Entscheidungsdatum
14.06.2019Norm
ASVG §18aSpruch
W263 2166704-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Christina KERSCHBAUMER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , vertreten durch XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 30.05.2017, GZ XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben und es wird in teilweiser Abänderung des bekämpften Bescheides festgestellt, dass XXXX zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG auch in der Zeit von Oktober 2008 bis einschließlich Dezember 2012 berechtigt war.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin beantragte am 20.06.2016 die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege des behinderten Kindes XXXX , geb. XXXX , ab Oktober 2008.
2. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) vom 30.05.2017 wurde der Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin vom 20.06.2016 auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege des behinderten Kindes XXXX ab 01.06.2015 stattgegeben.
Für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.12.2012 sei die Berechtigung zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nicht gegeben. Für diese Zeit liege nachstehender Ausschließungs- bzw. Beendigungsgrund vor: Bezug einer Geldleistung aus der Kranken- bzw. Arbeitslosenversicherung. Die Beschwerdeführerin erwerbe daher Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung. Sie unterliege der Pflichtversicherung in einer gesetzlichen Pensionsversicherung. Es liege kein Bezug einer erhöhten Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 vor.
Da die Beschwerdeführerin ihre Kinder XXXX und XXXX , geb. am XXXX , laut der von ihr abgegebenen Erklärung überwiegend erziehe, erwerbe sie ab dem Monatsersten nach der Geburt des Kindes bis zum Höchstausmaß von 48 Kalendermonaten Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 28.06.2017 fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, ihr Sohn habe eine Behinderung von Geburt an, allerdings sei bei XXXX eine Diagnose erst im Schulalter möglich. Diese Tatsache sei von der Medizin bestätigt. Diese Krankheit bestehe also durchgehend seit Juni 2005 und sie sei durch seine Pflege nicht imstande gewesen, einer Arbeit nachzugehen. Sie sei mit dem kleinsten Beitrag mal kurz selbstständig gewesen, dh. Teilzeit und bei der SVA versichert. Die Ablehnung der Selbstversicherung bis 31.05.2015 bei durchgehender Behinderung könne so nicht korrekt sein. Seit Oktober 2008 beziehe sie erhöhte Familienbeihilfe. Das habe sie der PVA bereits zweimal vorgelegt. Im angefochtenen Bescheid stehe, dass kein Bezug vorliege. Das stimme eben nicht. Sie habe seit der Karenz, die im Herbst 2009 geendet habe, ebenso wenig Geldleistung aus Kranken bzw. Arbeitslosenversicherung bezogen.
4. Die Beschwerde wurde gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und führte die PVA dazu aus, dass die Beschwerdeführerin am 20.06.2016 die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege des behinderten Kindes
XXXX ab Oktober 2008 beantragt habe. Laut der schriftlichen Mitteilung des Finanzamtes XXXX vom 03.12.2013 habe für XXXX erst ab Oktober 2008 ein Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 bestanden.
Eine Selbstversicherung sei aber gemäß § 18a Abs. 2 ASVG in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung für Zeiten ausgeschlossen, während der
1.) eine Pflichtversicherung oder Weiterversicherung oder andere Selbstversicherung in einer gesetzlichen Pensionsversicherung oder ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine laufende Leistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung besteht (aufgehoben durch BGBl. Nr. 2/2015) oder
2.) eine Ausnahme von der Vollversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 besteht (Dienstnehmer hinsichtlich einer Beschäftigung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis) oder auf Grund eines der dort genannten Dienstverhältnisse ein Ruhegenuss bezogen wird oder
3.) eine Ersatzzeit gemäß § 227 Abs. 1 Z 3 bis 6 oder § 227a vorliegt.
Laut dem vorliegenden Auszug aus den Versicherungsdaten der Beschwerdeführerin seien nach der Geburt des Sohnes XXXX bis inklusive August 2005 Zeiten des Wochengeldbezuges, ab September 2005 bis inklusive Jänner 2007 Zeiten der Kindererziehung, ab Februar 2007 bis inkl. Mai 2007 Zeiten des Wochengeldbezuges, ab Juni 2007 bis inkl. August 2008 Zeiten der Kindererziehung sowie ab September 2008 bis Juni 2013 Zeiten der Pflichtversicherung als Selbstständige nach dem GSVG in der Versicherungsdatenbank des Hauptverbandes für die Beschwerdeführerin gespeichert.
