Entscheidungsdatum
10.04.2019Norm
AsylG 2005 §35 Abs4Spruch
W205 2178414-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 25.10.2017, Zl. Addis-Abeba-ÖB/RECHT/0036/2017, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 04.08.2017, Zl. Addis-Abeba-ÖB/KONS/0261/2016, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde werden der bekämpfte Bescheid und
die Beschwerdevorentscheidung behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Botschaft Addis Abeba zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 02.06.2016 bei der Österreichischen Botschaft Addis Abeba (in der Folge: ÖB Addis Abeba) einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs.1 AsylG 2005.
Als Bezugsperson wurde die Mutter, XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, angeführt, welcher zunächst mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") vom 27.05.2015, Zl. 1019294809-14639958, subsidiärer Schutz und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 28.05.2018 erteilt wurde. Mit - unbekämpft gebliebenen - Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.07.2018, GZ. W236 2108576-1/11E, wurde der Bezugsperson schließlich nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 3 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten in Österreich zuerkannt.
Dem Antrag lagen verschiedene, die Beschwerdeführerin betreffende Dokumente in nichtdeutscher Sprache, darunter die Geburtsurkunde und eine Abgängigkeitsanzeige des Vaters bei. Die Bezugsperson betreffend waren u.a. eine Vollmacht und die Zustimmung, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Einreise gem. § 35 AsylG stellen könne, beigelegt.
2. Mit Schreiben vom 02.06.2016 teilte die ÖB Addis Abeba dem BFA mit, dass der (nicht anerkannte) Reisepass am 01.10.2010 in Garowe, Somalia, ausgestellt worden sei, mangels äthiopischer Visa bzw. Ein- und Ausreisestempel könne die angegebene Route seitens der ÖB jedoch nicht nachvollzogen werden.
Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin dem Asylantrag eine Abgängigkeitsanzeige "Declaration of disappear" des Herrn XXXX (angeblicher Vater der Beschwerdeführerin und angeblicher ehemaliger Ehemann der Bezugsperson, jedoch ohne Vorlage einer diesbezüglichen Heiratsurkunde) beigelegt, die laut den darauf befindlichen Angabenam 17.02.2015 in Banadir/Somalia ausgestellt worden sei, jedoch gleichzeitig den 01.01.2012 als Datum des Erscheinens von zwei Zeugen anführe, die das Verschwinden am gleichen (!) Tag, dem 01.01.2012, bestätigen würden. Auch aufgrund der sonstigen Gestaltungsmerkmale des Schreibens (aufgedruckter Stempel etc.) könne von einer Echtheit bzw. von einem tatsächlichen Verschwinden des Vaters keinesfalls automatisch ausgegangen werden. Die Botschaft habe Zweifel betreffend die Identität, das Verwandtschaftsverhältnis mit der in Österreich aufhältigen Bezugsperson und die sonstigen Angaben der Beschwerdeführerin. Um die von der Beschwerdeführerin angegebenen Familienverhältnisse sicher feststellen zu können, rege die Botschaft die Durchführung eines DNA-Tests zum Beweis der leiblichen Mutterschaft an.
3. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 08.05.2017 führte das BFA aus, dass betreffend die antragstellende Partei die Gewährung des Status eines Asylberechtigten oder eines subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Zustimmung des Obsorgeberechtigten zur Ausreise der Beschwerdeführerin nicht vorliege.
4. Mit Schreiben vom 08.05.2017 wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, wobei auf die vorzitierte Stellungnahme und Mitteilung des BFA vom 08.05.2017, welche ebenfalls übermittelt wurde, verwiesen wurde.
In der Stellungnahme führte das BFA aus, es stehe aufgrund des - vorgelegten - Abstammungsgutachtens fest, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die leibliche Tochter der Bezugsperson handle. Befinde sich ein Elternteil als Bezugsperson in Österreich und würden Anträge gem. § 35 AsylG nur für die minderjährigen Kinder und nicht für den anderen Elternteil gestellt, so sei eine Zustimmung des im Herkunftsland verbleibenden Elternteils notwendig (zur Vermeidung von Kindesentziehung). Eine Obsorgeübertragung gegen den Willen der im Herkunftsland verbleibenden obsorgeberechtigten Person sei nur in sehr begrenzten Einzelfällen möglich. Für ein derartiges Vorgehen seien absolut zweifelsfreie Dokumente in jedem Fall erforderlich. Bloße Behauptungen seien bei derartigen Gegebenheiten keinesfalls ausreichend und die Beweislast liege bei der Beschwerdeführerin. Zwar sei eine Abgängigkeitsanzeige vorgelegt worden, in welcher festgehalten worden sei, dass am 01.01.2012 zwei Zeugen erschienen seien, wobei ebenfalls am 01.01.2012 die Abgängigkeit festgestellt worden sei. Sohin handle es sich offensichtlich leidglich um Aussagen, die ohne weitere Recherchen bestätigt worden seien. Diese Ausfertigung sei jedoch erst am 17.02.2015 ausgestellt worden.
