tausende von Schulen in ehemals von IS betroffenen Gebieten wiedereröffnet wurden, aber Kindern von Binnenvertriebenen, insbesondere außerhalb von Lagern, weiterhin die Schulbildung verweigert wird. Wohlhabende Familien in Bagdad haben Zugang zu höherer Bildung von privaten und internationalen Schulen. Die privaten Schulgebühren in Bagdad betragen durchschnittlich rund
1.300 USD pro Monat.
Der öffentliche Sektor ist bei weitem der größte Arbeitgeber, und der private Sektor ist unterentwickelt. Während die Regierung den größten Teil ihrer Einnahmen aus Ölexporten erwirtschaftet, beschäftigt die Ölindustrie nur wenige Mitarbeiter. Die Regierung beschäftigt schätzungsweise 40 Prozent der irakischen Arbeitskräfte. Im UNDP-Bericht 2016 wurde eine Arbeitslosenquote von 16,9 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit auf 35,1 Prozent geschätzt.
Die irakische Verfassung garantiert grundlegende Menschenrechte einschließlich Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit vor dem Gesetz, Chancengleichheit, Privatsphäre und Unabhängigkeit der Justiz. Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Nationalität, der Herkunft, der Hautfarbe, der Religion, der Meinung, des wirtschaftlichen oder sozialen Status. Die Verfassung sieht eine Hohe Kommission für Menschenrechte vor. Die Regierung hat 2012 die ersten Kommissare ernannt, deren Wirksamkeit jedoch unklar ist.
Mehrere Faktoren beeinflussen die Sicherheitslage im Irak, einschließlich der Aktionen verbliebener IS-Kämpfer (oder anderer extremistischer Kämpfer, die seit der Niederlage von IS aufgetaucht sind) und anderer bewaffneter Gruppen (einschließlich der staatlich sanktionierten Popular Mobilization Forces) und historische Spannungen innerhalb der Schiiten und innerhalb der Sunniten. In der Region Kurdistan wird die Sicherheitslage durch Spannungen zwischen der Bundesregierung und der KRG, Spannungen zwischen verschiedenen kurdischen politischen Blöcken und Maßnahmen der Türkei und des Irans beeinflusst.
Am 15. Januar 2018 griff der IS einen Markt im Zentrum von Bagdad an, wobei mindestens 38 Menschen getötet und 105 verletzt wurden. In der irakischen Region Kirkuk wurden 25 Menschen im Vorfeld der nationalen Wahlen vom IS getötet. Der IS behauptet, seit Dezember 2017 58 Angriffe in der Region durchgeführt zu haben. In der Region Kurdistan tötete der IS im Juni 2018 12 Mitglieder einer Familie.
Zu den zahlreichen schiitischen bewaffneten Gruppen im Irak gehören Saraya Al-Salam (SAS, auch Friedensbrigaden genannt, die zum Teil aus ehemaligen Mahdi-Armeekämpfern bestehen), Asaib Ahl al-Haq (AAH), Kataib Hizbullah (KH) und das Badr Corps. SAS und das Badr Corps sind die militärischen Waffen der politischen Bewegungen Sadrist und Badr.
Ethnische Minderheiten haben im Irak eine politische Vertretung und nehmen am öffentlichen Leben teil. Die Verfassung erkennt sowohl Arabisch als auch Kurdisch als Amtssprachen an und verankert das Recht des Einzelnen, seine Kinder in Minderheitensprachen wie turkmenisch, syrisch und armenisch zu erziehen.
Personen sind aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit einem geringen Risiko einer offiziellen Diskriminierung ausgesetzt. Es besteht möglicherweise ein mäßiges Risiko gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt zu sein, wenn sie in einem Gebiet leben, in dem ihre ethnische Zugehörigkeit in der Minderheit ist.
Die Verfassung macht den Islam zur offiziellen Religion des Staates. Es garantiert die Glaubens- und Religionsfreiheit für alle Personen, einschließlich Christen, Yazidis und Sabäer-Mandäer. Auf der Scharia beruhende Regelungen verbieten zwar eine Konversion vom islamischen Glauben, doch sind ist keine Strafverfolgung hierfür bekannt. Nach irakischem Recht wird ein Kind unter 18 Jahren automatisch zum Islam konvertiert, wenn auch einer seiner nicht-muslimischen Eltern konvertiert ist.
Als Mehrheitsbevölkerung im Irak mit einer dominierenden Rolle in der Regierung sieht sich Schiiten kaum oder gar nicht offiziell diskriminiert.
Nach der Absetzung von Saddam Hussein und der (von Sunniten dominierten) Ba'ath-Partei aus der Regierung fühlten sich viele Sunniten ausgegrenzt.
Sunniten, einschließlich IDPs, berichten weiterhin, dass sie von PMF-Gruppen belästigt und beschuldigt werden, den IS zu unterstützen sowie körperlich verletzt werden. Sunniten berichten ein ähnliches Verhalten, wenn auch in geringerem Maße von der ISF in manchen Gebieten. Das US-Außenministerium und internationale Menschenrechtsgruppen berichten von regierungsnahen Streitkräften, die sunnitische Männer anzugreifen versuchen, die von IS-kontrollierten Gebieten fliehen und verhindern, dass Sunniten die von der Regierung kontrollierten Gebiete verlassen. Außerhalb der vom IS kontrollierten Gebiete wurden Sunniten in der Form belästigt und diskriminiert, dass sie bei Kontrollpunkten in aufdringlicher Weise kontrolliert wurden und Dienste minderer Qualität in sunnitischen Gebieten bereitgestellt werden.
Sunniten sind außerhalb von Gebieten, die kürzlich vom IS kontrolliert wurden, aufgrund ihrer Religion einem geringen Risiko gesellschaftlicher Gewalt ausgesetzt. In Gebieten, in denen sie eine Minderheit sind, sind Sunniten einem moderaten Risiko von Diskriminierung durch die Behörden und der Gesellschaft ausgesetzt. Das Risiko der Diskriminierung variiert je nach lokalem Einfluss und Verbindungen.
