TE Vwgh Erkenntnis 1998/12/17 97/06/0179

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Veröffentlicht am 17.12.1998
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Index

L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;
L82000 Bauordnung;

Norm

BauRallg;
ROG Tir 1997 §38 Abs1;
ROG Tir 1997 §38 Abs2;
ROG Tir 1997 §38 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde der U-Liegenschaftsverwaltung GmbH in W, vertreten durch D, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 31. Juli 1997, Zl. Ve1-550-2390/1-8, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Kitzbühel, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Gegenstand des vorliegenden Bauverfahrens ist der Neubau einer Gerätehütte auf dem als "Wohngebiet" gewidmeten näher angeführten Grundstück in K. Mit dem hg. Erkenntnis vom 20. März 1997, Zl. 96/06/0147-9, wurde der im ersten Rechtsgang ergangene abweisende Vorstellungsbescheid wegen Anwendung des als verfassungswidrig erkannten Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 aufgehoben.

Im fortgesetzten Verfahren wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. Mai 1997 der in diesem Bauverfahren ergangene Berufungsbescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 18. Oktober 1995 in Bindung an die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes aufgehoben.

Mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 9. Juli 1997 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 18. August 1995, mit dem das Ansuchen auf Errichtung eines Gartenhauses auf der näher bezeichneten Liegenschaft abgewiesen worden war, neuerlich als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist nach Anführung der maßgeblichen Gesetzesbestimmung, des § 38 Abs. 4 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1997 i.d.F. des Gesetzes LGBl. Nr. 28/1997, im wesentlichen damit begründet, daß zwar die Errichtung eines Gartenhauses dem Verwendungszweck des entsprechenden Grundstückes - somit "Garten" - entspreche. Es sei jedoch ebenso unumstritten, daß dieses Gartenhaus als Nebenanlage ohne Bezug zu einem Hauptgebäude auf einer eigenen Grundparzelle errichtet worden sei. Wesentlich sei, ob es sich im gegenständlichen Fall um eine Nebenanlage zu einem Gebäude handle, wobei dabei natürlich ein gewisser Zusammenhang bzw. Naheverhältnis des Gebäudes und der Nebenanlage Voraussetzung sei. Ein räumliches Naheverhältnis könne im vorliegenden Fall zwar festzustellen sein, ein rechtliches Naheverhältnis sei jedoch schwer vorstellbar, zumal die weitere Verwendung von getrennten Grundparzellen nicht vorhersehbar sei. Werde daher die Nebenanlage - wie im vorliegenden Fall - auf einer eigenen Grundparzelle errichtet, so könne von einem Naheverhältnis nicht mehr gesprochen werden und es sei von einem eigenen, auf dieser Parzelle errichteten Bauvorhaben auszugehen. Eine Zulässigkeit sei daher nicht gegeben. Diese Auslegung entspreche den Intentionen des Gesetzgebers, der zwar Nebenanlagen zu Gebäuden in den besagten Widmungskategorien erlaube, andererseits eine sogenannte "Verhüttelung", die durch derartige Nebenanlagen auf eigenen Grundparzellen entstehen würde, verhindern wollte. Der Gesetzgeber habe unter allen Umständen vermeiden wollen, daß im Wohngebiet befindliche Grundparzellen durch derartige Nebenanlagen ohne Bezug zu einem Hauptgebäude verbaut würden. Der Gesetzgeber habe zwar nicht ausgesprochen, daß sich "Gebäude" und "Nebenanlage" auf ein und demselben Grundstück befinden müßten. Nach Auffassung der belangten Behörde sei dies jedoch die einzige Möglichkeit, um ein rechtliches Naheverhältnis zu gewährleisten. Von einer räumlichen Nähe sei dabei nicht auszugehen. Abschließend werde darauf hingewiesen, daß die Ausgestaltung des gegenständlichen Gartenhauses mit einem Kachelofen bzw. mit Holzvertäfelung des Innenraumes nicht unbedingt auf die Notwendigkeit des Gartenhauses zum Abstellen von Geräten und Werkzeugen sowie zum Ausruhen im Rahmen der Pflege und Bewirtschaftung des Gartens hinweise. Die erstinstanzliche Behörde habe richtig festgestellt, daß weder die im Einreichplan dargestellte Raumbezeichnung noch die anläßlich der Bauverhandlung festgestellte Ausgestaltung der Gartenhütte den Schluß zuließen, daß dieses Gebäude einen dem Grundstück entsprechenden Verwendungszweck entspreche.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß dem im vorliegenden Bauverfahren anzuwendenden § 38 Abs. 4 Tiroler Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. Nr. 10/1997 (TROG 1997), dürfen im Wohngebiet und im gemischten Wohngebiet unter den gleichen Voraussetzungen wie für Gebäude auch Nebenanlagen zu Gebäuden errichtet und sonstige Bauvorhaben, die einem im jeweiligen Gebiet zulässigen Verwendungszweck dienen, ausgeführt werden.

Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, daß bei richtiger rechtlicher Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes und bei gesetzeskonformer Sachverhaltsfeststellung die Behörde erster Instanz davon ausgehen hätte müssen, daß ein sonstiges Bauvorhaben im Sinne des § 38 Abs. 4 TROG 1997 vorliege, welches unzweifelhaft einem im Wohngebiet zulässigen Verwendungszweck dienen solle.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht. Wenn der Gesetzgeber im § 38 Abs. 4 leg. cit. neben dem Begriff "Gebäude" bzw. "Nebenanlagen zu Gebäuden" "sonstige Bauvorhaben" nennt, so müssen damit im systematischen Zusammenhang Bauvorhaben gemeint sein, die weder ein Gebäude noch eine Nebenanlage zu einem Gebäude darstellen. Für diese Auslegung spricht auch, daß im § 38 Abs. 1 und 2 leg. cit. die Zulässigkeit der Errichtung bestimmter Gebäude im Wohngebiet bzw. gemischtem Wohngebiet umfassend geregelt ist.

Die Beschwerdeführerin wendet sich weiters gegen die Auffassung, daß das Vorliegen eines Nebengebäudes deshalb verneint wurde, weil sich das Hauptgebäude nicht auf dem selben Grundstück, sondern auf dem benachbarten Grundstück befindet. Die verfahrensgegenständliche Liegenschaft, deren EZ näher angeführt wird, bestehe aus zwei Grundstücken. Auf dem unmittelbar angrenzenden näher angeführten Grundstück befinde sich das Wohngebäude. Beide Grundstücke wiesen eine Gesamtfläche von

4.260 m2 auf und lägen im Wohngebiet. Die beiden Grundstücke hätten nur eine gemeinsame Zufahrt von einem näher bezeichneten Weg kommend. Sie seien von einer gemeinsamen geschlossenen Zaunanlage umgeben. In der Natur sei keine Abgrenzung zwischen den beiden Grundstücken vorhanden, vielmehr sei über die Grundstücksgrenze hinweg auf der Grenze ein Teich angelegt. Das Gesetz erlaube die Errichtung von Nebenanlagen zu Gebäuden im Wohngebiet und im gemischten Wohngebiet. Es sei also einerseits auf die Widmung (Wohngebiet) abzustellen und andererseits sei zu prüfen, ob der vom Gesetz geforderte Zusammenhang zwischen Gebäude und Nebenanlage gegeben sei. Von einer räumlichen Nähe bzw. einem rechtlichen Naheverhältnis, wie sie von der belangten Behörde als Voraussetzung verlangt werde, spreche der Gesetzgeber nicht.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht. Das verfahrensgegenständliche Baugrundstück liegt unbestritten im Wohngebiet. Die angeführte gesetzliche Bestimmung bietet keinerlei Ansatzpunkt dafür, daß eine Nebenanlage zu einem Gebäude nur dann angenommen werden kann, wenn sich das Hauptgebäude auf demselben Grundstück befindet. Voraussetzung für das Vorliegen einer Nebenanlage ist, daß die bauliche Anlage zu einem Hauptgebäude in dienender bzw. untergeordneter Funktion in Beziehung steht (siehe das hg. Erkenntnis vom 20. November 1997, Zl. 97/06/0178). Grundsätzlich wird für das Vorliegen einer Nebenanlage ein gewisser räumlicher Zusammenhang zwischen Hauptgebäude und Nebenanlage Voraussetzung sein. Nicht einzusehen ist aber, daß dieser räumliche Zusammenhang nur dann zu bejahen wäre, wenn sich das Hauptgebäude und die Nebenanlage auf einem Grundstück befinden. Auch in dem Fall wie dem vorliegenden, in dem zwei unmittelbar aneinander grenzende Grundstücke im Eigentum ein und derselben Person stehen, ist die für den Begriff Nebenanlage geforderte räumliche Beziehung zum Hauptgebäude zu bejahen, wenn auf dem unmittelbar benachbarten demselben Eigentümer gehörenden Grundstück eine Nebenanlage errichtet wird. Eine Gartenhütte ist auch von ihrer dienenden Funktion her als Nebenanlage zu einem Wohngebäude als Hauptgebäude anzusehen. Die belangte Behörde hat daher zu Unrecht die Auffassung vertreten, daß die vorliegende Gartenhütte keine Nebenanlage zu einem Gebäude im Sinne des § 38 Abs. 4 TROG 1997 darstellt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren in bezug auf Barauslagen war im Hinblick darauf, daß Stempelgebühren nur für die Beschwerde

in dreifacher Ausfertigung und für den angefochtenen Bescheid in einfacher Ausfertigung zustanden, abzuweisen.

Wien, am 17. Dezember 1998

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997060179.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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