TE Vfgh Erkenntnis 1996/12/10 B2665/94, B1230/95, B1231/95, B2592/95

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.12.1996
beobachten
merken

Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
VfGG §88

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung einer Gesetzesbestimmung

Spruch

1. Die von J L erhobene Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die übrigen beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Das Land Vorarlberg ist schuldig, den Einschreitern, zu Handen ihrer Rechtsvertreter, die in nachstehender Höhe bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen:

a)

der Beschwerdeführerin zu B2665/94: 18.000 S

b)

den beschwerdeführenden Parteien zu B 1230,1231/95 Dipl.Ing. I G und M G: (zusammen) 19.800S

              c)              den beschwerdeführenden Parteien zu B2592/95: (zusammen) 15.000 S

              d)              der beteiligten Partei zu B2592/95 Dr. H A W: 15.000 S.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (UVS Vlbg.) hat mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden den nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof beschwerdeführenden Parteien gemäß §8 Abs3 lita des (Vorarlberger) Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 61/1993, (im folgenden kurz: Vlbg. GVG 1993), die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Kauf bestimmter unbebauter Grundstücke, die in den Flächenwidmungsplänen als Bauflächen ausgewiesen sind, versagt. Die Grundstücke würden nach Meinung der Behörde von den beschwerdeführenden Parteien nicht (iS des §8 Abs3 lita leg.cit.) benötigt. (Zu B 1230, 1231/95 erhebt - neben den beiden Erwerbern - auch der Verkäufer der Grundstücke Beschwerde.)

2. Gegen diese Bescheide wenden sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden, in denen die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide, zu B2665/94 auch die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

3. Der UVS Vlbg. als jene Behörde, die die angefochtenen Bescheide erlassen hat, legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete Gegenschriften. Er begehrt, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

II. Die zu B 1230,1231/95 erhobene Beschwerde war - gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung - zurückzuweisen, soweit sie von J L erhoben wurde (Pkt. 1 des Spruches).

Dieser Beschwerdeführer hat nämlich im Verwaltungsverfahren keine Berufung erhoben, also den administrativen Instanzenzug nicht ausgeschöpft (vgl. Art144 Abs1 letzter Satz B-VG und §82 Abs1 VerfGG).

III. 1. Der Verfassungsgerichtshof

hat am 12. Juni 1996 beschlossen, aus Anlaß der vorliegenden Beschwerden gemäß Art140 Abs1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit nachstehender Wortfolgen im §8 Abs3 Vlbg. GVG 1993 von Amts wegen zu prüfen:

"a)

sie zum Zwecke des Wohnbaus, für industrielle und gewerbliche Anlagen sowie zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben

benötigt werden und

b)"

sowie

"Die Voraussetzungen der lita sind auch als erfüllt anzusehen, wenn der Rechtserwerb zur Vorsorge für die Erweiterung eines bestehenden Betriebes dient."

2. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G164-167/96 u.a. Zlen., hob er diese Wortfolgen als verfassungswidrig auf.

IV. 1. Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage der Fälle offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Parteien nachteilig war.

Die beschwerdeführenden Parteien wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (s. zB. VfSlg. 10404/1985).

Die Bescheide waren daher aufzuheben (Pkt. 2 des Spruches).

2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG.

In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in folgender Höhe enthalten:

a)

zu B2665/94: 3000 S

b)

zu B 1230,1231/95: 3300 S

c)

zu B2592/95: je 2500 S.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall, VfGH / Instanzenzugserschöpfung, VfGH / Kosten, VfGH / Beteiligter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B2665.1994

Dokumentnummer

JFT_10038790_94B02665_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten