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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
AbgÄG 1994 Art8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der E in D, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in Dornbirn, Schulgasse 22, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 16. November 1995, Zl. 248-5/95, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 12. Februar 1994 verstarb Franz Mäser und hinterließ an Vermögenswerten u.a. ein Sparbuch der Hypobank Vorarlberg mit einem Einlagenstand von S 1,045.478,07 (Konto-Nr. 478245319).
In einem Testament vom 23. September 1991 hatte der Erblasser (der seine beiden Kinder gleichteilig zu Erben einsetzte) zugunsten der Beschwerdeführerin u.a. folgende Verfügung getroffen:
"Meiner Lebensgefährtin Edith Schmitz ... vermache ich legatsweise ...
2. einen Barbetrag in Höhe von S 1,000.000,-- (Schilling eine Million) ohne Wertsicherungs- und ohne Sicherstellungsanspruch."
In einem im Zuge des Abhandlungsverfahrens vom Gerichtskommissär aufgenommenen Protokoll vom 30. August 1994 verpflichteten sich die beiden Erben u.a. bis längstens 12. Februar 1995, den Barbetrag von S 1 Mio. an die Beschwerdeführerin zu bezahlen. Dabei wurde vereinbart, das oben erwähnte Sparbuch aufzulösen und den nach Bestreitung der Abhandlungskosten verbleibenden Betrag auf ein anderes Konto des Erblassers zu überweisen. In der Folge wurde der Nachlaß den beiden Erben eingeantwortet.
Mit Bescheid vom 25. Oktober 1994 schrieb das Finanzamt Feldkirch der Legatarin u.a. für den Legatsbetrag Erbschaftssteuer vor.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit dem Argument, auf das Legat sei die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG anzuwenden. Das gesamte Geldvermögen des Erblassers sei bezüglich seiner Erträge der Steuerabgeltung gemäß § 97 EStG 1988 unterworfen gewesen. Der Erblasser habe im übrigen immer davon gesprochen, daß die Beschwerdeführerin den Legatsbetrag aus dem oben erwähnten Sparbuch erhalten solle. Auch mit den Erben sei dies in der Folge so vereinbart worden.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 1. Februar 1995 als unbegründet ab, wobei es darauf hinwies, der Beschwerdeführerin sei nicht ein endbesteuerter Vermögenswert vermacht worden, sondern habe sie ein Barvermächtnis erhalten. Daraus stehe ihr lediglich eine Forderung gegen die Erben auf Bezahlung eines Geldbetrages zu. § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG sei auf den Fall der Beschwerdeführerin somit nicht anwendbar.
Dagegen stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie sich der Begründung der Berufungsvorentscheidung anschloß. Das der Beschwerdeführerin ausgesetzte Barlegat sei von dem den Erben angefallenen Vermögen zu unterscheiden. Der Erwerb des endbesteuerten Vermögens (u.a. des Sparguthabens) durch die Erben sei gemäß § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG steuerfrei und auch steuerfrei belassen worden. Für die von den Erben aus dem Sparguthaben realisierten und der Beschwerdeführerin ausbezahlten S 1 Mio. könne hingegen die Befreiung nicht zum Tragen kommen. In diesem Zusammenhang berief sich die belangte Behörde ausdrücklich auf Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, 4. Teil, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 74 bis 76 zu § 15 ErbStG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Steuerbefreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG verletzt.
In der Darlegung der Beschwerdegründe wiederholt die Beschwerdeführerin ihre Argumente aus dem Verwaltungsverfahren und hält die Behauptung aufrecht, der Legatsbetrag sei aus dem Sparbuch und damit aus endbesteuertem Kapitalvermögen tatsächlich entrichtet worden. Ausdrücklich weist die Beschwerdeführerin darauf hin, daß sich auf Grund der Unwissenheit des Erblassers Zufallsergebnisse ergäben; es sei nicht gerechtfertigt, allein die vom Erblasser gewählte Formulierung als maßgeblich zu erachten, weil letztwillige Verfügungen häufig ohne Mitwirkung eines Rechtskundigen errichtet werden.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Verfassungsbestimmungen des § 1 Abs. 1 und 2 sowie § 3 des Endbesteuerungsgesetzes, BGBl. Nr. 11/1993, lauten in der für den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Steuerreformgesetzes, BGBl. Nr. 818/1993, auszugsweise:
"Abschnitt I
Steuerabgeltung bei bestimmten Einkünften
aus Kapitalvermögen und sonstigen Vermögen
durch Abzug von Kapitalertragsteuer
§ 1. (1) Es ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß bei der Besteuerung
1. von Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 27 des Einkommensteuergesetzes 1988), und zwar von
a) Kapitalerträgen aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten und sonstigen Forderungen gegenüber Kreditinstituten (§ 1 des Bankwesengesetzes), denen ein Bankgeschäft zugrunde liegt,
b) Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren, wenn sich die kuponauszahlende Stelle im Inland befindet,
...
2. des sonstigen Vermögens (§ 69 des Bewertungsgesetzes 1955), aus dem die Kapitalerträge im Sinne der Z. 1 fließen, sowie des Erwerbes dieses Vermögens von Todes wegen die Steuern (Abs. 2) - soweit diese Kapitalerträge nach der für das Kalenderjahr 1993 geltenden Rechtslage einem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen - mit dem Kapitalertragsteuerabzug abgegolten sind. Für abzugsfreie Forderungswertpapiere ist bundesgesetzlich vorzusehen, daß die Abgeltung der Steuern auch dann eintritt, wenn im Wege der kuponauszahlenden Stelle ein Betrag in Höhe dieser Kapitalertragsteuer geleistet wird. (2) Abs. 1 gilt hinsichtlich
1. Lit. a und b für die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) und Vermögensteuer, soweit die Steuerschuld ab 1. Jänner 1993 entstanden ist, sowie die Erbschafts- und Schenkungssteuer, wenn der Erblasser nach dem 31. Dezember 1992 verstorben ist."