Es wurde der Beschwerdeführerin Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von zwei Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
5. Am 22.05.2017 langte die Stellungnahme der der Beschwerdeführerin ein, in der vorgebracht wurde, dass es sich bei der Bezugsperson um die leibliche Mutter der Beschwerdeführerin handle. In weiterer Folge sei durch das BFA eine Anfrage an das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung gestellt worden, bei welcher sich ergeben habe, dass von der minderjährigen Beschwerdeführerin keine Gefahr ausgehen würde, welche einer Einreise entgegenstehen würde. Aktuell, seit der Ausreise der Kindesmutter, lebe die minderjährige Beschwerdeführerin bei unterschiedlichen Verwandten unter prekären Umständen, da zum Kindesvater seit seinem Verschwinden im Jahr 2012 kein Kontakt mehr bestehe. Die Kindesmutter habe während des Verfahrens konstant angegeben, dass der Kindesvater verschwunden sei und kein Kontakt zu ihm bestehe. Im gesamten Verfahren sei der Kindesvater in keiner Weise in Erscheinung getreten (etwa indem er für seine Tochter in der Abwesenheit der Mutter sorgen würde, sie zu Botschaftsterminen begleiten würde, oder aber im Fall der Ablehnung der Ausreise seiner Tochter intervenieren würde, um die Ausreise zu verhindern). Es hätten sich vielmehr die Angaben der Bezugsperson dahingehend bestätigt, dass die Beschwerdeführerin stets in Begleitung anderer Verwandten der Kindesmutter zu behördlichen Vorsprachen erschienen sei. Das liege daran, dass sich die minderjährige Beschwerdeführerin seit dem Verschwinden des Vaters und der notwendigen Ausreise der Mutter in der Betreuung der weiteren Verwandten befinde. Da die Bezugsperson und der Kindesvater weitschichtige Verwandte, nämlich Cousine und Cousin 3. Grades seien, wäre es auch nicht schlüssig, dass die Familie eine unrechtmäßige Kindesentziehung unterstützen würde. Es wäre insbesondere angesichts der stark eingeschränkten Rechte von Frauen in Somalia undenkbar, dass die im Ausland befindliche Bezugsperson gegen den Willen des Kindesvaters mit Hilfe der gemeinsamen Familie versuche, das Kind außer Landes zu bringen. Da das Verfahren nunmehr bereits rund ein Jahr andauere und diverse administrative Schritte erforderlich gewesen seien, nämlich neben der Ausstellung der Geburtsurkunde und des Reisepasses auch die persönliche Antragstellung an der ÖB Addis Abeba und das Aufsuchen der Botschaft zwecks Durchführung eines DNA-Tests, und die in Somalia verbliebene Familie diese Schritte gemeinsam mit der nunmehr sechsjährigen Beschwerdeführerin unternommen habe, sei es naheliegend, dass diese Schritte nicht gegen den Willen des Kindesvaters unternommen werden können. Es sei schlüssig, dass dieser tatsächlich seit 2012 verschwunden sei, seither keinerlei Kontakt mehr bestehe und er daher faktisch nicht dazu in der Lage sei, der Ausreise der Tochter zuzustimmen.
Zur Abgängigkeitsanzeige und deren Glaubwürdigkeit habe das BFA unschlüssig argumentiert. Denn, wenn davon ausgegangen werde, dass diese ohnehin eine Fälschung sei und ihr daher keine Beweiskraft zukomme, so könnten die Widersprüche nicht zu den mündlichen Angaben der Bezugsperson vorgehalten werden, um so die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens hinsichtlich des Kindesvaters zu argumentieren. Denn ein Beweismittel, dem von Vornhinein keine Beweiskraft zukomme, sei per se nicht dazu geeignet, die Glaubwürdigkeit eines Vorbringens in irgendeine Richtung zu beeinflussen. Vielmehr habe die Abgängigkeitsanzeige in dem Fall gänzlich beweiswürdigend außer Acht zu bleiben.
