TE Bvwg Beschluss 2019/3/27 W128 2184110-1

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Veröffentlicht am 27.03.2019
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Entscheidungsdatum

27.03.2019

Norm

BDG 1979 §14 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W128 2184110-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN als Vorsitzender sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Gerhard NOGRATNIG, LL.M. und Mag. Dr. Anton BERNBACHER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 15.12.2017, Zl. BMJ-3002618/0017-II 4/b/2017, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist dem Bundesministerium für Justiz (belangte Behörde) zum Dienst zugewiesen. Er hatte zuletzt den Arbeitsplatz "Stellvertretender Betriebsleiter Unternehmerbetrieb 1" in der Justizanstalt Garsten (Verwendungsgruppe E2b) inne. Seit Mitte Juli 2017 befindet sich der Beschwerdeführer im Krankenstand.

2. Mit Schreiben der Generaldirektion für den Strafvollzug vom 04.09.2017 wurde die Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter (BVA) gemäß § 14 Abs. 4 BDG 1979 um ärztliche Untersuchung zur Frage der Dienst(un)fähigkeit des Beschwerdeführers ersucht. Weiters wurde ein (undatiertes) Anforderungsprofil eines Justizwachebeamten beigelegt.

3. In der Folge veranlasste das BVA - Pensionsservice die Untersuchung des Beschwerdeführers durch einen Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie und holte eine Stellungnahme der Oberbegutachtung des BVA - Pensionsservice ein.

Der (auf das ärztliche Gutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, vom 12.10.2017 gestützten) Stellungnahme von Dr. XXXX , Oberbegutachterin des BVA-Pensionsservice, vom 06.11.2017 ist Folgendes zu entnehmen:

"Diagnose: (nach Relevanz hinsichtlich Arbeitsfähigkeit)

1. Ausgeprägte Gonarthrose beidseits mit eingeschränkter Funktions beider unteren Extemitäten.

2. Aufbrauchserscheinungen des Stützapparates mit belastungsabhängiger Schmerzsymptomatik im Hals- und Lendenbereich ohne Hinweise auf radiculäre Defizite."

[...]

"Zusammenfassend können demnach leichte und gelegentliche mittelschwere körperliche Arbeiten durchgeführt werden. Überkopfarbeiten, Tätigkeiten in hockender, knieender oder vorgebeugter (110°) Arbeitsposition sowie allgemeine Zwangshaltungen scheiden aus. Exponierte Lagen sowie höhenexponierte Lagen sind keinesfalls zulässig. Besteigen von Steighilfen oder Leitern bis 1 m sind hingegen zulässig. Auch das Lenken eines KFZ unter Einsatzbedingungen ist nicht gestattet. Nässe- und Kälteexposition sind zu vermeiden. Gehen in steilem oder unebenem Gelände ist nicht zulässig. Gehen und Stehen generell ist auf 1/3 der Tagesarbeitszeit zu beschränken und soll im Stück 20 Minuten nicht überschreiten. Es können leichte und fallweise mittelschwere grob- und feinmotorische manuelle Tätigkeiten ausgeführt werden. Greifsicherheit und Koordinationsvermögen sind uneingeschränkt. Bildschirmarbeiten am üblich gemischten Büroarbeitsplatz sind unter Einhaltung der üblichen Arbeitspausen zulässig. Es können mäßig schwierige geistige Tätigkeiten unter durchschnittlicher psychischer Belastung und unter dem üblichen Zeit- und Leistungsdruck ausgeführt werden. Mehrstundenbelastungen, Nacht- und Schichtarbeiten sind zulässig, Kundenkontakte und Parteienverkehr wären möglich. Weiters scheiden alle Tätigkeiten, die den plötzlichen Einsatz körperlicher Gewalt oder Geschicklichkeit erfordern aus. Der Gebrauch von Hieb und Stichwaffen scheidet aus. Schusswaffengebrauch ist zulässig.

Der weitere Einsatz im Justizwachebereich - Schneiderei - ist aufgrund der körperlichen Einschränkungen des Beamten aus ärztlicher Sicht nicht weiter zulässig.