Die Verfassung verbietet jede Form von Folter und unmenschlicher Behandlung und gewährt den Opfern das Recht auf Entschädigung. Trotz des Verfassungsschutzes berichten das US-Außenministerium und internationale NGOs von Folterungen und anderen Misshandlungen durch die Regierungstruppen im Irak, einschließlich in der Region Kurdistan.
Die ISF ist für die Sicherheit im Irak verantwortlich und umfasst die irakische Armee, die Bundespolizei und die Provinzpolizei. Die Armee berichtet dem Verteidigungsminister und die Polizei dem Innenminister. Der Premierminister ist Oberbefehlshaber. Der Terrorismusbekämpfungsdienst ist ebenso wie die PMF direkt dem Premierminister unterstellt.
Bei der Einreise in den Irak über die internationalen Flughäfen, einschließlich der Region Kurdistan, werden Personen, die illegal ausgereist sind, nicht festgenommen. Es werden jene Iraker bei der Rückkehr festgenommen, die eine Straftat begangen haben und gegen die ein Haftbefehl erlassen worden war. Um den Irak zu verlassen, sind gültige Dokumente (in der Regel ein Pass) und eine entsprechende Genehmigung (z. B. ein Visum) für die Einreise in das vorgesehene Ziel erforderlich. Eine illegale Ausreise aus dem Irak ist rechtswidrig, jedoch sind keine Strafverfahren gegen Einzelpersonen wegen illegaler Ausreise bekannt. Iraker, die einen irakischen Pass verloren haben oder nicht haben, können mit einem laissez passer in den Irak einreisen. Die Einreise mit einem laissez passer-Dokument ist üblich und Personen, die damit einreisen werden weder gefragt, wie sie den Irak verlassen haben, noch werden sie gefragt, warum sie keine anderen Dokumente haben. Dem britischen Innenministerium zufolge können Grenzbeamte am Flughafen Bagdad ein Schreiben ausstellen, um die Verbringung an den Herkunftsort oder die Umsiedlung einer Person im Irak zu erleichtern. (Australian Government - Department of Foreign Affais and Trade, Country Information Report Iraq, 09.10.2018)
Im Irak ging die Zahl der Sicherheitsvorfälle (zB Schießereien, IED's, Angriffe auf Checkpoints, Entführungen, Selbstmordattentate, Autobomben) von Jänner bis Dezember 2018 um etwa 60% zurück. Zu Beginn des Jahres waren es 224 Vorfälle. Im März gab es einen Anstieg der Vorfälle, die sich vor allem in Anbar, Diyala, Kirkuk und Salahaddin ereigneten. Im April sanken sie auf 139. Von Juni bis Oktober gab es Schwankungen. Das begann in Diyala und Kirkuk, danach in Ninewa und schließlich in Anbar, Bagdad, Kirkuk und Ninewa. Während der letzten beiden Monate des Jahres gab es die geringsten Vorfälle, die jemals im Land verzeichnet wurden, seit dem Rückzug des sog. Islamischen Staates.
Im Jänner 2018 gab es insgesamt 13 "Mass Casualty Bombings", davon 7 Selbstmordattentate (ein Attentat in Bagdad) und 6 Autobomben. Im Verlauf des Jahres bewegten sich diese Vorfälle zwischen 1 und 8. Im Mai ereignete sich ein Selbstmordattentat in Bagdad. Weitere Vorfälle ereigneten sich in Ramadi, Kirkuk, Tikrit, Fallujah und Mossul.
In Anbar gab es 2018 durchschnittlich 12 Vorfälle pro Monat. Die meisten Attacken gab es im März. Die Gewalt nahm dann ab und erreichte nach einer Steigerung im September und Oktobermit 17 bzw. 16 Attacken ihren Tiefststand im November mit 6 Attacken. Es gab sehr wenige Konfrontationen mit den Sicherheitskräften oder Angriffe auf Checkpoints. Es gab insgesamt 10 Selbstmordattentate und Autobomben in der ganzen Provinz, das ist die dritthöchste Rate im Irak.
In Babil gab es im Jänner 2018 den Höchststand der Vorfälle, nämlich
10. Im restlichen Jahr bewegte sich die Anzahl er Vorfälle zwischen 1 und 5, nur im Juni gab es 8. Fast alle Angriffe erfolgten im Nordosten, entlang der Grenze zu Anbar.
Auch Bagdad, das früher ein Hauptangriffsziel war, entwickelte sich zu einem Nebenschauplatz. Im Jänner gab es 71 Vorfälle. Diese Zahl sank kontinuierlich und lag bei 13 Vorfällen im Juni. Danach erfolgte wieder ein Anstieg und es gab im September 47 Vorfälle. Seither kam es wieder zu einem Rückgang und 13 Vorfällen im November 2018. Bei fast allen Angriffen handelte es sich um kleinere Vorfälle wie Schießereien und IED's. Die meisten Vorfälle ereigneten sich auch in Städten im äußern Norden.
In Diyala gab es rund 30 Vorfälle pro Monat, nur im März und Juni lag die Zahl bei 54 bzw. 51. Es gab Schießereien mit den Sicherheitskräften und Übergriffe auf Kontrollpunkte.
In Kirkuk gab es im März, Juni und Oktober die meisten Angriffe. Im November und Dezember sank die Zahl auf 18 bzw. 16 Angriffe. Im Vergleich dazu lag der Durchschnitt bei 36 Angriffen pro Monat. Ähnlich wie in Diyala gab es ein konstantes Muster von Schießereien mit Sicherheitskräften, Angriffe auf Checkpoints und Mukhtars und Entführungen.
In der Provinz Ninewa gab es durchschnittlich 20 Vorfälle pro Monat. Im Februar und März sowie im Juli und August gab es einen Anstieg der Angriffe. Im Juni sank die Anzahl auf nur 9. Vor allem in der ersten Jahreshälfte gab es regelmäßig Schießereien mit den Sicherheitskräften.
