Index
L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AHG 1949 §11;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Anträge des Landesgerichtes Innsbruck vom 11. Dezember 1997, Zl. 18 Cg 165/97g, auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide des Gemeindevorstandes der Gemeinde Götzens vom 13. Februar 1996, Zl. 131-9/56 (hg. Zl. 97/06/0265), des Bürgermeisters der Gemeinde Götzens vom 22. Februar 1996, Zl. 131-9/70 (hg. Zl. 97/06/0266), des Gemeindevorstandes der Gemeinde Götzens vom 18. April 1996, Zl. 131-9/104 (hg. Zl. 97/06/0267), des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom 16. September 1996, o.Zl., betreffend Benützungsbewilligung (hg. Zl. 97/06/0268) und des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom 15. April 1997, Zl. 131-9/132 (hg. Zl. 97/06/0269), gemäß § 11 Abs. 1 AHG, zu Recht erkannt:
Spruch
1. Der Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Götzens vom 13. Februar 1996, Zl. 131-9/56, ist inhaltlich rechtswidrig.
2. Der Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Götzens vom 22. Februar 1996, Zl. 131-9/70, ist nicht rechtswidrig.
3. Der Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Götzens vom 18. April 1996, Zl. 131-9/104, ist nicht rechtswidrig.
4. Der Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom 16. September 1996, o.Zl., betreffend Benützungsbewilligung ist inhaltlich rechtswidrig.
5. Der Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom 15. April 1997, Zl. 131-9/132, ist inhaltlich rechtswidrig.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 1997 stellte das Landesgericht Innsbruck unter Hinweis auf § 11 Abs. 1 des Amtshaftungsgesetzes den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge die Rechtswidrigkeit der im Spruch genannten Bescheide feststellen. Eine Begründung enthält der Antrag nicht.
Aus dem vorgelegten Gerichtsakt und den vorgelegten Verwaltungsakten der Gemeinde Götzens ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Kläger des Ausgangsverfahrens begehrt von der Gemeinde Götzens den Ersatz der Kosten anwaltlicher Vertretung, die dem Kläger "schuldhaft von Organen der Gemeinde Götzens" im Zusammenhang mit einem Baubewilligungsverfahren bzw. mit der Erteilung einer Benützungsbewilligung nach Errichtung eines Gebäudes verursacht worden seien.
Ausgangspunkt der zahlreichen Verfahren, die im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben des Klägers im Ausgangsverfahren geführt wurden, ist eine Baubewilligung des Bürgermeisters der Gemeinde Götzens vom 2. Mai 1989. Diese Bewilligung bezieht sich auf die Errichtung eines Anbaues an das bestehende Wohnhaus auf dem Grundstück des Klägers des Ausgangsverfahrens. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen, ein Antrag auf Wiederaufnahme des Bauverfahrens durch den Nachbarn M. wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Götzens vom 5. April 1993 abgewiesen.
Mit Schreiben vom 6. Februar 1992 beantragte u.a. der Kläger des Ausgangsverfahrens die Erteilung der Benützungsbewilligung für den mit Bescheid vom 2. Mai 1989 bewilligten Anbau. Dieser Antrag ist jener Antrag, über den in den beschwerdegegenständlichen Verfahren zur Erteilung einer Benützungsbewilligung abgesprochen wurde: die zur Zl. 97/06/0265, 0268 und 0269 zu prüfenden Bescheide betreffen Entscheidungen aufgrund dieses Antrages; die zur Zahl 97/06/0266 und 0267 zu prüfenden Bescheide betreffen einen Bauauftrag bezüglich des Gebäudes, um dessen Benützungsbewilligung mit dem genannten Antrag angesucht wurde (nämlich den erstinstanzlichen Bescheid und den Berufungsbescheid).
Im einzelnen ist für die vorliegenden Verfahren von Bedeutung:
Auf Grund eines Devolutionsantrages gemäß § 73 AVG entschied zunächst der Gemeindevorstand der Gemeinde Götzens mit Bescheid vom 22. Juli 1992 über den Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung vom 6. Februar 1992 und wies den Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung ab. Diese Abweisung wurde mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. Februar 1993 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der Gemeinde Götzens verwiesen. Begründend führte die Tiroler Landesregierung in diesem Bescheid aus, dass die Benützungsbewilligung nach § 43 Abs. 2 TBO nur versagt werden dürfte, wenn gegenüber der Baubewilligung Abweichungen vorgenommen worden seien. Die festgestellte Abweichung um 5 cm bei der Errichtung eines Erkers (statt 0,95 cm 1,00) stelle keine bewilligungspflichtige Maßnahme dar, weshalb die Benützungsbewilligung nicht versagt hätte werden dürfen.