Es liegt ein Dauerzustand vor."

4. Mit Schreiben des BVA - Pensionsservice vom 08.11.2017 wurde der belangten Behörde sowohl das Gutachten von Dr. XXXX vom 12.10.2017 als auch die Stellungnahme von Dr. XXXX vom 06.11.2017 übermittelt.

5. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 13.11.2017 wurden dem Beschwerdeführer das Gutachten von Dr. XXXX vom 12.10.2017 und die Stellungnahme von Dr. XXXX vom 06.11.2017 zur Stellungnahme übermittelt und insbesondere ausgeführt, dass beabsichtigt sei, ihn gemäß § 14 BDG 1979 in den Ruhestand zu versetzen. Es bestehe jedoch die Möglichkeit den Beschwerdeführer sowohl im Zuständigkeitsbereich der Dienstbehörde als auch im Bereich der gesamten Bundesverwaltung einem zumindest gleichwertigen und freien Alternativarbeitsplatz zuzuweisen.

Weiters wurde eine "Information über die Möglichkeit der Zuweisung eines Alternativarbeitsplatzes statt einer Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit" beigelegt.

6. In der Folge äußerte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20.11.2017, dass er grundsätzlich Interesse an einem Alternativarbeitsplatz habe, weshalb er um Bekanntgabe dieser, an seinen Gesundheitszustand angepassten, "Alternativen" ersuche. Darüber hinaus ersuche er die Entfernung zu seinem ordentlichen Wohnsitz zu berücksichtigen.

7. Daraufhin äußerte die belangte Behörde mit Schreiben vom 24.11.2017, dass sich der Beschwerdeführer im Eigenen über entsprechende Arbeitsplätze (z.B.: über die Jobbörse) zu informieren habe. Sollte er binnen einer Frist von 14 Tagen keinen Alternativarbeitsplatz finden oder auf einen solchen verzichten, werde die Dienstbehörde seine Ruhestandsversetzung einleiten.

8. Dazu äußerte sich der Beschwerdeführer nicht.

9. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer gemäß § 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979 mit Ablauf des Monats, mit dem dieser Bescheid rechtskräftig wird, in den Ruhestand versetzt. Nach Wiedergabe des Sachverhaltes und der (oben zitierten) Stellungnahme der Oberbegutachterin des BVA - Pensionsservice wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Gemäß § 14 Abs. 1 und 5 BDG 1979 sei der Beamte von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig sei. Der Beamte sei dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen oder ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden könne, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen im Stande sei und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden könne.

Aufgrund des Gutachtens von Dr. XXXX und der Stellungnahme von Dr. XXXX sei die belangte Behörde zum Schluss gelangt, dass der Beschwerdeführer infolge seiner Leiden gesundheitlich nicht mehr in der Lage sei, seine (exekutiv)dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen. Es liege ein Dauerzustand vor. Der Beschwerdeführer sei auf die Möglichkeit der Zuweisung eines Alternativarbeitsplatzes statt einer Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit durch die Justizanstalt Garsten aufmerksam gemacht worden. Von der Möglichkeit zur Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme habe er jedoch keinen Gebrauch gemacht. Es sei auch zu prüfen gewesen, ob im Wirkungsbereich der Dienstbehörde ein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden könne, dessen Aufgaben der Beschwerdeführer nach seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen im Stande sei und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären oder sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden könne.

Diese Prüfung habe ergeben, dass die Anforderung aller anderen in Frage kommenden Arbeitsplätze zumindest den Anforderungen seines bisherigen Arbeitsplatzes entsprechen würden und, dass er wegen der Art und Schwere seiner Leiden auch nicht mehr im Stande sei, die mit diesen Arbeitsplätzen verbundenen dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Der Beschwerdeführer sei daher gemäß § 14 Abs. 1 und 3 BDG 1979 mit Ablauf des Monats, in dem dieser Bescheid rechtskräftig wird, in den Ruhestand zu versetzen.

10. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die vorliegende Beschwerde, in der er sich zusammenfassend folgendermaßen äußerte:

Laut der Stellungnahme der Obergutachterin des BVA - Pensionsservice seien Mehrstundenbelastungen, Nacht- und Schichtarbeit sowie der Schusswaffengebrauch zulässig. Somit sei ihm der Dienst im Bereich der Außenwache oder Turmpostensicherung im Innenbereich durchaus zumutbar. Als er im April 2016 Probleme und Schmerzen im rechten Knie bekommen habe und sich auf Empfehlung seines Kurarztes und der Amtsärztin Dr. XXXX einer ambulanten Kniebehandlung unterzogen habe, habe die Dienststelle "wenig bis kein Interesse" am Befund der Amtsärztin gezeigt. Dr. XXXX habe festgestellt, dass eine volle Belastbarkeit seines rechten Knies nicht gegeben sei. An der Dienststelle sei es ein "offenes Geheimnis", dass XXXX und Mag. XXXX nicht erfreut seien, wenn Mitarbeiter eine ambulante und keine stationäre Behandlung in Anspruch nehmen würden. Eine stationäre Behandlung sei in seinem Fall aus familiären Gründen nicht möglich gewesen. Darüber hinaus zeige er kein Verständnis dafür, dass er von der Dienstbehörde nach Wien zum Polizeifacharzt zur Untersuchung zitiert werde, obwohl es sicherlich in Steyr oder Linz auch eine Möglichkeit dafür gegeben hätte. Er vermute deshalb, dass die Untersuchungen eher durch einen loyalen als einen neutralen Arzt, der wenig Einblick in den Dienstbetrieb habe, durchgeführt worden sei.

11. Mit Schreiben vom 24.01.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist dem Bundesministerium für Justiz zum Dienst zugewiesen. Er hatte zuletzt den Arbeitsplatz "Stellvertretender Betriebsleiter Unternehmerbetrieb 1" in der Justizanstalt Garsten (Verwendungsgruppe E2b) inne.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit Mitte Juli 2017 im Krankenstand.

Am 04.09.2017 wurde das BVA - Pensionsservice um ärztliche Untersuchung zur Klärung der Dienst(un)fähigkeit des Beschwerdeführers ersucht.

Am 12.10.2017 wurde der Beschwerdeführer von einem Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie untersucht.

Die Ergebnisse wurden in der Stellungnahme der Oberbegutachterin mit zusammenfassender Leistungsfeststellung des BVA - Pensionsservice vom 08.11.2017 zusammengefasst. Dabei wurden als Hauptursachen der Minderung der Dienstfähigkeit eine ausgeprägte Gonarthrose beider unteren Extremitäten und Aufbrauchserscheinungen des Stützapparates mit belastungsabhängiger Schmerzsymptomatik im Hals- und Lendenbereich festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage getroffen werden. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist im Wesentlichen unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zurückverweisung des angefochtenen Bescheides (Spruchpunkt A)

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Zufolge § 135a Abs. 1 BDG 1979, liegt gegenständlich - da eine Angelegenheit einer Ruhestandsversetzung von Amts wegen gemäß § 14 BDG betreffend - eine Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt nach § 28 Abs. 2 Ziffer 2 voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 ist die Beamtin oder der Beamte von Amts wegen oder auf ihren oder seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.

Gemäß § 14 Abs. 2 BDG 1979 ist die Beamtin oder der Beamte dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihr oder ihm im Wirkungsbereich ihrer oder seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 2 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, ist gemäß § 14 Abs. 3 BDG 1979 von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter Befund und Gutachten einzuholen. Gemäß § 14 Abs. 4 BDG 1979 wird die Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf jenes Monats wirksam, in dem sie rechtskräftig wird.

