Entscheidungsdatum
15.01.2019Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
G314 2199746-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch den Rechtsanwalt XXXX, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichts XXXX vom 05.06.2018, XXXX, betreffend Zeugengebühren zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Der BF ist Angeklagter im Strafverfahren XXXX des Landesgerichts XXXX (Grundverfahren). In diesem Verfahren fand am 14.05.2018 auf einem Grundstück des Privatbeteiligten XXXX in XXXX eine Befundaufnahme mit dem gerichtlich bestellten Sachverständigen XXXXstatt.
Mit Eingabe vom 28.05.2018 beantragte der Privatbeteiligte, seine Zeugengebühr für die Anreise zur Befundaufnahme mit EUR 222,60 (Reisekosten EUR 201,60 [Kilometergeld 2 x 240 km], Verpflegungsmehraufwand EUR 21) zu bestimmen.
Mit dem oben angeführten Bescheid wurde die Gebühr des Privatbeteiligten mit EUR 202,40 bestimmt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus EUR 181,40 an Reisekosten (EUR 176,80 Bahnfahrt XXXX - XXXX und retour, 2 x EUR 2,30 Stundenkarte Verkehrsverbund XXXX) und EUR 21 an Mehraufwand für Verpflegung. Der Privatbeteiligte sei für die Befundaufnahme am 14.05.2018 aus XXXX (Deutschland) nach XXXX angereist. Die Befundaufnahme habe von 14.40 Uhr bis 16.22 Uhr gedauert. Die Voraussetzungen für die Benützung eines PKW seien nicht erfüllt, sodass ihm die Kosten der Anreise mit Bahn und Bus zuzusprechen seien. Ausgehend von der Anreise am 13.05.2018 und der Rückreise am 14.05.2018 stünden ihm außerdem die begehrten Verpflegungskosten zu.
Dagegen richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Beschwerde, mit der der BF anstrebt, dem Privatbeteiligten keine Zeugengebühren zuzuerkennen, weil er aus eigenem Antrieb zu der Befundaufnahme gereist sei. Er habe für diesen Termin weder eine Ladung erhalten noch sei seine Teilnahme notwendig gewesen, zumal er ohnehin durch seinen Rechtsanwalt vertreten und bereits zuvor vernommen worden sei.
Die Präsidentin des Landesgerichts XXXX legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens (ohne Beschwerdemitteilung und ohne Beschwerdevorentscheidung) dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo diese am 02.07.2018 einlangten.
Aufforderungsgemäß wurden dem BVwG am 16.07.2018 noch das Schreiben der Richterin des Grundverfahrens vom 13.07.2018 und das in diesem Verfahren erstellte Gutachten des Sachverständigen XXXX vom 29.06.2018 vorgelegt, die dem BF und dem Angeklagten jeweils zur Kenntnis und zur allfälligen Stellungnahme übermittelt wurden. Der BF erstattete keine Stellungnahme. Der Privatbeteiligte erstattete eine Stellungnahme und übermittelte dem BVwG weitere Unterlagen.
Feststellungen:
Mit Beschluss vom 09.03.2018 wurde XXXX zum Sachverständigen im Grundverfahren bestellt und damit beauftragt, ein Gutachten zu den Kosten der Wiederbepflanzung von auf dem Grundstück des Privatbeteiligten entfernten Gehölzen zu erstellen. Der Sachverständige lud den Privatbeteiligten und dessen anwaltlichen Vertreter zur Teilnahme an der Befundaufnahme vor Ort ein.
Der Privatbeteiligte nahm an der Befundaufnahme, die am 14.05.2018 zwischen 14.40 Uhr und 16.20 Uhr in XXXXdurchgeführt wurde, teil, zu der er von seinem Wohnort in XXXX(Deutschland) aus anreiste.
Die Bahnfahrt von XXXX nach XXXX und retour kostet EUR 176,80. Die Busfahrt von XXXX nach XXXX und die Retourfahrt kosten jeweils EUR 2,30. Bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel musste der Privatbeteiligte in XXXX am 14.05.2018 um 6.43 Uhr mit dem Zug abfahren, um an der Befundaufnahme teilzunehmen, und konnte danach frühestens am 15.05.2018 um 12.36 Uhr dorthin zurückkehren.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG.
Die Bestellung des Sachverständigen und der Gutachtensauftrag ergeben sich konsistent aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem Gutachten selbst. Die Einladung des Privatbeteiligten zur Befundaufnahme wird anhand des von ihm vorgelegten Einladungsschreibens festgestellt, aus dem auch der Ort der Befundaufnahme hervorgeht. Die Feststellung der Teilnahme des Privatbeteiligen an diesem Termin, die vom BF gar nicht in Abrede gestellt wird, basiert auf dem Gutachten und auf dem Schreiben der Richterin des Grundverfahrens, aus denen sich auch Datum und Dauer der Befundaufnahme ergeben. Als Wohnort des Privatbeteiligten wird in den Akten stets Hohenschäftlarn angegeben. Aus seinem Gebührenantrag ergibt sich, dass er von dort aus zur Befundaufnahme anreiste, was schlüssig und plausibel ist, sodass eine entsprechende Feststellung getroffen werden kann.
Die Kosten der Anreise des Privatbeteiligten zur Befundaufnahme mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Beginn und Ende der Reisebewegung ergeben sich aus der von der belangten Behörde eingeholten Auskunft der Deutschen Bahn (https://reiseauskunft.bahn.de) und aus den Tarifen der ÖBB und des Verkehrsverbunds Steiermark. Die Höhe der Zeugengebühren wird vom BF nicht konkret in Zweifel gezogen.