Dieser Bescheid blieb (vor dem Verwaltungsgerichtshof) unbekämpft.
Mit Schreiben vom 10. März 1993 beantragten der Kläger des Ausgangsverfahrens und weitere Miteigentümer des Grundstückes den Übergang der Entscheidungspflicht infolge Untätigkeit des Gemeindevorstandes auf den Gemeinderat der Gemeinde Götzens. Mit dem zur Zl. 97/06/0265 verfahrensgegenständlichen Bescheid des Gemeindevorstandes vom 13. Februar 1996 wurde die Erteilung der Benützungsbewilligung neuerlich "verwehrt". Mit Vorstellungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. August 1996, Zl. Ve1-550-1749/25, wurde dieser Bescheid wegen Unzuständigkeit des Gemeindevorstandes behoben (aufgrund des Devolutionsantrages sei die Zuständigkeit nicht mehr beim Gemeindevorstand, sondern beim Gemeinderat gelegen).
In der Folge erließ der Gemeinderat der Gemeinde Götzens den zur Zl. 97/06/0268 verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 16. September 1996, mit dem die Benützungsbewilligung wiederum nicht erteilt wurde. Einer dagegen von den Vorstellungswerbern erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. März 1997 Folge gegeben und die Entscheidung hinsichtlich der Versagung der Benützungsbewilligung aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Gemeinde Götzens verwiesen.
Mit dem zur Zl. 97/06/0269 verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 15. April 1997 hat der Gemeinderat der Gemeinde Götzens die Erteilung der Benützungsbewilligung auf Grund des Antrages des Klägers und der Miteigentümer des Grundstückes vom 6. Februar 1992 neuerlich abgelehnt. Der Bescheid wird damit begründet, dass das Bauvorhaben nicht plan- und bescheidgemäß gebaut worden sei.
Dieser Bescheid wurde mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 3. September 1997, Zl. Ve1-550-1749/28, aufgehoben. Begründend führt die belangte Behörde insbesondere aus, dass schon in dem in Rechtskraft erwachsenen Vorstellungsbescheid vom 13. März 1997, Zl. Ve1-550-1749/27, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden seid, dass die Vorstellungswerber einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Benützungsbewilligung hätten, wenn sich der gegenständliche Anbau nach wie vor in jenem Zustand befinde, wie er sich zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 2. Februar 1993, Zl. Ve1-550-1749/11, befunden habe. Obwohl im gegenständlichen Verfahren in mehreren in Rechtskraft erwachsenen Vorstellungsbescheiden darauf hingewiesen worden sei, dass die Vorstellungswerber einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Benützungsbewilligung hätten und die Vorstellungsbehörde auf die bestehende Bindungswirkung an die Rechtsansicht der Vorstellungsbescheide vom 2. Februar 1993 und vom 19. August 1996 hingewiesen habe, habe die Gemeindebehörde im bekämpften Bescheid diese Rechtsansicht neuerlich außer Acht gelassen, die bestehende Bindungswirkung nicht beachtet und neuerlich einen Bescheid erlassen, der sich unverständlicherweise nicht auf diese Rechtsansicht gründe.
Da der bekämpfte Bescheid auch keinerlei Begründung enthalte, dass sich das Bauobjekt nicht mehr in jenem Zustand befinde, in dem es sich zum Zeitpunkt der Erlassung des Vorstellungsbescheides vom 2. Februar 1993 befunden habe, der bekämpfte Bescheid vielmehr in seiner Begründung rechtswidrig davon ausgehe, dass das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 5. Jänner 1995 die Bindungswirkungen des verwaltungsbehördlichen Verfahrens durchbreche, seien die Vorstellungswerber in ihren Rechten verletzt und der bekämpfte Bescheid daher zu beheben gewesen.
Es wird abschließend ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auf Grund der vorangegangenen Vorstellungsentscheidungen die Vorstellungswerber einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Benützungsbewilligung hätten und die Benützungsbewilligung nur dann versagt werden könnte, wenn sich der Zustand des gegenständlichen Anbaues gegenüber dem Zeitpunkt des Bescheides vom 2. Februar 1993 geändert hätte.
