TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/17 G304 2197064-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.04.2019
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Entscheidungsdatum

17.04.2019

Norm

AEUV Art.56
AEUV Art.57
AuslBG §18 Abs12
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G304 2197063-1/8E

G304 2197064-1/8E

G304 2197065-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter DEMSCHAR und Dr. Paul PART als Beisitzer über die Beschwerden der XXXX, vertreten durch XXXX Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., gegen die Bescheide des Arbeitsmarktservice XXXX vom 19.04.2018, GZ: XXXX, XXXX, betreffend Bestätigung der EU-Überlassung für XXXX, geb. XXXX, XXXX, geb. XXXX, und XXXX, geb. XXXX, jeweils StA. Kosovo, zu Recht erkannt:

A)

Den Beschwerden wird stattgegeben und die angefochtenen Bescheide werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit den im Spruch angeführten Bescheiden des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS oder belangte Behörde) wurden die Anträge der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) auf Bestätigung der EU-Überlassung für die im Spruch angeführten kosovarischen Arbeitnehmer für die berufliche Tätigkeit als Bäcker abgewiesen. Begründend dafür wurde zusammengefasst ausgeführt, dass trotz schriftlicher Aufforderung dazu die angeforderte "Gewerbeberechtigung für Überlassung von Arbeitskräften" nicht vorgelegt worden sei und deshalb das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 18 Abs. 12 AuslbG nicht überprüft werden könne.

2. Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde vorgebracht, dass bei Überlassung in demselben Gewerbezweig keine gesonderte Gewerbeberechtigung für die Arbeitskräfteüberlassung nötig sei, und es wurde Behebung der angefochtenen Bescheide beantragt.

3. Am 01.06.2018 wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständlichen Beschwerden samt dazugehörigen Verwaltungsakten vorgelegt, wobei mit Beschwerdevorlage vorgebracht wurde, Wirtschaftstreuhänder (Steuerberater) würden mangels gesetzlicher Definition keine Befugnisse haben, Parteien im verwaltungsbehördlichen Verfahren bzgl. Antragstellungen nach dem AuslbG zu vertreten. Es wurde beantragt, die Beschwerden mangels Vertretungsbefugnis der Steuerberatungsgesellschaft zurückzuweisen oder, sollte die Vertretungsbefugnis als gegeben erachtet werden, mangels vorgelegter Gewerbeberechtigung zur beantragten Arbeitskräfteüberlassung die Beschwerden abzuweisen.

4. Das BVwG beraumte in der Folge für den 05.10.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung an. An dieser nahmen der Geschäftsführer der BF, die im Spruch angeführte Steuerberatungsgesellschaft als deren Rechtsvertreter, die im gegenständlichen Fall betroffenen drei drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer und ein Vertreter der belangten Behörde teil. In der Verhandlung wurde die Vertretungsbefugnis eines Steuerberaters im verfahrensgegenständlichen Fall erörtert, wobei nach eingehender Prüfung der bisherigen Rechtsprechung und neuen Gesetzeslage den Parteien eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu dieser Frage binnen vier Wochen eingeräumt wurde.

5. Mit beim BVwG eingelangtem Schreiben des Rechtsvertreters der BF vom 05.10.2018 wurde ergänzend zur Beschwerde vorgebracht, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb und insbesondere aufgrund welcher konkreten Rechtsgrundlagen die Vorlage der Gewerbeberechtigung für die Arbeitskräfteüberlassung erforderlich sein sollte, zumal es sich im gegenständlichen Fall um eine sonstige gewerbliche (vorübergehende) Überlassung und damit gleichzeitig um eine privilegierte Überlassung iSd §§ 1 Abs. 3 Z. 1 AG iVm § 135 Abs. 2 Z. 1 GewO handle.

6. Am 02.11.2018 langte beim BVwG eine Stellungnahme des Rechtsvertreters der BF zur Vertretungsbefugnis vom 30.10.2018 ein. In dieser wurde auf die Vertretungsbefugnis von Steuerberatern in Ausländerbeschäftigungsangelegenheiten verwiesen.

