TE Vwgh Beschluss 2019/6/25 Ra 2019/05/0079

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Veröffentlicht am 25.06.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/05/0080Ra 2019/05/0081

Betreff

?

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. der A E und

2. des G D, beide in S, und 3. der Bürgerinitiative N in N, alle vertreten durch Dr. David M. Suntinger, Rechtsanwalt in 9300 St. Veit an der Glan, Unterer Platz 15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 19. September 2018, Zl. KLVwG-1010-1012/18/2018, betreffend eine abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Kärnten; mitbeteiligte Partei: F GmbH in S, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Reisnerstraße 53), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 27.2.2018, Ra 2018/05/0024, mwN).

5 Ferner ist nach der ständigen hg. Rechtsprechung in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Erkenntnissen wie auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht ausreicht (vgl. zum Ganzen nochmals VwGH 27.2.2018, Ra 2018/05/0024, mwN).

6 Einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargelegt werden muss. So läge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung etwa im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes - zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist - nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 12.3.2019, Ra 2019/05/0045, mwN).

7 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 6. März 2018 wurde der mitbeteiligten Partei für ihre Behandlungsanlage nach Einholung fachlicher Stellungnahmen von Amtssachverständigen die Genehmigung für eine Mengensteigerung der Mitverbrennung von nicht gefährlichen Abfällen (Altholz rein) und eine Erweiterung des Abfallschlüsselnummernkataloges mit Flexibilisierungen innerhalb der erweiterten bzw. genehmigten Abfallarten (im näher bestimmten Umfang) unter Vorschreibung näher bestimmter Auflagen nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 - AWG 2002 erteilt.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (unter Spruchpunkt I.) die von den revisionswerbenden Parteien gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit der Maßgabe, dass sieben (näher bezeichnete) Auflagenpunkte ersatzlos gestrichen wurden, abgewiesen und (unter Spruchpunkt II.) eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt.

9 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, die Begründung des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (im Folgenden: Verwaltungsgericht) für die Abweisung der Anträge der revisionswerbenden Parteien auf Einvernahme von Personen, die eine Geruchsbelästigung bestätigen könnten, im angefochtenen Erkenntnis, wonach keine der genannten Personen eine entsprechende Ausbildung zur Beurteilung des Sachverhaltes auf dem Gebiet der "Olfaktorie" aufweise, finde keine Deckung in der hg. Judikatur und sei grob verfahrensrechtswidrig. Als Zeugen genannte Personen dürften nach der unrichtigen Ansicht des Verwaltungsgerichtes über eigene Wahrnehmungen nur aussagen können, wenn sie über eine fachliche Qualifikation in diesem Wahrnehmungsbereich verfügten. Ein solches Erfordernis habe der Verwaltungsgerichtshof bisher nicht judiziert.

10 Weiters habe das Verwaltungsgericht den Antrag der revisionswerbenden Parteien auf Einräumung einer dreimonatigen Frist für die Vorlage von Privatgutachten mit der aktenwidrigen Begründung abgewiesen, dass der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung angeblich zumindest seit zwei Monaten festgestanden sei. Zudem habe das Verfahren bereits im Jahre 2014 begonnen "und wurden die Gutachten bis zum heutigen Tage noch nicht in Auftrag gegeben". Damit entferne sich das Verwaltungsgericht von der ständigen hg. Judikatur. So hätte es der Partei eine ausreichende Frist zur Stellungnahme einräumen müssen, die es ihr ermögliche, ihr Vorbringen entsprechend zu überlegen und zu formulieren sowie eventuell fachlichen Rat einzuholen oder ein (Gegen-)Gutachten vorzulegen. Die belangte Behörde habe für die Verhandlung und in der Verhandlung bereits vor Jahren erstattete, aber keine aktualisierten Gutachten vorgelegt. Die Begründung des Verwaltungsgerichtes und damit die Abweisung seien wegen Verletzung des Parteiengehörs grob verfahrensrechtswidrig und begründeten zudem eine Verletzung tragender Grundsätze für ein faires Verfahren gemäß Art. 6 EMRK.

11 Ferner habe das Verwaltungsgericht den Antrag der revisionswerbenden Parteien auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Bereich Chemie mit der aktenwidrigen Begründung abgewiesen, es sei kein konkretes Beweisthema angeführt, obwohl dem Antrag die konkrete Frage zugrunde gelegen sei, "ob durch die neu hinzukommenden Änderungen die Rauchgasreinigung der neueste Stand der Technik ist". Neu hinzukommende Mengen an Abfällen, neue Abfallschlüsselnummern und die Flexibilisierung bedingten eine Änderung des Brenngutes und damit auch der Abgase. Im gesamten Verfahren von der Verbrennung im Brennkessel bis zum Austritt aus dem Kamin liefen chemische Prozesse ab, die je nach Brenngut zu unterschiedlichen Ergebnissen führten. Selbst der Amtssachverständige habe gegenüber einem Revisionswerber geäußert, das Gericht müsse zur Beantwortung von dessen Frage einen Sachverständigen aus dem Gebiet der Chemie bestellen. Das sei der Grund für den oben genannten Antrag gewesen. Durch dessen Ablehnung sei die Feststellung eines entscheidungserheblichen Sachverhaltes verhindert worden. Darin liege ebenfalls ein Verfahrensfehler, weil der wahre Sachverhalt ungeklärt geblieben sei. Auch hiemit habe das Verwaltungsgericht die Grundsätze eines fairen Verfahrens gemäß Art. 6 EMRK grob verletzt.

12 Die aufgezeigten gravierenden Verfahrensmängel seien allesamt relevant für den Verfahrensausgang, wie im Rahmen der Revisionsgründe näher ausgeführt, und abstrakt dazu geeignet, dass es im Falle eines mängelfreien Verfahrens für die revisionswerbenden Parteien zu einer anderen - günstigeren - Sachverhaltsgrundlage gekommen wäre.

13 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

14 So lässt dieses Vorbringen eine ausreichende Verknüpfung zwischen der zu individualisierenden Rechtsfrage, dem von den revisionswerbenden Parteien dieser konkret zugrunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, die erforderlich wäre, um den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage zu versetzen, zu beurteilen, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (vgl. dazu etwa VwGH 21.11.2017, Ra 2016/05/0092, mwN), vermissen. Insbesondere wird von der Revision in der Zulässigkeitsbegründung nicht dargelegt, welche vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen als unrichtig bekämpft werden und welche konkreten Feststellungen aufgrund der nach Auffassung der revisionswerbenden Parteien in ihrer Zulässigkeitsbegründung aufzunehmenden Beweise im angefochtenen Erkenntnis hätten getroffen werden müssen, um zu einer für die revisionswerbenden Parteien günstigen Sachverhaltsgrundlage zu gelangen. Damit lässt das Zulässigkeitsvorbringen nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht im Sinne der oben genannten Judikatur tragende Verfahrensgrundsätze verletzt habe.

15 Mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 25. Juni 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050079.L00

Im RIS seit

20.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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