TE Bvwg Beschluss 2019/5/14 W250 2138869-2

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Veröffentlicht am 14.05.2019
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Entscheidungsdatum

14.05.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W250 2138869-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2019, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-Verfahrensgesetz rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Vorverfahren

1.1. Der Asylwerber (in weiterer Folge als AW bezeichnet), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 11.04.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Rahmen der am 11.04.2015 durchgeführten Erstbefragung gab der AW zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er auf Grund seiner Tätigkeiten für die Ausländer von den Taliban verfolgt worden sei. Er habe Drohungen erhalten und habe daher Angst um sein Leben.

1.3. Am 07.07.2016 wurde der AW vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der AW im Wesentlichen an, dass er als Wachmann in einem Lager der US-Streitkräfte in Afghanistan tätig gewesen und aus diesem Grund von den Taliban mit dem Tod bedroht worden sei. Er habe daraufhin Afghanistan verlassen und sei nach Europa gereist. Im Zuge der Einvernahme legte der AW eine Tazkira, zwei Drohbriefe, eine Anzeige an die Polizei, eine ID Security Card des Camps sowie ein Certificate of Appreciation der United States Army vor.

1.4. Mit Bescheid vom 24.10.2016 wies das Bundesamt den Antrag des AW auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 Asylgesetz 2005 - AsylG (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 leg.cit. (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde dem AW nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG wurde gegen den AW eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise des AW 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

1.5. Gegen diesen Bescheid erhob der AW fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde.

1.6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 12.06.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der AW ausführlich zu seinen Fluchtgründen, seinen persönlichen Verhältnissen im Herkunftsstaat sowie zu seiner Integration in Österreich befragt wurde.

Dabei wiederholte der AW seine bereits vor dem Bundesamt getätigten Fluchtgründe und führte darüber hinaus an, dass sich nach seiner Ausreise weitere Vorfälle in Afghanistan mit möglichem Bezug zu seiner Fluchtgeschichte ereignet hätten. Der Bruder des AW sei auch mehrfach von den Taliban bedroht worden, weshalb die gesamte Familie des AW nach Pakistan geflüchtet und nunmehr dort aufhältig sei.

1.7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.11.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht traf umfangreiche Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des AW [dort: des Beschwerdeführers] und folgende Feststellungen zu seinem sozialen Hintergrund:

"Der Beschwerdeführer, ein junger und gesunder Mann, ist Staatsangehöriger von Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und schiitischer Muslim. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari.

Er führt den Namen XXXX und ist am XXXX in einem Dorf in der Provinz Logar geboren, wo er auch aufgewachsen ist. Der Beschwerdeführer besuchte keine Schule und war in Afghanistan als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter, als Hilfsarbeiter auf Baustellen, als Taxifahrer sowie als Wachmann in einem Camp der US-Streitkräfte tätig.

Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2015 aus Afghanistan aus und gelangte illegal nach Österreich, wo er am 11.04.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Die Kernfamilie des Beschwerdeführers besteht aus seiner Mutter, seinen zwei Brüdern sowie seiner Schwägerin; der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben. Es kann nicht festgestellt werden, wo die Kernfamilie des Beschwerdeführers aktuell aufhältig ist."

Zum Leben des AW in Österreich wurde festgestellt:

"Der Beschwerdeführer befindet sich seit seiner Antragstellung im April 2015 auf Grund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet. Er bezieht seit seiner Einreise Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich Deutschkurse besucht und spricht ein einfaches, aber gut verständliches Deutsch. Er steht in Kontakt mit österreichischen Staatsangehörigen, mit denen er Volleyball spielt oder Kaffee trinkt.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten."

Zu den Fluchtgründen wurde festgestellt:

"Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht die Gefahr, auf Grund seiner Tätigkeit als Wachmann für die US-Streitkräfte von den Taliban getötet zu werden.