Da die Beschwerde den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen nicht entgegentritt und nur die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde bekämpft, erübrigt sich mangels widerstreitender Beweisergebnisse eine eingehendere Beweiswürdigung.
Rechtliche Beurteilung:
Wenn die Zeugengebühr in Strafsachen (wie hier) EUR 200 übersteigt, ist gemäß § 21 Abs 2 Z 2 GebAG auch der Anklagevertretung sowie jenen Personen, gegen die sich das Verfahren richtet, eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung über die Gebührenbestimmung zuzustellen, soweit sie zum Ersatz der Kosten verpflichtet werden können. Diese Personen können gemäß § 22 Abs 1 GebAG dagegen eine Beschwerde an das BVwG erheben.
Da der Angeklagte gemäß § 381 Abs 1 Z 4 iVm § 389 StPO zur Tragung der Kosten aus dem Ausland geladener Zeugen verpflichtet sein kann, ist der BF zur Erhebung der Beschwerde legitimiert.
Da in der Beschwerde keine erheblichen neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht wurden, ist gemäß § 10 VwGVG keine Beschwerdemitteilung erforderlich.
Gemäß § 1 Abs 1 GebAG haben ua natürliche Personen, die als Zeugen in gerichtlichen Verfahren tätig sind, Anspruch auf Zeugengebühren nach dem GebAG. Als Zeuge iSd GebAG ist gemäß § 2 Abs 1 GebAG auch eine Person anzusehen, die durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen der Befundaufnahme beigezogen wird.
Der Privatbeteiligte nahm an der Befundaufnahme, die auf seinem Grundstück stattfand, auf Einladung des gerichtlich bestellten Sachverständigen persönlich teil. Er wurde somit der Befundaufnahme iSd § 2 Abs 1 GebAG beigezogen. Auf die Anspruchsvoraussetzungen des § 4 Abs 1 GebAG, der auf eine gerichtliche Ladung oder Vernehmung des Zeugen abstellt, kann es im Zusammenhang mit der Beiziehung zur Befundaufnahme durch einen Sachverständigen nicht ankommen, zumal der Sachverständige bei der Befundaufnahme idR keine Vernehmungen durchführt, sondern beweiserhebliche Tatsachen auf Grund seines besonderen Fachwissens feststellt (vgl § 125 Z 1 StPO). Da § 2 Abs 1 GebAG insoweit nicht auf eine Ladung oder Befragung, sondern ausdrücklich auf eine Beiziehung abstellt, ist § 4 Abs 1 GebAG für derartige Fälle teleologisch zu reduzieren. Der BF hat daher Anspruch auf Zeugengebühren nach dem GebAG für seine Teilnahme an der Befundaufnahme.
Gemäß § 3 Abs 1 Z 1 GebAG umfasst die Gebühr des Zeugen ua den Ersatz der notwendigen Reise- und Aufenthaltskosten.
Gemäß § 6 Abs 1 GebAG umfasst der Ersatz der notwendigen Reisekosten (soweit hier relevant) die Kosten der Beförderung des Zeugen mit einem Massenbeförderungsmittel; er bezieht sich grundsätzlich auf die Strecke zwischen dem Ort der Vernehmung des Zeugen und seiner Wohnung oder Arbeitsstätte, je nachdem, wo der Zeuge die Reise antreten oder beenden muss. Im Beschwerdeverfahren ist nicht mehr strittig, dass dem Privatbeteiligten die Kosten für die Benützung eines Beförderungsmittels, das kein Massenbeförderungsmittel ist, nicht zu ersetzen sind, weil die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 GebAG nicht erfüllt sind.
Die Aufenthaltskosten umfassen (neben hier nicht begehrten Nächtigungskosten) gemäß § 13 Z 1 GebAG den Mehraufwand für die Verpflegung, wenn die Reise oder der Aufenthalt am Ort der Vernehmung den Zeugen zwingt, das Frühstück, Mittag- oder Abendessen anderswo als an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort einzunehmen (Z 1). Dem Zeugen sind gemäß § 14 Abs 1 GebAG als Mehraufwand für die Verpflegung EUR 4 für das Frühstück und je EUR 8,50 für das Mittag- und das Abendessen zu vergüten. Gemäß § 14 Abs 2 GebAG ist der Mehraufwand für das Frühstück zu vergüten, wenn der Zeuge die Reise vor 7 Uhr antreten, der Mehraufwand für das Mittagessen, wenn er sie vor 11 Uhr antreten und nach 14 Uhr beenden hat müssen, derjenige für das Abendessen, wenn er die Reise nach 19 Uhr beenden hat müssen. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist dem Privatbeteiligten der Verpflegungsmehraufwand für zweimal Frühstück, ein Mittag- und ein Abendessen zu ersetzen.
Die im angefochtenen Bescheid festgelegten Reise- und Aufenthaltskosten des Privatbeteiligten sind demnach im weder dem Grunde noch der Höhe noch zu beanstanden, sondern entsprechen den Ansätzen des GebAG und dem ersatzfähigen Aufwand des Privatbeteiligten, sodass die Beschwerde im Ergebnis als unbegründet abzuweisen ist.
Die Durchführung einer - ohnehin nicht beantragten - Beschwerdeverhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen, weil von der mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten ist.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu lösen war.
Schlagworte
Aufenthaltskostenersatz, Aufwandersatz, Befundaufnahme,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2199746.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.07.2019