In Salah al-Din stieg im März und im Juni die Zahl der Angriffe auf 35 und 36, sank danach aber stetig ab und erreichte im Dezember nur mehr 8 Angriffe. Ebenso gab es im ersten Halbjahr mehr Schießereien und Entführungen im Vergleich zum zweiten. (Joel Wing, Musings on Iraq, 15.01.2019)
Nach einer Zusammenstellung von ACCORD auf Basis von ACLED (Armed Conflict Location & Event Data Project) gehen im Berichtszeitraum September 2016 bis September 2018 die Konfliktvorfälle mit Todesopfern kontinuierlich zurück. In diesem Zeitraum ereigneten sich die meisten Vorfälle mit Todesopfern in Salah ad-Din, gefolgt von Diyala, At-Tamim (Kirkuk) und Al-Anbar. Die meisten Todesopfer gab es in Salah ad-Din und Al-Anbar, gefolgt von At-Tamim (Kirkuk) und Diyala. In Al-Anbar wurden 80 Vorfälle mit 308 Toten erfasst, in Al-Basrah 84 Vorfälle mit 42 Toten. In At-Ta'mim (Kirkuk) gab es 115 Vorfälle mit 251 Toten, in Baghdad wurden 58 Vorfälle mit 38 Toten erfasst. In Diyala wurden 136 Vorfälle mit 220 Toten, in Ninawa 65 Vorfälle mit 184 Toten und in Sala ad-Din 114 Vorfälle mit 308 Toten verzeichnet. (ACCORD Irak, 3. Quartal 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), aktualisierte 2. Version vom 20.12. 2018)
Von dem einstigen "Kalifat" des IS, das sich von der türkischen Grenze bis nahezu Bagdad erstreckte, ist kaum etwas geblieben. "Weniger als ein Prozent" halte der IS noch, so Generalmajor Christopher Ghika, Vize-Kommandant des US-geführten Militärbündnisses. Der IS hält nur mehr eine kleine Siedlung am Ostufer des Euphrats nahe der Grenze zum Irak sowie ein von der syrischen Armee eingekesseltes Wüstengebiet westlich davon. (Warum das "Kalifat" geschrumpft, der IS aber nicht am Ende ist, kurier 09.02.2019)
Mit der Ankunft von tätowierten amerikanischen und westlichen Soldaten im Irak nach Saddam Hussein erreichten Tätowierungen im Irak eine neue Popularität. In Bagdad, wo in den vergangenen Jahren eine kleine Tattoo-Szene entstanden ist, arbeitet Ibrahim gemeinsam mit einem Partner. Er ist Schiit, sein Partner Christ, ihre Farben, Nadeln und Geräte lassen sie aus den USA einfliegen. 'Gott gab uns einen Körper, mit dem wir machen können, was wir wollen', sagt Ibrahim. Junge Schiiten verweisen gerne auch auf ihren wichtigsten Geistlichen im Irak, Ayatollah Ali al-Sistani. Ihm zufolge gibt es im Islam kein allgemeingültiges Tattooverbot. Im Irak liefert derzeit der Krieg die Motive für Tattoos. 'Wir stechen viele Porträts', sagt Ibrahim. 'Gesichter getöteter Soldaten, die deren Angehörige unter ihrer Haut tragen wollen - oft auch mit Namen und Todesdaten. Bei Männern seien Tätowierungen in Schwarz und Grau beliebt. Frauen ließen sich häufig die Augenbrauen tätowieren und Bilder von Vögeln oder Schmetterlingen. Auch in Mossul gibt es nach der Vertreibung des IS wieder ein Tattoostudio. Ein Dutzend junger Männer in Trainingsanzügen drängt sich auf den abgewetzten Sofas im Raum. Sie zeigen einander ihre Tattoos und rauchen Kette. (Anfragebeantwortung zum Irak: Religiös begründete Regelungen bezüglich Tätowierungen; Gesellschaftliche Einstellung; Lage von Tätowierern [a-10810], 29.11.2018)
Ein Projekt des deutschen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) mit der Bezeichnung "Verbesserung der Lebensgrundlage und Rahmenbedingungen für rückkehrende Flüchtlinge und die ortsansässige Bevölkerung in der Provinz Ninewa im Nord Irak" hat das Ziel, die sozialen und ökonomischen Grundlagen für Rückkehrer und die lokale Bevölkerung kontextsensibel zu verbessern. Ein weiteres Augenmerk liegt auf der Stärkung des sozialen Zusammenhaltes zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen in den Gemeinden. Zur Förderung werden bei Entscheidungsprozessen Vertreter alle Bevölkerungsgruppen eingebunden. Darüber hinaus werden verschiedene soziale Aktivitäten angeboten. Das Projekt läuft von 2016 bis 2018. (GIZ, Existenzgrundlage für Rückkehrer sichern)
Die Zahl der Binnenvertriebenen (IDP's) wird seit April 2014 aufgezeichnet, jene der Rückkehrer seit April 2015. Seit Juni 2017 sinkt die Zahl der IDPs kontinuierlich und beträgt im Oktober 2018 nun 1.802.832 Personen (300.472 Familien). Die Zahl der Rückkehrer steigt seit April 2015 kontinuierlich an und betrug im Dezember 2018
4.165.320 Personen (694.220 Familien). Die Gesamtzahl der 2018 registrierten Rückkehrer betrug 944.958 und jene der IDPs lag bei
150.222. Zum 15. Dezember 2018 kamen IDPs aus 51 Distrikten in acht Gouvernements: Anbar (8 Distrikte), Babylon (4 Distrikte), Bagdad (10 Distrikte), Erbil (1 Distrikt), Diyala (6 Distrikte), Kirkuk (4 Distrikte), Ninewa (9 Distrikte) and Salah al-Din (9 Distrikte).