...
§ 3. Von den Maßnahmen im Sinne der §§ 1 und 2 bleiben unberührt:
1. Die Besteuerung von Einkünften und Vermögen, die nicht dieser Kapitalertragsteuer unterliegen.
2. Die Besteuerung von Erwerben von Todes wegen von Vermögen, aus dem keine Kapitalerträge im Sinne des § 1 fließen, sowie von Schenkungen unter Lebenden.
Nach § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1994, BGBl. Nr. 680 (zur Anwendung vgl. Art. VIII Z. 2 des letztgenannten Gesetzes) bleiben steuerfrei Erwerbe von Todes wegen von Kapitalvermögen, soweit dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz sowie
§ 97 Abs. 2 erster bis dritter Satz EStG 1988 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 12/1993, unterliegen.
§ 97 Abs. 1 und 2 EStG lautet in der angeführten Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 12/1993:
"Steuerabgeltung
§ 97. (1) Die Einkommensteuer für Kapitalerträge gemäß § 93 Abs. 2 Z. 3 sowie Abs. 3, die
1. der Kapitalertragsteuer unterliegen und 2. zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 27) gehören, gilt als durch den Steuerabzug abgegolten. Davon ausgenommen sind Kapitalerträge aus Kapitalvermögen, das der Besicherung betrieblicher Verbindlichkeiten des Steuerpflichtigen dient.
(2) Die Einkommensteuer für im Inland bezogene Kapitalerträge aus Forderungswertpapieren, die
1.
nicht der Kapitalertragsteuer unterliegen und
2.
zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, gilt durch einen der kuponauszahlenden Stelle in Höhe der Kapitalertragsteuer freiwillig geleisteten Betrag als abgegolten. Der Steuerpflichtige muß dazu der kuponauszahlenden Stelle unverzüglich den unwiderruflichen Auftrag erteilen, den Betrag wie eine Kapitalertragsteuer abzuführen. Der Betrag gilt als Kapitalertragsteuer von Kapitalerträgen gemäß § 93 Abs. 3. Von der Abgeltung der Einkommensteuer ausgenommen sind Kapitalerträge aus Kapitalvermögen, das der Besicherung betrieblicher Verbindlichkeiten des Steuerpflichtigen dient."
Da der Verwaltungsgerichtshof Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG 1955 hegte, beantragte er mit Beschluß vom 20. August 1996, Zl. A 42/96, die Aufhebung dieser Bestimmung als verfassungswidrig. Zur Vermeidung weitwendiger Wiederholungen wird auf diesen Beschluß verwiesen.
Mit Erkenntnis vom 12. Oktober 1998, G 242/96-13, gab der Verfassungsgerichtshof diesem Antrag keine Folge, wobei er u. a. ausdrücklich aussprach, daß § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG dem (im Verfassungsrang stehenden) § 1 Abs. 1 Z. 2 EndbesteuerungsG entspricht, soweit dieser die Erbschafts- und Schenkungssteuer betrifft.
Die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG in der angeführten Fassung, deren Anwendung von der Beschwerdeführerin angestrebt wird, bezieht sich ihrem Wortlaut nach auf Kapitalvermögen, dessen Erträge im Zeitpunkt des Todes des Erblassers der Steuerabgeltung im einkommensteuerrechtlichen Sinne unterliegen. Daraus folgt, daß es sich bei diesem sog. "endbesteuerten" Kapitalvermögen zur Erlangung der Steuerbefreiung um konkretes, dem Erblasser im Zeitpunkt seines Todes zugerechnetes Vermögen gehandelt haben muß.
Das war in Gestalt des Sparbuches der Hypobank Konto-Nr. 478245319 der Fall. Dieses Sparbuch wurde in der Folge im Zuge der Erfüllung des im Protokoll vom 30. August 1994 getroffenen Abkommens aufgelöst und das Sparguthaben (nach Entrichtung von Abhandlungskosten) auf ein Konto des Nachlasses überwiesen, das von der Einantwortung an die Erben umfaßt war. Dieser Vorgang wurde von der Abgabenbehörde als steuerfrei gemäß § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG behandelt, womit der Erwerb des zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers vorhandenen endbesteuerten Kapitalvermögens erschöpft war.
Die Beschwerdeführerin, die als Legatarin lediglich ein Forderungsrecht gegen den Nachlaß (bzw. nach Einantwortung gegenüber den Erben) erworben hatte (vgl. Welser in Rummel, ABGB I2, Rz 3 vor § 531 ABGB), womit sie Nachlaßgläubigerin wurde (Welser a.a.O., Rz 6 zu § 647 ABGB), erhielt in der Folge seitens der Erben in Erfüllung des Legates eine Zuwendung, die der Steuerfreiheit iS des § 15 Abs. 1 Z. 17 ErbStG nicht mehr teilhaftig werden konnte (vgl. dazu insbesondere Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern, Band III, 4. Teil Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 75 Abs. 2 zu § 15 ErbStG unter Berufung auf Doralt, Erbe und Legatar: Wem gehört der Vorteil aus der Endbesteuerung? RdW 1993, 122).
Bei dem Vermögen, aus dem die in Rede stehende Forderung der Beschwerdeführerin befriedigt wurde, handelte es sich nicht mehr um das dem Erblasser im Zeitpunkt seines Todes zugestandene endbesteuerte Kapitalvermögen, sondern bereits um Vermögen der eingeantworteten Erben.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am 17. Dezember 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998160363.X00Im RIS seit
29.01.2002