Gemäß § 14 Abs. 5 BDG 1979 tritt die Ruhestandsversetzung nicht ein, wenn der Beamtin oder dem Beamten spätestens mit dem Tag vor ihrer Wirksamkeit mit ihrer oder seiner Zustimmung für die Dauer von längstens zwölf Monaten vorübergehend ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen wird, dessen Anforderungen sie oder er zu erfüllen imstande ist. Mehrere aufeinander folgende Zuweisungen sind zulässig, sofern sie insgesamt die Dauer von zwölf Monaten nicht überschreiten. Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesem Fall wirksam, wenn 1. die Beamtin oder der Beamte nach einer vorübergehenden Zuweisung einer weiteren Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes nicht zustimmt oder 2. die vorübergehende Verwendung auf einem neuen Arbeitsplatz ohne weitere Zuweisung oder vorzeitig beendet wird oder 3. die Beamtin oder der Beamte der dauernden Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes spätestens nach Ablauf des zwölften Monats nach der erstmaligen Zuweisung nicht zustimmt.

3.2.1. In seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommen wird, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH vom 25.01.2017, Ra 2016/12/0109, Rz 18ff.).

§ 14 Abs. 2 BDG verlangt für die Annahme der Dienstunfähigkeit das kumulative Vorliegen zweier Voraussetzungen, nämlich die Unfähigkeit der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben des Beamten an seinem Arbeitsplatz infolge seiner gesundheitlichen Verfassung und die Unmöglichkeit der Zuweisung eines den Kriterien der zitierten Gesetzesbestimmung entsprechenden mindestens gleichwertigen Arbeitsplatzes (vgl. VwGH 23.06.2014, 2010/12/0209, m.w.N.).

Voraussetzung für eine amtswegige Ruhestandsvoraussetzung ist gemäß § 14 Abs.1 BDG die dauernde Dienstunfähigkeit des Beamten. Unter der bleibenden Unfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, ist demnach alles zu verstehen, was seine Eignung, diese Aufgaben zu versehen, dauernd aufhebt (VwGH 29.03.2012, 2008/12/0184).

Die Frage, ob eine dauernde Dienstunfähigkeit vorliegt oder nicht, ist nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage, die nicht der ärztliche Sachverständige, sondern die Dienstbehörde zu entscheiden hat. Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten trifft und die Auswirkungen bestimmt, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Dabei ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung des Kriteriums "dauernd" zu ermöglichen, auch eine Prognose zu stellen. Die Dienstbehörde hat anhand der dem Gutachten zu Grunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen (vgl. VwGH 29.03.2012, 2008/12/0184, m.w.N.; 04.09.2012, 2012/12/0031, m.w.N.).

Die Frage der Dienstunfähigkeit des Beamten ist zunächst in Ansehung seines aktuellen beziehungsweise des zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes zu prüfen. Maßgebend für eine Ruhestandsversetzung ist daher die Klärung der Frage der Dienstfähigkeit unter konkreter Bezugnahme auf die dienstlichen Aufgaben an diesem Arbeitsplatz (Primärprüfung). Ergibt diese, dass der Beamte nicht mehr in der Lage ist, die konkreten dienstlichen Aufgaben seines Arbeitsplatzes in diesem Sinne zu erfüllen, ist zu prüfen, ob die Möglichkeit einer Zuweisung eines tauglichen Verweisungsarbeitsplatzes nach § 14 Abs. 2 BDG in Betracht kommt (Sekundärprüfung) (vgl. z.B. VwGH 14.10.2009, 2008/12/0212; 23.06.2014, 2010/12/0209, m.w.N.).

Maßgebend ist daher primär jener Arbeitsplatz der dem Beamten zuletzt dienstrechtlich zugewiesen war (VwGH 30.6.2010, 2009/12/0154 m. w.N.).

