Entscheidungsdatum
22.05.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W229 2171872-2/4E
W229 2171879-2/3E
W229 2171871-2/8E
W229 2171874-2/8E
W229 2171878-2/8E
W229 2171868-2/8E
W229 2171876-2/8E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , 3. XXXX , geb. XXXX , 4. XXXX , geb. XXXX , 5. XXXX , geb. XXXX , 6. XXXX , geb. XXXX , und 7. XXXX , geb. XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom jeweils 14.03.2017, Zlen. XXXX (1.), XXXX (2.), XXXX (3.), XXXX (4.), XXXX (5), XXXX (6.) und XXXX (7.), beschlossen:
A)
Die Beschwerden werden als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die mj. XXXX (mj. BF1), XXXX (mj. BF2), XXXX (mj. BF3), XXXX (mj. BF4), XXXX (mj. BF5), XXXX (BF6) und XXXX (BF7) reisten in das Bundesgebiet ein. Am 19.08.2015 stellten die BF6 und BF7 für sich und ihre fünf Kinder (mj. BF1 - mj. BF5) einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag fand eine Erstbefragung des BF6 sowie der BF7 statt, in der insbesondere die BF7 unter Pkt. 13, sonstige sachdienliche Hinweise, angegeben hat, dass sie als gesetzliche Vertreterin für ihre fünf unmündigen Kinder auch einen Asylantrag in Österreich stelle. Für sie gelten die gleichen Fluchtgründe.
2. Am 22.02.2017 fand eine Einvernahme des BF6 statt. Dieser legte eine Vollmacht der XXXX , vor. Die BF7 erteilte am selben Tag, XXXX von XXXX , mündlich die Vollmacht, sie in ihrem Verfahren zu vertreten. Auf Seite 5 dieser Niederschrift führte die BF6 als gesetzliche Vertreterin der mj. BF1 - mj. BF5 an, dass sich ihre Kinder ebenfalls auf die Fluchtgründe ihres Gatten beziehen.
3. Mit Schriftsatz vom 08.03.2017 brachte die rechtsfreundliche Vertretung eine Stellungnahme ein.
4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wies mit den Bescheiden vom 14.03.2017, die Anträge der BF1 bis BF7 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurden nicht erteilt; gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurden Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.).
5. Die Bescheide ergingen ausweislich der in den Akten einliegenden Zustellverfügungen vom 14.03.2017 jeweils an die rechtsfreundliche Vertretung und wurden von dieser laut den in den Akten einliegenden Zustellnachweisen am 16.03.2017 übernommen.
6. Mit Verfahrensanordnung vom 15.03.2017 wurde den BF1 bis BF7 gem. § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
7. Mit Schreiben vom 11.04.2017 teilten die BF6 und BF7 mit, dass sie für ihre Kinder (mj. BF1 bis mj. BF5) bis dato keinen Bescheid erhalten haben und ersuchten um Zustellung an ihre Adresse.
8. Mit Schreiben vom 13.04.2017 teilte das BFA den BF6 und BF7 mit, dass die Bescheide der Kinder (mj. BF1 bis mj. BF5) an die Rechtsvertretung übermittelt wurden. Diese habe die Bescheide der Kinder (mj. BF1 bis mj. BF5) nachweislich übernommen. Diesbezüglich sei am 17.03.2017 eine Übernahmebestätigung des Vertreters beim BFA eingelangt.
9. Mit Schreiben vom 20.04.2017 teilten die BF6 und BF7 mit, dass ihre Kinder (mj. BF1 bis mj. BF5) zu keinem Zeitpunkt anwaltlich vertreten waren, sodass eine Zustellung an einen rechtlichen Vertreter nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Sie ersuchten erneut um Zustellung an ihre Andresse.
10. Mit Schreiben vom 28.08.2017 ersuchte die Flüchtlingsregionalbetreuung Caritas der Diözese Graz-Seckau unter Hinweis auf die vorgenannten Schreiben um Übermittlung der Bescheide der fünf Kinder.
11. Laut Zustellverfügung jeweils vom 07.09.2017 wurden die Bescheide der mj. BF1 bis mj. BF5 an die gesetzlichen Vertreter (BF6 und BF7) erneut zugestellt.