Nahezu alle Familien (95%, 3.960.636 Personen) kehrten an ihren vor der Vertreibung gewöhnlichen Wohnsitz zurück, der sich in einem guten Zustand befand. Zwei Prozent (71.910) leben in anderen privaten Einrichtungen (gemietete Häuser, Hotels, Gastfamilien). Drei Prozent der Rückkehrer (132.774) leben in kritischen Unterkünften (informelle Siedlungen, religiöse Gebäude, Schulen, unfertige, aufgegebene oder zerstörte Gebäude). Von den zuletzt Genannten leben 85 Prozent in drei Gouvernements: 43 Prozent sind in Ninewa (57.054), 23 Prozent sind in Salah al-Din (30.108) und 19 Prozent sind in Diyala (25.878).
Die meisten Rückkehrer wurden in den Gouvernements Ninewa (1,6 Millionen), Anbar (1,3 Millionen), Salah ad-Din (590.000), Kirkuk (319.000), Diyala (223.000) und Bagdad (85.000) verzeichnet. (Displacement Tracking Matrix, Round 107, December 2018)
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Herkunft, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zu seiner Schulbildung und seiner beruflichen Tätigkeit im Irak, zu seiner illegalen Einreise sowie zu seiner Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren und den Verwaltungsakten.
Die Feststellungen betreffend die Teilnahme an einem Werte- und Orientierungskurs, die Ablegung von Deutschprüfungen, ehrenamtlichen Tätigkeiten sowie die Tätigkeit im Rahmen eines sozialen Projekts für Asylwerbende ergeben sich aus den diesbezüglichen Bestätigungen.
Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und zum Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung ergeben sich aus einem eingeholten Strafregisterauszug und einem GVS-Auszug, jeweils vom 11.03.2019.
Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund ist aus folgenden Erwägungen nicht glaubhaft:
Der Beschwerdeführer war nicht in der Lage, sein Fluchtvorbringen in der Erstbefragung, der Einvernahme vor dem BFA und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht übereinstimmend zu schildern.
Zunächst fällt auf, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung den Einmarsch des IS auf den Tag genau angeben kann, hingegen jenen Tag, an dem er persönlich vom IS bedroht worden sei jedoch nicht. Hier gab er nur an, dass der IS "eines Tages" zu ihm gekommen sei (Seite 5 des Protokolls). Dass der Beschwerdeführer den Tag der persönlichen Bedrohung nur vage mit "eines Tages" angeben kann, obwohl es sich dabei um ein einschneidendes Erlebnis gehandelt habe, welches ihn schließlich zum Verlassen seines Heimatlandes veranlasst habe, spricht nicht dafür, dass der Beschwerdeführer von wahren Begebenheiten berichtet.
Auffällig ist weiters, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht davon berichtet, dass er von den Mitgliedern des IS geschlagen und eingesperrt worden sei (Seite 9 des Protokolls der Einvernahme und Seiten 8 und 9 des Verhandlungsprotokolls), diesen bedeutenden Umstand in der Erstbefragung allerdings mit keinem Wort erwähnte. Auch dies spricht nicht dafür, dass sich das vom Beschwerdeführer Behauptete tatsächlich ereignet hat.
In der Stellungnahme, die dem Beschwerdeführer zu den in der mündlichen Verhandlung ausgehändigten Länderberichten gewährt wurde, nimmt der Vertreter des Beschwerdeführers auch zum Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund Stellung. Dem Vertreter wurde jedoch bereits in der mündlichen Verhandlung, neben der Möglichkeit Fragen an den Beschwerdeführer zu stellen, die Gelegenheit eingeräumt, Ergänzendes vorzubringen (Seite 17 des Verhandlungsprotokolls), was der Vertreter aber ablehnte. Wenn der Vertreter des Beschwerdeführers nach der mündlichen Verhandlung eine Rechtfertigung für in der Erstbefragung nicht getätigten Angaben vorbringt, kommt diesen keine Glaubwürdigkeit zu, zumal in den zwei Wochen, die der Vertreter Zeit für die Stellungnahme (zu den Länderberichten) hatte, ausreichend Zeit war, um sich Erklärungen für die nicht getätigten Angaben auszudenken. Eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme zu den Länderberichten ist nicht dazu gedacht, dass sich in dieser Zeit Erklärungen zu Widersprüchen und Ungereimtheiten im Fluchtvorbringen ausgedacht werden. Der Beschwerdeführer hat nämlich in der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit, zu seinen Fluchtgründen ausführlich Stellung zu nehmen.
Dem in der Stellungnahme nachgeschoben Erklärungsversuch, der Beschwerdeführer wäre bei der Erstbefragung "nach einer anstrengenden Flucht äußerst müde" gewesen, kommt auch keine Glaubhaftigkeit zu, da die Erstbefragung nicht sofort nach der Antragstellung des Beschwerdeführers am 25.05.2015 erfolgte, sondern erst fünf Tage später am 30.05.2015. Die "anstrengende Flucht" als Argument heranzuziehen, weshalb der Beschwerdeführer ein bedeutendes Ereignis, das auch für seine Flucht kausal gewesen sein soll, nicht einmal ansatzweise erwähnt, ist nicht im Geringesten nachvollziehbar. Dass die Erstbefragung in "großer Eile" durchgeführt worden sei, was bloß aus der Dauer der Erstbefragung geschlossen wird, ist eine bloße unsbustantiierte Behauptung des Vertreters des Beschwerdeführers. Außerdem ist daraus nichts für den Beschwerdeführer zu gewinnen. Gerade wenn große Eile bestanden hätte, wäre anzunehmen, dass der Beschwerdeführer das Wichtigste erzählt und nicht von Allgemeinplätzen spricht, wie etwa dass der IS die Frauen gezwungen habe, sich zu vermummen und die Männer sich einen Bart hätten wachsen lassen müssen.