Die zu den Zlen. 98/06/0266 und 0267 verfahrensgegenständlichen Bescheide des Bürgermeisters der Gemeinde Götzens und des Gemeindevorstandes der Gemeinde Götzens, mit welchen (in erster Instanz durch den Bürgermeister) ein Abtragungsauftrag hinsichtlich des gegenständlichen Anbaues erlassen worden war bzw. die Berufung gegen die Erteilung dieses Abtragungsauftrages als unbegründet abgewiesen wurde, wurden in Spruchpunkt II der bereits genannten Vorstellungsentscheidung vom 19. August 1996, Zl. Ve1-550-1749/25, deshalb nicht aufgehoben, weil auf Grund des Umstandes, dass - nach Auffassung der Tiroler Landesregierung rechtswidrigerweise - die Benützungsbewilligung zum Zeitpunkt der Erteilung des Abtragungsauftrages noch nicht erteilt war, die Erteilung des Abtragungsauftrages dem Gesetz entsprochen habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zum Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Götzens vom 13. Februar 1996, Zl. 131-9/56 (Zl. 97/06/0265):
Mit diesem Bescheid wurde über den Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung vom 6. Februar 1992 abgesprochen. Die Benützungsbewilligung wurde unter Hinweis auf Feststellungen in einem Erkenntnis des Oberlandesgerichts Innsbruck abgewiesen, weil die Ausführung des Bauvorhabens nicht konsensgemäß erfolgt sei.
Nach Versagung der mit Schreiben vom 6. Februar 1992 beantragten Benützungsbewilligung hatten der Kläger des Ausgangsverfahrens und weitere Miteigentümer Vorstellung erhoben. Mit Bescheid vom 2. Februar 1993, Zl. Ve1-550-1749/11, wurde dieser Vorstellung Folge gegeben und der Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Götzens vom 22. Juli 1992 betreffend die Versagung der Benützungsbewilligung aufgehoben.
Mit der Zustellung dieser Vorstellungsentscheidung war der Antrag der Vorstellungswerber auf Gemeindeebene vom 6. Februar 1992 wieder unerledigt.
Mit Schreiben vom 10. März 1993 beantragten die Vorstellungswerber den Übergang der Entscheidungspflicht vom Gemeindevorstand auf den Gemeinderat der Gemeinde Götzens. Die Tiroler Landesregierung ist daraufhin in der Vorstellungsentscheidung vom 19. August 1996 davon ausgegangen, dass die Zuständigkeit zur Entscheidung auf Grund dieses Antrages gemäß § 73 Abs. 2 AVG auf den Gemeinderat der Gemeinde Götzens übergegangen sei. Dies ist jedoch insoweit unzutreffend, als nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Entscheidungspflicht einer Behörde im Falle der Aufhebung eines Bescheides, sei es durch den Verwaltungsgerichtshof oder durch die Vorstellungsbehörde, erst mit der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses neuerlich einsetzt und die Entscheidungsfrist ab dem Tag der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses oder Bescheides zu berechnen ist (neu zu laufen beginnt; vgl. für den Fall der Aufhebung durch die Vorstellungsbehörde die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, 237 unten zitierte hg. Rechtsprechung).
Da die Vorstellungsentscheidung vom 29. Jänner 1993 am 8. Februar 1993 abgefertigt wurde (Rückscheine liegen nur hinsichtlich der Vorstellungswerber im Akt, sodass der Eingang der Erledigung bei der Gemeinde Götzens aktenmäßig nicht nachvollziehbar ist, keinesfalls aber vor dem 8. Februar 1993 liegen kann), war am 10. März 1993 die sechsmonatige Entscheidungsfrist (die ab der Zustellung des aufhebenden Bescheides neu zu berechnen ist) noch nicht abgelaufen. Ein Übergang der Zuständigkeit gemäß § 73 Abs. 2 AVG auf den Gemeinderat hat daher nicht stattgefunden; der verfrüht gestellte Devolutionsantrag wäre vielmehr als unzulässig zurückzuweisen gewesen (vgl. Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage, Rz 644, Winklhofer, Säumnis von Verwaltungsbehörden, 81, und die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 unter E 31 zu § 73 Abs. 1 und E 43a zu § 73 Abs. 2 AVG wiedergegebene Rechtsprechung, sowie z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1980, Slg. Nr. 10.263/A).