Weiters ist weder der Beschwerdeführer auf Grund der Tatsache, dass er sich mehrere Jahre in Europa aufgehalten hat und hier eine "westliche Lebenshaltung" angenommen hat, noch ist jeder afghanische Staatsangehörige, der aus Europa nach Afghanistan zurückkehrt, in Afghanistan allein aus diesem Grund zwangsläufig physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt"

In der umfassenden Beweiswürdigung legte das Bundesverwaltungsgericht im Einzelnen dar, weshalb dem AW in Bezug auf seine im Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe kein Glauben zu schenken war. Das unplausible und widersprüchliche Vorbringen führte nicht nur zur Unglaubhaftigkeit der im Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe sondern indizierte auch die fehlende persönliche Glaubwürdigkeit des AW.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangte daher zum Ergebnis, dass der AW in Afghanistan zwar zuletzt als einfacher Wachmann für die US-Streitkräfte tätig war, dass er jedoch eine daraus resultierende Bedrohung seiner Person in Afghanistan nicht glaubhaft machen konnte. Auch eine individuelle und konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung auf Grund seiner Eigenschaft als Rückkehrer aus Europa in Verbindung mit einer "westlichen Wertehaltung" konnte der AW nicht glaubhaft machen.

Bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz würde dem AW zwar die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK drohen, er ist jedoch in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in andere Landesteile Afghanistans, konkret in die Städte Mazar-e Sharif und Herat zu verweisen, da er über keine besonderen individuellen Gefährdungsfaktoren verfügt und in der Lage sein wird, nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten in den genannten Städten ein relativ normales Leben ohne unangemessene Härten zu führen. Er würde dabei nicht real Gefahr laufen, eine Verletzung seiner durch Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden, und wäre ihm dort eine Ansiedlung auch zumutbar.

Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.11.2018 wurde der bevollmächtigten Vertretung des AW am 20.11.2018 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

2. Gegenständliches Verfahren

2.1. Am 07.01.2019 reiste der AW in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte dort am 30.01.2019 einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 12.02.2019 als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des AW nach Österreich an. Am 17.04.2019 wurde der AW nach den Bestimmungen der Verordnung EU Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) nach Österreich überstellt.

2.2. Am 17.04.2019 stellte der AW den gegenständlichen Folgeantrag (zweiten Antrag) auf internationalen Schutz in Österreich. In der am 17.04.2019 durchgeführten Erstbefragung gab der AW an, dass er neuerlich um internationalen Schutz in Österreich ansuche, da er vor ca. vier Monaten mit einem Landsmann aus Afghanistan telefoniert und erfahren habe, dass die Taliban in das Heimatdorf des AW eingefallen seien. Zusätzlich habe er diese schreckliche Nachricht auch auf Facebook lesen können. Seine ganze Familie sei vor ca. zwei Jahren wegen der Taliban von Afghanistan nach Pakistan geflüchtet. Die Leute im Dorf des AW seien den Taliban schutzlos ausgeliefert. Die Taliban seien alle bewaffnet gewesen, hätten zivile weiße Kleidung und einen schwarzen Turban gehabt. Ca. 60 % seines Herkunftsstaates werden von den Taliban regiert. Da bei den Taliban die Sharia herrsche, seien alle Personen, die mit den Amerikanern kooperiert bzw. sympathisiert hätten, mit dem Leben bedroht. Deswegen habe der AW nach dem Negativbescheid in Österreich in Deutschland Schutz gesucht, damit er nicht nach Afghanistan abgeschoben werde. Der AW habe Angst um sein Leben, da die Taliban Beweise hätten, dass der AW mit den Amerikanern zusammengearbeitet habe. Auch sei es in Afghanistan üblich, dass wenn man ins Heimatland zurückgeschoben werde, der Verdacht bestehe, Alkohol getrunken zu haben und den Glauben gewechselt zu haben. Wenn er von den Taliban in Afghanistan aufgegriffen werde, dann werde er geköpft. Er habe bei einer Rückkehr nach Afghanistan niemanden dort. Er befinde sich schon seit vier Jahren in Europa und habe sich dieser Kultur angepasst. Die afghanische Kultur sei nichts mehr für den AW, mit dieser Kultur könne er nicht mehr leben.

