TE Bvwg Beschluss 2019/5/13 W279 2217061-2

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Veröffentlicht am 13.05.2019
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Entscheidungsdatum

13.05.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W279 2217061-2/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .04.2019, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geboren am XXXX 1998, StA. Afghanistan:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs 2 und § 22 Abs 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Erster Antrag auf internationalen Schutz

1.1. Der Antragsteller, ein Staatsangehöriger Afghanistans und der Volksgruppe der Sayed, reiste unrechtmäßig ins Bundesgebiet ein und stellte am XXXX .09.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seinen Fluchtgründen brachte der BF im Vorverfahren im Wesentlichen vor, dass er familiäre Probleme gehabt (Angst vor dem Vater und der Stiefmutter) und auch Angst davor habe, vom IS getötet zu werden.

1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Regionaldirektion Steiermark, vom XXXX .08.2017, Zl. XXXX , wurde der Antrag gem. § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF abgewiesen (Spruchpunkt I), da diesem Vorbringen kein Glauben geschenkt wurde. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Antragsteller gem. §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG 2005 idgF wurde gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde dem Antragsteller eine Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV).

1.3. Die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom XXXX .08.2017 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.06.2018, GZ: W133 2169542-1/15E, als unbegründet abgewiesen. Das Erkenntnis des BVwG erwuchs am 28.06.2018 in Rechtskraft.

2. Zweiter Antrag auf internationalen Schutz (erster Folgeantrag)

2.1. Am XXXX .02.2019 wurde über den Antragsteller die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens und zum Zwecke der Sicherung seiner Abschiebung in seine Heimat verhängt. Am selben Tag stellte der Antragsteller seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

2.2. Anlässlich der niederschriftlichen Befragung am XXXX .02.2019 vor dem SPK Salzburg, gab der Antragsteller zusammenfassend an, Österreich nach der ersten Entscheidung verlassen zu haben. Er stelle nunmehr einen neuerlichen Asylantrag, da er sich entschlossen habe, seine Religion zu wechseln und dem Christentum beizutreten. Zudem habe er Angst, nach Afghanistan abgeschoben zu werden und befürchte, dass ihm aufgrund Erbstreitigkeiten etwas in Afghanistan zustoße.

2.3. Am XXXX .03.2019 wurde der Antragsteller erneut einvernommen und gab im Wesentlichen zu Protokoll, dass seine Angaben im bereits rechtkräftig entschiedenen Verfahren stimmen würden und auch für den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gelten würden. Zudem wolle er anführen, dass er seine Religion wechseln möchte. Bei einer Rückkehr in den Heimatstaat befürchte er-wie bereits erwähntdie Ermordung durch die Halbbrüder seiner verstorbenen Stiefmutter. Zudem habe der Antragsteller Angst vor den Konsequenzen seines Religionswechsels. Befragt, welche Beweggründe er für die Konvertierung zum Christentum habe, entgegnete der Antragsteller, dass er die islamische Religion ablehne. Zur Frage, weshalb er den Islam nicht mehr ausleben wolle, erklärte der BF, dass es im Islam verboten sei, in Europa zu leben. Außerdem sei es für Männer in muslimischen Ländern verboten, Frauen ohne Kopftücher anzusehen oder Alkohol zu trinken. Bisher habe der Antragsteller zwei oder dreimal die Kirche besucht und Teile der Bibel gelesen, könne sich jedoch an den Inhalt nicht mehr genau erinnern und habe keine genaue Lieblingsstelle. Er habe auch kein Wissen bezüglich des Aufbaus der Bibel und könne den Namen jenes Pfarrers, mit dem er gesprochen habe, nicht nennen. Auf Vorhalt, dass er bereits einen Antrag auf freiwillige Rückkehr gestellt habe, brachte der Antragsteller vor, dass ihm jedoch von seinen Stiefonkeln gedroht worden sei. Seine Tante habe ihn aufgefordert, am derzeitigen Aufenthaltsort zu bleiben.

2.4. Mit Bescheid des BFA vom XXXX .04.2019 wurde der Folgeantrag des Antragstellers hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA- VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für seine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.), sowie gem. §53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein Einreiseverbot für die Dauer von 2 Jahren erlassen.