Da ein verfrüht eingebrachter Devolutionsantrag keinen Zuständigkeitsübergang bewirkt, war der Gemeindevorstand auch nach Einbringung des Devolutionsantrages vom 10. März 1993 zur Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung zuständig.
Dies bedeutet im Beschwerdefall, dass die Annahme der Tiroler Landesregierung in der Vorstellungsentscheidung vom 19. August 1996 hinsichtlich der Unzuständigkeit des Gemeindevorstandes unzutreffend war. Der Bescheid des Gemeindevorstandes vom 13. Februar 1996, mit welchem die Erteilung einer Benützungsbewilligung abgelehnt wird, ist daher auf Grund des vorliegenden Antrages des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Innsbruck vom Verwaltungsgerichtshof auf eine allfällige sonstige Rechtswidrigkeit zu prüfen.
Da der zu beurteilende Bescheid sich als Ersatzbescheid nach der Aufhebung des Bescheides vom 22. Juli 1992 durch die Vorstellungsbehörde mit ihrem Bescheid vom 2. Februar 1993 darstellt, war bei seiner Erlassung die Bindungswirkung der Vorstellungsentscheidung vom 2. Februar 1993 für die Gemeindebehörden zu beachten (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. Oktober 1971, Slg. 8091/A, oder das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1997, Zl. 93/17/0167). Diese Bindung an die den Spruch tragenden Gründe tritt auch dann ein, wenn diese Rechtsansicht verfehlt ist; diese Bindungswirkung lässt eine Erörterung der Frage, ob die Ansicht der Vorstellungsbehörde der objektiven Rechtslage entspricht, nicht zu (vgl. neuerlich das zitierte Erkenntnis vom 27. Jänner 1997 mit Hinweis auf das Erkenntnis vom 18. September 1990, Zl. 90/05/0040).
Diese Bindungswirkung ging insbesondere dahin, dass die Benützungsbewilligung für das Gebäude, wie es sich zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vorstellungsbehörde darstellte, zu erteilen sei.
Somit erweist sich der Bescheid des Gemeindevorstandes vom 13. Februar 1996 jedoch im Hinblick auf die Missachtung der Bindungswirkung der vorangegangenen Vorstellungsentscheidungen als inhaltlich rechtswidrig.
Es war daher festzustellen, dass der Bescheid inhaltlich rechtswidrig ist.
2. Zum Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Götzens vom 22. Februar 1996, Zl. 131-9/70 (Zl. 97/06/0266):
Mit diesem Bescheid wurde dem Kläger des Ausgangsverfahrens und weiteren Miteigentümern des betroffenen Grundstückes die weitere Verwendung des gegenständlichen Anbaues gemäß § 43 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 33/1989 idF des Gesetzes LGBl. Nr. 10/1995, mit der Begründung untersagt, dass es sich bei dem Anbau um eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage handle, die ohne Benützungsbewilligung benützt werde, und daher die weitere Benützung zu untersagen gewesen sei.
Wie die Tiroler Landesregierung in ihrer Vorstellungsentscheidung vom 19. August 1996 zutreffend festgestellt hat, setzt die Erteilung eines Auftrages gemäß § 43 Abs. 3 TBO nur voraus, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Benützungsbewilligung benützt wird; da zum Zeitpunkt der Erteilung des gegenständlichen Bauauftrages eine Benützungsbewilligung - wenngleich rechtswidrigerweise - noch nicht erteilt war, bedeutete die Erteilung des Bauauftrages zum damaligen Zeitpunkt keine Verletzung von Rechten des Klägers des Ausgangsverfahrens in dem Sinn, dass der Bauauftrag über Berufung, Vorstellung oder Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof aufzuheben gewesen wäre.
Mit dieser Feststellung ist jedoch keine Aussage dahingehend verbunden, dass der Rechtszustand, auf Grund dessen die Erteilung des Bauauftrags gerechtfertigt war (Nichtvorliegen einer Benützungsbewilligung), gesetzeskonform gewesen wäre bzw. ob hinsichtlich der Nichterteilung der Benützungsbewilligung durch den Gemeindevorstand eine im Amtshaftungsverfahren relevante schuldhafte Rechtsverletzung vorlag.