Ab der Geburt des Sohnes XXXX bis inklusive August 2008 sei daher eine Selbstversicherung gemäß § 18a ASVG nach dem Gesetzeswortlaut bereits aufgrund der Tatsache ausgeschlossen, dass für diesen Zeitraum schon Ersatzzeiten gemäß § 227 Abs. 1 Z 3 ASVG (Zeiten des Wochengeldbezuges) sowie Ersatzzeiten gemäß § 227a ASVG (Zeiten der Kindererziehung) erworben worden seien.
Für den Zeitraum September 2008 bis Juni 2013 sei in den Versicherungsdaten eine Pflichtversicherung als Selbstständige nach dem GSVG erfasst und sei daher auch für diesen Zeitraum die Selbstversicherung gemäß § 18a Abs. 2 Z 1 ASVG in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung ausgeschlossen.
Zusätzlich zu den bereits genannten gesetzlichen Ausschlussgründen habe ein Bezug von erhöhter Familienbeihilfe für das Kind XXXX erst ab Oktober 2008 bestanden und sei daher auch aus diesem Grund eine Selbstversicherung gemäß § 18a ASVG vor Oktober 2008 jedenfalls ausgeschlossen.
Da die Beschwerdeführerin die gesetzlichen Voraussetzungen für die Selbstversicherung gemäß § 18a ASVG ab der Geburt des Sohnes XXXX bis 31.12.2012 aufgrund des Vorliegens der gesetzlich genannten Ausschlussgründe nicht erfülle, habe die Selbstversicherung gemäß § 18a ASVG nach § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG nur ein Jahr rückwirkend anerkannt werden können. Die Antragsstellung sei im Juni 2016 erfolgt und habe daher der Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege des XXXX erst ab 01.06.2015 stattgegeben werden können.
5. Mit Schreiben vom 09.08.2017 gab die nunmehrige Rechtsvertreterin ihre Vollmacht bekannt.
6. Mit Schreiben vom 09.05.2018 brachte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin im Wege ihrer Rechtsvertreterin die Stellungnahme der PVA im Rahmen der Beschwerdevorlage samt damit in Vorlage gebrachter Beilagen ins Parteiengehör.
7. Mit Schreiben vom 25.05.2018 brachte die Beschwerdeführerin vor, bei XXXX sei im Jahr 2013 XXXX festgestellt worden. An dieser Störung leide XXXX aber schon seit seiner Geburt. Die Diagnose dieser Behinderung sei jedoch erst ungefähr im Schulalter möglich. Eine genaue Altersangabe, ab wann eine Feststellung möglich sei, könne diesbezüglich aufgrund der Seltenheit des XXXX nicht getroffen werden. Oft komme es auch erst im Erwachsenenalter zu einer dementsprechenden Diagnose. Aus diesem Grund sei die Familienbeihilfe auch im Jahr 2013 ab Oktober 2008 rückwirkend gewährt worden.
Richtig sei, dass für die Beschwerdeführerin seit Geburt ihres Sohnes XXXX bis inklusive August 2008 Zeiten des Wochengeldbezuges und Kindererziehungszeiten vorliegen, weil sie nach der Geburt ihres behinderten Sohnes XXXX erneut ein Kind bekommen habe.
Korrekt sei weiters, dass die Beschwerdeführerin theoretisch selbstständig tätig gewesen sei. Es habe sich dabei lediglich um eine äußerst geringfügige Tätigkeit gehandelt. Den Hauptanteil ihrer Zeit habe die Beschwerdeführerin auch ab September 2008 für die Pflege ihres behinderten Sohnes aufgewandt, der aufgrund des XXXX permanenter Zuwendung und Hilfestellungen bei alltäglichen Verrichtungen bedürfe.
Aus den Einkommensteuerbescheiden der Beschwerdeführerin sei dementsprechend auch ersichtlich, dass ihr Einkommen aus dieser Zeit in keinem Jahr die Geringfügigkeitsgrenze übersteige. Vielmehr liege in den Jahren 2013, 2015 und 2016 sogar ein Verlust vor. Dies sei ein Resultat davon, dass die Beschwerdeführerin hauptberuflich und in Vollzeit für die Pflege ihres behinderten Sohnes XXXX zuständig gewesen sei und neben dieser Tätigkeit nicht mehr viel Zeit für andere Beschäftigungen geblieben sei.
Dazu wurden Einkommensteuerbescheide der Jahre 2008 und 2010 bis 2016 in Vorlage gebracht.
Die PVA stütze sich in ihrer Stellungnahme auf § 18a Abs. 2 Z 1 ASVG. Diese Regelung sei jedoch durch das BGBl. I Nr. 2/2015 aufgehoben worden. Es sei damit bezweckt worden, die Selbstversicherung für die Pflege behinderter Kinder jener, der Pflege naher Angehöriger nach § 18b ASVG anzugleichen; dies insb. hinsichtlich der Zulässigkeit der Ausübung der Erwerbstätigkeit. Es solle demnach als Voraussetzung lediglich die überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft erforderlich sein (RV 321 BlgNr 25. GP, 3).
In Anbetracht der Tatsache, dass die Einkünfte der Beschwerdeführerin aus ihrer selbstständigen Tätigkeit äußerst gering bzw. gar nicht vorhanden gewesen seien und die Pflege ihres Sohnes ihr die Ausübung eines Vollzeitberufes unmöglich gemacht habe sowie des Umstandes, dass die Bestimmung, die den Ausschluss der Selbstversicherung bei Vorliegen einer Pflichtversicherung zum Zeitpunkt der Antragstellung der Beschwerdeführerin am 20.06.2016 schon nicht mehr gültig gewesen sei, sei ihr rückwirkend der Erwerb von Selbstversicherungszeiten ab Oktober 2008 zuzuerkennen.
8. Nach Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht erstattete die PVA dazu eine Stellungnahme, welche auch direkt der Beschwerdeführerin im Wege ihrer Rechtsvertreterin übermittelt wurde und brachte zusammengefasst vor, den Ausführungen der Beschwerdeführerin sei entgegenzuhalten, dass die Berechtigung zur Selbstversicherung nach § 18a ASVG zeitraumbezogen zu beurteilen sei. § 18a ASVG sei auf vergangene Zeiträume in seiner jeweils geltenden Fassung anzuwenden (vgl. VwGH 22.12.2004, 2002/08/0234).
Für den Zeitraum September 2008 bis Juni 2013 sei in den Versicherungsdaten eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung als Selbstständige nach dem GSVG erfasst und sei daher eine Selbstversicherung für diese Zeiten nach § 18a Abs. 2 Z 1 ASVG in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung ausgeschlossen.
9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 20.05.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher die Beschwerdeführerin und ihre Rechtsvertreterin sowie eine Vertreterin der PVA teilnahmen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin hat zwei Kinder: XXXX , geb. XXXX , und XXXX , geb. XXXX .
Die Beschwerdeführerin stellte am 20.06.2016 bei der PVA einen Antrag auf rückwirkende Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG ab Oktober 2008 für Zeiten der Pflege ihres Sohnes XXXX . XXXX lebt seit seiner Geburt mit seiner Mutter in Österreich. Eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege besteht sonst nicht (für eine andere Person).
Die Beschwerdeführerin bezog für XXXX ab Oktober 2008 erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 FLAG. Für XXXX besteht die Diagnose XXXX und leidet XXXX schon von Geburt an - jedenfalls aber seit Oktober 2008 an dieser Entwicklungsstörung und betreut die Beschwerdeführerin XXXX seit Geburt überwiegend und obliegt ihr die dadurch bedingte notwendige Hilfe und Pflege, ihr Ehemann ist Vollzeit berufstätig. XXXX benötigte jedenfalls ab Oktober 2008 intensive Betreuung, Beaufsichtigung und Förderung (mehr als ein durchschnittlich gesundes Kind). Vor dem Kindergarteneintritt war XXXX an zwei Vormittagen in der Woche bei einer Tagesmutter. XXXX kam mit drei Jahren in den Kindergarten. Das erste Kindergartenjahr war er von 08:30 Uhr bis 13:00 Uhr und dann bis zum Schuleintritt im Jahr 2011 von 08:30 Uhr bis 14:00 Uhr im Kindergarten. Am Ende des Volksschulbesuchs oder Beginn des Besuchs der Mittelschule besuchte XXXX ür ein paar Monate sporadisch den Hort ungefähr im Ausmaß von zwei bis drei Stunden.
Ab September 2008 bis Juni 2013 liegen bei der Beschwerdeführerin Beitragszeiten in der Pensionsversicherung aufgrund ihrer Pflichtversicherung als Selbstständige vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden eindeutigen und unzweifelhaften Akteninhalten der Verfahrensakten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Feststellungen zu Namen und Geburtsdaten der Kinder der Beschwerdeführerin ergeben sich eindeutig aus den Akteninhalten und wurden seitens der PVA auch nicht bestritten.
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG liegt im Akt ein. Demnach wurde die rückwirkende Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG ab Oktober 2008 für Zeiten der Pflege ihres Sohnes XXXX beantragt und steht dies auch im Einklang mit dem weiteren Vorbringen seitens der Beschwerdeführerin (s. auch Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung S. 8). In Zusammenschau mit den weiteren Akteninhalten ist den Angaben der PVA zu folgen, nach welchen der Antrag am 20.06.2016 bei der PVA gestellt wurde. Das Datum der Antragstellung wurde auch von der Beschwerdeführerin respektive ihrer Rechtsvertreterin nicht substantiiert bestritten (s. auch Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung S. 4).
Dass XXXX seit seiner Geburt mit seiner Mutter in Österreich lebt und eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege nicht für eine andere Person besteht, ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde, den plausiblen und insgesamt glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin und wurde seitens der PVA auch nicht angezweifelt.
Die Feststellung zum Bezug der erhöhten Familienbeihilfe ergibt sich insb. aus der Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe des Finanzamtes XXXX vom 03.12.2013.
Die Diagnose ergibt sich aus den diesbezüglich übereinstimmenden vorliegenden medizinischen Unterlagen, darunter das ärztliche Gutachten der PVA vom 28.04.2017 und den Angaben der Beschwerdeführerin. Aus dem ärztlichen Gutachten der PVA vom 28.04.2017 ergeben sich u.a. Zwangsverhalten sowie eine Neigung zur verbalen Aggression und zur Selbstverletzung. Beim Patient zeige sich eben ein XXXX mit erheblichen Einschränkungen bzw. Behinderungen. Der Patient benötige eine intensive psychische Betreuung, weshalb eine ständige Aufsicht erforderlich sei (v.a. hinsichtlich der Vermeidung von Selbstverletzungen und von Förderung). Behinderungsbedingt sei ständige (regelmäßige) persönliche Hilfe und besondere Pflege erforderlich bei der Nahrungszubereitung, iSv Lernunterstützung, Schulwegbegleitung, Begleitung zu notwendigen Therapien bzw. ärztlichen Kontrollen, Krisenmanagement, zeitaufwendige Manipulation im häuslichen Bereich, Bewältigung des Tagesablaufs, intensive Aufsicht und Betreuung in Dingen des täglichen Lebens, psychische Unterstützung, notwendige Entwicklungsförderung, erforderlicher Abrufbereitschaft, behinderungsbedingten gehäuften Erkrankungen und dadurch bedingte Verhinderungen der Betreuungsperson. Es haben sich im Verfahren hingegen keine Hinweise dafür ergeben, dass die deshalb erforderliche ständige (regelmäßige) persönliche Hilfe und besondere Pflege, ohne die XXXX nach dem ärztliche Gutachten der PVA vom 28.04.2017 im Verhältnis zu einem ähnlich behinderten, jedoch betreuten Kind benachteiligt bzw. gefährdet gewesen wäre, nicht auch zwischen Oktober 2008 und Dezember 2012 erforderlich gewesen wäre. Dass XXXX schon von Geburt an - jedenfalls aber seit Oktober 2008 an dieser Störung leidet, ergibt sich u.a. aus dem ärztlichen Attest vom 08.11.2013, wonach diese weiters deutlich erhöhte Anforderungen in allen Bereichen mit sich bringt. Nach der Anamnese und Exploration des klinisch-psychologischen Befunds vom 24.06.2013, sei es ferner vom ersten Lebensmonat an zu Auffälligkeiten gekommen (s. auch Fach/Ärztliches Sachverständigengutachten vom 27.11.2013). Aus dem klinisch-psychologischen Befund vom 24.06.2013 ergeben sich insb. deutliche emotionale und soziale Defizite.
Die Beschwerdeführerin gab auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung lebensnah, plausibel und insgesamt glaubhaft an, dass sie XXXX überwiegend erziehe bzw. betreue; ihr Ehemann sei Vollzeit berufstätig. Die Feststellungen zur Tagesmutter, der Volksschule und dem Hortbesuch ergeben sich ebenso aus den plausiblen und insgesamt glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, welche auch durch weitere Akteninhalte untermauert werden.
Die Feststellungen zu erworbenen Versicherungszeiten die Pensionsversicherung aufgrund der Pflichtversicherung als Selbstständige ergeben sich insb. aus dem verdichteten Versicherungsverlauf vom 25.07.2017 und zwar auch in Zusammenschau mit den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden und den Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, u.a. Beiträge entrichtet zu haben (s. Niederschrift der Beschwerdeverhandlung S. 13f).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z. 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin die PVA.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. In Ermangelung eines entsprechenden Antrages liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
3.2. Zu den beantragten Zeiten der Selbstversicherung in der Pensionsversicherung:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege des behinderten Kindes XXXX eindeutig und unzweifelhaft ab Oktober 2008 und änderte diesen Antrag auch nicht (s. bereits Antrag S. 2, Stellungnahme zur Beschwerdevorlage S. 2, Stellungnahme vom 25.05.2018 S. 4 und die Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung S. 8). Den Materialien zur ursprünglichen Fassung des § 18a ASVG ist zu entnehmen, dass diese begünstigte Selbstversicherung, wie alle Formen der freiwilligen Versicherung, von der in Betracht kommenden Pflegeperson zu beantragen ist, die entsprechend auch Beginn und Ende dieser Versicherung frei wählen kann (324 der Beilagen XVII. GP, S. 25, mHa § 18a Abs. 5 und 6 ASVG in der Fassung des Entwurfs).
Weiters ist Sache des Bescheidbeschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der belangten Behörde gebildet hat. Es ist also präziser formuliert die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde "entschieden wurde". Diese Sache bildet den äußersten Rahmen für die Prüfbefugnis. Wird diese überschritten, so nimmt das Verwaltungsgericht eine ihm nach dem Gesetz nicht zustehende Kompetenz in Anspruch (vgl. Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG §28 VwGVG Rz 36f, mwN [Stand 15.02.2017, rdb.at]).
Nach dem abweisenden Spruchteil des bekämpften Bescheides vom 30.05.2017 ist für die Zeit vom 01.02.2005 bis zum 31.12.2012 die Berechtigung zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nicht gegeben. Die Begründung bezieht sich ebenso auf diesen Zeitraum ("Für diese Zeit liegt nachstehender Ausschließungs- bzw. Beendigungsgrund vor: ..."; s. auch Stellungnahme zur Beschwerdevorlage S. 2: "Ausgesprochen wurde, dass für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.12.2012 die Berechtigung zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nicht gegeben ist."; s. aber auch die Erörterung in der mündlichen Beschwerdeverhandlung S. 8f).
Der Beschwerde ist daher gemäß § 28 VwGVG iVm § 18a ASVG insofern stattzugeben, als dass der abweisende Spruchteil des Bescheides der PVA vom 30.05.2017 entsprechend geändert und über den Zeitraum von 01.10.2008 bis 31.12.2012 entschieden wird. Da über die Zeiten zwischen 01.01.2013 und 31.05.2015 (noch) nicht abgesprochen wurde, entziehen sich diese einer Prüfung durch das Bundesverwaltungsgericht.
3.3. Zur anzuwendenden Fassung des § 18a ASVG:
Die Beschwerdeführerin beantragte eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG fallgegenständlich am 20.06.2016 für die Zeiten ab Oktober 2008.
Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, dass die Berechtigung zur Selbstversicherung nach § 18a ASVG zeitraumbezogen zu beurteilen sei und verweist u.a. auf VwGH 22.12.2004, 2002/08/0234, zu einem ihrer Ansicht nach insoweit gleich gelagerten Fall der Selbstversicherung nach § 19a ASVG. § 18a ASVG sei auf vergangene Zeiträume in seiner jeweils geltenden Fassung anzuwenden. § 18a ASVG sah in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung die Notwendigkeit der gänzlichen Beanspruchung der Arbeitskraft sowie insbesondere als Ausschlussgrund Zeiten, für die eine Pflichtversicherung oder Weiterversicherung oder andere Selbstversicherung in einer gesetzlichen Pensionsversicherung oder ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine laufende Leistung aus einer eigenen gesetzlichen Pensionsversicherung bestehen, vor.
Eine besondere Rückwirkung ergibt aber sich aus der Übergangsvorschrift des § 669 Abs. 3 ASVG. § 669 Abs. 3 ASVG lautet in der seit 01.01.2018 geltenden Fassung:
"Die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a kann auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt haben, nachträglich beansprucht werden, und zwar für alle oder einzelne Monate, längstens jedoch für 120 Monate, in denen die genannten Voraussetzungen vorlagen. § 18 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden."
Mit BGBI. I Nr. 125/2017 wurde § 669 Abs. 3 ASVG sohin dahingehend geändert, dass die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a ASVG auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 01.01.1988 (Anm: mit diesem Datum wurde die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18a ASVG erstmals vom Gesetzgeber geschaffen) die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt haben, nachträglich beansprucht werden kann, und zwar für alle oder einzelne Monate, längstens jedoch für 120 Monate, in denen die genannten Voraussetzungen vorlagen.
Durch Abänderungsantrag vom 30.06.2017 zum Gesetzesentwurf im Bericht des Sozialausschusses 1698 der Beilagen über die Regierungsvorlage 1613 betreffend ein Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz wurde diese Änderung beantragt und ist den erläuternden Bemerkungen zu entnehmen, dass im Jahr 2015 die Voraussetzungen für die beitragsfreie Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a ASVG für Personen, die ein behindertes Kind pflegen, insofern geändert wurden, als insbesondere die Anspruchsvoraussetzung "vollständige Beanspruchung der Arbeitskraft" durch "überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft" ersetzt wurde.
Um pensionsrechtliche Härten für Personen zu vermeiden, die während der Pflege eines behinderten Kindes teilzeitbeschäftigt waren, soll auch die rückwirkende Anrechnung von - wie bisher - bis zu zehn Jahren ermöglicht werden, wenn die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen während der Pflegezeiten erfüllt waren.
Mit dieser Regelung sollte ein Zeichen der Solidarität gegenüber dem Engagement von Personen gesetzt werden, die im Familienkreis und außerhalb von stationären Einrichtungen behindert Kinder oder Angehörige pflegen und betreuen (s. Abänderungsantrag vom 30.06.2017 zum Gesetzesentwurf im Bericht des Sozialausschusses 1698 der Beilagen über die Regierungsvorlage 1613 betreffend ein Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz).
Es sollte somit auch die rückwirkende Anrechnung von bis zu zehn Jahren ermöglicht werden, wenn die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen während der Pflegezeiten erfüllt waren und ordnet § 669 Abs. 3 ASVG nunmehr an, dass die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a ASVG auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt haben, nachträglich beansprucht werden kann, und zwar für alle oder einzelne Monate, längstens jedoch für 120 Monate, in denen die genannten Voraussetzungen vorlagen.
§ 669 Abs. 3 ASVG in der geltenden Fassung steht sohin einer zeitraumbezogenen Anwendung des § 18a ASVG entgegen.
Die belangte Behörde stützt sich aber auf die alte Rechtslage, wonach der Antrag für die Zeit bis 31.12.2012 mit der Begründung abgelehnt wurde, dass die Beschwerdeführerin der Pflichtversicherung in einer gesetzlichen Pensionsversicherung unterlag.
§ 669 Abs. 3 ASVG ordnet nun aber richtigerweise die Anwendung der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen an. § 18a ASVG in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung lautet:
"Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes
§ 18a. (1) Personen, die ein behindertes Kind, für das erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, gewährt wird, unter überwiegender Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während dieses Zeitraumes ihren Wohnsitz im Inland haben, längstens jedoch bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres des Kindes, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Der gemeinsame Haushalt besteht weiter, wenn sich das behinderte Kind nur zeitweilig wegen Heilbehandlung außerhalb der Hausgemeinschaft aufhält. Eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes kann jeweils nur für eine Person bestehen.
(2) Die Selbstversicherung ist für eine Zeit ausgeschlossen, während der
1. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 2/2015)
2. eine Ausnahme von der Vollversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 besteht oder auf Grund eines der dort genannten Dienstverhältnisse ein Ruhegenuß bezogen wird oder
3. eine Ersatzzeit gemäß § 227 Abs. 1 Z 3 bis 6 oder § 227a vorliegt.