Hinsichtlich geringer Diskrepanzen innerhalb des Vorbringens der Bezugsperson sei festzuhalten, dass die Bezugsperson Analphabet sei, nie die Schule besucht habe und aus einfachsten Verhältnissen in Somalia stamme. Der Weg von Somalia nach Österreich sei äußerst beschwerlich und gefährlich gewesen. Ihr Leben sei über den gesamten Zeitraum von rund zwei Jahren ohne einen geregelten Tagesablauf verlaufen, sodass auch dadurch die zeitliche Einordnung der Ereignisse in Somalia erschwert gewesen seien. Dahingehend sei auch hinsichtlich der zeitlichen Angaben bezüglich des Verschwindens des Ehegatten ein entsprechender Wertungsmaßstab anzuwenden. Die konkreten Inhalte, nämlich was genau passiert sei und die Bezugsperson zur Flucht aus Somalia bewogen habe, seien gleichbleibend. Lediglich mit der Einordnung der zeitlichen Abfolge habe die Bezugsperson aufgrund ihrer fehlenden Ausbildung, konkreten Lebensrealität sowie kulturellen Sozialisation gewisse Schwierigkeiten. Insgesamt sei somit festzuhalten, dass die Angaben der Bezugsperson zum dauerhaften Kontaktverlust zum Ehegatten und Kindesvater glaubhaft seien.
6. Mit Rückmeldung des BFA vom 03.08.2017 wurde ausgeführt, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe. Zum Vorbringen in der Stellungnahme, wonach aufgrund der administrativen Schritte im Verfahren, welche gemeinsam mit der in Somalia verbliebenen Familie unternommen worden seien, naheliege, dass diese Schritte nicht gegen den Willen des Kindesvaters unternommen worden seien ("sein könnten"), ist auszuführen, dass eben die Zustimmung des verbleibenden Elternteils erforderlich sei und nicht die der Familienangehörigen. Zudem sei anzuführen, dass die Beweislast bei der Beschwerdeführerin liege. Die vorgelegten Urkunden würden jedenfalls nicht beweisen, dass der Kindesvater verschwunden sei und es werde auf die Ausführungen in der Stellungnahme verwiesen.
7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 04.08.2017 wies die ÖB Addis Abeba den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 ab, da die Zustimmung des Obsorgeberechtigten zur Ausreise der Beschwerdeführerin nicht vorliege.
8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher geltend gemacht wurde, dass es sich aufgrund des vorliegenden positiven DNA-Tests bei der Beschwerdeführerin unstrittigerweise um die minderjährige und unverheiratete Tochter der Bezugsperson handle und somit die Familieneigenschaft iSd AsylG feststehe. Im gegenständlichen Verfahren werde durch das Beharren auf einer Zustimmung des abgängigen Kindesvaters lediglich implizit unterstellt, dass die Kindesmutter beabsichtigen würde, unrechtmäßig dem Kindesvater die minderjährige Tochter zu entziehen, da keine Zustimmungserklärung zur alleinigen Ausreise der Tochter vorliegen würde. Zur fehlenden Zustimmung des Kindesvaters zur alleinigen Ausreise der Beschwerdeführerin zu ihrer Mutter, sei vollinhaltlich auf die Ausführungen in der Stellungnahme vom 22.05.2017 zu verweisen. Der Kindesvater sei seit dem Jahr 2012 verschwunden und es bestehe kein Kontakt mehr zu ihm. Die belangte Behörde habe sich in keiner Weise mit dem Vorbringen der Stellungnahme inhaltlich auseinandergesetzt. Aufgrund der fehlenden Funktionsfähigkeit der somalischen Behörden sei es auch praktisch unmöglich, einen verlässlichen behördlichen Beweis zum dauerhaften Verschwinden des Kindesvaters zu erhalten, da somalischen Dokumenten grundsätzlich kaum Beweiswert zukomme. Dieses Fehlen von Nachweisen dürfe im Licht des Art. 8 EMRK und des Kindeswohls jedoch nicht zur Folge haben, dass eine Familienzusammenführung im konkreten Fall verunmöglicht werde.
