Entscheidungsdatum
08.05.2019Norm
AlVG §26aSpruch
W162 2193036-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Stephan BLUMENCRON, LL.M. und
Mag. Martina GRIESSER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Redergasse vom 18.04.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung des Bildungsteilzeitgeldes ab 11.04.2017 gemäß § 26a Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) iVm. § 11a Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG):
A)
I. beschlossen: Die Beschwerdevorentscheidung wird behoben.
II. zu Recht erkannt: Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin beantragte am 01.04.2017 beim Arbeitsmarktservice (in der Folge: AMS) Bildungsteilzeitgeld für die Dauer von 11.04.2017 bis 10.04.2019. Ihre durchgehende Normalarbeitszeit bei ihrem Dienstgeber, die XXXX , betrage 38 Wochenstunden und werde ab Beginn der Bildungsteilzeit auf 19 Wochenstunden herabgesetzt.
2. Mit Bescheid des AMS vom 18.04.2017, GZ: XXXX , wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung des Bildungsteilzeitgeldes ab 11.04.2017 gemäß § 26a Abs. 1 AlVG iVm. § 11a Abs. 1 AVRAG abgewiesen. Begründend führte das AMS aus, dass unmittelbar vor der Reduzierung der Arbeitszeit nicht zumindest sechs Monate ununterbrochene arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung mit gleichbleibender Normalarbeitszeit oder Zeiten, die gemäß § 14 Abs. 4 und 5 AlVG auf die Anwartschaft anzurechnen seien, und wie Zeiten arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung mit unveränderter Normalarbeitszeit zu werten seien, vorliegen würden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht am 28.04.2017 Beschwerde und führte darin aus, dass sie seit 2003 durchgehend bei XXXX beschäftigt sei. 2012 habe ein Betriebsübergang von XXXX zu XXXX stattgefunden. Am 01.04.2015 sei, nach langem Hin und Her, ein neuer Kollektivvertrag in Kraft getreten. Diesen habe sie unterschrieben und sei mit allen Rechten und Pflichten übernommen worden. Zu dieser Zeit sei sie in Karenz gewesen. Es habe zu dieser Zeit und bis jetzt ein andauerndes aufrechtes Dienstverhältnis bestanden.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 06.07.2017, GZ: XXXX , wurde die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des AMS vom 18.04.2017 abgewiesen. Begründend führte das AMS aus, dass die Beschwerdeführerin laut Bestätigung vom 06.12.2016 mit der XXXX von 01.04.2015 bis 11.01.2017 Elternkarenz vereinbart habe. Seit dem 11.04.2017 sei sie wieder arbeitslosenversicherungspflichtig bei der XXXX beschäftigt. Das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin zur XXXX sei im Zeitraum 01.09.2015 bis 11.01.2017 gegen Entfall der Bezüge, ohne Bezug von Kinderbetreuungsgeld, karenziert gewesen. Gemäß § 14 Abs. 4 lit. b sei auf die Anwartschaft die Zeit des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld anzurechnen, wenn innerhalb der für die Anwartschaft maßgeblichen Rahmenfrist mindestens 14 Wochen sonstige Anwartschaftszeiten liegen würden. Das Kinderbetreuungsgeld habe laut dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Daten am 31.08.2015 geendet. Es würden also unmittelbar vor Beginn der Bildungsteilzeit am 11.04.2017 bzw. vor Beginn der Bildungskarenz mit 12.01.2017 auch keine Zeiten gemäß § 14 Abs. 4 oder 5 vorliegen, weil das Kinderbetreuungsgeld bereits am 31.08.2015 geendet habe.
5. Die Beschwerde wurde unter Anschluss der Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht am 19.04.2018 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die vom AMS erlassene Beschwerdevorentscheidung erfolgte außerhalb der 10-Wochenfrist.
Die Beschwerdeführerin stand von 01.09.2012 bis 13.11.2014 in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zur XXXX .
Mit 13.11.2014 erfolgte eine Karenzierung nach dem Mutterschutzgesetz.
Von 14.11.2014 bis 09.03.2015 bezog die Beschwerdeführerin Wochenhilfe.
Von 10.03.2015 bis 31.03.2015 stand die Beschwerdeführerin erneut in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zur XXXX .