Es war jedoch auf Grund des Antrags zur Zl. 97/06/0266 festzustellen, dass der Bescheid vom 22. Februar 1996, Zl. 131-9/70, nicht rechtswidrig ist.
3. Zum Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Götzens vom 18. April 1996, Zl. 131-9/104 (Zl. 97/06/0267):
Dieser Bescheid ist ein Berufungsbescheid, mit dem der Gemeindevorstand die Berufung gegen den oben unter 2. behandelten Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Götzens als unbegründet abwies.
Aus den bereits von der Tiroler Landesregierung im Vorstellungsbescheid vom 19. August 1996 genannten Gründen und im Hinblick auf das oben unter 2. Dargestellte erweist sich auch dieser Bescheid auf der Grundlage der zum Zeitpunkt seiner Erlassung gegebenen Sach- und Rechtslage als rechtmäßig.
Es war daher festzustellen, dass auch der Bescheid vom 18. April 1996, Zl. 131-9/104, nicht rechtswidrig ist.
4. Zum Bescheid des Gemeinderats der Gemeinde Götzens vom 16. September 1996, o.Zl. (Zl. 97/06/0268):
Mit dem Bescheid vom 16. September 1996 entschied der Gemeinderat der Gemeinde Götzens nach der Aufhebung der Entscheidung des Gemeindevorstandes der Gemeinde Götzens im Benützungsbewilligungsverfahren mit dem Vorstellungsbescheid vom 19. August 1996 (siehe oben, 1.) neuerlich über den Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung vom 6. Februar 1992. Die Benützungsbewilligung wurde neuerlich versagt.
Über Vorstellung des Klägers des Ausgangsverfahrens und weiterer Miteigentümer des Grundstückes wurde dieser Bescheid mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. März 1997, Zl. Ve1-550-1749/27, aufgehoben. Begründet wurde diese Aufhebung mit der Bindung der Gemeindebehörden an die Rechtsansicht im aufsichtsbehördlichen Bescheid vom 2. Februar 1993, Zl. Ve1-550-1749/11, und dem Hinweis auf entsprechende Ausführungen in der oben dargestellten Vorstellungsentscheidung vom 19. August 1996. Obwohl die Gemeindebehörde im bekämpften Bescheid diese Rechtsansicht nicht mehr in Zweifel ziehe, sei die Entscheidung unverständlicherweise nicht in Beachtung dieser Rechtsansicht erfolgt. Da sich die Gemeindebehörde außer Stande gesehen habe, ihren Rechtsstandpunkt zu begründen, sei dem Vorstellungswerber Recht zu geben, dass die Entscheidung nicht nachvollziehbar sei. Gemäß § 58 Abs. 2 AVG seien Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen und Anträge von Beteiligten abgesprochen werde. Da dem Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung nicht Folge gegeben worden sei, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, ihre Entscheidung zu begründen.
In der von der Tiroler Landesregierung genannten Vorstellungsentscheidung vom 2. Februar 1993 hatte die Tiroler Landesregierung der Vorstellung des Klägers des Ausgangsverfahrens und weiterer Eigentümer des Grundstückes gegen die Versagung der Benützungsbewilligung mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Götzens vom 22. Juli 1992 Folge gegeben und dies wie oben bereits dargestellt unter Hinweis darauf begründet, dass die Übereinstimmung mit dem Bewilligungsbescheid gegeben sei. Im Vorstellungsbescheid vom 19. August 1996 (aufgrund dessen die Notwendigkeit zur neuerlichen Entscheidung in der Sache entstand) hatte die Vorstellungsbehörde dezidiert festgestellt:
"Sollte der Gemeinderat der Gemeinde Götzens zum Ergebnis gelangen, daß der Devolutionsantrag zu Recht gestellt wurde, so wird er in Bindung an die Rechtsansicht im ha. Bescheid vom 2. Februar 1993, Zl. Ve1-550-1749/11, die Benützungsbewilligung zu erteilen haben, wenn sich der Anbau nach wie vor in jenem Zustand befindet, der diesem Bescheid zugrunde lag."
Auch gegen diese Entscheidung hat die Gemeinde Götzens keine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ergriffen. Es trifft daher zu, dass im fortgesetzten Verfahren sowohl die Gemeindebehörden als auch die Aufsichtsbehörde an diese rechtskräftige Vorstellungsentscheidung und die die Aufhebung tragenden Gründe gebunden waren.