12. Mit Schriftsatz vom 21.09.2017 brachten die mj. BF1 bis mj. BF5, vertreten durch den BF6 und die BF7, diese vertreten durch XXXX , eine Beschwerde gegen die Bescheide des BFA vom 14.03.2017, jeweils zugestellt am 11.09.2017, ein.
13. Mit Schreiben vom 12.10.2017 wurden die Beschwerden der mj. BF1 bis mj. BF5 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, mit dem Hinweis, dass es sich um ein Familienverfahren handle und die Bescheide der Eltern bereits rechtskräftig seien.
14. Mit Schreiben vom 20.11.2017 teilte die rechtsfreundliche Vertretung die Vollmachtsauflösung mit.
15. Mit Schreiben vom 27.03.2018 ersuchte das BFA die anhängigen Beschwerdeverfahren auf eine verspätete Einbringung zu überprüfen.
16. Mit Schreiben vom 12.03.2019 erging ein Verspätungsvorhalt an die Beschwerdeführer. Diesem Verspätungsvorhalt wurde durch die Beschwerdeführer bis dato nicht entgegengetreten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF6 legte im Zuge der Einvernahme vor dem BFA am 22.02.2017 ein schriftlich an XXXX , erteilte Vollmacht zur Vertretung im Verfahren vor.
Die BF7 erteilte ebenfalls am 22.02.2017 im Zuge der Einvernahme vor dem BFA, XXXX von XXXX , mündlich die Vollmacht, sie in ihrem Verfahren zu vertreten. Dies wurde im Protokoll der Niederschrift festgehalten. Auf Seite 5 dieser Niederschrift führte die BF7 als gesetzliche Vertreterin der mj. BF1 bis mj. BF5 an, dass sich ihre Kinder auf die Fluchtgründe ihres Gatten beziehen.
Die Bescheide der BF1 bis BF7 wurden laut Zustellverfügung vom 14.03.2017 an die Rechtsvertretung gesendet und laut den Zustellnachweisen am 16.03.2017 von der rechtsfreundlichen Vertretung übernommen.
Eine Beschwerde betreffend den Bescheid des BF6 und jenen der BF7 wurde weder bis zum 30.03.2017 noch bis zum 13.04.2017 eingebracht.
Laut Zustellverfügung jeweils vom 07.09.2017 wurden die Ausfertigungen der mj. BF1 bis mj. BF5 an die gesetzlichen Vertreter (Eltern bzw. BF6 bis BF7) erneut übermittelt.
Mit Schriftsatz vom 21.09.2017 wurde Beschwerde gegen die Bescheide des BFA vom 14.03.2017 betreffend die mj. BF1 bis mj. BF5 erhoben.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den zu den gegenständlichen Rechtssachen vorliegenden Verfahrensakten des BFA sowie des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung betreffend die vom BF6 vorgelegte Vollmacht ergibt sich aus der im Akt zu W229 2171872-2 enthaltenen ersten Seite der Vollmacht, auf der sich die Unterschrift des BF6 befindet.
Die Feststellungen zur Erteilung der Vollmacht durch die BF7 sowie den weiteren Ausführungen in der Einvernahme ergeben sich aus dem im Akt zu W229 2171879-2 einliegenden Protokoll der Niederschrift vom 22.02.2017.
Die Feststellungen betreffend die Zustellung an die Rechtsvertretung und das Datum der Übernahme ergibt sich aus den in den Akten einliegenden Zustellverfügungen bzw. -nachweisen.
Die Feststellung, dass innerhalb der genannten Fristen hinsichtlich der Bescheide der BF6 bis BF7 keine Beschwerde eingebracht worden ist, ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass eine solche weder in den Verwaltungsakten des BF6 sowie der BF7 enthalten ist, noch darauf von den Beschwerdeführern im Verfahren eingegangen worden ist. Vielmehr zeigt auch das Vorbringen im Beschwerdeverfahren des nachgeborenen Kindes W229 2211121-1, worin vorgebracht wird, dass die Beschwerdeverfahren der BF6 und BF7 aufgrund der Bestimmung des § 16 Abs. 3 BFA-VG anhängig sind, dass eine gesonderte Beschwerdeerhebung innerhalb der genannten Fristen nicht erfolgt ist.