(3) Eine überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft im Sinne des Abs. 1 wird jedenfalls dann angenommen, wenn und so lange das behinderte Kind
1. das Alter für den Beginn der allgemeinen Schulpflicht (§ 2 des Schulpflichtgesetzes 1985, BGBl. Nr. 76/1985) noch nicht erreicht hat und ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,
2. während der Dauer der allgemeinen Schulpflicht wegen Schulunfähigkeit (§ 15 des Schulpflichtgesetzes 1985) entweder von der allgemeinen Schulpflicht befreit ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf,
3. nach Vollendung der allgemeinen Schulpflicht und vor Vollendung des 40. Lebensjahres dauernd bettlägrig ist oder ständiger persönlicher Hilfe und besonderer Pflege bedarf.
(4) Die Selbstversicherung ist in dem Zweig der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz zulässig, in dem der (die) Versicherungsberechtigte zuletzt Versicherungszeiten erworben hat. Werden keine Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz nachgewiesen oder richtet sich deren Zuordnung nach der ersten nachfolgenden Versicherungszeit, so ist die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung der Angestellten zulässig.
(5) Die Selbstversicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, den der (die) Versicherte wählt, frühestens mit dem Monatsersten, ab dem die erhöhte Familienbeihilfe (Abs. 1) gewährt wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt.
(6) Die Selbstversicherung endet mit dem Ende des Kalendermonates,
1. in dem die erhöhte Familienbeihilfe oder eine sonstige Voraussetzung (Abs. 1) weggefallen ist,
2. in dem der (die) Versicherte seinen (ihren) Austritt erklärt hat.
Ab dem erstmaligen Beginn der Selbstversicherung (Abs. 5) gelten die Voraussetzungen bis zum Ablauf des nächstfolgenden Kalenderjahres als erfüllt; in weiterer Folge hat der Versicherungsträger jeweils jährlich einmal festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung nach Abs. 1 gegeben sind. Der Versicherte ist verpflichtet, den Wegfall der erhöhten Familienbeihilfe dem Träger der Pensionsversicherung binnen zwei Wochen anzuzeigen.
(7) Das Ende der Selbstversicherung steht hinsichtlich der Berechtigung zur Weiterversicherung in der Pensionsversicherung dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 lit. a gleich."
3.4. Zu den Voraussetzungen der Selbstversicherung und dem Fehlen von Ausschlussgründen:
3.4.1. Im Beschwerdefall hat die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung vorliegen, nach der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 2/2015 zu erfolgen, d.h. dass die selbstständige Tätigkeit der Beschwerdeführerin kein Hindernisgrund wäre und die überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft zu prüfen ist.
Die Voraussetzung des Bezuges der erhöhten Familienbeihilfe ist erfüllt. Ebenso leb(t)en die Beschwerdeführerin und ihr zu pflegendes Kind im gemeinsamen Haushalt im Inland und besteht für keine andere Person eine Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege des behinderten Kindes.
3.4.2. Zur überwiegenden Beanspruchung der Arbeitskraft:
Die überwiegende Beanspruchung der Arbeitskraft ist in § 18a Abs. 3 ASVG definiert.
Nach der hier anzuwendenden Rechtslage ist ständige persönliche Hilfe und besondere Pflege gefordert.
"Besondere Pflege" ist ein Begriff aus dem Krankenanstaltenrecht (§ 2 Abs. 1 Z 3 und § 37 Abs. 2 Z 4 KaKuG). Danach steht krankheits-behindertenspezifische Pflege im Gegensatz zur allgemeinen Pflege eines Kindes iSd § 160 Abs. 1 ABGB (Wahrnehmung des körperlichen Wohles und der Gesundheit sowie die unmittelbare Aufsicht, die Erziehung besonders die Entfaltung der körperlichen, geistigen, seelischen und sittlichen Kräften, die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes sowie dessen Ausbildung in Schule und Beruf).
Der Verwaltungsgerichtshof hat diese gesetzliche Voraussetzung so ausgelegt, dass sie dann erfüllt ist, wenn unter Berücksichtigung des Alters und der spezifischen Behinderung des Kindes dessen ständige Betreuung - auch außerhalb der Zeit des Schulbesuches - erforderlich ist und wenn bei Unterbleiben dieser Betreuung die Entwicklung des Kindes im Verhältnis zu einem ähnlich behinderten Kind, dem diese Zuwendung zuteil wird, benachteiligt oder gefährdet ist (vgl. VwGH 19.11.1991, 89/08/0353 u.a.).