Diesem Schreiben beigelegt war ein E-Mail des Kammerdirektor-Stellvertreters der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsberater an die belangte Behörde vom 22.10.2018, in welchem mitgeteilt wurde, dass entscheidende Voraussetzung für das Bestehen des Vertretungsrechts ein unmittelbarer Zusammenhang mit einer Wirtschaftstreuhänderleistung ist, die für den gleichen Auftraggeber erbracht wird. Die Vertretung müsse sich somit aus der für den Mandanten bereits erbrachten Leistungen unmittelbar ergeben. Diese Beurteilung müsse einzelfallbezogen erfolgen. Umgekehrt dürfe eine Ablehnung als Vertreter in derartigen Verfahren nicht aus allgemeinen Gründen erfolgen, sondern nur dann, wenn die Behörde feststellt, dass die Voraussetzungen für die Vertretung nicht gegeben seien - etwa aufgrund des mangelnden unmittelbaren Zusammenhangs zu einer erbringenden Wirtschaftstreuhändertätigkeit für denselben Auftraggeber. Bereits in der Vergangenheit habe das AMS immer wieder die Vertretungsrechte der Wirtschaftstreuhänder angezweifelt. Das von der Kammer in solchen Fällen bereits wiederholte konsultierte BMDW habe dabei wiederholt (auch noch nach alter Rechtslage) darauf hingewiesen, dass das AMS die Voraussetzungen des Vertretungsrechts zu prüfen habe und eine allgemeine Ablehnung unzulässig sei (etwa, weil die Möglichkeit eines Zusammenhanges generell ausgeschlossen werde; (...).

7. Ebenfalls am 02.11.2018 langte beim BVwG ein ergänzendes Vorbringen der belangten Behörde ein, dass die Arbeitskräfteüberlassung nicht der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung der BF sei und somit eine von der EU-Entsenderichtlinie erfasste EWR-interne Überlassung von Mitarbeitern der BF an den Beschäftigerbetrieb in Österreich nicht vorliegen würde und allenfalls eine Beschäftigungsbewilligung nach § 4 Abs. 3 lit. 10 AuslbG denkbar wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF ist Arbeitgeberin der im Spruch angeführten Arbeitnehmer, die alle Staatsangehörige der Republik Kosovo sind.

Bei der BF handelt es sich um ein das Bäckergewerbe betreibendes slowenisches Unternehmen. Im Jahr 2016 haben sich ihre Nettoeinnahmen am Unternehmenssitz in Slowenien nachweislich auf über € 587.000 und ihre Nettoeinnahmen in EU-Mitgliedstaaten auf über € 49.000 belaufen.

1.2. Am 29.03.2018 stellte die BF bei der belangten Behörde für ihre im Spruch angeführten drei kosovarischen Arbeitnehmer jeweils einen Antrag auf Bestätigung der EU-Überlassung an einen Beschäftigungsbetrieb in Österreich, wobei der Geschäftsführer der BF zugleich auch Geschäftsführer des Beschäftigungsunternehmens ist.

Diese Anträge wurden mit Bescheiden der belangten Behörde vom 19.04.2018 abgewiesen, jeweils mit der Begründung, dass die angeforderte "Gewerbeberechtigung für Überlassung von Arbeitskräften" nicht vorgelegt worden sei und es deshalb nicht möglich gewesen sei, das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 18 Abs. 12 AuslbG zu überprüfen.

1.2.1. Im Zuge dieser Antragstellungen vom 29.03.2018 wurde der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen (Zentrale Koordinationsstelle) jeweils

* als Art der Tätigkeit und Verwendung des Arbeitsnehmers "Bäcker - sonstige Arbeitnehmer in der Produktion",

* "29.03.2018" als Beginn, "29.05.2018" als voraussichtliches Ende der Beschäftigung,

* das dem Arbeitnehmer nach österreichischen Rechtsvorschriften jeweils gebührende monatliche Bruttoentgelt iHv. € 1.446,60 und

* der genaue Beschäftigungsort in Österreich bekannt gegeben.

1.3. In einem zwischen der BF als "Überlasser" und dem Beschäftigungsbetrieb in Österreich als "Übernehmer" geschlossenen "Vertrag Nr. 1 zur Überlassung von Arbeitskräften" wurden unter anderem folgende Punkte vereinbart:

* "Gegenstand dieses Vertrags ist die Überlassung von Arbeitskräften des Überlassers für den Arbeitsplatz:

-

Bäcker,

-

Sonstige Tätigkeiten nach Bedarf des Übernehmers.