Von 10.03.2015 bis 31.08.2015 bezog sie Kinderbetreuungsgeld.
Seit 01.04.2015 steht sie in einem Dienstverhältnis zur XXXX .
Von 01.09.2015 bis 11.01.2017 befand sich die Beschwerdeführerin weiterhin in Elternkarenz.
Von 12.01.2017 bis 10.04.2017 befand sie sich in Bildungskarenz und bezog Weiterbildungsgeld.
Seit 11.04.2017 steht die Beschwerdeführerin in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zur XXXX .
Die Beschwerdeführerin beantragte am 01.04.2017 beim AMS Bildungsteilzeitgeld für die Dauer von 11.04.2017 bis 10.04.2019. Dieser Antrag wurde vom AMS abgelehnt. Die Beschwerdeführerin beabsichtigte, während ihrer Bildungsteilzeit im Ausmaß von 19 Wochenstunden für die XXXX tätig zu sein.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.
Dass die Beschwerdevorentscheidung außerhalb der 10-Wochenfrist erlassen wurde, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Beweiswürdigend ist anzumerken, dass dies mit Beschwerdevorlage auch von der belangten Behörde eingeräumt wird.
Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den übereinstimmenden Ausführungen der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.
Die Ausführungen des AMS und der Beschwerdeführerin unterscheiden sich ausschließlich im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Anwartschaft auf Bildungsteilzeitgeld erfüllt.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das AMS.
56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde im dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts:
§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."
Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A I.) Behebung der Beschwerdevorentscheidung:
Gemäß § 14 VwGVG steht es im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 B-VG der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 56 Abs. 2 zweiter Satz AlVG beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle zehn Wochen.
Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beginnt durch das Einlangen der Beschwerde bei der belangten Behörde. Die Entscheidungsfrist ist gewahrt, wenn die Beschwerdevorentscheidung zumindest einer Verfahrenspartei vor Ablauf der Entscheidungsfrist zugestellt worden ist. Mit dieser Zustellung ist die Beschwerdevorentscheidung innerhalb der Frist rechtlich existent geworden (Raschauer/Wessely, Kommentar zum Verwaltungsgesetz, § 14 VwGVG Rz 5).
Die Beschwerde langte am 28.04.2017 beim AMS ein. Die zehnwöchige Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung endete somit am 07.07.2017. Gemäß dem Rückschein des AMS wurde die Beschwerdevorentscheidung der Beschwerdeführerin am 11.07.2017 zugestellt. Die Beschwerdevorentscheidung wurde somit verspätet erlassen.
Nach Ablauf der Entscheidungsfrist liegt Unzuständigkeit der Behörde vor (VwSlg 14.159 A/1994 zur Berufungsvorentscheidung). Die Beschwerdevorentscheidung war daher wegen Unzuständigkeit der Behörde als rechtswidrig zu beheben.
Wird die Beschwerdevorentscheidung vom Verwaltungsgericht behoben, tritt in Ermangelung einer diesbezüglichen Regelung der - der Beschwerdevorentscheidung zugrunde liegende - Erstbescheid nicht außer Kraft, womit die Beschwerdevorentscheidung diesem lediglich derogiert und dieser bei der Behebung der Beschwerdevorentscheidung wieder auflebt (Krapf/Keul, Arbeitslosenversicherungsgesetz: Praxiskommentar, § 56 Rz 856).
Zu A II.) Entscheidung in der Sache:
Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.
Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßbegebende Bestimmung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 idgF lautet:
Bildungsteilzeitgeld
§ 26a. (1) Personen, die eine Bildungsteilzeit gemäß § 11a AVRAG in Anspruch nehmen und die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erfüllen, gebührt für die vereinbarte Dauer ein Bildungsteilzeitgeld bei Erfüllung der nachstehenden Voraussetzungen:
1. Die Teilnahme an einer im Wesentlichen der Dauer der Bildungsteilzeit entsprechenden Weiterbildungsmaßnahme ist nachzuweisen. Das Ausmaß der Weiterbildungsmaßnahme muss mindestens zehn Wochenstunden betragen. Umfasst die Weiterbildungsmaßnahme nur eine geringere Wochenstundenanzahl, so ist nachzuweisen, dass zur Erreichung des Ausbildungszieles zusätzliche Lern- und Übungszeiten in einem Ausmaß erforderlich sind, dass insgesamt eine vergleichbare zeitliche Belastung besteht. Eine praktische Ausbildung darf nicht beim selben Arbeitgeber stattfinden, es sei denn, dass die Ausbildung nur dort möglich ist.