Die Abweisung des Folgeantrages begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der BF keine neuen Gründe vorgebracht hätte. Das Vorbringen betreffend familiärer Probleme sei bereits im erstinstanzlichen Verfahren behandelt worden, bzw. sei zum Zeitpunkt des Vorverfahrens insbesondere bereits der neu zu Protokoll gegebene Grund, dass der BF beabsichtige seine Religion wechseln zu wollen, nie erwähnt worden, obwohl der BF selbst angegeben habe, dass ihm diese Absicht bereits seit seiner Kindheit bekannt gewesen sei. Sämtliche nunmehr angegebene Gründen seien nach den eigenen Aussagen des BF somit bereits vor der Rechtskraft des Erstverfahrens vorliegend gewesen, der BF habe diesen Umstand aber nie vorgebracht. Zusammengefasst habe der BF keine tatsächlichen, neuen Fluchtgründe glaubhaft machen können.

2.5. Mit Datum XXXX .04.2019 wurde durch das LPD Steiermark im AHZ Vordernberg eine weitere Befragung des BF durchgeführt. Im Zuge dieser führte der BF aus, dass er einen neuen Asylantrag stellen wolle. Dies, da er unter 21 Jahre alt sei und nicht wisse, wohin er bei einer Rückkehr gehen solle. Des Weiteren würde er in Afghanistan wegen seines jungen Altes missbraucht und vergewaltigt werden. Er habe lediglich eine Tante mütterlicherseits, jedoch erlaube es ihr Ehemann nicht, dass der BF bei ihr wohne. Es wäre dem BF lieber, sich in Österreich das Leben zu nehmen, als in Afghanistan missbraucht und umgebracht zu werden. Hier würde er zumindest eine normale Bestattung mit Würde bekommen. Die Brüder seiner neu angeheirateten Stiefmutter seien seine Feinde. Er habe für den Syrieneinsatz Geld erhalten und diese würden erwarten, dass er diesen dieses Geld gebe. Er habe dieses Geld jedoch für die Reise nach Europa aufgebraucht, weswegen in Afghanistan eine große Gefahr bestehe. Sein Vater befinde sich zwar nach wie vor in Afghanistan, doch seine Mutter sei bereits verstorben und sein Vater übernehme keine Verantwortung für ihn. Befragt, was er sich durch die Androhung seines Selbstmordes erwarte, antwortete dieser, dass er erlöst werden würde und nicht die schrecklichen Erlebnisse erfahren müsste, die in Afghanistan auf ihn warten würden. Er wisse, dass es der Behörde egal sei, ob er lebe oder nicht. Er sei mit seinen Schmerzen am Ende und könne einfach nicht mehr. Aber wenn die Möglichkeit bestehe, in Afghanistan zu leben, würde er freiwillig ausreisen. Er wolle angeben, dass er beabsichtigt habe, sich umzubringen, um nicht mehr zu leiden. Er wisse nicht, ob er durch diese Handlung bessere Chancen habe, auch weiterhin in Österreich zu bleiben. Die Aktion sei als Kurzschlusshandlung und nicht als Drohung zu deuten. Seine Tante mütterlicherseits könne diese Gefahrenlage telefonisch für ihn bezeugen. Bei einer Rückkehr würde man ihm lediglich für die Dauer von zwei Wochen eine Unterkunft geben, anschließend müsste er bei seiner Tante wohnen. Da er nicht wisse, wohin er sich als junger Afghane wenden könnte, sei die Wahrscheinlichkeit einer Verschleppung und Vergewaltigung sehr groß.

Diese Ausführungen des BF wurden vom BFA am XXXX .04.2019 als Beschwerde an das BVwG übermittelt.