Die Pflegeleistungen sind als "ständig" zu beurteilen, wenn sie zwar nicht notwendigerweise täglich, aber doch mehrmals in der Woche regelmäßig erforderlich sind (s. Pfeil in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 18a ASVG Rz 10 [Stand 1.7.2018, rdb.at]).
Das bedeutet für den gegenständlichen Fall:
Die medizinischen Fakten (Diagnose) ergeben sich - wie beweiswürdigend dargelegt - aus den vorliegenden umfangreichen medizinischen Unterlagen, sind unbestritten und daher Grundlage der Beurteilung.
Für die Lösung des vorliegenden Falls ist unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 18a Abs. 3 ASVG wesentlich, ob und in welchem Umfang die Beschwerdeführerin regelmäßig eine - behinderungsbedingte - Betreuungstätigkeit geleistet hat, die diese Kriterien erfüllt.
Aus dem ärztlichen Gutachten der PVA vom 28.04.2017 ergibt sich eben u. a., dass ständige (mehrmals in der Woche regelmäßige) persönliche Hilfe und besondere Pflege erforderlich ist, sich die notwendigen Pflegeleistungen auf die spezielle Behinderung beziehen, XXXX bei Unterbleiben dieser Pflegeleistungen im Verhältnis zu einem ähnlich behinderten, jedoch betreuten Kind benachteiligt bzw. gefährdet gewesen wäre. Es haben sich - wie ausgeführt - vor dem Hintergrund der Diagnose und der vorhandenen medizinischen Unterlagen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dies zwischen Oktober 2008 und Dezember 2012 anders gewesen wäre.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Beschwerdeführerin für ihren Sohn regelmäßig wiederkehrende, notwendige und krankheits- und behinderungsbedingte Betreuungsleistungen erbracht hat, weil XXXX als Entwicklungsstörung eine deutlich erhöhte Anforderung in (fast) allen Bereichen mit sich bringt und wird in diesem Zusammenhang auf die emotionalen und sozialen Defizite, speziellen Interessen, Notwendigkeit klarer Strukturen, Aggressivität und äußerst hohe Schmerzgrenze sowie auf die dadurch notwendigen besonderen Unterstützungsmaßnahmen, therapeutische Maßnahmen sowie ferner alternativen Therapieversuche verwiesen.
Die regelmäßigen Betreuungsleistungen waren auf Grund der festgestellten Diagnose bzw. des Bilds der Entwicklungsstörung erforderlich und wären diese Pflege- und Betreuungsmaßnahmen bei einem nicht beeinträchtigten Kind nicht in dieser Weise zu erbringen gewesen.
Die Beschwerdeführerin leistete ständige Betreuung im Sinne der oben dargelegten Auslegung der Judikatur, die erforderlich war, weil bei Unterbleiben dieser Betreuung die Entwicklung des Kindes im Verhältnis zu einem Kind mit ähnlichem Krankheitsbild, dem diese Zuwendung zuteil wird, benachteiligt bzw. gefährdet gewesen wäre.
Damit erfüllt sie die Voraussetzung der ständigen persönlichen Hilfe und besonderen Pflege, sodass in dem im Spruch genannten Zeitraum das Vorliegen überwiegender Inanspruchnahme der Arbeitskraft zu bejahen ist. Das Höchstausmaß von 120 Monaten nach § 669 Abs. 3 ASVG wird nicht überschritten.
Die sonstigen Tatbestandselemente sind wie ausgeführt gegeben, Hinderungsgründe liegen nicht vor.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden. Die bereits mit Bescheid der PVA vom 30.05.2017 zuerkannten Zeiten ab Juni 2015 bleiben davon unberührt.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zu der hier entscheidungserheblichen Frage, zu welchem Zeitpunkt die Anspruchsvoraussetzungen für die Selbstversicherung nach § 18a ASVG erfüllt sein müssen bzw. welche Fassung des § 18a ASVG anzuwenden ist, fehlt es - soweit zu sehen - an Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Es liegt hier auch keine so eindeutige Rechtslage vor, dass eine höchstgerichtliche Klarstellung nicht notwendig wäre (s. vollständigkeitshalber Niederschrift der mündlichen Beschwerdeverhandlung S. 9 letzter Absatz). Die Lösung dieser Frage hat zudem nicht nur Bedeutung für den vorliegenden Beschwerdefall - es liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Schlagworte
Arbeitskraft, Pensionsversicherung, Pflege, Rechtslage, RevisionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W263.2166704.1.00Zuletzt aktualisiert am
26.07.2019