Entscheidungsdatum
05.06.2019Norm
AlVG §10Spruch
W162 2183998-2/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Stephan BLUMENCRON, LL.M. und
Mag. Martina GRIESSER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Korneuburg vom 01.02.2018, AZ: XXXX , betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages an das Bundesverwaltungsgericht als verspätet, gemäß § 38 iVm § 10 AlVG beschlossen:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 9, § 17, § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1
VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG wegen Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Korneuburg vom 02.08.2017 wurde der Beschwerdeführerin die Zuerkennung der Notstandshilfe für die Zeit vom 19.04.2017 bis 30.06.2017 gemäß §38 iVm §24 Abs. 2 AlVG widerrufen und der durch den Widerruf entstandene Übergenuss in Höhe von EUR 1.156,48 gemäß § 38 ivM § 25 Abs. 1 AlVG rückgefordert.
2. Gegen den ablehnenden Bescheid brachte die Beschwerdeführerin fristgerecht am 16.08.2017 Beschwerde ein.
3. Nach neuerlicher Prüfung des Sachverhaltes durch die belangte Behörde wurde der am 02.08.2017 erstellte Bescheid im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung mit Bescheid vom 01.12.2017 bestätigt.
Am Ende des Bescheides findet sich die nachstehend wörtlich wiedergegebene Rechtsmittelbelehrung mit der darin enthaltenen Aufklärung, dass die Beschwerdeführerin den Antrag auf Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht binnen zwei Wochen ab erfolgter Zustellung bei der oben angeführten regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellen könne:
"(...) Rechtsmittelbelehrung
Sie können binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung bei der oben angeführten regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird."
Der Bescheid des Arbeitsmarktservice Korneuburg vom 01.12.2017 wurde der Beschwerdeführerin postalisch per Rsb-Kuvert zugestellt. Ein Zustellversuch durch die Post erfolgte am 05.12.2017 und es wurde eine Verständigung über die Hinterlegung des Schreibens in der Abgabeeinrichtung hinterlegt. Der Beginn der Hinterlegungsfrist wurde mit 06.12.2017 von der Post festgesetzt.
4. Die Beschwerdeführerin brachte am 10.01.2018 den Vorlageantrag bei der Regionalen Geschäftsstelle Korneuburg ein.
5. Der Vorlageantrag wurde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
6. Mit Schreiben vom 24.01.2018 leitete das Bundesverwaltungsgericht das Anbringen zuständigkeitshalber gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG an die Regionale Geschäftsstelle Korneuburg zurück.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdevorentscheidung vom 01.12.2017 am 05.12.2017 durch Hinterlegung zugestellt worden sei. Somit habe die zweiwöchige Frist für die Einbringung eines Vorlageantrages mit 05.12.2017 zu laufen begonnen und mit 19.12.2017 geendet. Der am 10.01.2018 von der Beschwerdeführerin beim Arbeitsmarktservice eingebrachte Vorlageantrag erweise sich somit als verspätet. Verspätete und unzulässige Vorlageanträge gemäß § 15 Abs. 3 VwGVG von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen seien.
7. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 01.02.2018, AZ:
XXXX , wies die belangte Behörde den Vorlageantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 15 VwGVG als verspätet zurück.
Begründend führte die belangte Behörde nach Darlegung der entscheidungsmaßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen und des Verfahrensgangs im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass eine ordnungsgemäße Zustellung durch Hinterlegung vorliege und die Frist zur Einbringung des Vorlageantrages mit dem Beginn der Abholfrist begonnen habe. Die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages habe daher mit Mittwoch, dem 20.12.2017 geendet. Die Frist zur Einbringung habe nicht ab der Übernahme des Bescheides, sondern gemäß § 17 Abs. 3 ZustG mit dem ersten Tag der Hinterlegung begonnen.
8. Gegen diesen Bescheid vom 01.02.2018 richtet sich die am 01.03.2018 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin erstattete die Beschwerdeführerin keinerlei Vorbringen, sondern legte lediglich ein handschriftlich verfasstes Schreiben des Postboten bei.
9. Die belangte Behörde legte am 23.03.2018 die Beschwerde samt den Bezug habenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
10. Mit Mängelbehebungsauftrag vom 14.05.2019, von der Beschwerdeführerin persönlich übernommen am 16.05.2019, trug das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin die Verbesserung ihrer Beschwerde auf, da die Eingabe den Anforderungen an eine Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG nicht genügte. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, ein begründetes Beschwerdevorbringen nachzureichen, aus welchen Erwägungen sie den angefochtenen Bescheid vom 01.02.2018 für rechtswidrig erachtet. Der Beschwerdeführerin wurde aufgetragen, den Mangel binnen einer Wochen ab Zustellung der Verfügung zu beheben. Unter einem wurde die Beschwerdeführerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihre Beschwerde nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werde.