3.2.2. Im vorliegenden Fall erweist sich der bekämpfte Bescheid bereits hinsichtlich der Primärprüfung als mangelhaft:

Unbestritten ist im Beschwerdefall, dass dem Beschwerdeführer zuletzt der Arbeitsplatz eines stellvertretendenden Betriebsleiters Unternehmerbetrieb 1 in der Justizanstalt Garsten, Verwendungsgruppe E2b, zugewiesen war und der Beschwerdeführer seit Juli 2017 im Krankenstand ist. Im gegenständlichen Fall geht aus dem Inhalt des angefochtenen Bescheids nicht hervor, welche konkreten Aufgaben bzw. Tätigkeiten der Beschwerdeführer an seinem zuletzt innegehabten Arbeitsplatz zu erfüllen bzw. auszuführen hatte. Eine wörtliche Beschreibung seiner Tätigkeit ist dem Akt nicht zu entnehmen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den konkreten Aufgaben an diesem Arbeitsplatz hat die belangte Behörde somit unterlassen. Auch sind die Feststellungen über seine Fähigkeiten zur Verrichtung dieser Tätigkeiten nicht ausreichend. Die lapidare Feststellung, dass nach der Stellungnahme des BVA - Pensionsservice vom 08.11.2017 der Beschwerdeführer seinen zuletzt ausgeübten Arbeitsplatz nicht mehr erfüllen könne, reicht hierfür keinesfalls aus. Ferner wurde dem gegenständlichen Verfahren auch keine aktuelle Arbeitsplatzbeschreibung zu Grunde gelegt. So lassen sich einerseits aus dem (undatierten) Anforderungsprofil keine näheren Angaben über die konkreten Tätigkeiten, die mit dem Arbeitsplatz des Beschwerdeführers verbunden sind, ableiten, andererseits hat die belangte Behörde auch keine sachverhaltsmäßigen Feststellungen der dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers auf seinem zuletzt inne gehabten Arbeitsplatz getroffen. Damit liegt ein unvollständiger bzw. ein ergänzungsbedürftiger Sachverhalt vor.

Unterbleibt die sachverhaltsmäßige Feststellung der dienstlichen Aufgaben des aktuellen Arbeitsplatzes, liegt schon aus diesem Grund ein ergänzungsbedürftiger Sachverhalt vor (vgl. VwGH, 04.09.2012, 2012/12/0031; ähnlich VwGH 20.05.2009, 2008/12/0082 und VwGH 30.05.2011, 2007/12/0197, m.w.N). Die Frage, ob potenzielle Verweisungsarbeitsplätze für den Beschwerdeführer in Betracht zu ziehen sind, stellt sich erst bei negativem Ausgang der Primärprüfung an Hand des zuletzt zugewiesenen Arbeitsplatzes (VwGH 30.05.2011, 2007/12/0197, m.w.N).

Damit hat die belangte Behörde i.S.d. der eingangs angeführten Judikatur den Sachverhalt bloß ansatzweise ermittelt. Auf die Ergebnisse der ärztlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers war daher nicht näher einzugehen. Bei dem vorliegenden Verfahrensergebnis erübrigt es sich auch weiters, auf die vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme dargelegten Hinweise der Zuweisung von möglichen Verweisungsarbeitsplätzen einzugehen. Die belangte Behörde wird daher zunächst die konkreten dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers auf dem zuletzt von ihm inne gehabten Arbeitsplatz und bei Bedarf (siehe die oben angeführte Judikatur) mögliche Verweisungsarbeitsplätze festzustellen haben. Erst auf dieser Grundlage kann aufgrund ärztlicher Begutachtung eine fundierte Beurteilung seiner Dienstfähigkeit erfolgen.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre, ist nicht ersichtlich, zumal es sich bei der in Rede stehenden Frage um eine solche handelt, die verwaltungsinterne Vorgänge betrifft, bei der die belangte Behörde besonders "nahe am Beweis" ist (vgl. VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0109).

Da somit die erforderlichen entscheidungswesentlichen Feststellungen nicht getroffen wurden, ist der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Somit war der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines allfälligen neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

3.3. Eine mündliche Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid "aufzuheben" war. Dieser Tatbestand ist auch auf Beschlüsse zur Aufhebung und Zurückverweisung anwendbar (vgl. zur gleichartigen früheren Rechtslage Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 22).

3.4. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung - wie unter Punkt 3.2.1. und 3.2.2. dargestellt - von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Arbeitsplatz, Begründungsmangel, dauernde Dienstunfähigkeit,
dienstliche Aufgaben, Ermittlungspflicht, Gesundheitszustand,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, Primärprüfung,
Ruhestandsversetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W128.2184110.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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