2. Innerhalb einer Rahmenfrist von vier Jahren kann insgesamt längstens zwei Jahre Bildungsteilzeitgeld bezogen werden. Wenn die Weiterbildungsmaßnahme in Teilen stattfindet, kann das Bildungsteilzeitgeld innerhalb einer Rahmenfrist von vier Jahren fortbezogen werden. Wurde innerhalb der Rahmenfrist bereits Weiterbildungsgeld bezogen, so ist der Zeitraum, in dem Weiterbildungsgeld bezogen wurde, doppelt auf die Bezugsdauer für Bildungsteilzeitgeld anzurechnen. Die Anwartschaft ist nur bei der ersten Inanspruchnahme von Weiterbildungsgeld oder Bildungsteilzeitgeld innerhalb des Vierjahreszeitraumes zu erbringen.
3. Vor der Herabsetzung der Arbeitszeit muss die jeweilige wöchentliche Normalarbeitszeit ununterbrochen sechs Monate, bei einem befristeten Arbeitsverhältnis in einem Saisonbetrieb ununterbrochen drei Monate lang gleich hoch gewesen sein. Das aus dem Arbeitsverhältnis erzielte Entgelt muss in dieser Zeit sowie während der Bildungsteilzeit über der Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG liegen. Zeiten, die gemäß § 14 Abs. 4 und 5 auf die Anwartschaft anzurechnen sind, sind wie Zeiten arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung mit unveränderter Normalarbeitszeit zu werten.
4. Erfolgt die Weiterbildung in Form eines Studiums an einer im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG), BGBl. Nr. 305/1992, genannten Einrichtung, so ist nach jeweils sechs Monaten (nach jedem Semester) ein Nachweis über die Ablegung von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern im Gesamtumfang von zwei Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von vier ECTS-Punkten oder ein anderer geeigneter Erfolgsnachweis (wie beispielsweise Ablegung der Diplomprüfung oder des Rigorosums oder Bestätigung des Fortschrittes und zu erwartenden positiven Abschlusses einer Diplomarbeit oder sonstigen Abschlussarbeit) zu erbringen. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 StudFG genannten Einrichtungen zu erbringen. Wer den Nachweis nicht erbringt, verliert den Anspruch auf Bildungsteilzeitgeld für die weitere mögliche Bezugsdauer innerhalb der Rahmenfrist gemäß Z 2. Das Arbeitsmarktservice hat nach Anhörung des Regionalbeirates den Anspruchsverlust nachzusehen, wenn berücksichtigungswürdige Gründe für die Nichterbringung der erforderlichen Nachweise vorliegen, insbesondere wenn diese auf unvorhersehbare und unabwendbare Ereignisse oder Umstände zurückzuführen sind.
5. Die Beantragung des Bildungsteilzeitgeldes hat tunlichst vor Beginn der vereinbarten Bildungsteilzeit zu erfolgen. Ein Anspruch auf Bildungsteilzeitgeld für Zeiträume, in denen sich
a) in Betrieben bis einschließlich 50 arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer/innen vier Arbeitnehmer/innen und
b) in Betrieben mit über 50 arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer/innen mehr als 8 vH der Belegschaft
bereits in Bildungsteilzeit befinden und Bildungsteilzeitgeld beziehen, besteht nur, wenn der Regionalbeirat des Arbeitsmarktservice durch mehrheitlichen Beschluss dem Überschreiten dieser Schwellenwerte zustimmt.
