Entscheidungsdatum
12.03.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L502 2135883-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die ARGE-Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.8.2016, FZ. XXXX , zu Recht erkannt und beschlossen:
A)
1. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III, erster Satz, wird als unbegründet abgewiesen.
2. In Stattgebung der Beschwerde werden Spruchpunkt III, zweiter und dritter Satz, und Spruchpunkt IV ersatzlos behoben.
3. Das Beschwerdeverfahren wird hinsichtlich der Spruchpunkte I und II eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte, im Gefolge seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet, am 16.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Gefolge der Erstbefragung am 26.09.2015 wurde das Verfahren zugelassen.
2. Am 19.07.2016 wurde der BF am Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), RD Wien, niederschriftlich einvernommen.
3. Mit Bescheid des BFA vom 18.08.2016 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen ((Spruchpunkt I). Zugleich wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV).
4. Gegen diese ihm durch Hinterlegung am Postamt mit Wirksamkeit vom 23.08.2016 zugestellte Entscheidung des BFA erhob der BF durch seine ihm gemäß § 52 Abs.1 BFA-VG amtswegig beigegebene Rechtsberatung fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in vollem Umfang.
5. Das Beschwerdeverfahren wurde in der Folge der nun zuständigen Gerichtsabteilung des BVwG zur Entscheidung zugewiesen.
6. Am 06.12.2016, 11.10.2017 und 22.12.2017 langten beim BVwG Beweismittelvorlagen des BF und eine Bevollmächtigungsanzeige seiner nunmehrigen Vertretung ein.
7. Am 25.02.2019 beraumte das BVwG für den 24.04.2019 eine mündliche Verhandlung in der Sache des BF an.
8. Mit Schreiben an das BVwG vom 06.03.2019 zog die Vertretung des BF die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA hinsichtlich der Spruchpunkte I und II ausdrücklich zurück.
Im Hinblick auf die erstinstanzliche Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den BF legte die Vertretung eine Kopie einer Heiratsurkunde sowie einer Aufenthaltskarte des BF vor.
9. Das BVwG erstellte Datenbankauszüge des Informationssystems Zentrales Fremdenregister, des Zentralen Melderegisters und des Strafregisters.
II. Feststellungen und Beweiswürdigung:
1. Der oben wiedergegebene Verfahrensgang steht im Lichte des vorliegenden Verfahrensaktes des BVwG als unstrittig fest.
2. Der in Österreich strafgerichtlich unbescholtene BF ehelichte am
XXXX in XXXX seine nunmehrige Gattin, eine österr. Staatsangehörige, mit der er seit XXXX einen gemeinsamen Hauptwohnsitz teilt. Ihm wurde vom XXXX eine Aufenthaltskarte für das österr. Bundesgebiet für Angehörige österr. Staatsbürger, gültig von XXXX bis XXXX , erteilt.
Dieser Sachverhalt steht angesichts der Beweismittelvorlage vom 06.03.2019 und der vom BVwG erstellten Datenbankauszüge als unstrittig fest.
III. Rechtliche Beurteilung:
Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 3 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Mit BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eingerichtet. Gemäß § 3 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF v. 04.08.2015, BGBl. I Nr. 84/2015, obliegt dem BFA u.a. die Vollziehung des AsylG 2005.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde als gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
1. Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.
Das Vorliegen eines Beschwerdeverzichts ist besonders streng zu prüfen. Voraussetzung für einen rechtswirksamen Beschwerdeverzicht ist, dass er frei von Willensmängeln und in Kenntnis seiner Rechtsfolgen abgegeben wurde. Besondere Formerfordernisse bestehen nicht. Unter diesen Voraussetzungen ist nicht nur ein Verzicht auf die Einbringung einer Beschwerde, sondern auch ein nachträglicher Verzicht durch Zurücknahme einer Beschwerde wirksam. Der Beschwerdeverzicht ist unwiderruflich, hindert allerdings nicht die Wiederaufnahme des Verfahrens (vgl. Fister/Fuchs/Sachs: Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Kommentar; § 7 VwGVG, Anm. 8, mit Judikaturhinweisen).