* Der Überlasser garantiert eine ausreichende Anzahl an Personal (Bäcker) - angelernte und nicht qualifizierte Arbeiter.

* Der Überlasser ist verpflichtet, dem Übernehmer für seine Anforderungen ausgebildetes Personal für den Arbeitsplatz (...) dieses Vertrags zur Verfügung zu stellen. Der Übernehmer hat das Recht das angeforderte Personal mit allen zugeteilten Vollmachten und Pflichten in die Struktur seiner Beschäftigten zu integrieren.

* Der Überlasser muss für alle Beschäftigten folgende Unterlagen besitzen: Arbeitsvertrag, Gesundheitszeugnis, Nachweis über Renten- und Sozialversicherung, Nachweis über Zeugnisse zur Arbeitssicherheit sowie im Falle von Ausländern gültige Arbeitsgenehmigungen.

* Der Übernehmer darf die durch diesen Vertrag übernommenen Arbeiten nicht an weitere Subunternehmer delegieren, ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Überlassers.

* Der Überlasser wird dem Übernehmer die Rechnung für die Zahlung der durchgeführten Arbeiten und Aufträge bis zu jedem 8. des Monates für den Vormonat ausstellen. Der Übernehmer hat diese spätestens bis zum 18. des Monats zu begleichen.

* Der Übernehmer ist verpflichtet, die übernommenen Arbeiten in der vertraglichen Frist, die mit dem Terminplan des Auftraggebers festgelegt ist, zu beginnen und zu beenden. Diese ist für jeden Auftrag gesondert zu vereinbaren.

* Der Überlasser und der Übernehmer vereinbaren, dass alle Kosten des Übernehmers mit der Ausübung der Arbeiten gemäß diesem Vertrag vom Übernehmer zu tragen sind.

Bei der Ausübung der Arbeiten gemäß diesem Vertrag benutzen die Arbeiter den gesamten Fuhrpark des Überlassers, seine Maschinen, Anlagen, Werkzeuge und sonstige Ausstattung.

Die Arbeiter des Überlassers sind verpflichtet, bei Benutzung des Fuhrparks, der Maschinen, Anlagen, Werkzeuge und sonstigen Ausstattung mit der maximal notwendigen Sorgfalt vorzugehen, alle schriftlichen und mündlichen Anweisungen zur sicheren und rationalen Benutzung zu beachten und die gesamte schriftliche Korrespondenz im Zusammenhang mit ihrer Benutzung zu führen.

* Die Arbeiter des Übernehmers sind verpflichtet, alle Maßnahmen zur Arbeitssicherheit, die per Gesetz vorgeschrieben sind, und die Ordnung des Auftragnehmers über die Arbeitssicherheit sowie eventuelle sonstige Forderungen zu beachten und umzusetzen.

Der Überlasser verpflichtet sich mit diesem Vertrag gemäß dem Gesetz über Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz, den Bestimmungen der Ordnung über den Schutz bei Bauarbeiten, den Bestimmungen der Ordnung über Arbeitssicherheit für die Sicherheitsmaßnahmen bei der Durchführung der Arbeit zu sorgen.

* Die Vertragsparteien vereinbaren insbesondere, dass alle Lasten im Zusammenhang mit eventuellen Schäden bei der Arbeit, die von den Arbeitern des Überlassers ausgeführt werden, oder im Zusammenhang mit diesen, sowie eventuelle Entschädigungsleistungen, vom Übernehmer erbracht werden, ausgenommen, wenn diese Schäden aus Gründen entstanden sind, die auf Seiten des Überlassers liegen, aufgrund dessen Verschuldens."

1.4. In einem "Dienstzettel für die Entsendung nach Österreich (Arbeitsvertrag)" wurden zwischen der BF und den im Spruch angeführten kosovarischen Arbeitnehmern (AN 1, AN 2, AN 3) unter anderem folgende Punkte vereinbart:

"(...)

* Aufgrund der Zugehörigkeit des Unternehmens zum Fachbereich:

Arbeiter im Bäckergewerbe gilt eben dieser Kollektivvertrag.

* Beginn der Entsendung nach Österreich:

Mit Dienstvertrag vom 05.03.2017 (AN 1) / 12.07.2011 (AN 2) / 23.10.2017 (AN 3) wurde mit dem Dienstnehmer ein Dienstverhältnis in Slowenien begründet, wo er als Bäcker beschäftigt ist. Die Probezeit richtet sich nach dem Kollektivvertrag.