6. Mit dem Antrag auf Bildungsteilzeitgeld ist zwingend eine schriftliche Erklärung des Arbeitgebers vorzulegen, die folgende Angaben zu enthalten hat:
a) Anzahl der im Betrieb arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer/innen zum Zeitpunkt des letzten vor der Antragstellung liegenden Monatsersten,
b) Anzahl der im Betrieb arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer/innen, mit denen eine Bildungsteilzeitvereinbarung abgeschlossen wurde, deren Laufzeit zum Zeitpunkt des Beginns der dem Antrag auf Bildungsteilzeitgeld zu Grunde liegenden Bildungsteilzeitvereinbarung bereits begonnen hat oder beginnen wird,
c) Ausmaß der jeweiligen wöchentlichen Normalarbeitszeit in den letzten sechs (drei) Monaten vor Herabsetzung der Normalarbeitszeit,
d) Ausmaß der jeweiligen wöchentlichen Normalarbeitszeit ab Beginn der Bildungsteilzeit.
[...]
(4) Bei Lösung des Dienstverhältnisses während der Bildungsteilzeit endet der Anspruch auf Bildungsteilzeitgeld mit Ende des Dienstverhältnisses. Wenn das Dienstverhältnis durch den Arbeitgeber gelöst wurde und die Voraussetzungen für den Bezug von Weiterbildungsgeld mit Ausnahme der Bildungskarenz vorliegen, kann nach Abzug (Anrechnung gemäß § 26 Abs. 1 Z 3) der bereits in Anspruch genommenen Bezugszeiten für die noch nicht verbrauchte Bezugsdauer Weiterbildungsgeld beansprucht werden. In diesem Fall ist so rasch wie möglich, spätestens innerhalb von drei Monaten, das Ausmaß der Bildungsmaßnahme(n) auf das für den Anspruch auf Weiterbildungsgeld geltende Mindestausmaß anzuheben. Erfolgt die Weiterbildung in Form eines Studiums ist spätestens für das nächste Semester der für den Anspruch auf Weiterbildungsgeld geltende Erfolgsnachweis zu erbringen.
Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetztes lauten:
Bildungsteilzeit
§ 11a. (1) Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber/innen können schriftlich eine Herabsetzung der wöchentlichen Normalarbeitszeit des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin um mindestens ein Viertel und höchstens die Hälfte (Bildungsteilzeit) für die Dauer von mindestens vier Monaten bis zu zwei Jahren vereinbaren, sofern das Arbeitsverhältnis ununterbrochen sechs Monate gedauert hat. Die in der Bildungsteilzeit vereinbarte wöchentliche Normalarbeitszeit darf zehn Stunden nicht unterschreiten. Eine neuerliche Bildungsteilzeit kann frühestens nach dem Ablauf von vier Jahren ab dem Antritt der letzten Bildungsteilzeit (Rahmenfrist) vereinbart werden. Die Bildungsteilzeit kann auch in Teilen vereinbart werden, wobei die Dauer eines Teils mindestens vier Monate zu betragen hat und die Gesamtdauer der einzelnen Teile innerhalb der Rahmenfrist, die mit Antritt des ersten Teils der Bildungsteilzeit zu laufen beginnt, zwei Jahre nicht überschreiten darf.
(2) Die Vereinbarung nach Abs. 1 hat Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage der Teilzeitbeschäftigung zu enthalten, wobei die betrieblichen Interessen und die Interessen des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zu berücksichtigen sind. In Betrieben, in denen ein für den/die Arbeitnehmer/in zuständiger Betriebsrat eingerichtet ist, ist dieser auf Verlangen des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin den Verhandlungen beizuziehen.
(3) Für die Dauer der Rahmenfrist nach Abs. 1 sind Vereinbarungen über eine Bildungskarenz nach § 11 und über eine Freistellung gegen Entfall des Arbeitsentgeltes nach § 12 unwirksam; davon abweichend ist ein einmaliger Wechsel von Bildungsteilzeit zu Bildungskarenz nach Maßgabe der folgenden Sätze zulässig. Wurde in der Vereinbarung die höchstzulässige Dauer der Bildungsteilzeit von zwei Jahren nicht ausgeschöpft, kann an Stelle von Bildungsteilzeit für die weitere Dauer der Rahmenfrist Bildungskarenz höchstens im halben Ausmaß des nichtausgeschöpften Teils vereinbart werden. Die Mindestdauer der Bildungskarenz muss zwei Monate betragen.
(4) Fallen in ein Kalenderjahr auch Zeiten einer Bildungsteilzeit, gebühren dem/der Arbeitnehmer/in sonstige, insbesondere einmalige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 EStG 1988 in dem der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung entsprechenden Ausmaß im Kalenderjahr.