2.3. Am 29.04.2019 wurde der AW vom Bundesamt einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Er habe ein wenig psychische Probleme, Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Er sei in ärztlicher Behandlung und nehme zwei verschiedene Medikamente ein, jeweils eine Tablette am Morgen und am Abend. Bei seiner Erstbefragung habe er die Wahrheit gesagt, er habe nichts zu ergänzen und auch nichts zu korrigieren. Er wolle sonst nichts vorbringen. Er habe weder in Österreich noch im Bereich der Europäischen Union, in Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz Verwandte zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht. Außer der vorgelegten Tazkira verfüge er über keine Dokumente, die seine Identität bestätigen. Befragt warum er nach rechtskräftiger Abweisung seines ersten Asylantrages einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz stelle gab der AW an, dass er keinen neuen Asylgründe habe. Zwei Tage bevor er den negativen Bescheid des Bundesverwaltungsgerichtes erhalten habe habe er erfahren, dass seine Gegend in Afghanistan von den Taliban und IS-Kämpfern besetzt worden sei. Die ganze Gegend werde jetzt von ihnen kontrolliert. Außerdem habe er momentan niemanden in Afghanistan und habe gehört, dass die österreichischen Behörden ihn nach Afghanistan zurückschicken wollen. Er habe deshalb große Angst bekommen und sei nach Deutschland gegangen. Weitere Gründe habe er nicht. Er habe im Erstverfahren seine Gründe angegeben und seien diese weiterhin aufrecht. Inzwischen sei die Situation für frühere Mitarbeiter der afghanischen Nationalarmee oder für jene, die mit den Amerikanern zusammengearbeitet haben, noch schlimmer. Diese Leute werden enthauptet und hätten in Afghanistan keine Überlebenschancen. Der AW habe auch für die Amerikaner gearbeitet. Er stelle diesen Antrag aus denselben Gründen wie im Erstverfahren. Die Taliban kennen den AW und er werde von diesen überall in Afghanistan gefunden. In Deutschland sei er von 07.01.2019 bis 17.04.2019 gewesen. Seit der letzten Entscheidung habe sich an seinem Privatleben in Österreich nichts verändert.

Im Zuge der Einvernahme wurde dem AW eine Verfahrensordnung gemäß § 29 Abs. 3 und § 15a AsylG ausgefolgt und mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen. Dazu gab der AW an, dass er sich ungerecht behandelt fühle. Auf die angebotenen Länderfeststellungen verzichte er, da er über die Situation in Afghanistan Bescheid wisse.

2.4. Am 08.05.2019 wurde der AW neuerlich vom Bundesamt einvernommen. Dabei gab der AW im Wesentlichen an, dass er sich psychisch und physisch in der Lage befinde, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Der vom AW bevollmächtigte Vertreter werde zur Einvernahme nicht erscheinen, ein Rechtsberatungsgespräch mit einem Rechtsberater habe stattgefunden. Nach Vorhalt der von ihm am 29.04.2019 gemachten Angaben teilte der AW mit, dass diese Angaben richtig seien und er diese weiterhin aufrecht halte, er wolle weder etwas korrigieren noch ergänzen. Es stimme, dass er den gegenständlichen Asylantrag ausschließlich aus denselben Gründen, welche er bereits im Vorverfahren vorgebracht habe, stelle. Andere Gründe habe er nicht. Befragt ob er eine Stellungnahme zu den ihm am 29.04.2019 angebotenen Länderfeststellungen machen wolle, gab der AW an, dass es vor ca. zwei Stunden in Kabul hintereinander fünf Selbstmordanschläge gegeben habe. Wieviele Tote und Verletzte es gebe, wisse man noch nicht. Das sei die Lage in Afghanistan. Man könne dies auf Google sehen. Kabul sei die Hauptstadt und man befinde sich derzeit im Ramadan. Im ländlichen Bereich sei die Lage noch viel schlimmer. Vor wenigen Tagen habe es auch Anschläge gegeben. In seiner Heimatprovinz sei es noch schlimmer. Er wolle noch einmal betonen, dass er Shiite sei und in seiner Herkunftsprovinz werden die Shiiten nicht nur von den Taliban oder IS-Kämpfern verfolgt, sondern auch von den konservativen Sunniten. Danach befragt was gegen die aufenthaltsbeendende Maßnahme, über die bereits rechtskräftig abgesprochen worden sei, spreche, gab der AW an, dass es sein möge, dass er keine neuen Fluchtgründe habe, dass sich jedoch die Situation in Afghanistan grundlegend verändert und verschlechtert habe. Der AW habe in Afghanistan niemanden mehr, seine Familie sei aus Angst vor den Taliban auf der Flucht. Er wolle hinzufügen, dass er in Österreich sehr wohl integriert sei und gearbeitet habe. Die Taliban hätten Fotos des AW und würden seine Identität gut kennen. Über 60 % des Landes werden von den Taliban beherrscht. Wenn er aus dem Flughafen in Kabul hinausgehe, denn werde er von den Taliban sofort erkannt. Es müsse auch berücksichtigt werde, dass seine Familie nun in Pakistan lebe und er in Afghanistan niemanden mehr habe. In Afghanistan werde gesagt werden, dass er in Europa Alkohol getrunken und seinen Glauben gewechselt habe. Wenn er zurückgeschickt werde, werde er in den Tod geschickt. Er wolle in Österreich in Freiheit leben.