11. Die Beschwerdeführerin ließ diese Aufforderung unbeantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.02.2018 wurde der Vorlageantrag der Beschwerdeführerin vom 10.01.2018 gemäß § 15 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
Die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde vom 01.03.2018 weist nicht die ausreichenden Bestandteile einer Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) auf, insbesondere kein Begehren und keine Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt.
Das Bundesverwaltungsgericht erteilte der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 14.05.2019, von der Beschwerdeführerin persönlich übernommen am 16.05.2019, einen entsprechenden Mängelbehebungsauftrag.
Die Beschwerdeführerin ist dem Auftrag zur Behebung des Mangels ihrer Eingabe bis dato nicht nachgekommen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde sowie insbesondere aus dem Beschwerdeschriftsatz und dem Rückschein des hg. Mängelbehebungsauftrages.
Der RSb-Rückschein bezüglich des Mängelbehebungsauftrages vom 14.05.2019 stellt als Zustellschein eine öffentliche Urkunde dar, welche die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat (vgl. dazu auch die nachfolgende rechtliche Beurteilung). Auf diesem Rückschein ist angegeben, dass das Schreiben von der Beschwerdeführerin persönlich am 16.05.2019 übernommen worden ist. Das Bundesverwaltungsgericht sieht keinen Anlass, daran zu zweifeln.
Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:
3.3. § 9 Abs. 1 VwGVG legt die Anforderungen an eine Beschwerde fest.
Eine solche hat demnach zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 21.09.2010, 2010/11/0108; 13.11.2012, 2012/05/0184) dient § 13 Abs. 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind.
Im Verbesserungsauftrag ist konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (vgl. VwGH 30.10.2008, 2007/07/0075; 07.09.2009, 2009/04/0153; 14.10.2013, 2013/12/0079).
Bezogen auf den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 01.02.2018 enthält die vorliegende Beschwerde vom 01.03.2018 keine Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt. Das bloß beigefügte Schreiben des Postboten ohne eigenes Vorbringen der Beschwerdeführerin zeigt für sich genommen kein Begehren der Beschwerdeführerin und keine Rechtswidrigkeit des Bescheides auf.
Das wiedergegebene Vorbringen kann aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes daher nicht als zulässige Beschwerde im vorgenannten Sinn gewertet werden.
3.4. Der Beschwerdeführerin wurde sohin mit Verfügung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.05.2019 ein entsprechender Mängelbehebungsauftrag binnen zwei Wochen mit Hinweis auf die Rechtsfolge der Zurückweisung der Beschwerde bei fruchtlosem Verstreichen der Frist erteilt.
Die Zustellung des Mängelbehebungsauftrages wurde mittels RSb-Sendung angeordnet. Das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.05.2019 wurde von der Beschwerdeführerin am 16.05.2019 persönlich übernommen.
Bei dem genannten RSb-Rückschein handelt es sich als Zustellschein um eine öffentliche Urkunde, die die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat, dass die Zustellung den Angaben auf dem Zustellschein entsprechend erfolgt ist. Diese Vermutung ist widerlegbar. Behauptet jemand, es lägen Zustellmängel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die im Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/02/0156; 11.11.2015, Ra 2015/04/0086, je mwN). Dazu bedarf es konkreter Darlegungen und eines entsprechenden Beweisanbotes (vgl. etwa VwGH 27.07.2007, 2006/10/0040; 21.07.2011, 2007/18/0827 mwN).
Weder sind beim Bundesverwaltungsgericht Hinweise zutage getreten noch wurden von der Beschwerdeführerin Umstände vorgebracht, die begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorgangs oder des Zeitpunktes der Zustellung in Bezug auf den Mängelbehebungsauftrag aufkommen ließen.
3.5. Da die Beschwerdeführerin die ihr gesetzte Frist zur Behebung des ihrer Eingabe anhaftenden Mangels ungenutzt verstreichen ließ, war die Beschwerde spruchgemäß zurückzuweisen.
3.6. Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.
Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG aber auch deshalb unterbleiben, weil der Sachverhalt aus dem Verwaltungsakt in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist. Art. 6 Abs. 1 EMRK steht dem Entfall der mündlichen Verhandlung nicht entgegen, weil eine zurückweisende Entscheidung, in der nur darüber abgesprochen wird, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, nicht aber über die Sache selbst, aus der Sicht des Art. 6 EMRK keine (inhaltliche) Entscheidung "über zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen" darstellt. Die Verfahrensgarantie des "fair hearing" iSd Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt nicht zur Anwendung, wenn einer Entscheidung in der Sache Prozesshindernisse entgegenstehen (vgl. hiezu die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.063/2003 und 19.175/2010 sowie des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161 und VwGH 23.06.2014, 2013/12/0224, je mwH).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auf die unter Punkt II.3.3. zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 Abs. 3 AVG wird verwiesen.
Schlagworte
Frist, Mängelbehebung, Verbesserungsauftrag, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W162.2183998.2.00Zuletzt aktualisiert am
26.07.2019