Das Dienstverhältnis ist nicht befristet.

(...)

* Gewöhnlicher Arbeits- (einsatz-) Ort, erforderlichenfalls Hinweis auf wechselnde Arbeits- (Einsatz-) Orte:

Der Arbeitsort wird dem Dienstnehmer vor der Entsendung durch Aushändigung einer Kopie der ZKO-Meldung an die Finanzpolizei mitgeteilt.

(...)

* Vorgesehene Verwendung:

Entsendung zu Dienstreisen oder Montagen: (Kreis mit "Ja" angekreuzt) (...)

* Die wöchentliche Arbeitszeit richtet sich nach dem Kollektivvertrag

und beträgt 40 Stunden. Die Normalarbeitszeit beträgt 8 Stunden.

(...)."

1.5. Die im Spruch angeführten drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer der BF stehen jeweils in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur BF und verfügen in Slowenien jedenfalls über die Geltungsdauer der gemeldeten Überlassungen überdauernde Aufenthalts- und Beschäftigungsgenehmigungen.

Im zwischen der BF und den Arbeitnehmern jeweils geschlossenen Arbeitsvertrag wurde unter "Verwendung in kollektivvertragliche Lohnordnung" - bei "angekreuzter Verwendungsgruppe 5" betreffend AN 1 und AN 2 ein Stundenlohn von jeweils € 8,49, betreffend AN 3 hingegen ein Monatslohn iHv. € 1446,60 festgehalten. Bei der ZKO-Meldung über die Überlassung von Arbeitskräften der BF nach Österreich wurde demgegenüber bei allen drei AN ein Bruttomonatslohn iHv € 1.446,60 angeführt.

Die reguläre Beschäftigung der drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer bei der BF wurde ordnungsgemäß bei der slowenischen Sozialversicherung gemeldet, welche für die beabsichtigte Überlassung jeweils eine A1-Bescheinigung ausgestellt hat.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des AMS sowie des nunmehr dem BVwG vorliegenden Gerichtsaktes.

Dass die im Spruch angeführten drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer in Slowenien - dem Staat des Unternehmenssitzes - über Aufenthalts- und Beschäftigungsgenehmigungen verfügen, ging aus den ZKO4-Meldungen in den Verwaltungsakten hervor.

Dass der Geschäftsführer der BF auch Geschäftsführer der Beschäftigungsfirma in Österreich ist, ergibt sich aus einer Zusammenschau eines den Verwaltungsakten einliegenden die BF betreffenden Auszugs aus dem Unternehmensregister mit einem die Beschäftigungsfirma in Österreich betreffenden Firmenregisterauszug.

Die festgestellten Nettoeinnahmen der BF im Jahr 2016 waren aus den dem Verwaltungsakt einliegenden "Daten der Gewinn- und Verlustrechnung aus dem Zeitraum von 01.01.2016 bis 31.12.2016" von März 2017 ersichtlich.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG hat die Beschwerde die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und das Begehren zu enthalten.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 Z. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

3.2. Zur Vertretungsbefugnis der im Spruch angeführten Steuerberatungsgesellschaft

3.2.1. Zum Berechtigungsumfang der Steuerberater

Gemäß § 2 Abs. 2 Wirtschaftstreuhandbuchgesetz 2017 sind die zur selbstständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufs Steuerberater-Berechtigten (weiters) berechtigt, folgende Tätigkeiten auszuüben:

(...)

8. die Beratung in arbeitstechnischen Fragen."

Gemäß § 2 Abs. 3 Wirtschaftstreuhandbuchgesetz 2017 sind die zur selbstständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufs Steuerberater-Berechtigten berechtigt, unter anderem folgende Tätigkeiten, soweit diese mit den für den gleichen Auftaggeber durchzuführenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten zusammenhängen, auszuüben:

(...)