Die Feststellungen zur erneuten Übermittlung der Erledigungen betreffend die mj. BF1 bis mj. BF5 sowie zur diesbezüglichen Beschwerdeerhebung ergeben sich aus den Zustellverfügungen vom 07.09.2017 sowie den in den Akten einliegenden Schriftsätzen vom 21.08.2017.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
3.2.1. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (hier: BFA) vier Wochen.
3.2.2. Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fällt gemäß § 33 Abs. 2 AVG das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
3.2.3. Gem. § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.
Gem. § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.
3.2.4. Gem. § 5 ZustG ist die Zustellung von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten.
Ist ein Dokument zugestellt, so löst die neuerliche Zustellung des gleichen Dokuments gem. § 6 ZustG keine Rechtswirkungen aus.
Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gem. § 9 Abs. 3 ZustG, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.
Haben mehrere Parteien oder Beteiligte einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt gem. § 9 Abs. 4 ZustG mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung des Dokumentes an ihn die Zustellung an alle Parteien oder Beteiligte als bewirkt. Hat eine Partei oder hat ein Beteiligter mehrere Zustellungsbevollmächtigte, so gilt die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist.
3.3.1. Im vorliegenden Fall wurde die Unwirksamkeit der Zustellung der Bescheide der mj. BF1 bis mj. BF5 an die Rechtsvertretung mit dem Argument begründet, diese seien im Verwaltungsverfahren nicht durch die genannte Rechtsvertretung vertreten gewesen und in weiterer Folge die neuerliche Zustellung der Bescheide erwirkt sowie damit die Rechtzeitigkeit der nunmehrigen Beschwerden begründet. Dem kann aus folgenden Erwägungen nicht gefolgt werden:
3.3.2. Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht. Hierüber auftretende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Unter "Vollmacht" ist in diesem Zusammenhang die für das Außenverhältnis allein maßgebliche Erklärung der Partei gegenüber der Behörde, bei schriftlicher Bevollmächtigung also der in der Vollmachtsurkunde festgehaltene Wortlaut der Erklärung des Vollmachtgebers zu verstehen. Diese Parteienerklärung ist nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Entscheidend ist, wie das Erklärte, also der Wortlaut des Anbringens, unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt. Eine solche Auslegung ist nur dann zulässig, wenn die entsprechenden Erklärungen keine Zweifel offenlassen (vgl. VwGH 30.03.2016, Ra 2016/09/0023 mHa VwGH 9.12.2013, 2012/10/0196).
3.3.3. In den gegenständlichen Rechtssachen liegt ein Familienverfahren gem. § 34 AsylG 2005 vor. Dabei hat die Behörde gem. § 34 Abs. 4 AsylG 2005 Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 leg.cit. zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
Der Verwaltungsgerichtshof hält in ständiger Rechtsprechung fest, dass § 34 AsylG 2005 der Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband dient. Ziel der Bestimmungen ist, Familienangehörigen (im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005) den gleichen Schutz zu gewähren, ohne sie um ihr Verfahren im Einzelfall zu bringen (vgl. jüngst VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040 mHa VwGH 30.4.2018, Ra 2017/01/0418; 24.3.2015, Ra 2014/19/0063).
Im Zuge der gegenständlichen im Rahmen eines Familienverfahrens geführten Asylverfahren der mj. BF1 bis mj. BF5 traten die Eltern, insbesondere die BF7 als die gesetzliche Vertretung der mj. BF1 bis mj. BF5 auf und tätigte die BF7 sowohl während der Erstbefragung als auch während der Niederschrift vor dem BFA die mj. BF1 bis mj. BF5 betreffende Aussagen.