Wie die Begründung des Bescheides vom 16. September 1996 zeigt, ging auch der Gemeinderat davon aus, dass "keine Umstände bekannt geworden (waren), die Anlass geben, diese Tatsachenfeststellung (gemeint ist die Übereinstimmung mit der Baubewilligung) in Zweifel zu ziehen, abgesehen davon, daß es jedweder Lebenserfahrung widersprechend, nutzlos und unverhältnismäßig erscheint, daß jemand nach Fertigstellung eines Bauvorhabens einer zugegebenermaßen um 5 cm vergrößerten, in dieser Ausführung jedoch nicht bewilligungspflichtigen Erker etwa abträgt und diesen in anderen Ausmaßen neu" ausführe. Dessen ungeachtet habe sich die Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder zu keiner Erteilung der Benützungsbewilligung entschließen können und mit einer einzigen Ausnahme auch keine Begründung für diese der bindenden Rechtsansicht der Oberbehörde zuwiderlaufende Entscheidung formulieren können.
Ein derartiger Bescheid, der einen Widerspruch zwischen Spruch und Begründung enthält ist schon aus diesem Grund rechtswidrig. Darüber hinaus ist auch dieser Bescheid jedenfalls wegen Missachtung der Bindungswirkung der Vorstellungsentscheidung vom 19. August 1996 inhaltlich rechtswidrig. Auf die Frage, ob diese Vorstellungsentscheidung insoweit für den Gemeinderat Bindungswirkung entfaltete, dass er von einem zulässigen Devolutionsantrag auszugehen hatte, der allenfalls als unbegründet abgewiesen werde hätte können, nicht aber zurückgewiesen (wie dies nach den obigen Ausführungen zutreffend gewesen wäre), ist daher für den Zweck der vorliegenden Prüfung nicht mehr einzugehen.
Es war daher festzustellen, dass der Bescheid vom 16. September 1996 inhaltlich rechtswidrig ist.
5. Zum Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Götzens vom 15. April 1997, Zl. 131-9/132 (Zl. 97/06/0269):
Auch mit diesem Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Götzens wurde (nach Aufhebung des unter 4. behandelten Bescheides vom 16. September 1996 durch die Tiroler Landesregierung mit der Vorstellungsentscheidung vom 13. März 1997) die Benützungsbewilligung neuerlich versagt. In der Begründung des Bescheides wird auf das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 5. Jänner 1995 verwiesen, in dem ausgeführt worden sei, dass die tatsächliche Ausführung des Bauvorhabens nicht dem von den Bauwerbern vorgelegten Einreichplan entsprochen hätte. Das Bauwerk habe nicht eine Wandhöhe von 5,75 m bzw. 5,80 m, sondern eine Wandhöhe von 6,60 m plus 10 cm Dachkonstruktion im Schnittpunkt Altbau/Neubau und von 7 m plus 10 cm Dachkonstruktion im Bereich der südöstlichen Ecke.
Mit dem Bescheid vom 3. September 1997, Zl. Ve1-550-1749/28, wurde auch dieser Bescheid aufgehoben, weil der Gemeinderat sich über die Bindungswirkung der vorangegangenen Vorstellungsentscheidungen hinweggesetzt habe.
Auch in diesem Fall ist der Tiroler Landesregierung Recht zu geben, dass eine abweichende Beurteilung durch das ordentliche Gericht die Bindungswirkung der mehrfach ergangenen Vorstellungsentscheidungen nicht zu beseitigen geeignet ist. Soferne die Beurteilung der Landesregierung hinsichtlich der tatsächlichen Ausführung des Bauvorhabens verfehlt gewesen sein sollte, hätte die Gemeinde Götzens die Möglichkeit gehabt, die Vorstellungsentscheidungen beim Verwaltungsgerichtshof anzufechten.
Einer solchen Anfechtung ist jedoch nur insoweit Erfolg beschieden, als nicht eine Bindung an einen früheren Vorstellungsbescheid besteht (im Beschwerdefall hätte demnach bereits die Vorstellungsentscheidung vom 2. Februar 1993 bekämpft werden müssen; schon bei der Vorstellungsentscheidung vom 19. August 1996 war auch die Vorstellungsbehörde an die in der erstgenannten Entscheidung niedergelegte tragende Rechtsansicht gebunden). Es ist im Rahmen der hier vorzunehmenden Beurteilung der Rechtmäßigkeit des gegenständlichen Bescheides daher von dieser Bindungswirkung auszugehen.