"1. Die Beratung in Rechtsangelegenheiten sowie die Errichtung einfacher und standardisierter, formularmäßig gestalteter Verträge betreffend Arbeitsverhältnisse jeglicher Art;

2. die Beratung und Vertretung in allen Verwaltungs- und Verwaltungsstrafverfahren bei den Einrichtungen des Arbeitsmarktservice, der Berufsorganisationen, der Landesfremdenverkehrsverbände und bei anderen in Wirtschaftsangelegenheiten zuständigen Behörden und Ämtern, einschließlich der Vertretung vor den Verwaltungsgerichten sowie Gerichten in Angelegenheiten gemäß § 11 des Firmenbuchgesetzes, BGBl. Nr. 10/1991, und der Veröffentlichung von Jahresabschlüssen sowie im Zusammenhang mit Umgründungsvorgängen und die Abgabe von Drittschuldnererklärungen für Auftraggeber".

3.2.2. Mit gegenständlich angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge auf Bestätigung der EU-Überlassung für die im Spruch angeführten drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer für die berufliche Tätigkeit als Bäcker wegen nicht vorgelegter "Gewerbeberechtigung für die Überlassung von Arbeitskräften" abgewiesen. Dagegen wurde von der im Spruch angeführten Steuerberatungsgesellschaft in Vertretung der BF jeweils Beschwerde erhoben.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 05.10.2018 mit der BF, der im Spruch angeführten Steuerberatungsgesellschaft als Vertreter der BF und einem Vertreter der belangten Behörde wurde die Rechtsfrage erörtert, ob der im Spruch angeführten Steuerberatungsgesellschaft im gegenständlichen § 18 Abs. 12 AuslbG betreffenden Verwaltungsverfahren eine Vertretungsbefugnis zukommt, zu dieser Frage noch keine Entscheidung getroffen und den Parteien die Möglichkeit zur Stellungnahme dazu binnen vier Wochen eingeräumt.

Im Zuge einer schriftlichen Stellungnahme der Steuerberatungsgesellschaft zur Vertretungsbefugnis vom 30.10.2018 wurde Folgendes vorgebracht:

"Vorauszuschicken ist, dass die (...) Steuerberatungsgesellschaft für die BF unter anderem Dienstzettel und entsprechende ZKO-Meldungen für überlassene Arbeitskräfte erstellt, die Lohnsteuer im Rahmen der Überlassungen berechnet und die jährlichen Erneuerungen durchführt. Da damit auch in arbeitstechnischen Fragen beraten wird, erfolgt auch eine Beratung in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, im vorliegenden Fall gemäß § 18 Abs. 12 AuslbG. Diese Vertretungsbefugnis wurde bislang auch durch das AusländerInnen-Fachzentrum, Service für Unternehmen, beim AMS noch nie in Zweifel gezogen, wie beispielsweise der Entsprechung der Nachforderung der verfahrensgegenständlichen Bescheide zu ABB.-Nr. (...) zu entnehmen ist.

(...)

Aus den Tätigkeitsfeldern, die die (...) Steuerberatungsgesellschaft für die BF erbringt, in Zusammenschau mit den Erläuternden Bemerkungen und den zusätzlich vorgebrachten Argumenten, ergibt sich aus meiner Sicht eindeutig die Vertretungsbefugnis der (...) Steuerberatungsgesellschaft für das gegenständliche Verfahren und ist diese daher als Vertreterin zuzulassen."

Die belangte Behörde nahm in einer schriftlichen Stellungnahme vom 02.11.2018 unter anderem auf § 4 Abs. 3 lit. 10 AuslbG, wonach die Beschäftigungsbewilligung dem Arbeitgeber bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen gemäß Abs. 1 und 2 nur erteilt werden dürfe, wenn für den Ausländer eine Bewilligung zur grenzüberschreitenden Überlassung (...) vorliege, Bezug und brachte vor:

"Die Arbeitskräfteüberlassung ist nicht der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung des erbringenden Unternehmens (BF). Somit liegt eine von der EU-Entsenderichtlinie erfasste EWR-interne Überlassung von Mitarbeitern der BF an den Beschäftigerbetrieb in Österreich nicht vor und wäre allenfalls eine Beschäftigungsbewilligung denkbar."

Die Parteien haben in ihren nach mündlicher Verhandlung vom 05.10.2018 eingebrachten Stellungnahmen ihre Ausgangsposition aufrecht gehalten, betonte die Steuerberatungsgesellschaft doch bereits in ihrer Beschwerde ihre Vertretungsbefugnis wegen einer "mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten zusammenhängenden Tätigkeit" und beharrte die belangte Behörde mit Beschwerdevorlage auf eine im gegenständlichen Fall vorzulegende "Gewerbeberechtigung zur Arbeitskräfteüberlassung".