9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 25.10.2017 wies die ÖB Addis Abeba die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des VwGH österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden seien. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die ÖB komme daher nicht in Betracht.
Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführer einen Antrag nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt hätten und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ergangen sei. Als alleintragender Grund für die Abweisung des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrages auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des BFA die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführerin auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.
Jenseits und unabhängig der obangeführten Bindungswirkung teile die belangte Behörde die diesbezüglich negative Beweiswürdigung des BFA. Ungeachtet dessen, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die leibliche Tochter der Bezugsperson handle, was durch das Abstammungsgutachten als erwiesen anzusehen sei, fehle im gegenständlichen Fall die Zustimmung des Obsorgeberechtigten, wobei die Vermisstenmeldung des Vaters in Zweifel gezogen werden müsse, und sei daher die Zustimmung des leiblichen Vaters nicht gegeben.
Wie das BFA in seiner Stellungnahme ausgeführt habe, hätten die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Dokumente - insbesondere die Abgängigkeitsanzeige des Vaters- nicht als glaubwürdig gewertet werden können. Darüber hinaus habe die Bezugsperson bei der Erstbefragung im Asylverfahren angegeben, dass ihr Ehemann ebenfalls geflüchtet sei. Bei gegenständlichem Antrag wurde allerdings eine auf die Aussage zweier angeblicher Zeugen beruhende behördliche Vermisstenmeldung, datiert mit 17.02.2015, vorgelegt. Demnach soll der Ehemann am 01.01.2012 verschwunden sein. Dies stehe im Widerspruch zu den seitens der Bezugsperson gemachten Angaben im Asylverfahren, wonach sie bis einen Monat und drei Tage vor ihrer Ausreise Ende 2012 mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter zusammengelebt habe.
Das BFA habe sich umfassend mit der Echtheit der inhaltlichen Richtigkeit bzw. dem Wahrheitsgehalt von Dokumenten aus dem Herkunftsstaat des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, weshalb - in Verbindung mit der ausgewogenen Würdigung der im Verfahren gemachten Angaben - dem BFA nicht entgegengetreten werden könne, wenn es zu dem Schluss komme, dass keineswegs unbedenkliche Beweismittel vorliegen würden.
In diesem Zusammenhang dürfe auch angemerkt werden, dass Somalia über keinen funktionierenden Behördenapparat verfüge bzw. keine Verwaltungsstrukturen vorhanden seien. Selbst die von der Regierung eingesetzten Ministerien würden über keine entsprechenden Strukturen verfügen und quasi nur auf dem Papier ohne echte Exektuivgewalt existieren.
10. Am 31.10.2017 wurde bei der ÖB Addis Abeba ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht. Zur Begründung wurde auf die Stellungnahme vom 22.05.2017 und die Beschwerde verwiesen.
11. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 29.11.2017, eingelangt am 01.12.2017, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakten übermittelt.
12. Mit Beschwerdeergänzung vom 27.06.2018 wurde vorgebracht, dass der Bezugsperson am 21.06.2018 Asyl zuerkannt worden sei. In dieser Niederschrift und insbesondere der Begründung der positiven Entscheidung seien auch für das gegenständliche Familienzusammenführungsverfahren maßgebliche Feststellungen hinsichtlich des Verbleibs bzw. des Todes des Kindesvaters enthalten. Im Erkenntnis des BVwG sei nach sorgfältiger Prüfung der Angaben zum Verbleib des Ehegatten verbindlich dessen Tod festgestellt worden, womit die allfällige Forderung einer Zustimmung des Vaters zur Ausreise seiner Tochter, der Beschwerdeführerin, nicht aufrechterhalten werden könne.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die minderjährige ledige Beschwerdeführerin ist somalische Staatsangehörige, und stellte am 02.06.2016 bei der ÖB Addis Abeba einen Antrag auf Erteilung eines Visums zur Einreise nach Österreich gemäß § 35 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia genannt, welche die Mutter der Beschwerdeführerin ist. Der Bezugsperson wurde mit - unbekämpft gebliebenen - hg. Erkenntnis vom 21.06.2018 der Status der Asylberechtigten in Österreich zuerkannt.
Es liegen keine Hinweise dafür vor, dass hinsichtlich der Bezugsperson ein Verfahren zur Aberkennung des Status anhängig oder die Bezugsperson straffällig wäre.