Der Rechtsberater stellte keine Fragen und erstattete kein Vorbringen.

2.5. Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom 08.05.2019 wurde der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben.

Begründend wurde nach einer ausführlichen Schilderung des bisherigen Verfahrens im Wesentlichen ausgeführt, dass die Identität des AW nicht feststehe und er afghanischer Staatsangehöriger sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass er im Rückkehrfall mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage geraten werde. Eine lebensbedrohliche Erkrankung, die einer Überstellung nach Afghanistan entgegenstünde, habe nicht festgestellt werden können. Der AW verfüge über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung und sei strafrechtlich unbescholten. Der AW habe den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Basis seiner Angaben aus dem Erstverfahren, welches bereits durch die österreichische Asylbehörde geprüft und durch die Gerichte rechtskräftig entschieden worden sei, gestellt. Ein neuer objektiver asylrelevanter Sachverhalt liege nicht vor. Der neue Antrag auf internationalen Schutz werde daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein. Weiters könne nicht festgestellt werden, dass die Zurückweisung, die Zurück- oder Abschiebung des AW nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den AW als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In Österreich habe der AW keine Angehörigen oder sonstige Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe. In Österreich habe der AW keine besonderen sozialen Kontakte, die ihn an Österreich binden. Die Lage im Herkunftsstaat des AW habe sich seit der Entscheidung über seinen vorherigen Antrag auf internationalen Schutz bzw. seit der Rechtskraft der letzten Rückkehrentscheidung nicht verändert.

Der Entscheidung wurden aktuelle Länderfeststellungen zu Afghanistan (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes zu Afghanistan vom 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 26.03.2019) zu Grunde gelegt.

In der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass im Fall des AW ein Folgeantrag vorliege und das Erstverfahren am 20.11.2018 rechtskräftig abgeschlossen worden sei und damit auch die gegen ihn ausgesprochene Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen worden sei. Diese Rückkehrentscheidung sei aufrecht, da der AW die Europäische Union nicht verlassen habe. Über ein sonstiges Aufenthaltsrecht verfüge der AW nicht und sei sein nunmehriger Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich zurückzuweisen, da der AW keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und sich auf seine schon behandelten Fluchtgründe bezogen habe bzw. das Vorbringen jeglicher Glaubwürdigkeit entbehre. Die allgemeine Lage im Herkunftsland des AW habe sich nicht entscheidungswesentlich geändert. Die Feststellung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung sei nach wie vor nicht anzuzweifeln.

In der Rechtsmittelbelehrung dieses mündlich verkündeten und in der Niederschrift schriftlich festgehaltenen Bescheides wurde darauf hingewiesen, dass die Beurkundung als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG gelte und die Verwaltungsakten unverzüglich von Amts wegen dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt werden. Dies gelte als Beschwerde.

2.6. Die Verwaltungsakten langten am 10.05.2019 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes ein, worüber das Bundesamt gemäß § 22 Abs. 2 BFA-VG mit Mitteilung vom selben Tag verständigt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der AW führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und bekennt sich zum muslimisch-schiitischen Glauben. Seine Muttersprache ist Dari. Er ist in einem Dorf in der Provinz Logar geboren und aufgewachsen. Er besuchte keine Schule und war in Afghanistan als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter, als Hilfsarbeiter auf Baustellen, als Taxifahrer sowie als Wachmann in einem Camp der US-Streitkräfte tätig.

Wo die Kernfamilie des AW aktuell aufhältig ist, kann nicht festgestellt werden.

Der AW hat Afghanistan im Jahr 2015 verlassen und gelangte illegal nach Österreich, wo er am 11.04.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz stellte. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 24.10.2016 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Mit dieser Entscheidung wurde auch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des AW nach Afghanistan zulässig ist. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.11.2018 als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde dem AW am 20.11.2018 zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

Nachdem der AW am 07.01.2019 in die Bundesrepublik Deutschland ausreiste und am 17.04.2019 wieder nach Österreich überstellt wurde, stellte er am 17.04.2019 einen weiteren - den hier beschwerdegegenständlichen - Antrag auf internationalen Schutz. Im gegenständlichen Verfahren bezieht sich der AW ausschließlich auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten Verfahrens bestanden haben und darüber hinaus bereits im Kern unglaubhaft bzw. nicht asylrelevant sind.