Gegen eine Glaubhaftmachung seines Vorbringens spricht auch, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem BFA auf die Aufforderung, seine Reiseroute nach Österreich zu schildern, von sich aus konkrete Daten nennt und zwar den Tag seiner Ausreise aus dem Irak und den Tag seiner Einreise in Österreich (Seite 8 des Protokolls), aber bei der Schilderung seines Fluchtgrundes keine konkreten Daten der Ereignisse nennt, sondern sehr vage Angaben macht (Seite 9 des Protokolls). Beide Fragestellungen, sowohl zu seiner Fluchtroute als auch zu seinem Fluchtgrund, erfolgten offen, hinsichtlich der Fluchtroute wurde er nur aufgefordert, die verwendeten Verkehrsmittel anzugeben, und doch schilderte der Beschwerdeführer das Aus- und Einreisedatum, hingegen die Daten, wann er vom IS aufgesucht und wann er mitgenommen worden sei, nicht. Dies erweckt den Eindruck, dass der Beschwerdeführer bloß eine Rahmengeschichte erzählt, die er selbst nicht erlebt hat, weshalb er auch keine Daten hierzu angegeben hat.
Dieser Eindruck bekräftigte sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Auch hier konnte er den Tag seiner Ausreise exakt angeben, sobald es jedoch um seine Fluchtgründe ging, machte der Beschwerdeführer nur mehr vage Angaben und konnte keine konkreten Daten mehr nennen, sondern machte nur ungefähre Zeitangaben (Seiten 6 bis 8 des Verhandlungsprotokolls). Besonders auffallend ist, dass der Beschwerdeführer, aufgefordert seinen Fluchtgrund zu schildern, von seinem Ausreisedatum rückrechnen musste, um anzugeben, wann das fluchtauslösende Ereignis stattgefunden hat (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). Dieses Aussageverhalten des Beschwerdeführers spricht nicht dafür, dass sich die behaupteten Vorfälle tatsächlich stattgefunden haben.
Anlässlich der Schilderung seines Fluchtgrundes in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht machte der Beschwerdeführer nur wenige und vage Angaben, die mehrfaches Nachfragen erforderten, um etwas konkretere Darstellungen zu erhalten. Aber dennoch gestalteten sich seine Ausführungen weiterhin wenig substantiiert, so dass ihm letztendlich keine Glaubhaftmachung seines Fluchtvorbringens gelungen ist.
Der Beschwerdeführer brachte in der mündlichen Verhandlung vor, dass er insgesamt zwei Mal von den Männern des IS aufgesucht worden sei. Das erste Mal sei "zwischen dem 10. und dem 13. September" gewesen und das zweite Mal "ca. drei Tage danach" (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls). Es ist nicht im Geringsten nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht jene Tage konkret benennen kann, an denen sich derart einschneidende Vorfälle ereignet haben, die ihn letztlich zum Verlassen seines Heimatlandes und einer mehrmonatigen Reise in ein ihm unbekanntes Land bewogen haben.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht war der Beschwerdeführer auch nicht in der Lage die Vorfälle mit den Mitgliedern des IS auf eine anschauliche Weise zu schildern, so dass angenommen werden könnte, der Beschwerdeführer schildere ihm Widerfahrenes. Als er aufgefordert wurde, das erste Aufeinandertreffen mit den IS-Mitgliedern zu schildern, brachte er Folgendes vor:
"Sie sind zuerst zum Geschäft gekommen, kamen gleich zu mir und verlangten sie von mir die Namensliste, weil in dem Geschäft, wo ich gearbeitet habe, gibt es genauso viel Informationen, wie beim Ortsvorsteher. Sie sagten mir, ich solle ihnen eine Liste Schreiben mit den Namen der Schiiten und Christen, deren Adressen anführen und die Polizei auch.". Weitere Angaben machte der Beschwerdeführer von sich aus nicht. Auf die gestellten Nachfragen gab er Folgendes an:
"R: Sind alle drei Männer zu Ihnen ins Geschäft gekommen?
BF: Die drei sind zu mir ins Geschäft gekommen, aber wie viele noch draußen im Auto waren, weiß ich nicht.
R: Haben Sie die Männer gekannt?
BF: Ja, einer der drei war von meinem Ort, ich kannte ihn. Nachgefragt gebe ich an, dass ich nur den einen kannte, die anderen nicht. Vielleicht habe ich die Leute einmal gesehen, aber ich kenne diese nicht persönlich. Ich habe Spuren von den Schlägen auf den Kopf." (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls).
Wäre dies alles tatsächlich passiert, so wäre zu erwarten gewesen, dass er die Angaben, die er erst auf Nachfragen tätigte, schon anlässlich der Frage, den ersten Besuch durch die IS-Mitglieder zu schildern, von sich aus tätigt. Dies vor allem dann, wenn ihm sogar ein Mann dieser IS-Mitglieder persönlich bekannt ist. An den Aussagen des Beschwerdeführers fällt auch auf, dass er keinerlei Nebenumstände schildert oder scheinbar Unwichtiges oder etwa wie er sich gefühlt hat, als die Männer das Geschäft betreten haben. Die Erzählweise des Beschwerdeführers, bloße Fakten zu präsentierten, lässt es nicht glaubhaft erscheinen, dass das von ihm Behauptete auch tatsächlich so geschehen ist.
Auch das zweite Aufsuchen durch die Mitglieder des IS konnte der Beschwerdeführer nicht anschaulich schildern. Hier gab er an: "Beim zweiten Mal sind sie hineingekommen und fragten mich, ob ich die Namensliste vorbereitet habe, ich war so aufgeregt, dass ich hin und her gesprochen habe, sie haben mich dann zu ihrem Gefängnis mitgenommen und geschlagen." (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Damit zeigt sich, dass ihm zu diesem zweiten Treffen auch keine ausführlichen Schilderungen möglich waren, da er nur sagte, sie sind hineingekommen und hätten gefragt, ob er die Namensliste habe. Zwar schilderte er hier erstmals auch, dass er aufgeregt gewesen sei, doch eine ausführliche Schilderung dieses zweiten Aufeinandertreffens unterblieb auch hier. Zudem war dies auch im gesamten Verlauf der mündlichen Verhandlung das einzige Mal, dass der Beschwerdeführer schilderte, wie er sich gefühlte habe. Bei einer Erzählung von persönlich Erlebtem kann erwartet werden, dass der Beschwerdeführer etwa den konkreten Dialog zwischen ihm und den Männern wiedergibt, ob die Männer bewaffnet gewesen wären, ihn bedroht haben und dergleichen. Da der Beschwerdeführer auch hier wiederum nur bloße Fakten präsentiert, die zudem auch nur rudimentär sind, ist ihm auch bezüglich dieses Teils des Vorbringens eine Glaubhaftmachung nicht gelungen.
