TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/27 W233 2193345-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.05.2019
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Entscheidungsdatum

27.05.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

1.) W233 2193344-1/13E

2.) W233 2193346-1/11E

3.) W233 2193345-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX und 3.) XXXX , geb. XXXX , alle Staatsangehörige des Iran, gegen die Bescheide des Bundesamtes für

Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2018, Zahlen: 1096088900-151835795 (ad 1.), 1096089200-151835804 (ad 2.) und 1144750506-170280136 (ad 3.), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.05.2019 zu

Recht:

A) Den Beschwerden wird stattgegeben und

1.) XXXX , geb. XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

2.) XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.) XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet, die minderjährige Drittbeschwerdeführerin ist ihre gemeinsame Tochter.

1.2. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin stellten am 25.10.2015 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.3. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin wurden jeweils am 23.11.2015 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei gaben sie zu ihrem Fluchtgrund im Wesentlichen übereinstimmend an, die Zweitbeschwerdeführerin sei von der islamischen Geheimgarde belästigt worden, weil sie die islamischen Gesetze missachtet habe. Der Erstbeschwerdeführer habe einmal in seinem Auto vor Fahrgästen Regierungsmitglieder beschimpft. Seitdem sei er regelmäßig von der islamischen Geheimgarde bedroht und mehrmals geschlagen worden. Sie hätten ihm das Handgelenk und die Fußknöchel gebrochen. Sie seien aus Angst um ihr Leben geflüchtet.

1.4. Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin wurde am XXXX im Bundesgebiet geboren. Am 06.03.2017 stellte die Zweitbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin der Drittbeschwerdeführerin für diese einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei für die Drittbeschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht wurden.

1.5. Am 19.10.2017 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, niederschriftlich einvernommen. Dabei hielten sie ihre Fluchtgründe im Wesentlichen aufrecht und gaben an, sie seien zum Christentum konvertiert.

1.6. Mit den im Spruch genannten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Den Beschwerdeführern wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen sie wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

1.7. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14.04.2018 fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.8. Zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts fand am 15.05.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, in welcher der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sowie ein Zeuge befragt wurden. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt hat sich mit Schreiben vom 03.05.2019 für die Teilnahme an der mündlichen Beschwerdeverhandlung entschuldigt.

1.9. Am 24.05.2019 langte am Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme der Beschwerdeführer ein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beschwerdeführer, beinhaltend die Erstbefragung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vom 23.11.2015, ihre niederschriftliche Einvernahme vom 19.10.2017, die gegenständlichen Bescheide vom 08.03.2018, die Beschwerden vom 14.04.2018 sowie die Stellungnahme vom 22.05.2019; durch Einvernahme des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin und eines Zeugen im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 15.05.2019; durch Einsichtnahme in die im Verlauf des Verfahrens vorgelegten sowie in die amtswegig eingeholten Unterlagen; durch Einsichtnahme in aktuelle Auszüge aus Strafregister, GVS, IZR und ZMR sowie durch Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom Iran (Stand 03.07.2018). Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

2. Feststellungen:

2.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet. Sie sind Staatsangehörige des Iran und Angehörige der Volksgruppe der Kurden. Ihre weitere Identität steht nicht fest.

Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin ist die gemeinsame Tochter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin. Sie führt den im Spruch genannten Namen und wurde im Bundesgebiet geboren. Ihre Identität steht fest.

Alle Beschwerdeführer leben in einem gemeinsamen Haushalt.

2.2. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin wurden als schiitische Moslems im Iran geboren. Sie kamen in Österreich mit dem Christentum in Kontakt.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind in Österreich zum Christentum konvertiert. Sie haben in der XXXX ein Jahr lang einen Taufkurs besucht und wurden am XXXX getauft. Die Beschwerdeführer sind praktizierende Angehörige der protestantischen Freikirche und seit 2016 aktiv am christlichen Leben der Gemeinde beteiligt.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin lesen regelmäßig die Bibel in der von der Gemeinde vorgeschlagenen Reihenfolge. Sie besuchen wöchentlich den Gottesdienst und nehmen an Veranstaltungen und Festen teil.

Die Beschwerdeführer leben ihren Glauben offen aus und versuchen, im Iran lebende Verwandte zum Christentum zu bekehren. Im Falle einer Rückkehr würden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin nicht zum Islam zurückkehren, sondern Christen bleiben.

