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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Die Rechtsanwaltskammer Wien ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreter die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid der Abteilung III des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 12. Jänner 1994 wurde der Beschwerdeführer gemäß §45 RAO in einem näher bezeichneten Verfahren zum Amtsverteidiger für den Beschuldigten S G bestellt.
Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer Vorstellung erhoben, der jedoch vom Ausschuß der Rechtsanwaltskammer Wien mit Beschluß vom 8. Februar 1994 keine Folge gegeben wurde.
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf ein gerichtliches Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides begehrt wird.
3. Der Ausschuß der Rechtsanwaltskammer Wien hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher der bekämpfte Bescheid verteidigt und die Zurückweisung bzw. Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Der Beschwerdeführer hat dazu eine Stellungnahme abgegeben, in welcher er zusätzlich die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend macht, worauf die belangte Behörde ihrerseits mit einer Stellungnahme repliziert hat.
4. Aus Anlaß der Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 7. März 1996 gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des zweiten Satzes des §41 Abs3 der Strafprozeßordnung idF des Strafprozeßänderungsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 526/1993, und der Wortfolge "Hat das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwalts beschlossen oder" sowie des Wortes "solche" im §45 Abs1 der Rechtsanwaltsordnung idF des BG BGBl. Nr. 383/1983 ein. Mit Erkenntnis vom 10. Dezember 1996 G127,129/96 wurden die in Prüfung gezogenen Teile des §45 Abs1 RAO als verfassungswidrig aufgehoben.
5. Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B535.1994Dokumentnummer
JFT_10038790_94B00535_00