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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des W in M, vertreten durch Dr. Christian Ortner, Rechtsanwalt in Innsbruck, Meinhardstraße 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Mai 1996, Zl. 171.703/8-IV/10/95, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am 17. März 1972 geborene Beschwerdeführer ist aufgrund seiner Zivildiensterklärung vom 25. November 1992 zivildienstpflichtig. Zwei mit der bevorstehenden Pensionierung seines Vaters und der Übernahme dessen Drechslereibetriebes durch den Beschwerdeführer begründete Ersuchen um Zuweisung zum Zivildienst im Juni 1993 blieben erfolglos (laut Gegenschrift mangels offener, den Fähigkeiten des Beschwerdeführers entsprechender Zivildienstplätze). Mit Antrag vom 20. März 1994 begehrte der Beschwerdeführer seine (unbefristete) Befreiung von der Zivildienstpflicht. Er begründete dies unter Hinweis auf die in der Zwischenzeit erfolgte Übernahme des väterlichen Betriebes, den er als "Alleinmeister" ohne fremde Mitarbeiter weiterführe, und die während einer Unterbrechung des Betriebes infolge Zivildienstleistung anfallenden beträchtlichen Fixkosten und die Gefahr des Verlustes des Kundenstocks an die Konkurrenz. Daraufhin wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. September 1994 gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes bis 15. August 1996 befristet befreit. Ein neuerlicher Antrag des Beschwerdeführers auf Befreiung von der Zivildienstpflicht vom 19. Jänner 1996 wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG abgewiesen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 29. September 1997, B 2013/96, die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde gegen diesen Bescheid abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer der Sache nach Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG hat der Bundesminister für Inneres den Zivildienstpflichtigen von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes auf dessen Antrag zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Mit dem Antrag vom 19. Jänner 1996 strebte der Beschwerdeführer neuerlich seine unbefristete Befreiung von der Zivildienstpflicht an, d.h. mit Rücksicht auf die ihm mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. September 1994 gewährte befristete Befreiung seine Befreiung für die Zeit nach dem 15. August 1996. Er begründete sein Befreiungsbegehren abermals mit seiner Unabkömmlichkeit von dem von seinem Vater übernommenen, als Einmannbetrieb geführten Drechslereibetrieb mit angeschlossenem Einzelhandelsgeschäft, in dem seine Mutter mithelfe. Die von der belangten Behörde bei Erlassung ihres Bescheides vom 6. September 1994 gehegten Erwartungen betreffend die wirtschaftliche Entwicklung des Betriebes hätten sich nicht erfüllt. Die Ertragslage sei keineswegs so, daß ein Mitarbeiter zwecks Fortführung des Betriebes während der zivildienstbedingten Abwesenheit des Beschwerdeführers eingestellt werden könnte. Auch sei entsprechend befähigtes Personal weitum nicht verfügbar. Es sei auch für die Zukunft keine Ausweitung des Betriebes in einem Ausmaß zu erwarten, welches dem Beschwerdeführer die für die Zeit der Ableistung des Zivildienstes nötige Delegierung seiner wesentlichen Aufgaben ermöglichen würde.
Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, dem Beschwerdeführer sei mit der durch ihren Bescheid vom 6. September 1994 gewährten befristeten Befreiung Gelegenheit gegeben worden, durch entsprechende Dispositionen (beim Eingehen von Verträgen, durch Einstellung eines Mitarbeiters oder sonstige Delegierung) für die Zeit der Ableistung des Zivildienstes vorzusorgen. Die zu treffenden Dispositionen lägen im Ermessen des Beschwerdeführers. Ihr Unterbleiben begründe keinen Anspruch auf weitere Befreiung von der Zivildienstpflicht. Im übrigen wies sie auf die Möglichkeit Zivildienstleistender hin, neben der Ableistung des Zivildienstes ihren wirtschaftlichen Tätigkeiten - wenn auch eingeschränkt - nachzugehen. Auch stelle die Unterbrechung einer beruflichen Tätigkeit zwecks Zivildienstleistung für sich allein keinen Befreiungsgrund dar; davon seien alle Zivildienstpflichtigen, die bereits einen Beruf ausgeübt hätten, betroffen. Den wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers mangle daher die besondere Rücksichtswürdigkeit im Sinne des Gesetzes.
