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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
AbgÄG 1994 Art8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der J in Wien, vertreten durch die Dr. Arnold
Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 12. April 1996, Zl. GA 9-90/1/96, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 2. März 1995 verstarb Gertraud Schneider unter Hinterlassung eines Kodizills vom 12. Juni 1994 samt einem undatierten Nachtrag dazu.
Im Kodizill war u.a. betreffend die Beschwerdeführerin folgendes verfügt:
"Meine Nichte Jutta bekommt ... und S 200.000,-- bar".
(3. Oktober 1996)
Im Nachtrag dazu lautet es u.a.:
"Es sind Bargeld 3,000.000 S (drei Millionen) davon sollen
bekommen 500.000 Jutta ..."
Im Nachlaß befanden sich u.a. 17 Sparbücher.
Im Zuge der im Abhandlungsverfahren A 133/95 g des
BG Hollabrunn vom Gerichtskommissar aufgenommenen Niederschrift vom
25. Juli 1995 einigten sich Erben und Legatare u.a. darauf, daß das
Geldlegat der Beschwerdeführerin aus dem Nachtrag zum Kodizill mit
S 500.000,-- anerkannt wurde; das Geldlegat aus der letztwilligen
Verfügung vom 12. Juni 1994 hingegen nur mit S 100.000,--.
In diesem Zusammenhang wurde vereinbart, daß die Sparbücher dem Testamentsvollstrecker Rechtsanwalt Dr. S. T. übergeben werden, der darüber das Verfügungsrecht erhält und die Legatare zu befriedigen hat.
Mit Beschluß vom 24. August 1995, A 133/95 g-3, wurde auf Grund der genannten Niederschrift vom 25. Juli 1995 der Legatsausweis als erbracht angesehen und u.a. der Testamentsvollstrecker ermächtigt, über die Sparguthaben zu verfügen, der Gerichtskommissar angewiesen, die Sparbücher dem Testamentsvollstrecker auszufolgen und die Einantwortungsurkunde erlassen.
Einem Bericht des Testamentsvollstreckers an den Gerichtskommissär vom 16. November 1995 ist dazu zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin aus den dem Testamentsvollstrecker zur Erfüllung der Vermächtnisse übergebenen Werten (Sparbücher im Gesamtwert von S 2,860.000,-- und aus dem Verkauf eines Nachlaßobjektes stammende Barmittel von S 1,275.148, ) drei Sparbücher mit einem Einlagestand von insgesamt S 500.000,-- und einen Barbetrag von S 100.000,-- erhielt.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien schrieb daraufhin mit Bescheid vom 5. Jänner 1996 für das Barlegat in Höhe von S 600.000,-- der Beschwerdeführerin Erbschaftssteuer vor.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit dem Begehren, die ihr "vermachten Sparguthaben" gemäß § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG steuerfrei zu stellen. Es sei nämlich einem juristischen Laien nicht zuzumuten, die gesetzeskonformen Bezeichnungen zu wählen, um in den Genuß von Steuerbegünstigungen bzw. -befreiungen zu gelangen. Nach dem Willen der Erblasserin sei davon auszugehen, daß diese der Beschwerdeführerin ihre Sparguthaben zuwenden habe wollen, sie habe offensichtlich Sparguthaben als Bargeld bezeichnet; im Verlassenschaftsverfahren seien nur Sparguthaben und kein Bargeld vorhanden gewesen.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und vertrat die Auffassung, der Beschwerdeführerin sei ein Geldlegat ausgesetzt worden, nicht hingegen bestimmte endbesteuerte Sparguthaben. Eine nach dem Entstehen der Steuerschuld zwischen Erben und Vermächtnisnehmern getroffene Erfüllungsabrede vermöge den bereits entstandenen Abgabenanspruch nicht mehr abzuändern oder aufzuheben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Erbschaftssteuerfreiheit für den Wert von S 500.000,-- (Sparbücher) verletzt, die ihr im Abhandlungsverfahren nach Gertraud Schneider zugekommen sind.
In der Darlegung der Beschwerdegründe wird u.a. der Standpunkt vertreten, nur rechtskundige und mit "diesen Tricks" vertraute Personen könnten Erbschaftssteuerfreiheit erzielen. Es sei nicht Aufgabe des Steuergesetzgebers, Zufallsergebnisse auf Grund der Unwissenheit der Erblasser für den Fiskus auszunützen.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Verfassungsbestimmungen des § 1 Abs. 1 und 2 sowie § 3 des Endbesteuerungsgesetzes, BGBl. Nr. 11/1993, lauten in der für den Beschwerdefall anzuwendenen Fassung des Steuerreformgesetzes, BGBl. Nr. 818/1993, auszugsweise:
"Abschnitt I
Steuerabgeltung bei bestimmten Einkünften
aus Kapitalvermögen und sonstigen Vermögen
durch Abzug von Kapitalertragsteuer
§ 1. (1) Es ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß bei der Besteuerung
1. von Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 27 des Einkommensteuergesetzes 1988), und zwar von a) Kapitalerträgen aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten und sonstigen Forderungen gegenüber Kreditinstituten (§ 1 des Bankwesengesetzes), denen ein Bankgeschäft zugrunde liegt,
b) Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren, wenn sich die kuponauszahlende Stelle im Inland befindet,
2. des sonstigen Vermögens (§ 69 des Bewertungsgesetzes 1955), aus dem die Kapitalerträge im Sinne der Z. 1 fließen, sowie des Erwerbes dieses Vermögens von Todes wegen die Steuern (Abs. 2) - soweit diese Kapitalerträge nach der für das Kalenderjahr 1993 geltenden Rechtslage einem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen - mit dem Kapitalertragsteuerabzug abgegolten sind. Für abzugsfreie Forderungswertpapiere ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß die Abgeltung der Steuern auch dann eintritt, wenn im Wege der kuponauszahlenden Stelle ein Betrag in Höhe dieser Kapitalertragsteuer geleistet wird.