Der im Hinblick auf § 17 VwGVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht anwendbare § 63 Abs. 4 AVG, an dessen Stelle der § 7 Abs. 2 VwGVG tritt, bestimmt in inhaltlich identer Weise, dass eine Berufung gegen einen Bescheid nicht mehr zulässig ist, wenn eine Partei - nach Zustellung oder Verkündung desselben - ausdrücklich auf die Berufung verzichtet hat. Der nachträgliche Berufungsverzicht in Form der Zurückziehung der Berufung ist, wenn auch gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen, nach der Rsp des VwGH gleichermaßen rechtswirksam. Auch eine Berufungszurückziehung bewirkt, dass die bereits eingebrachte Berufung nicht mehr meritorisch erledigt werden darf und der angefochtene Bescheid unwiderruflich und endgültig in formelle Rechtskraft erwächst. Einer bedingten Zurückziehung kommt wiederum keine Rechtswirkung zu. Besondere Formerfordernisse sind auch für die Zurückziehung der Berufung nicht vorgesehen, sie kann in jeder technischen Form geschehen, die eine Behörde zu empfangen in der Lage ist. Sie muss allerdings ausdrücklich und zweifelsfrei ausgesprochen werden, was besonders streng zu prüfen ist. Bei Fehlen einer ausdrücklichen Erklärung darf diese nicht bloß aus dem Sinn einer Eingabe an die Behörde erschlossen werden. Sie muss jedenfalls frei von Willensmängeln erfolgen, so darf kein Irrtum auf Seiten der Partei vorliegen, der etwa durch ein, wenn auch nicht notwendiger Weise schuldhaftes, behördliches Verhalten veranlasst wurde, oder die Partei über behördlichen Druck oder Zwang agieren. Im Übrigen ist nur auf die Parteienerklärung als solche unabhängig von den Absichten und Beweggründen, welche die Partei zur Zurückziehung veranlasst haben, abzustellen (vgl. Hengstschläger/Leeb: Kommentar, § 63 AVG, Rz 73-76, mit Judikaturhinweisen).
2. Mit Schreiben an das BVwG vom 06.03.2019 zog die Vertretung des BF die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 18.08.2016 hinsichtlich der Spruchpunkte I und II ausdrücklich zurück.
In Anwendung der oben wiedergegebenen Rechtsgrundsätze war sohin von einer ausdrücklichen und eindeutigen Willenserklärung des BF durch seinen bevollmächtigten Vertreter im Sinne einer - unwiderruflichen - Zurückziehung seiner Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid im genannten Umfang auszugehen. An diese Erklärung ist das erkennende Gericht angesichts nun nicht mehr bestehender Kompetenz zur Entscheidung in der Sache gebunden.
3. Folgerichtig war das Beschwerdeverfahren im genannten Umfang beschlussmäßig einzustellen, womit der bekämpfte Bescheid in den Spruchpunkten I und II in formelle Rechtskraft erwächst.
4. Im Hinblick darauf, dass dem BF als Angehöriger einer österr. Staatsbürgerin von der zuständigen Niederlassungsbehörde am XXXX ein bis XXXX gültiger Aufenthaltstitel für das österr. Bundesgebiet erteilt wurde, war der von der belangten Behörde mit Bescheid vom 18.08.2016 gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassenen Rückkehrentscheidung der rechtliche Boden entzogen.
In Stattgebung der gegen die Erlassung der Rückkehrentscheidung erhobenen Beschwerde war daher dieser Ausspruch des BFA ersatzlos zu beheben.
Folgerichtig war auch der Ausspruch über die Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat sowie die Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise ersatzlos zu beheben.
5. Soweit dem BF von der belangten Behörde gemäß § 57 AsylG kein Aufenthaltstitel erteilt worden war, kamen weder im erstinstanzlichen Verfahrensakt noch in der Beschwerde Anhaltspunkt dafür hervor, dass dem BF ein solcher Titel zu erteilen gewesen wäre.
Die Beschwerde gegen diesen Ausspruch des BFA war daher als unbegründet abzuweisen.
6. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylverfahren, Behebung der Entscheidung, Beschwerdeverzicht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L502.2135883.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.07.2019