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe durch die zweimaligen Versuche, rechtzeitig vor Übernahme des väterlichen Betriebes zum Zivildienst zugewiesen zu werden, seiner Harmonisierungspflicht in mehr als durchschnittlichem Maße entsprochen. Erst durch die Untätigkeit der belangten Behörde sei er in die nunmehrige mißliche Lage geraten. Damit sei es entgegen ihrer Meinung sehr wohl als besonders rücksichtswürdiger Umstand anzusehen, daß für ihn die Beschäftigung einer geeigneten Ersatzkraft für die Dauer seiner zivildienstbedingten Abwesenheit wirtschaftlich nicht tragbar sei.
Das Vorbringen ist nicht geeignet, eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit darzutun. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde entgegen der Meinung des Beschwerdeführers keine Ermessensentscheidung zu treffen hatte, läßt der Beschwerdeführer bei seinem Vorbringen die Rechtskraft der Entscheidung der belangten Behörde vom 6. September 1994 außer acht. Mit diesem Bescheid wurde seinem Begehren auf (unbefristete) Befreiung von der Zivildienstpflicht in Ansehung der Zeit bis 15. August 1996 Folge, hinsichtlich der darüber hinausgehenden Zeit aber nicht Folge gegeben. Damit hat die belangte Behörde zum einen das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdeführers an seiner Befreiung als besonders rücksichtswürdig im Sinne des Gesetzes anerkannt und deshalb seine Befreiung von der Zivildienstpflicht ausgesprochen, zum anderen aber das Vorliegen dieser Befreiungsvoraussetzung unter Bedachtnahme auf die ihn weiterhin treffende Harmonisierungspflicht nur bis 15. August 1996 als gegeben angenommen und dementsprechend (arg.: "solange") nur eine Befreiung bis dahin ausgesprochen. Der Befristungsausspruch blieb unbekämpft. Seine Rechtskraftwirkung bedeutet nunmehr, daß eine neuerliche Befreiung des Beschwerdeführers nur bei geändertem Sachverhalt in Frage käme. Nach der Begründung des Bescheides vom 6. September 1994 lag dem Befristungsausspruch die Annahme zugrunde, die festgesetzte Frist sei unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten des Beschwerdeführers ausreichend, um die für die Ermöglichung seiner Abwesenheit vom Betrieb nötigen Dispositionen treffen zu können. Dies verkennt der Beschwerdeführer offensichtlich, wenn er nunmehr in seiner Beschwerde ausführt, die seinerzeitigen Erwartungen der belangten Behörde betreffend die wirtschaftliche Entwicklung seines Betriebes dergestalt, daß sich der Beschwerdeführer auf gelegentliche Überwachungsfunktionen zurückziehen, der laufende Betrieb jedoch durch Dienstnehmer wahrgenommen werden könne, hätten sich nicht erfüllt. Für die seinerzeitige Entscheidung der belangten Behörde waren bestimmte Erwartungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung seines Betriebes nicht maßgebend, insbesondere auch nicht in der ihr nunmehr vom Bfr unterstellten Richtung. Wenn der Beschwerdeführer der Meinung war, daß in Anbetracht der betrieblichen Gegebenheiten Dispositionen zur Ermöglichung seiner Abkömmlichkeit vom Betrieb in dem für die Leistung des Zivildienstes notwendigen Umfang entweder gar nicht oder jedenfalls nicht innerhalb der von der belangten Behörde angenommenen Frist möglich seien, hätte er den Befristungsausspruch bekämpfen müssen. Dessen Bindungswirkung stand der Stattgebung des nunmehrigen, auf einem im wesentlichen unveränderten Sachverhalt beruhenden Anbringens entgegen. Mit diesem macht der Beschwerdeführer der Sache nach geltend, daß der seinerzeitige Befristungsausspruch angesichts der betrieblichen Gegebenheiten verfehlt gewesen sei. Durch die Abweisung des gegenständlichen Antrages (statt dessen Zurückweisung wegen entschiedener Sache) wurde der Beschwerdeführer nicht in Rechten verletzt.
Bei dieser Sach- und Rechtslage gehen die Verfahrensrügen ins Leere. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß sich bei deren Vermeidung ein gegenüber der Entscheidung vom 6. September 1994 wesentlich geänderter Sachverhalt ergeben hätte. Ohne einen solchen käme aber eine stattgebende Entscheidung von vornherein nicht in Betracht. Es braucht daher auf die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides und das darauf Bezug habende Beschwerdevorbringen nicht eingegangen zu werden.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Dezember 1998
Schlagworte
Ermessen Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998110012.X00Im RIS seit
20.11.2000