3.2.3. Auszug aus der GewO und der Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung

3.2.3.1. Auszug aus der GewO

"§ 94. Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

(Anm.: Z 1 aufgehoben durch Z 9, BGBl. I Nr. 94/2017)

2. Augenoptik (Handwerk)

3. Bäcker (Handwerk)

(...)

72. Überlassung von Arbeitskräften"

"Überlassung von Arbeitskräften

§ 135. (1) Einer Gewerbeberechtigung bedarf die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte (Überlassung von Arbeitskräften; § 94 Z 72).

(2) Kein reglementiertes Gewerbe gemäß § 94 Z 72 ist

1. die vorübergehende Überlassung von Arbeitskräften an Beschäftiger, welche die gleiche Erwerbstätigkeit wie der Überlasser ausüben, unter der Voraussetzung, dass der Charakter des Betriebes des Überlassers gewahrt bleibt, bis zur Höchstdauer von sechs Monaten im Kalenderjahr, wobei auch die Zeiten nacheinander folgender Überlassungen verschiedener Arbeitskräfte zusammenzuzählen sind; (...)"

3.2.3.2. Auszug aus der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften (Arbeitskräfteüberlassungs-Verordnung) StF: BGBl. II Nr. 92/2003

"Präambel/Promulgationsklausel

Auf Grund des § 18 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 111/2002, wird verordnet:

Zugangsvoraussetzungen

§ 1. (1) Die fachliche Qualifikation zum Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften (§ 94 Z 72 GewO 1994) wird durch folgende Belege erbracht:

(...)

(2) Als fachliche Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 gilt eine hauptberufliche Tätigkeit als Angestellter in leitender Stellung im Personalbereich oder als Werkstätten- oder Betriebsleiter mit mindestens 20 Mitarbeitern mit eigener Personalverantwortung oder als selbstständiger Unternehmer oder geschäftsführender Gesellschafter mit mindestens fünf Mitarbeitern."

Demnach war der Geschäftsführer der BF von der Frage, ob im gegenständlichen Fall der belangten Behörde auch eine "Gewerbeberechtigung zur Arbeitskräfteüberlassung" vorzulegen sei, betroffen.

3.2.4. Vor dem Hintergrund der parlamentarischen Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend Wirtschaftstreuhandbuchgesetz 2017, wonach im Rahmen der Personalverrechnung eine umfassende Beratung im Arbeitsrecht - auch betreffend AuslbG - erfolgt, ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die im Spruch angeführte Steuerberatungsgesellschaft, die laut schriftlicher Stellungnahme vom 05.10.2018 angab, dass es für sie nicht nachvollziehbar sei, weshalb und aufgrund welcher Rechtsgrundlage bei der vorliegenden "sonstigen gewerblichen vorübergehenden Überlassung" die Vorlage der Gewerbeberechtigung für die Arbeitskräfteüberlassung erforderlich sein sollte, und die mit Stellungnahme vom 30.10.2018 bekanntgab, dass sie für die BF "unter anderem Dienstzettel und entsprechende ZKO-Meldungen für überlassene Arbeitskräfte erstellt, die Lohnsteuer im Rahmen der Überlassungen berechnet und die jährlichen Erneuerungen durchführt", zum Zeitpunkt, als sie von der BF zwecks Vertretung im gegenständlichen Beschwerdeverfahren kontaktiert wurde, offensichtlich bereits in die Personalverrechnung und damit in die Beratung der BF in auch das AUslbG betreffende arbeitsrechtliche Angelegenheiten iSv § 2 Abs. 2 Z. 8 und § 2 Abs. 3 Z. 1 Wirtschaftstreuhandbuchgesetz 2017 involviert war, woraus sich jedenfalls die Vertretungsbefugnis der im Spruch angeführten Steuerberatungsgesellschaft ergibt - wegen einer "mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten zusammenhängenden Tätigkeit".

3.3. Zu Spruchteil A) Stattgebung der Beschwerde

3.3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) lauten:

"KAPITEL 3

DIENSTLEISTUNGEN

Artikel 56

(ex-Artikel 49 EGV)

Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.

Das Europäische Parlament und der Rat können gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließen, dass dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Union ansässig sind.