(2) Abs. 1 gilt hinsichtlich 1. Lit. a und b für die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) und Vermögensteuer, soweit die Steuerschuld ab 1. Jänner 1993 entstanden ist, sowie die Erbschafts- und Schenkungssteuer, wenn der Erblasser nach dem 31. Dezember 1992 verstorben ist."
...
§ 3. Von den Maßnahmen im Sinne der §§ 1 und 2 bleiben unberührt:
1. Die Besteuerung von Einkünften und Vermögen, die nicht dieser Kapitalertragsteuer unterliegen.
2. Die Besteuerung von Erwerben von Todes wegen von Vermögen, aus dem keine Kapitalerträge im Sinne des § 1 fließen, sowie von Schenkungen unter Lebenden.
Nach § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1994, BGBl. Nr. 680 (zur Anwendung vgl. Art. VIII Z. 2 des letztgenannten Gesetzes) bleiben steuerfrei Erwerbe von Todes wegen von Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz sowie § 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz EStG 1988 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 12/1993, unterliegen.
Da der Verwaltungsgerichtshof Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG 1955 hegte, beantragte er mit Beschluß vom 3. Oktober 1996, Zl. A 69/96, die Aufhebung dieser Bestimmung als verfassungswidrig (in eventu auch in § 2 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. die Wortfolge "durch Vermächtnis). Zur Vermeidung weitwendiger Wiederholungen wird auf diesen Beschluß verwiesen.
Mit Erkenntnis vom 12. Oktober 1998, G 308/96-14, gab der Verfassungsgerichtshof dem Primärantrag keine Folge und wies den Eventualantrag zurück, wobei der Verfassungsgerichtshof u. a. ausdrücklich aussprach, daß § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG dem (im Verfassungsrang stehenden) § 1 Abs. 1 Z. 2 EndbesteuerungsG entspricht, soweit dieser die Erbschafts- und Schenkungssteuer betrifft.
Die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG in der angeführten Fassung, deren Anwendung von der Beschwerdeführerin angestrebt wird, bezieht sich ihrem Wortlaut nach auf Kapitalvermögen, dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung im einkommensteuerrechtlichen Sinne unterliegen. Daraus folgt, daß es sich bei diesem sog. "endbesteuerten" Kapitalvermögen zur Erlangung der Steuerbefreiung um konkretes, dem Erblasser im Zeitpunkt seines Todes zugerechnetes Vermögen gehandelt haben muß.
Das war in Gestalt der im Nachlaß vorhandenen und dem Testamentsvollstrecker zur Befriedigung der Legate übergebenen Sparbüchern der Fall. Davon erhielt die Beschwerdeführerin schließlich (nach der Erlassung der Einantwortungsurkunde) vom Testamentsvollstrecker drei Sparbücher mit einem Gesamteinlagenstand von S 500.000,-- ausgefolgt (die sie offenbar übernahm). Damit war die Forderung der Beschwerdeführerin, die als Legatarin eines Barlegates lediglich einen Geldforderungsanspruch gegen den Nachlaß (bzw. nach Einantwortung gegen die Erben) erworben hatte, im Wege einer Leistung an Zahlungs Statt gemäß § 1414 ABGB erfüllt (an sich stellt nämlich die Hingabe von Sparbüchern nicht Zahlung dar und braucht daher vom Gläubiger auch nicht als Zahlung angenommen zu werden; vgl. OGH 1. März 1933, Rsp 1933/267).
Nach herrschender Auffassung kommt bei Legaten dem Vermächtnisnehmer die Steuerfreiheit des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG nur zu, wenn Inhalt des Vermächtnisses ein endbesteuerter Vermögenswert ist; handelt es sich hingegen um ein Geldvermächtnis, so ist das Vermächtnis nicht steuerfrei (vgl. dazu insbesondere Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern, Band III, 4. Teil, Erbschafts- und Schenkungssteuer, RZ 75 Abs. 2 zu § 15 ErbStG unter Berufung auf Doralt, Erbe und Legatar: Wem gehört der Vorteil aus der Endbesteuerung?, RdW 1993, 122).
Dazu kommt, daß es ohne Einfluß auf die Bestimmung des Erwerbsgegenstandes sowie dessen Bewertung ist, durch welche Leistungen der mit dem Tod des Erblassers entstandene Vermächtnisanspruch erfüllt worden ist. Nimmt der Vermächtnisnehmer (Gläubiger) eine andere als die geschuldete Leistung (hier Geldzahlung) an Erfüllungs Statt an (hier die Übergabe von Sparbüchern), so führt dies zu einem Erlöschen des ursprünglichen Schuldverhältnisses. Der ursprüngliche - im Zeitpunkt der Entstehung des Erbschaftssteueranspruches gegebene und damit maßgebliche - Inhalt des durch das Vermächtnis begründeten Schuldverhältnisses (hier einer Geldforderung) wird jedoch davon nicht berührt. Nach der Entstehung des Steueranspruches zwischen dem Erben und dem Vermächtnisnehmer getroffenen Erfüllungsabreden vermögen den einmal entstandenen Steueranspruch nicht aufzuheben oder zu modifizieren (vgl. Fellner, a.a.O., Rz 35a zu § 2 ErbStG unter Berufung auf BFH 25. Oktober 1995, II R 5/92, DStR 1996, 103).
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Wien, am 17. Dezember 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998160364.X00Im RIS seit
29.01.2002