Die in dem in der Begründung des Bescheides genannten Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck getroffenen Sachverhaltsfeststellungen beziehen sich auf die Jahre 1990 und 1991, somit auf jenen Sachverhalt, der auch der Vorstellungsbehörde in den oben genannten Vorstellungsentscheidungen vorlag. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Gemeinderat seine Entscheidung aufgrund eines neuen, seit Februar 1993 eingetretenen Sachverhaltes getroffen hätte. Das vom Gemeinderat herangezogene Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 5. Jänner 1995 ist ebenfalls in einem Amtshaftungsverfahren des Klägers des Ausgangsverfahrens gegen die Gemeinde Götzens ergangen. Der Kläger stützte seinen Anspruch in diesem Verfahren auf einen Baueinstellungsbescheid vom 31. Juli 1990. In dem damaligen Verfahren kam es nach einer Berufungsentscheidung des Gemeindevorstandes zu einer Aufhebung dieser Berufungsentscheidung durch die Tiroler Landesregierung mit Vorstellungsbescheid vom 13. März 1991. Das Erstgericht wies die Klage ab, mit der genannten Entscheidung gab das Oberlandesgericht Innsbruck der Berufung des Klägers des Ausgangsverfahrens nicht Folge. In Abweichung von der Auffassung der Vorstellungsbehörde und ohne Antragstellung nach § 11 AHG (hinsichtlich des vom Oberlandesgericht implizit als unrichtig qualifizierten Vorstellungsbescheides) ging das Oberlandesgericht davon aus, dass das tatsächlich errichtete Gebäude von der Baubewilligung abweiche. Die Beurteilung der Übereinstimmung des Gebäudes mit der Baubewilligung stellt im Amtshaftungsverfahren eine Vorfrage dar. Die von einer bindenden Vorfragenentscheidung abweichende Beurteilung einer Vorfrage durch ein Gericht ist jedoch kein Grund, die Bindungswirkung der Vorstellungsentscheidung zu missachten. Daran kann auch der Umstand, dass sich das Oberlandesgericht Innsbruck auch ohne Antragstellung nach § 11 AHG für befugt erachtet hat, von der rechtskräftigen Entscheidung der Vorstellungsbehörde abzugehen, nichts ändern (wie § 11 AHG zeigt, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von der Bindung der Gerichte an rechtskräftige verwaltungsbehördliche Entscheidungen aus; sofern das Gericht im Amtshaftungsverfahren zur Auffassung kommt, dass eine rechtskräftige Entscheidung, bezüglich derer noch kein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, rechtswidrig ist, hat es den Antrag gemäß § 11 AHG auf Feststellung der Rechtswidrigkeit beim Verwaltungsgerichtshof zu stellen).
Die Begründung des Bescheides vom 15. April 1997 ist daher nicht geeignet aufzuzeigen, dass im Sinne der genannten Vorstellungsentscheidungen das in Rede stehende Gebäude nunmehr ein anderes Aussehen hätte als zum Zeitpunkt der Vorstellungsentscheidung vom 2. Februar 1993 (auch auf diesen Zeitpunkt bezieht sich die bindende Aussage in der Vorstellungsentscheidung vom 19. August 1996). Auch die abweichende Vorfragenentscheidung durch das Oberlandesgericht Innsbruck konnte die von der Tiroler Landesregierung zutreffend angenommene Bindungswirkung der Vorstellungsentscheidung im Gegenstand nicht beseitigen.
Auch für den vorliegenden Bescheid ist daher nicht mehr näher auf die Frage einzugehen, ob die Zuständigkeit des Gemeinderats zur Entscheidung in der Sache (aufgrund einer Bindung an die Auffassung der Landesregierung) gegeben war.
Es war daher festzustellen, dass auch der Bescheid des Gemeinderates vom 15. April 1997 inhaltlich rechtswidrig war.
Wien, am 17. Dezember 1998
Schlagworte
Parteistellung ParteienantragMaßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltRechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche EntscheidungenMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONBindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde ErsatzbescheidVerwaltungsgerichtsbarkeit Erschöpfung des Instanzenzuges im Sinne des B-VG Art131 Abs1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997060265.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017