Festgestellt wird, dass der Ehemann der Bezugsperson und Vater der Beschwerdeführerin verstorben ist und die Bezugsperson als Mutter der Beschwerdeführerin alleinige Obsorgeberechtigte ist.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin im Zusammenhalt mit den von ihr vorgelegten Urkunden, dem Akt der ÖB Addis Abeba und dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.06.2018.
Die Feststellung, dass der Ehemann der Bezugsperson und Vater der Beschwerdeführerin verstorben ist, ergibt sich aus dem - nach mündlicher Verhandlung ergangenen - hg. Erkenntnis vom 21.06.2018 über die Asylzuerkennung an die Bezugsperson. Nach den dieser Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltsfeststellungen hätte die Bezugsperson im Falle ihrer Rückkehr nach Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit - aufgrund genau dargestellter Umstände - Verfolgungshandlungen durch Angehörige der Terrormiliz Al Shabaab zu gegenwärtigen. Die Bezugsperson hat im Asylverfahren nach den im hg. Erkenntnis getroffenen Feststellungen weiters auch glaubhaft gemacht, von ihrem Ehemann seit dessen Verschwinden Ende des Jahres 2012 nichts mehr gehört zu haben. Im Oktober 2017 habe die Bezugsperson von einem Onkel ihres Ehemannes erfahren, dass dieser bereits im Jahr 2012 von der Al Shabaab getötet worden sei. Dieser Onkel des Ehemannes sei bereits vor dem Ehemann der Bezugsperson von der Al Shabaab mitgenommen und am selben Stützpunkt wie dieser festgehalten worden. Er habe mitansehen müssen, dass der Ehemann der Bezugsperson bei einem Fluchtversuch aus diesem Gefängnis von der Al Shabaab erschossen worden sei. Dem Onkel des Ehemannes sei von der Al Shabaab eingebläut worden, niemandem über diesen Vorfall zu erzählen. Erst nachdem ihm die Flucht nach Kenia gelungen gewesen sei, habe er es gewagt, die Bezugsperson darüber zu informieren.
Auch in der gegenständlichen Entscheidung wird daher davon ausgegangen, dass der Ehegatte der Bezugsperson bzw. Vater der Beschwerdeführerin verstorben ist, weswegen die Einholung seiner Einverständniserklärung zur Ausreise der Beschwerdeführerin und Einreise in Österreich nicht mehr möglich ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Rechtslage:
Angesichts der am 02.06.2016 erfolgten Einreiseantragstellung ist die geltende, zuletzt durch BGBl. I Nr. 56/2018 - FrÄG 2018 - geänderte und am 01.09.2018 in Kraft getretene Rechtslage maßgeblich.
§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
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22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat;
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Der mit "Familienverfahren im Inland" übertitelte § 34 AsylG 2005 idgF lautet:
§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
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-1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
-2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
-3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
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-1. dieser nicht straffällig geworden ist und
-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
-3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
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-1. dieser nicht straffällig geworden ist;
-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
-3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
-4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
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-1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
-auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der
2. Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
-3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).
§ 35 AsylG 2005 lautet:
"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
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-1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
-2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
[....]
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
[....]
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
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Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005
§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."
§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:
"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).
Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die
Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).
3. Das BFA ging bei seiner negativen Wahrscheinlichkeitsprognose im Wesentlichen davon aus, die Voraussetzungen für eine positive Entscheidung lägen deshalb nicht vor, weil die Zustimmung des Obsorgeberechtigten zur Ausreise der Beschwerdeführerin nicht vorliege und die Abgängigkeitsanzeige des Vaters nicht als glaubwürdig gewertet werden könne.
Dieser Beurteilung ist nach Auffassung des BVwG nicht zu folgen:
Nach den getroffenen Feststellungen ist der Vater der Beschwerdeführerin bereits verstorben, die Bezugsperson als leibliche Mutter somit alleinige Obsorgeberechtigte, sie kann daher (ua.) den Aufenthaltsort der Beschwerdeführerin bestimmen.
4. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die vom BFA herangezogenen Gründe für die Erstellung der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose nach Auffassung des BVwG nicht vorliegen. Der Einreiseantrag der Beschwerdeführerin ist daher neu zu überprüfen und - sofern weiterhin alle anderen Voraussetzungen vorliegen - der beantragte Einreisetitel zu erteilen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Eine mündliche Verhandlung hatte gemäß § 11a Abs. 2 FPG zu unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W205.2178414.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.07.2019