(5) Im Übrigen ist § 11 Abs. 1a, Abs. 3 und Abs. 4 sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 26 Abs. 4 AlVG endet bei Lösung des Dienstverhältnisses während der Bildungsteilzeit der Anspruch auf Bildungsteilzeitgeld mit Ende des Dienstverhältnisses.
Innerhalb einer Rahmenfrist von vier Jahren kann insgesamt längstens zwei Jahre Bildungsteilzeitgeld bezogen werden. Wenn die Weiterbildungsmaßnahme in Teilen stattfindet, kann das Bildungsteilzeitgeld innerhalb einer Rahmenfrist von vier Jahren fortbezogen werden.
Anders als für das Weiterbildungsgeld sieht das Gesetz bei dem mit 1. Juli 2013 eingeführten Bildungsteilzeitgeld für den Fall einer vorhergehenden Elternkarenz keine dem § 81 Abs. 12 AlVG nachgebildete Ausnahme von der vorgängigen Konstanz der Normalarbeitszeit iSd § 26a Abs. 1 Z 3 AlVG vor (VwGH 07.04.2016, 2016/08/0033).
Laut Bestätigung vom 06.12.2016 hat die Beschwerdeführerin mit der XXXX von 01.04.2015 bis 11.01.2017 Elternkarenz vereinbart. Seit dem 11.04.2017 ist sie wieder arbeitslosenversicherungspflichtig bei der XXXX beschäftigt.
Das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin zur XXXX war im Zeitraum von 01.09.2015 bis 11.01.2017 gegen Entfall der Bezüge, ohne Bezug von Kinderbetreuungsgeld, karenziert. Es liegt also unmittelbar vor dem Beginn der Bildungsteilzeit keine zumindest sechs Monate dauernde arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung mit ununterbrochen gleichbleibenden wöchentlichen Normalarbeitszeit vor.
Gemäß § 14 Abs. 4 lit. b ist auf die Anwartschaft die Zeit des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld anzurechnen, wenn innerhalb der für die Anwartschaft maßgeblichen Rahmenfrist mindestens 14 Wochen sonstige Anwartschaftszeiten liegen. Das Kinderbetreuungsgeld endete im Fall der Beschwerdeführerin laut den beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gespeicherten Daten am 31.08.2015. Es liegen somit unmittelbar vor Beginn der Bildungsteilzeit am 11.04.2017 bzw. vor Beginn der Bildungskarenz mit 12.01.2017 auch keine Zeiten gemäß § 14 Abs. 4 oder 5 vor, weil das Kinderbetreuungsgeld bereits am 31.08.2015 endete.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall nicht beantragt.
Im gegenständlichen Fall wird das Unterlassen einer von Amts wegen durchzuführenden mündlichen Verhandlung darauf gestützt, dass der Sachverhalt, wie oben dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem Vorlageantrag als hinreichend geklärt anzusehen ist. Das AMS hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und den Sachverhaltsfeststellungen, insbesondere jenen in der Beschwerdevorentscheidung, wurde in der Beschwerde bzw. im Vorlageantrag nicht substantiiert entgegengetreten. Der Sachverhalt - wie er in der Beschwerdevorentscheidung festgestellt wurde - war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante und zulässige Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Zudem liegt keine Rechtsfrage von besonderer Komplexität vor (vgl. zum Erfordernis einer schlüssigen Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Bescheid und zur Verhandlungspflicht bei Neuerungen VwGH 11.11.1998, 98/01/0308, und 21.01.1999, 98/20/0339; zur Bekämpfung der Beweiswürdigung in der Berufung VwGH 25.03.1999, 98/20/0577, und 22.04.1999, 98/20/0389; zum Abgehen von der erstinstanzlichen Beweiswürdigung VwGH 18.02.1999, 98/20/0423; zu Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens VwGH 25.03.1999, 98/20/0475; siehe auch VfSlg. 17.597/2005 und 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.6.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff). Dem Entfall der Verhandlung stehen weder Art 6. Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen
In der Beschwerde findet sich kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen konnte. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt in einer mündlichen Verhandlung näher zu erörtern.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Anwartschaft, Beschwerdevorentscheidung, Bildungsteilzeitgeld,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W162.2193036.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.07.2019