Artikel 57

(ex-Artikel 50 EGV)

Dienstleistungen im Sinne der Verträge sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.

Als Dienstleistungen gelten insbesondere:

a) gewerbliche Tätigkeiten,

b) kaufmännische Tätigkeiten,

c) handwerkliche Tätigkeiten,

d) freiberufliche Tätigkeiten.

Unbeschadet des Kapitels über die Niederlassungsfreiheit kann der Leistende zwecks Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Mitgliedstaat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt."

§ 1 Abs. 1 der EU-Entsenderichtlinie (RL 96/71/EG) lautet

"Diese Richtlinie gilt für Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, die im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen Arbeitnehmer gemäß Absatz 3 in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden."

§ 1 Abs. 3 der RL 96/71/EG lautet:

"Diese Richtlinie findet Anwendung, soweit die in Absatz 1 genannten Unternehmen eine der folgenden länderübergreifenden Maßnahmen treffen:

a) einen Arbeitnehmer in ihrem Namen und unter ihrer Leitung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Rahmen eines Vertrags entsenden, der zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem in diesem Mitgliedstaat tätigen Dienstleistungsempfänger geschlossen wurde, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder

b) einen Arbeitnehmer in eine Niederlassung oder ein der Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht, oder

c) als Leiharbeitsunternehmen oder als einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellendes Unternehmen einen Arbeitnehmer in ein verwendendes Unternehmen entsenden, das seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat oder dort seine Tätigkeit ausübt, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitsunternehmen oder dem einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht."

§ 18 Abs. 12 AuslbG lautet:

"Für Ausländer, die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung nach Österreich entsandt oder überlassen werden, ist keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich, wenn

1. sie ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung oder Überlassung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt sind,

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Abs. 3 bis 6, § 4 Abs. 2 bis 5 und § 5 des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG), BGBl. Nr. 44/2016, im Fall der Überlassung gemäß § 10 AÜG, § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 2 und 5 und § 6 LSD-BG sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und

3. im Fall der Überlassung kein Untersagungsgrund gemäß § 18 Abs. 1 AÜG vorliegt.

Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen (Zentrale Koordinationsstelle) hat die Meldung über die Beschäftigung betriebsentsandter oder überlassener Ausländer gemäß § 19 Abs. 2 bis 4 LSD-BG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen zwei Wochen ab Einlangen der Meldung dem Unternehmen und dem Auftraggeber oder Beschäftiger, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung bzw. EU-Überlassungsbestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung oder Überlassung zu untersagen. Unbeschadet der Meldepflicht gemäß § 19 Abs. 2 bis 4 LSD-BG sowie sonstiger Pflichten nach dem AÜG, darf die Beschäftigung bei Vorliegen der Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung bzw. EU-Überlassungsbestätigung begonnen werden."

3.3.2. Nach der Judikatur des VwGH zu § 18 Abs. 12 AuslBG ist Voraussetzung für die Erlangung einer EU-Entsendebestätigung, dass die Ausländer zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung in Erfüllung eines dem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR erteilten Auftrages entsandt werden. Dies entspricht der Entsendung iSd Art. 1 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 96/71/EG (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).

Für den Fall einer konzerninternen - bzw. einer unternehmensinternen - Entsendung iSd Art. 1 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 96/71/EG existiert im AuslBG keine gesonderte Regelung. § 18 Abs. 3 Z 1 oder 2 AuslBG ist - abgesehen von den dort genannten Einschränkungen - jedenfalls nicht anzuwenden, weil in den Fällen der Z 1 und 2 die Beschäftigung erst aufgenommen werden darf, wenn eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, was jedoch dem Erfordernis einer konstitutiven Bewilligung gleichkommt und daher Art. 56 und 57 AEUV widersprechen würde (vgl. EuGH 21.09.2006, Rs C-168/04, Kommission gegen Republik Österreich).