2.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.04.2019, W168 2217061- 1 /2E, wurde die Beschwerde in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich bei dem Vorbringen, dass dem BF durch die Brüder der neu angeheirateten Stiefmutter Gefahren drohen würden, als auch den Ausführungen des BF, dass dieser in Afghanistan Oper von sexuellen Übergriffen werden könnte, sei festzuhalten, dass es sich bei diesen Ausführungen zu diesen Bedrohungen um unsubstantiierte Spekulationen, um reine Vermutungen hinsichtlich von möglichen Bedrohungen, bzw. um bloß reine Mutmaßungen des BF handle. Betreffend das Vorbringen von Bedrohungen durch Familienangehörige sei festzuhalten, dass dieses Vorbringen bereits im Vorverfahren behandelt worden sei. Valide Bescheinigungsmittel, bzw. fundierte Ausführungen, die eine diesbezüglich relevante (neue) Gefährdung des BF indizieren würden, habe der BF insgesamt glaubwürdig und nachvollziehbar, sowie ausreichend substantiiert nicht vorgebracht. Auch sei der Behörde dahingehend zuzustimmen, bzw. hat dies der BF während seiner Einvernahme im gegenständlichen Verfahren auch selbst bestätige, dass es sich bei den Ausführungen betreffend die angenommene Bedrohung durch die Brüder der Stiefmutter im Wesentlichen um die Gründe handle, die bereits im ersten Verfahren behandelt worden seien. Zu dem Vorbringen des Antragstellers, wonach er nunmehr ausführe, dass er seine Religion wechseln wolle, sei beachtlich, dass der Antragsteller diesen Wunsch zum Wechseln der Religion nicht bereits im Zuge des Vorverfahrens zu Protokoll gegeben habe, obwohl nach dessen eigenen Angaben diesem dieser Wunsch nach einem Religionswechsel bereits schon vor Antragstellung bekannt gewesen sei. Abgesehen davon, dass der Antragsteller somit die von ihm behauptete Absicht eines Religionswechsels bereits in seinem Verfahren zu seiner ersten Asylantragsstellung vorzubringen gehabt hätte, sei dieses Vorbringen zudem auch als nicht glaubhaft zu qualifizieren. Dies sei anzunehmen, da das Vorbringen hinsichtlich des nunmehr beabsichtigten Wechsels der Religion aufgrund sämtlicher Widersprüche und der insgesamt vollkommenen Unsubstantiiertheit diesbezüglichen Ausführungen des BF insgesamt keinen glaubwürdigen Kern aufweise.

Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes erwuchs am 11.04.2019 in Rechtskraft.

3. Dritter Antrag auf internationalen Schutz (zweiter Folgeantrag) und gegenständliches Verfahren über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005

3.1. Am XXXX .04.2019 stellte der Antragsteller aus dem Stande der Schubhaft erneut einen Antrag auf internationalen Schutz (zweiter Folgeantrag) und wurde dazu am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei gab er an, dass er nicht nach Afghanistan zurückkehren könne und in seinem Asylverfahren bereits sämtliche Gründe dafür angegeben und versucht habe, sich das Leben zu nehmen. Aufgrund einer Gefährdung in Afghanistan sei er zu einem erneuten Selbstmordversuch bereit. Bei einer Rückkehr wäre sein Leben in Gefahr. Da er im Krieg in Syrien gegen Assad gekämpft habe, könnte er vom afghanischen Staat verhaftet werden.

3.2. Mit Verfahrensordnung gemäß § 29 Abs 3 und § 15a AsylG 2005 seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Antragsteller am XXXX .04.2019 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen faktischen Abschiebeschutz aufzuheben und er einer Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 unterliege.

3.3. Am XXXX .04.2019 wurde der Antragsteller in Anwesenheit eines Rechtsberaters vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Stellung seines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutzes einvernommen. Befragt, weshalb er einen neuerlichen Asylantrag einbringe, erklärte der Antragsteller, dass er in Afghanistan keine familiären Anknüpfungspunkte habe, da seine Mutter bereits verstorben sei und sein Vater neuerlich geheiratet habe. Seine bisherigen Angaben im Verfahren würden der Wahrheit entsprechen und er brachte zudem vor, nach seiner letzten Antragstellung in Österreich geblieben zu sein. Die Frage, ob es seit rechtskräftigem Abschluss seines Vorasylverfahrens eine Änderung in seinem Privat-oder Familienleben gebe, wurde vom Antragsteller verneint. Es gebe seit rechtskräftigem Abschluss seines Vorasylverfahrens auch keine Änderung bezüglich seiner Fluchtgründe. Weiters wurde der Antragsteller über die beabsichtigte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes informiert und gefragt, ob er dazu Angaben machen wolle, woraufhin er vorbrachte, dass er in Afghanistan keine Chancen habe.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom Antragsteller drei Schreiben eines Facharztes für Psychiatrie vom XXXX .04.2019, vom XXXX .04.2019 sowie vom XXXX .04.2019 zur Vorlage gebracht, in denen ausgeführt wurde, dass beim Antragsteller keine Suizidalität vorliege. Weiters wurde ein Stammdatenblatt vom XXXX .03.2019 mit der Diagnose "Insomnie" vorgelegt.