Vor dem Hintergrund, dass die Verfahren der mj. BF1 bis mj. BF5 sowie jenes der BF7 gem. § 34 Abs. 4 AsylG 2005 im Rahmen eines sog. Familienverfahrens "unter einem" zu führen sind, die BF7 die gesetzliche Vertreterin ihrer Kinder ist, sie im Rahmen der Niederschrift, in welcher sie dem Rechtsvertreter die mündliche Vollmacht erteilte, auch Aussagen hinsichtlich ihrer minderjährigen Kinder (mj. BF1 bis mj. BF5) als deren gesetzliche Vertreterin getätigt hat, war bzw. ist die Aussage der BF7, mit der sie dem Rechtsvertreter im Rahmen der Niederschrift die Vollmacht mündlich erteilt hat, objektiv dahingehend zu verstehen, dass dieser auch zur anwaltlichen Vertretung der mj. BF1 bis mj. BF5 bevollmächtigt war.
Für eine solche Sichtweise spricht auch der Wortlaut der im Verwaltungsakt zu W229 2171872-2 einliegenden schriftlichen Vollmacht des BF6 an die Rechtsvertretung, wonach er der Rechtsvertretung die Prozessvollmacht erteilt und sie überdies ermächtigt, "mich (uns) und meine (unsere) Erben in allen Angelegenheiten, einschließlich der Steuerangelegenheiten, sowohl vor Gerichten, Verwaltungs- und Finanzbehörden (...) zu vertreten (...)." Die wenn auch in Klammer gesetzten Wörter "uns" sowie "meine (unsere) Erben" umfassen nämlich einen über seine Person hinausgehenden Personenkreis. Somit war bzw. ist auch die erteilte Vollmacht des BF6 in Zusammenschau des Zwecks des Familienverfahrens gem. § 34 AsylG 2005 mit ihrem Wortlaut sowie dem Umstand, dass auch der Vater der mj. BF1 bis mj. BF5 zu deren gesetzlichen Vertretung befugt ist, objektiv dahingehend zu verstehen, dass die Vertretungsbefugnis die mj. BF1 bis mj. BF5 mitumfasst.
Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass eine gemäß § 8 Abs 1 RAO zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung erteilte Vollmacht auch eine Zustellvollmacht iSd § 9 ZustG erfasst (vgl. VwGH vom 23.02.2000, 99/03/0325 mHa B 25.10.1994, 94/14/0104), erweist sich die Zustellverfügung vom 14.03.2017, in welcher eine Zustellung an die Rechtsvertretung angeordnet wird, als fehlerfrei und war bereits die Zustellung der Bescheide mit der GZ XXXX , GZ XXXX , GZ XXXX , GZ XXXX und GZ XXXX an die Rechtsvertretung am 16.03.2017 rechtswirksam. Die neuerliche Zustellung dieser Ausfertigungen aufgrund der Zustellverfügung vom 07.09.2017 am 11.09.2017 an die gesetzlichen Vertreter löste somit keine Rechtswirkungen aus (vgl. § 6 ZustG, VwGH, 23.11.2011, 2009/0022).
3.3.4. Ausgehend von der rechtswirksamen Zustellung der Bescheide vom 14.03.2018 betreffend die mj. BF3 bis BF7 am 16.03.2017, war gemäß der aufgrund der Aufhebung der relevanten Wortfolgen in § 16 Abs. 1 BFA-VG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26.09.2017, G 134/2017, zur Anwendung gelangenden Bestimmung des § 7 Abs. 4 VwGVG iVm. § 32 Abs. 2 AVG der letzte Tag der Beschwerdefrist der 13.04.2017 und erweisen sich die Beschwerden vom 20.09.2017 somit als verspätet. Diesem rechtlichen Schicksal folgen jedenfalls auch die gem. § 16 Abs. 3 BFA-VG anhängigen Verfahren der BF6 und BF7.
Die Beschwerden waren daher als verspätet zurückzuweisen.
3.4. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da die Beschwerde zurückzuweisen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr konnte die Entscheidung auf eine umfangreiche und einheitliche Rechtsprechung zu den maßgeblichen Fragen betreffend den Umfang einer erteilten Vollmacht, das Vorliegen einer Zustellvollmacht sowie die Rechtswirkungen einer wirksamen Zustellung gestützt werden.
Schlagworte
Rechtsmittelfrist, Rechtsvertreter, Verspätung, Vollmacht,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W229.2171871.2.00Zuletzt aktualisiert am
25.07.2019