Hinsichtlich der Überlassung iSd Art. 1 Abs. 3 lit. c der Richtlinie 96/71/EG sieht das AuslBG zwar nach wie vor die Bewilligungspflicht vor (vgl. §§ 2 Abs. 2 lit. e und 4 Abs. 3 Z 10 AuslBG idgF), der EuGH sprach jedoch mit Urteil vom 11. September 2014, C-91/13, Essent Energie Productie aus, dass die Art. 56 und 57 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, wonach eine Überlassung drittstaatsangehöriger Arbeitnehmer, wenn diese von einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen an ein im ersten Mitgliedstaat ansässiges entleihendes Unternehmen, das sie einsetzt, um Arbeiten für Rechnung eines anderen, in demselben Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen durchzuführen, überlassen werden, davon abhängig ist, dass für diese Arbeitnehmer eine Beschäftigungserlaubnis erteilt worden ist.

Der EuGH hat betreffend Entsendung von drittstaatsangehörigen Arbeitnehmern durch ein in einem Mitgliedstaat der Union ansässiges Dienstleistungsunternehmen somit entschieden, dass eine nationale Regelung, die die Erbringung von Dienstleistungen im Inland durch ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen von der Erteilung einer behördlichen Erlaubnis abhängig macht, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne von Art. 56 AEUV darstellt (EuGH 11.09.2014, Essent Energie Productie, C-91/13, Rn. 45).

Die österreichischen Regelungen, welche in einem Fall wie dem gegenständlichen für die Beschäftigung der drittstaatsangehörigen überlassenen Arbeitnehmer auch nach dem Auslaufen der bis zum 1. Mai 2011 geltenden Einschränkungen gegenüber Slowenien bei Annahme der Zulassung der Arbeitskräfte zum slowenischen Arbeitsmarkt sowie ihrer Haupttätigkeit in Slowenien weiterhin eine Beschäftigungsbewilligung oder andere konstitutiv wirkende Bewilligungen oder Bestätigungen fordern, widersprechen nach der durch das genannte Urteil des EuGH vom 11. September 2014, C-91/13, insofern für den Zeitraum nach dem 1. Mai 2011 eindeutig geklärten Rechtslage dem Gemeinschaftsrecht und haben auf Grund des Vorranges des Gemeinschaftsrechtes gegenüber dem innerstaatlichen Recht unangewendet zu bleiben (VwGH 21.04.2015, Ra 2015/09/0006).

Art. 56 und 57 AEUV sind dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat nicht berechtigt ist, zu verlangen, dass Drittstaatsangehörige, die einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen von einem anderen, ebenfalls in diesem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung im erstgenannten Mitgliedstaat überlassen werden, über eine Beschäftigungsbewilligung verfügen (EuGH 14.11.2018, C-18/17, Danieli & Officine Meccaniche SpA).

Demnach sind somit auch die Bestimmungen des AuslBG, die im Fall einer Überlassung drittstaatsangehöriger Arbeitskräfte durch einen Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat die Einholung einer Beschäftigungsbewilligung vorsehen, in den Fällen des Art. 1 Abs. 3 lit. c der Richtlinie 96/71/EG nicht anwendbar.

Demzufolge ist in den Fällen des Art. 1 Abs. 3 lit. b und c der Richtlinie 96/71/EG eine Beschäftigung ohne weiteres Verfahren unmittelbar aufgrund der Art. 56 und 57 AEUV gestattet, wenn die drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer im Mitgliedstaat, in welchem sie regulär beschäftigt sind, über aufrechte Aufenthalts- und Beschäftigungsgenehmigungen verfügen.

Die gegenständliche - von 29.03.2018 bis 29.05.2018 vorübergehende - Beschäftigung der im Spruch angeführten im Bäckereigewerbe tätigen drittstaatsangehörigen Arbeitnehmer im Beschäftigungsbetrieb in Österreich unterliegt daher - unabhängig davon, ob sie nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt als unternehmensinterne Entsendung iSd Art. 1 Abs. 3 lit. b oder als Arbeitskräfteüberlassung iSd Art. 1 Abs. 3 lit. c der Richtlinie 96/71/EG zu werten ist - weder einer Bewilligungs- noch einer Bestätigungspflicht nach AuslBG.

Da gegenständlich kein Fall des § 18 Abs. 12 AuslbG und keine ZKO-Meldung vorliegt, die zu einer Ablehnung der EU-Entsendebestätigung führen könnte, war spruchgemäß zu entscheiden, den Beschwerden stattzugeben und die angefochtenen Bescheide ersatzlos zu beheben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Arbeitskräfteüberlassung, Beschäftigungsbewilligung,
EU-Entsendebestätigung, Unionsrecht, Vertretungsbefugnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2197064.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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