Im Anschluss an die Einvernahme wurde dem Antragsteller der Bescheid über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 iVm § 22 Abs 10 AsylG 2005 und § 62 Abs 1 AVG mündliche verkündet und die mündliche Verkündung beurkundet.

Begründend legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dar, dass sich im neuerlichen Asylverfahren kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben habe und der Antrag des Antragstellers auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein würde; hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Antragstellers habe sich zwischen dem rechtskräftigem Abschluss seines Vorverfahrens, am XXXX .04.2019 und dem Zeitpunkt der Bescheiderlassung des gegenständlichen Verfahrens keine relevante Änderung der Situation seines Privat-und Familienlebens ergeben. Auch die Lage im Herkunftsstaat habe sich seit Rechtskraft des letzten Asylverfahrens ( XXXX .04.2019) nicht geändert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger und führt die im Spruch angegebenen Daten; seine präzise Identität steht nicht fest. Er hält sich zumindest seit XXXX .02.2019 im Bundesgebiet auf, wobei er nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens verfügte.

Der Antragsteller stellte nach irregulärer Einreise am XXXX .09.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Die Beschwerde gegen den negativen Bescheid vom XXXX .08.2017, Zl. XXXX , wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.06.2018, GZ: W133 2169542-1/15E, in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.

Am XXXX .02.2019 wurde über den Antragsteller die Schubhaft verhängt und er brachte in weiterer Folge seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz (erster Folgeantrag) ein, welcher mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.04.2019, W168 2217061- 1 /2E, abgewiesen wurde.

Am XXXX .04.2019 stellte der Antragsteller aus dem Stande der Schubhaft seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz (zweiter Folgeantrag).

Mit mündlich verkündetem Bescheid vom XXXX .04.2019 wurde diesbezüglich der faktische Abschiebeschutz des Antragstellers gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufgehoben.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sich seit rechtskräftiger Erledigung eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes der zuvor gestellten Anträge auf internationalen Schutz am 28.06.2018, GZ: W133 2169542-1/15E und am 11.04.2019, W168 2217061- 1 /2E, ergeben hätte, insbesondere auch nicht im Hinblick auf die Lage im Herkunftsstaat.

Hinweise auf entscheidungsrelevante gesundheitliche Probleme des Antragstellers liegen nicht vor. Der Antragsteller leidet an psychischen Problemen, laut mehrerer Schreiben eines Facharztes für Psychiatrie liegen jedoch keine Hinweise auf Suizidialität vor. In Österreich hat der Antragsteller keine familiären oder sozialen Bindungen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Antragsteller bei einer Überstellung nach Afghanistan ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit droht. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan läuft der Antragsteller nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose, beziehungsweise existenzbedrohende Situation zu geraten.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person und den privaten und familiären Verhältnissen des Antragstellers ergeben sich aus seinen Angaben, jene zum Verfahrensablauf ergeben sich aus der Aktenlage. Sein Fluchtvorbringen hinsichtlich seines Religionswechsels sowie die Lage im Herkunftsstaat wurde eingehend im mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX .04.2019 rechtskräftig entschiedenen Verfahren über den zweiten Antrag auf internationalen Schutz erörtert und abgewogen.

Wie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Bescheid vom XXXX .04.2019 darlegte, hat sich das Vorbringen des Antragstellers lediglich auf das Fortbestehen der bereits im ersten und zweiten Verfahren behaupteten und rechtskräftig als unglaubhaft bewerteten Verfolgung des Beschwerdeführers durch die Behörden des Herkunftsstaates bezogen. In den ersten beiden Verfahren begründete der Antragsteller diese Furcht vor Verfolgung mit Misshandlungen, die von den Brüdern seiner neu angeheirateten Stiefmutter gesetzt werden würden.