Der Beschwerdeführer behauptete auch, dass er von den Männern des IS geschlagen und mitgenommen worden sei. Vor dem BFA tätigte er keine detaillierten Angaben dazu. Er brachte nur vor, dass er für einen Tag eingesperrt gewesen sei (Seite 9 des Protokolls). In der mündlichen Verhandlung steigerte der Beschwerdeführer dieses Vorbringen und behauptete, er sei zwei Nächte und drei Tage im Gefängnis des IS festgehalten worden (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Diesen Widerspruch konnte der Beschwerdeführer nicht plausibel erklären. Als er in der mündlichen Verhandlung gefragt wurde, ob seine vor der Polizei und dem BFA gemachten Angaben richtig seien, bejahte er dies und meinte, er habe die Wahrheit gesagt und es bleibe aufrecht (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls). Wenn er dann auf Vorhalt seiner widersprüchlichen Angaben ausführt, er erinnere sich nicht ganz genau, was er damals gesagt habe und dass er damals aufgeregt gewesen sei und viele Sachen nicht ganz genau erwähnt habe (Seite 15 des Verhandlungsprotokolls), vermag dieser Erklärungsversuch nicht zu überzeugen.
In der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer vor, dass er drei Tage und zwei Nächte im Gefängnis des IS gewesen sei, er schilderte aber von sich aus nicht, was in diesem Zeitraum passiert ist. Seine Ausführungen erschöpfen darin anzugeben, dass er geschlagen worden sei (Seiten 9f des Verhandlungsprotokolls). Auch dies spricht nicht dafür, dass das vom Beschwerdeführer Behauptete tatsächlich geschehen ist.
Der Beschwerdeführer konnte auch seine Freilassung aus diesem Gefängnis nicht auf eine Weise schildern, die den Eindruck vermittelt, er habe das persönlich erlebt. Auf die Frage, wie die Freilassung abgelaufen ist, machte er nur ausweichende Angaben:
"Sie haben mich freigelassen unter bestimmten Bedingungen, dass ich ihnen die Namen, die sie wollten, gebe. Es ist schon bekannt, wenn sie von jemanden solche Sachen verlangen, dann muss man das machen, sonst drohen schwere Strafen von ihnen.". Es musste auch erfragt werden, wo der Beschwerdeführer hingebracht wurde:
"R: Wurden Sie dann von den Leuten wieder zurück in Ihr Geschäft gebracht?
BF: Sie haben mich in der Nähe meines Geschäftes freigelassen. Sie haben mich auch kurz vor das Geschäft mit verbundenen Augen gebracht, damit ich nicht weiß, wo ich mit ihnen war. Es ist schon bekannt, wenn sie jemanden mitnehmen, dann kommt dieser nicht mehr zurück."
Auch hier zeigt sich erneut, dass der Beschwerdeführer keine konkreten Angaben zum Ablauf der Freilassung macht. Er machte auch hier wiederum Aussagen - wie schon auf die erste Frage nach dem Ablauf der Freilassung -, die mit der Frage nichts zu tun haben: "Es ist schon bekannt, wenn sie von jemanden solche Sachen verlangen, dann muss man das machen, sonst drohen schwere Strafen von ihnen."
und "Es ist schon bekannt, wenn sie jemanden mitnehmen, dann kommt dieser nicht mehr zurück." (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Dieses Verhalten des Beschwerdeführers, auf eine konkrete Frage nur eine kurze Antwort zu geben und sogleich abzuschweifen und Aussagen zu tätigen, die die Frage nicht beantworten, sprechen dafür, dass der Beschwerdeführer gar nicht festgenommen, geschlagen und wieder freigelassen wurde und er mit den ausweichenden Antworten bloß versucht davon abzulenken, dass er auf die gestellte Frage keine Antwort parat hat, da er das alles nicht persönlich erlebt hat.
Der Beschwerdeführer brachte vor, dass die Männer des IS seine Tätowierung entdeckt hätte und solche beim IS verboten seien. Auch diesbezüglich waren die Schilderungen des Beschwerdeführers detailarm und wenig plastisch. Es entstand auch hier nicht der Eindruck, dass der Beschwerdeführer dies persönlich erlebt hat.
Seine Ausführungen beschränkten sich auf folgende Angaben:
"R: Wann haben die Männer das Tattoo am Arm entdeckt, beim ersten oder zweiten Mal?
BF: Beim zweiten Mal, als sie mich geschlagen haben, haben sie es gesehen, sie haben sich damals nicht genau auf das konzentriert. Aber als sie nach Hause kamen, als ich nicht dort war, sie haben mich vor meinen Eltern zum Tode verurteilt, sie sagen meinen Eltern, dass sie mir die Arme abschneiden wollen, da ich Tattoos haben. Wenn sie mich erwischten, würden sie es offiziell vor allen Leuten machen." (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls).
Auch hier machte der Beschwerdeführer keine genauen Angaben dazu, wie das Entdecken der Tätowierung abgelaufen ist.