Der AW ist volljährig, ledig und hat keine Kinder, es besteht weder ein hinreichend schützenswertes Privatleben noch ein Familienleben im Bundesgebiet. Der AW ist strafrechtlich unbescholten. Er ist nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und verfügte außer seinem auf das Asylverfahren gegründeten Aufenthaltsrecht über kein weiteres Aufenthaltsrecht. Es bestehen keine Hinweise darauf, dass beim AW Erkrankungen vorliegen, die ein solches Ausmaß erreichen, dass sie einer Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würden.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation im Herkunftsstaat des AW ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.

Bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz droht dem AW zwar die reale Gefahr einer Gefährdung Verletzung des Art. 3 EMRK, er ist jedoch in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in andere Landesteile Afghanistans, konkret in die Städte Mazar-e Sharif und Herat zu verweisen, da er über keine besonderen individuellen Gefährdungsfaktoren verfügt und in der Lage sein wird, nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten in den genannten Städten ein relativ normales Leben ohne unangemessene Härten zu führen. Er läuft dabei nicht real Gefahr, eine Verletzung seiner durch Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Eine Ansiedelung in den Städten Mazar-e Sharif und Herat ist dem AW zumutbar.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie in die Dokumentationsquellen betreffend den Herkunftsstaat des AW im erstbehördlichen Verfahren, insbesondere in das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes zu Afghanistan vom 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 26.03.2019.

Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des Bundesamtes und des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die vom AW im gegenständlichen Verfahren vorgebrachten Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates, in den er zwischenzeitig auch nicht zurückgekehrt ist, sind dieselben, die bereits im rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren als unglaubhaft erkannt wurden. Dass er keine anderen Gründe geltend macht, räumte der AW selbst bei seinen niederschriftlichen Einvernahmen durch das Bundesamt am 29.04.2019 sowie am 08.05.2019 ein.

Die Feststellungen zur Identität des AW, seiner Herkunft, Schulbildung und Berufserfahrung ergeben sich aus seinen Angaben vor dem Bundesamt und vor dem Bundesverwaltungsgericht im Vorverfahren.

Dass der Aufenthaltsort der Kernfamilie des AW nicht festgestellt werden kann, beruht auf folgenden Erwägungen: Der AW hat im Vorverfahren bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt angegeben, dass seine Familie im Heimatdorf aufhältig sei und er mit ihr in Kontakt stehe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren gab der AW jedoch an, dass sich seine Familie mittlerweile in Pakistan befinde und er vor seiner Einvernahme vor dem Bundesamt davon erfahren habe. Nach Vorhalt seiner widersprüchlichen Angaben gab der AW in der Beschwerdeverhandlung an, sich nicht so genau erinnern zu können. Er habe es möglicherweise erst nach seiner Einvernahme erfahren und könne nicht mehr so genau angeben, wann er es erfahren habe. Auf Grund dieser widersprüchlichen Angaben im Vorverfahren, die der AW in der Beschwerdeverhandlung nicht aufzuklären vermochte, erscheinen auch seine nunmehr vor dem Bundesamt wiederholt gemachten Ausführungen, wonach seine Familie vor ca. zwei Jahren nach Pakistan ausgereist sei, als unglaubhaft. Wo sich die Familie des AW aufhält, kann daher nicht festgestellt werden.

Die Feststellungen zur Einreise, zu den Antragstellungen, seiner Ausreise nach Deutschland und zum Aufenthalt in Österreich ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes und dem damit in Einklang stehenden Vorbringen des AW.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des AW beruhen auf seinen Angaben im Vorverfahren sowie im hier gegenständlichen Verfahren. So gab der AW bei seiner Erstbefragung am 11.04.2015 an, gesund zu sein und führte in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 07.07.2016 aus, gesund zu sein und keine Medikamente einzunehmen. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der AW am 12.06.2018 ebenfalls an, sich in keiner Therapie zu befinden und keine Medikamente einzunehmen. In der Erstbefragung zu seinem hier gegenständlichen Asylantrag vom 17.04.2019 gab der AW an an keinen Beschwerden oder Krankheiten zu leiden, die ihn an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren beeinträchtigen. In seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt am 29.04.2019 gab der AW an, ein wenig psychische Probleme, Kopfschmerzen und Schlafstörungen zu haben. Er habe deshalb von einer Ärztin ein Rezept für zwei Medikamente erhalten und nehme jeweils eine Tablette am Morgen und am Abend. Im Rahmen seiner Einvernahme durch das Bundesamt am 08.05.2019 legte der AW eine Kopie der Klientenkarte vor, aus welcher hervorgeht, dass er Medikamente wegen Schlafstörungen und Schmerzmittel erhält. Das Vorliegen von Krankheiten, die einer Rückkehr des AW nach Afghanistan entgegen stehen, ergibt sich daraus jedoch nicht.