Eine für den Antragsteller relevante Änderung an der Situation in seinem Herkunftsstaat kann anhand der Feststellungen im mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .04.2019, denen der Antragsteller im Verfahren nicht entgegengetreten ist, nicht erkannt werden. Umstände, die in der Person des Beschwerdeführers liegen, insbesondere sein Gesundheitszustand (die diesbezüglichen der Vollständigkeit halber getroffenen Feststellungen beziehen sich auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.04.2019, W168 2217061- 1 /2E) und die privaten und familiären Verhältnisse des Antragstellers in Österreich, sind seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.04.2019, im Wesentlichen unverändert, es ist lediglich zu einer Verlängerung der Dauer seines Aufenthaltes um einige Monate gekommen, wobei dieser Aufenthalt nicht rechtmäßig war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im Zuge eines Verfahrens über einen Folgeantrag gemäß § 2 Abs 1 Z 23 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz des Antragstellers gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufgehoben.

Daher war diese Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 BFA-VG dahingehend zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen.

Im Einzelnen bedeutet dies:

1.) Aufrechte Rückkehrentscheidung (§ 12a Abs 2 Z 1 AslyG 2005):

Gegen den Antragsteller liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor, konkret die zuletzt mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.04.2019, W168 2217061- 1 /2E bestätigte.

2.) Res iudicata (entschiedene Sache) (§ 12a Abs 2 Z 2 AsylG 2005):

Objektiv nachvollziehbare und glaubhafte neue Tatsachen hat der Antragsteller nicht vorgebracht; insbesondere legte er auch keine Beweismittel vor. In Bezug auf die Fluchtgründe des Antragstellers liegt voraussichtlich eine entschiedene Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG vor und stehen die rechtskräftigen Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.06.2018, GZ: W133 2169542-1/15E sowie vom 11.04.2019, W168 2217061- 1 /2E, einer neuerlichen Absprache über diese Gründe sohin voraussichtlich entgegen.

Auch im Hinblick auf die Sicherheits- und Versorgungslage in seinem Herkunftsland brachte der Antragsteller nichts Substantiiertes vor.

Es ist daher nach einer Grobprüfung davon auszugehen, dass der gegenständliche Folgeantrag gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

3.) Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK (§ 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005):

Sowohl im ersten als auch im zweiten Verfahren wegen internationalen Schutzes haben das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht (§ 50 FPG).

Auch im nunmehr dritten Verfahren wegen internationalen Schutzes sind keine Risiken für den Antragsteller im Sinne von § 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen, in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine asylrelevante, schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden, wie in der Beweiswürdigung umfassend dargelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Ra 2016/01/0096 vom 13.9.2016 ausgeführt, dass nach der ständigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde - es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl etwa das Urteil des EGMR vom 5.9.2013, I. gg. Schweden, Nr. 61204/09).

Demzufolge müsste die Gefährdung des Antragstellers im Sinne des Art 3 EMRK, sofern diese nicht von vornherein klar ersichtlich ist, von diesem belegt werden.

Eine, den Antragsteller individuell drohende Verfolgung hat dieser auch nicht glaubhaft vorgebracht.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl etwa VwGH vom 19.2.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu Ra 2016/19/0036 vom 25.5.2016 ausführt, kann die Außerlandesschaffung eines Fremden auch dann gegen Art 3 EMRK verstoßen, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden könnten. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden höchstgerichtlichen Judikatur ist eine solche Situation jedoch nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 EMRK notwendig, konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.

Im Verfahren sind keine Umstände aufgezeigt worden beziehungsweise amtswegig hervorgekommen, dass der Antragsteller einer außergewöhnlichen, exzeptionellen Gefährdung bei einer Rückkehr ausgesetzt wäre.

Entsprechend den obigen Ausführungen, stellt - nach der Prüfung des Aktes im hier erforderlichen Ausmaß - aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK dar beziehungsweise ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art 8 EMRK gerechtfertigt.

Unter Hinweis auf die im Verwaltungsakt einliegenden Länderberichte ist davon auszugehen, dass für den Antragsteller als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

4.) Rechtmäßigkeit des Verfahrens: Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs 3 AVG) zu beachten ist.

Die belangte Behörde hat das Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.

Gemäß § 22 Abs 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs 2 AsylG 2005 in gegenständlichem Fall gegeben; es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Vielmehr spricht die gegenständliche Tatsachenlastigkeit des vorliegenden Falles gegen das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, res iudicata

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W279.2217061.2.00

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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