Der Beschwerdeführer wurde sodann weiter dazu gefragt wie, womit und an welchen Körperstellen er geschlagen worden sei. Als er aber dann konkret gefragt wurde, wann genau die Männer die Tätowierung entdeckt hätten, ordnete er dies nicht in diesen Ablauf der Schläge ein, sondern sprach nur allgemein davon, dass es "beim zweiten Mal" gewesen sei, als ihn die Männer des IS aufgesucht hätten. Auch dieses Unvermögen des Beschwerdeführers konkret anzugeben, wann die Tätowierung entdeckt worden sei, spricht nicht für eine Glaubhaftigkeit seines Vorbringens.
Der Beschwerdeführer behauptet zwar, dass Tätowierungen beim IS verboten seien, doch kann die Reaktion der Männer, als sie die Tätowierung beim Beschwerdeführer entdeckt hätten, vor diesem Hintergrund nicht nachvollzogen werden. Der Beschwerdeführer gab nämlich auf die Frage, was die Männer dazu gesagt hätten, als sie die Tätowierung gesehen hätten, Folgendes an: "Als sie dann diese gesehen haben, haben sie nichts gesagt, nur als sie zu meinen Eltern, meiner Familie kamen, haben sie darüber gesprochen." (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). Wenn Tätowierungen beim IS verboten sein sollen, ist die Reaktion der Männer des IS, nämlich nichts zu sagen, völlig unplausibel.
Der Beschwerdeführer brachte vor dem BFA vor, dass nach seiner Ausreise aus dem Irak die Männer bei ihm zu Hause nach ihm gefragt hätten (Seite 9 des Protokolls). In dem der Beschwerde beigefügten Schreiben des Beschwerdeführers wird von ihm behauptet, dass die Männer auf der Suche nach ihm auch das Wohnhaus durchsucht hätten, was er vor dem BFA noch nicht behauptete. Vor dem BFA brachte der Beschwerdeführer auch vor, dass seine Eltern, nachdem die Männer bei ihnen zu Hause gewesen seien, das Haus verlassen und sich bei verschiedenen Verwandten versteckt hätten (Seite 9 des Protokolls). Dies behauptete er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr. Auch diese widersprüchlichen Angaben sprechen nicht dafür, dass das vom Beschwerdeführer Vorgebrachte tatsächlich stattgefunden hat.
Hinsichtlich des Suchens nach ihm im Elternhaus steigerte der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens sein Vorbringen. Während sich dem Protokoll der Einvernahme vor dem BFA und der Beilage zur Beschwerde nur ein einziges Aufsuchen entnehmen lässt, behauptete er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass die Männer mehrmals bei ihm zu Hause gewesen wären. Darüber hinaus konnte der Beschwerdeführer auch diesbezüglich keine konkreten Angaben machen, weshalb auch diese Behauptungen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sind:
"R: Was haben Ihnen Ihre Eltern darüber erzählt?
BF: Sie sagten mir, dass sie mehr als einmal nach Hause kamen und nach mir gefragt haben, das letzte Mal haben sie mich verurteilt, wie ich bereits erwähnte.
R: Wie oft waren diese Leute bei Ihren Eltern zuhause?
BF: Ich weiß es nicht genau, aber ich glaube drei oder mehr als drei Mal.
R: In welchen Zeitraum war das?
BF: Ganz genau weiß ich das nicht. Ich weiß es nicht, ob sie jeden Tag dorthin gingen, oder jeden zweiten Tag, ich weiß es nicht, ich habe mich darum nicht gekümmert.
R: Wann waren sie das letzte Mal dort?
BF: Ich weiß es nicht.
R: Haben Ihre Eltern Ihnen das nicht gesagt?
BF: Nur einmal, als ich meine Eltern kontaktierte, sagten sie mir, dass sie bei ihnen waren. Dann gab es einmal keine Verbindung, weil die Stadt zerstört war, zum Schluss sagten Sie, dass sie mich verurteilt haben." (Seiten 10f des Verhandlungsprotokolls).
Der Beschwerdeführer brachte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vor, dass sein Chef im Lebensmittelgeschäft vom IS getötet worden sei. Er konnte jedoch nicht angeben, wann dies gewesen sei. Der Beschwerdeführer musste erst auf seinem Mobiltelefon nachsehen und die entsprechende Sprachnachricht suchen. Schließlich ergab sich, dass der Beschwerdeführer diese Nachricht am 10.01.2017 erhalten hat. Ihm wurde mitgeteilt: "Hallo, XXXX ist heute gestorben. Ich werde mich nachher nochmal bei dir melden."
(Seite 12 des Verhandlungsprotokolls). Die Verwendung des Wortes gestorben deutet gerade nicht darauf hin, dass der Chef des Beschwerdeführers gezielt getötet wurde. Es ist anzunehmen, dass dem Beschwerdeführer gesagt worden wäre, der Chef wäre getötet oder umgebracht worden, wenn dies so gewesen sein sollte. Darüber hinaus beweist diese Nachricht - unabhängig von der Wortwahl - nicht, dass der Chef tatsächlich gestorben ist. Weiters hat der Beschwerdeführer diese Nachricht bereits am XXXX 2017 erhalten, weshalb es ihm möglich gewesen wäre, diesen Umstand bereits in seiner Beschwerdeergänzung vom 23.05.2017 darzulegen, was der Beschwerdeführer aber nicht gemacht hat. Dies legt den Schluss nahe, dass der Beschwerdeführer den (behaupteten) Tod des Chefs bloß dazu verwendet um sein Vorbringen aufzubauschen, dieser aber nicht mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers zusammenhängt, und der Beschwerdeführer damit seine Chancen auf Asylgewährung erhöhen will.