Dass sich die Lage im Herkunftsstaat des AW zwischenzeitig nicht wesentlich geändert hat ergibt sich aus einer Zusammenschau des dem im Vorverfahren erlassenen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.11.2018 zugrunde liegenden Länderinformationsblattes der Staatendokumentation vom 29.06.2018 mit Aktualisierungen bis 11.09.2018 mit dem diesem Beschluss zu Grunde liegenden Länderinformationsblattes der Staatendokumentation vom 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 26.03.2019. Der AW ist diesen Länderfeststellungen auch nicht substantiiert entgegengetreten. Die Lage stellt sich diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar, weshalb insbesondere die Feststellung zur Möglichkeit des AW sich in Mazar-e Sharif oder Herat anzusiedeln, getroffen werden konnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22 Abs. 10 AsylG lautet:

"Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden."

Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durch das Bundesamt ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es wurde dem AW Parteiengehör eingeräumt, er wurde am 29.04.2019 und am 08.05.2019 befragt und es wurde ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat eingeräumt. Mit Verfahrensanordnungen vom 29.04.2019 wurde dem AW mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache im Sinne des § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß § 12 Abs. 2 AsylG aufzuheben.

Gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 kann das Bundesamt, wenn der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt hat und kein Fall des Abs. 1 vorliegt, den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ein Folgeantrag im Sinne von § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG ist jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

Die Z 2 des § 12a AsylG verlangt, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist. Aus den erläuternden Bemerkungen zum mit BGBl. 122/2009 eingefügten § 12a AsylG 2005 geht hervor, dass die Z 2 des § 12a eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Folgeantrages verlangt.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Behauptet die Partei in einem neuen Antrag (z.B. Asylantrag), dass in den für die Beurteilung ihres Begehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist, so muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz für das Verfahren zukommt und an den die Prognose anknüpfen kann, dass eine andere Beurteilung des Antrages und ein anderes Verfahrensergebnis nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen (grundlegend VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch VwGH 22.11.2005, 2005/01/0626; 21.03.2006, 2006/01/0028). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung, ob der neuerliche Antrag zulässig oder wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen ist, mit der Glaubwürdigkeit des neuen Vorbringens betreffend die Änderung des Sachverhaltes "beweiswürdigend" auseinander zu setzen (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 15.03.2006, 2006/17/0020).

Jedoch berechtigt nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451).

§ 22 BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen.

Gegen den AW liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor.

Wie bereits oben dargestellt hat der AW das Vorliegen eines neuen asylrelevanten Sachverhaltes nicht glaubhaft gemacht und insbesondere selbst angegeben, dass er keine neuen Fluchtgründe vorbringt. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich daher, wie auch in der Sachverhaltsdarstellung und der Beweiswürdigung aufgezeigt, kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt.

Auch die für den AW hinsichtlich der Frage der Zuerkennung von Asyl bzw. subsidiärem Schutz maßgebliche Ländersituation in Afghanistan ist seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.11.2018 im Wesentlichen gleich geblieben und wurde Gegenteiliges auch nicht substantiiert behauptet.

Eine neue Sachentscheidung ist im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684, mwH).

Der vorliegende Folgeantrag wird daher voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

Im ersten Verfahren wurde ausgesprochen, dass dem AW bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz zwar die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK drohen würde, er sei jedoch in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in andere Landesteile Afghanistans, konkret in die Städte Mazar-e Sharif und Herat zu verweisen, da er über keine besonderen individuellen Gefährdungsfaktoren verfüge und in der Lage sein werde, nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten in den genannten Städten ein relativ normales Leben ohne unangemessene Härten zu führen. Er würde dabei nicht real Gefahr laufen, eine Verletzung seiner durch Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden, und wäre ihm dort eine Ansiedlung auch zumutbar. Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor dem Bundesamt sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - keine Risiken für den AW im Sinne des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen in der Person des AW liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden. Auch seitens des AW wurde kein entsprechendes konkretes Vorbringen hiezu getätigt. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des AW in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 und 3 oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Es war daher festzustellen, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig ist.

Gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W250.2138869.2.00

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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