Schließlich erwies sich das vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung erstattete Vorbringen als widersprüchlich zu seinen in der Beschwerdeergänzung vom 23.05.2017 gemachten Angaben. In der Beschwerdeergänzung datierte er das erste Aufsuchen durch die Mitglieder des IS im Geschäft auf "zwischen dem 06. und 10. September 2014", während er vor dem Bundesverwaltungsgericht angab, es sei "zwischen dem 10. und dem 13." September gewesen. Das zweite Aufeinandertreffen sei laut Beschwerdeergänzung "ca. sieben bis acht Tage später" gewesen, laut Vorbringen in der mündlichen Verhandlung jedoch bereits "ca. drei Tage danach" (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls). Auch zu den Schlägen machte der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben. In der Beschwerdeergänzung erklärte er, er sei mit einem "harten Gegenstand", "vielleicht aus Holz" am Oberkörper und an den Beinen geschlagen worden. In der mündlichen Verhandlung erklärte er dagegen, er sei "mit ihrer Waffe" auf den Kopf geschlagen worden, ansonsten sei er mit Händen und Füßen auf seinen Oberarm und im Bereich der Nieren geschlagen worden (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). Sofern der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorbringt, die Narbe auf seinem Kopf sei noch zu sehen, ist dazu festzuhalten, dass sich alleine aus dem Vorhandensein einer Narbe nicht ergibt, dass diese auf die vom Beschwerdeführer behauptete Weise entstanden ist, weshalb eine bloße Narbe zur Glaubhaftmachung des Vorbringens nicht genügt (Seite 15 des Verhandlungsprotokolls).
Hinsichtlich der aufgetretenen Widersprüche zwischen der Beschwerdeergänzung und dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung brachte der Vertreter des Beschwerdeführers vor, dass anlässlich der Verfassung der Beschwerdeergänzung ein Landsmann des Beschwerdeführers als "Hilfsdolmetscher" herangezogen worden sei, sich der Vertreter Notizen gemacht habe und diese ohne Rückübersetzung in der Beschwerdeergänzung verarbeitet habe. Dem ist zu entgegnen, dass in der Beschwerdeergänzung dieser Umstand mit keinem Wort erwähnt wird, vielmehr wird in der Beschwerdeergänzung vorgebracht, der darin geschilderte Sachverhalt sei richtig und der namentlich genannte Organwalter des BFA habe sich dagegen nicht die Mühe gemacht, den Sachverhalt mangelhaft ermittelt. Mit dem Vorbringen, es sei bloß ein "Hilfsdolmetscher" herangezogen worden und deshalb wären "gewisse Informationsfehler nicht ausgeschlossen", wird daher als schlichter Versuch angesehen, mit dem die eklatanten Widersprüche erklärt werden sollen. Es ist nämlich beispielsweise nicht erklärbar, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdeergänzung einerseits davon spricht, die Männer des IS hätten Gewehre vom Typ Kalaschnikow bei sich gehabt, und andererseits hinsichtlich des Gegenstands, mit dem er geschlagen worden sei, dann nicht mehr von einer Waffe, einem Gewehr oder einer Kalaschnikow spricht, sondern von "einem harten Gegenstand", "vielleicht aus Holz". Der herangezogene Dolmetscher konnte offenkundig das Wart "Gewehr" übersetzen. Wäre der Beschwerdeführer mit einem "Gewehr" oder einer Waffe geschlagen worden, hätte der Dolmetscher dies wohl auch so übersetzt. Es hätte also zumindest die Rede von einem Gewehr sein müssen, da dieser Begriff in der Beschwerdeergänzung schon einmal vorkam. Wenn dagegen aber von einem "harten Gegenstand", der vielleicht "aus Holz" sei, die Rede ist, muss davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer dies so anlässlich des Gesprächs für die Abfassung der Beschwerdeergänzung gesagt hat. Der in der mündlichen Verhandlung präsentierte Erklärungsversuch überzeugt daher nicht.
Auf Grund der insgesamt aufgezeigten Widersprüche zu seinem zentralen Fluchtvorbringen und Unplausibilitäten in den Angaben des Beschwerdeführers, seines Aussageverhaltens und des gesteigerten Vorbringens geht das Bundesverwaltungsgericht von der Unglaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund und davon aus, dass das Fluchtvorbringen in Wahrheit nicht stattgefunden hat.
Die getroffenen Feststellungen zum Irak beruhen auf folgenden Berichten:
* Fact Sheet Irak Nr. 70
* DTM Round 107, Dezember 2018
* ACCORD: Irak, 3. Quartal 2018, Kurzübersicht ACLED; 20.12.2018
* Australian Government, DFAT Country Information Report Iraq, 9.10.2018
* Der Standard: Abtanzen in Bagdad: Irak zwischen Aufbruch und Angst, 12.11.2018
* Musings on Iraq, 15.01.2019
* Musings on Iraq, 19.02.2019
* UN Casualty Figures for Irak for the Month of December 2018, 03.01.2019
* AB - Chronologische Auflistung sicherheitsrelevanter Vorfälle von Oktober 2018 bis Jänner 2019 mit Sunniten als Opfer, 31.01.2019
* Existenzgrundlage für Rückkehrer sichern, GIZ
* Warum das "Kalifat" geschrumpft, der IS aber icht am Ende ist, kurier 09.02.2019
* AB - Religiös begründete Regelungen bzgl. Tätowierungen, 29.11.2018
Es handelt sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Irak ergeben. Angesichts der Seriosität der darin angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. In seiner Stellungnahme vom 19.03.2019 verweist der Beschwerdeführer betreffend den IS auf das LIB vom 20.11.2018. Die darin herangezogenen Quellen sind jedoch älter als jene vom Bundesverwaltungsgericht, insbesondere der Artikel des Kurier vom 09.02.2019, wonach der IS nur mehr eine kleine Siedlung am Ostufer des Euphrats nahe der Grenze zum Irak hält. Der Beschwerdeführer stammt jedoch nicht von dort, sondern aus Mossul. Auch die in der Stellungnahme zitierten Passagen aus dem LIB zur Sicherheitslage in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers sind älter als die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Berichte. Soweit darauf hingewiesen wird, dass laut LIB "Verschwindenlassen und Erpressung durch PMF-Elemente" vorkommen können, wird damit kein Bezug zum Beschwerdeführer hergestellt, da dieser sein Vorbringen nicht auf Derartiges stützt. Auch die Ausführungen zur Bewegungsfreiheit stützen sich auf v