2.3. Im Entscheidungszeitpunkt kann im Hinblick auf die aktuelle Lage im Iran für konvertierte Christen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass den Beschwerdeführern im Falle ihrer Rückkehr auf Grund ihrer nunmehr christlichen Religion asylrelevante Verfolgung droht.

2.4. Die Zweitbeschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten.

Der Erstbeschwerdeführer wurde mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX wegen des versuchten Diebstahls gemäß § 15 iVm § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 90 Tagsätzen, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 45 Tagen verurteilt.

2.5. Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über den Iran, mit Stand vom 03.07.2018, gekürzt und bereinigt):

Religionsfreiheit

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha'i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist im Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 2.3.2018, vgl. ÖB Teheran 9.2017).

Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen - Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Moslems anwesend sind. Es gibt Berichte von gesellschaftlicher Diskriminierung von Bahai aufgrund ihrer Religion. Dennoch geht die Verfolgung hauptsächlich von staatlichen Akteuren aus. Der Auswanderungsdruck ist auf Grund der für alle Iraner geringeren wirtschaftlichen Perspektiven auch bei den Angehörigen der anerkannten religiösen Minderheiten weiterhin groß (ÖB Teheran 9.2017).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwangen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründete. Muslime, die keine Schiiten waren, durften weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wurde weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichten. Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

Anerkannten ethnischen Gemeinden ist es verboten, Christen mit muslimischem Hintergrund zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache Persisch sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind demgegenüber willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt (AA 2.3.2018).

Auch die Aussagen und Ansichten von schiitischen Geistlichen werden beobachtet. Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 15.8.2018).

Laut der in den USA ansässigen NGO "United for Iran" waren 2016 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert (US DOS 15.8.2017).

Christen

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen - solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten - ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA Analyse 23.5.2018). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Christentum in Iran kann in ethnische und nicht-ethnische Christen unterteilt werden. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen und bezieht sich auf armenische und assyrische (oder auch chaldäische) Christen, die eine lange Geschichte in Iran vorweisen können und ihre eigenen linguistischen und kulturellen Traditionen besitzen. Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Grundrechtlich besteht "Kultusfreiheit" innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der - auch von außen als solche klar erkennbaren - Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismusverbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen ("Hauskirchen") oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich aus unterschiedlichen Gründen penibel an das Verbot. Mitglieder mancher Glaubensgemeinschaften sind angewiesen, Mitgliedskarten mit sich zu tragen, die von Behördenvertretern außerhalb von Gottesdiensten kontrolliert werden (ÖB Teheran 9.2017).

Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer-Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den Armeniern, Assyrern oder Sabäer-Mandäern angehören, oder den Juden oder Zoroastriern, oder die beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (US DOS 15.8.2017).

Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, fünf wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und zehn mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen (Open Doors 2017).

Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen

Apostasie (d.h. Abtrünnigkeit vom Islam) ist in Iran verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen wurden im Jahr 2016 25 Sunniten (davon 22 Kurden) u.a. wegen "moharebeh" exekutiert (ÖB Teheran 9.2017). Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern Fälle von Konversion werden als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und diese werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Die Todesstrafe wird hauptsächlich bei Drogendelikten und Morden angewandt und seltener bei politischen "high-profile" Fällen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation:

Verurteilungsgrund unklar] (AA 2.3.2018, vgl. AI 22.2.2018).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Oftmals lautet die Anklage jedoch auf "Gefährdung der nationalen Sicherheit", "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden. Trotz des Verbots nimmt die Konversion zum sunnitischen Islam und zum Christentum weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 2.3.2018). Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 15.8.2018).

In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 9.2017).

Kirchenvertreter sind angehalten, die Behörden zu informieren, bevor sie neue Mitglieder in ihre Glaubensgemeinschaft aufnehmen. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab (ÖB Teheran 9.2017). Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben). In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion eines Familienmitgliedes jedoch als heikler eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der oder die Konvertierte aus der Familie verbannt oder sogar den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen (ÖB Teheran 9.2017, vgl. DIS/DRC 23.2.2018).

Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 9.2017).

Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Es gibt viele Hauskirchen in Iran und ihre Anzahl steigt. Dieser Anstieg an Hauskirchen zeigt, dass sie - obwohl sie verboten sind - trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer was in der Gemeinschaft macht. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 1.2018). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).

Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagte eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch "low-profile" Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab, dann erst auf Mitglieder. Es gibt aber auch Quellen, die besagen, dass auch auf Mitglieder abgezielt wird. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird aber normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Es gibt auch für normale Mitglieder das Risiko verhaftet zu werden, allerdings werden diese wieder freigelassen mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung, wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran unsicher, ob eine Taufe Auswirkungen hat; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).

3. Beweiswürdigung:

3.1. Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit der Beschwerdeführer wird aufgrund der gleichbleibenden Angaben des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im Verfahren in Zusammenschau mit den von diesen dargelegten Orts- und Sprachkenntnissen getroffen. Die weitere Identität des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin kann mangels Vorlage identitätsbezeugender Dokumente nicht festgestellt werden.

Die Identität der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin wird aufgrund der vorgelegten österreichischen Geburtsurkunde festgestellt.

3.2. Zur Konversion des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin ist Folgendes auszuführen:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin wurden ihren glaubhaften Angaben nach als Moslems im Iran geboren (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 7, 25). Die Zweitbeschwerdeführerin gab auch in ihrer Erstbefragung am 23.11.2015 an, dem muslimischen Glauben zugehörig zu sein, während der Erstbeschwerdeführer angab, er sei ohne religiöses Bekenntnis.

Die Feststellung, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin zum Christentum konvertiert sind, beruht maßgeblich auf dem persönlichen Eindruck, den sich der erkennende Richter im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung verschaffen konnte - in Zusammenschau mit den Angaben des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im gesamten Verfahren. Der Feststellung des Bundesamtes, es handle sich um eine Scheinkonversion, kann aufgrund dieses persönlichen Eindrucks nicht gefolgt werden.

Das Bundesamt begründete diese Feststellung damit, dass eine tiefere Auseinandersetzung des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin mit den christlichen Glaubensinhalten nicht der Fall gewesen sei. Dies obwohl die erwachsenen Beschwerdeführer bereits in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt von den Gründen ihrer Konversion berichteten und ausführlich Fragen zu Glaubensinhalten beantworten konnten. Die Argumentation des Bundesamtes, es handle sich dabei um leicht zugängliche Fakten, die von jeder Person auswendig gelernt werden könnten, überzeugt angesichts des Wissens und der geschilderten emotionalen Verbindung der erwachsenen Beschwerdeführer zu ihrem neuen Glauben nicht. Das Bundesamt führte in den gegenständlichen Bescheiden weiter aus "die bloße Vorlage eines Taufscheins" stelle "mit absoluter Sicherheit keinen Beweis" für die "angebliche Konversion" der Beschwerdeführer dar. Es handle sich bei dem Taufschein um ein Schriftstück, dass sich die Beschwerdeführer lediglich zur Untermauerung ihrer angeblichen Fluchtgeschichte besorgt hätten und "mit Sicherheit nicht aus einer inneren, religiösen Überzeugung heraus".

Das Bundesamt stützt seine Feststellung, dass eine Scheinkonversion vorliege, insgesamt auf unsubstantiierte, nicht näher begründete Unterstellungen. Anstatt sich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer zu ihrer Konversion im Sinne einer Gesamtbetrachtung auseinanderzusetzen, wurden einzelne Aspekte mit nicht untermauerten Stehsätzen als unglaubwürdig abqualifiziert, nur um den Beschwerdeführern in weiterer Folge insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Der Beweiswürdigung des Bundesamtes fehlt es daher in jeglicher Hinsicht an Nachvollziehbarkeit.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin schilderten in der mündlichen Beschwerdeverhandlung - wie bereits in der Einvernahme vor dem Bundesamt - sehr detailliert die Gründe, die sie zu einer Konversion zum Christentum bewegt haben und wurde diese Schilderung auch durch den als Zeugen einvernommenen Pastor der Beschwerdeführer bestätigt (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 17, 24, 26). Sie gaben einerseits an, das krebskranke Kind ihrer Nachbarn habe - aller Diagnosen der Ärzte zum Trotz - nach Gebeten Besserung erfahren. Außerdem sei die Zweitbeschwerdeführerin nach einem Gebet in einer christlichen Kirche schwanger geworden, nachdem sie zuvor jahrelang an einem unerfüllten Kinderwunsch gelitten habe.

Die erwachsenen Beschwerdeführer konnten daher in der mündlichen Beschwerdeverhandlung glaubhaft machen, sich aufgrund einer inneren Überzeugung für das Christentum interessiert zu haben. Es gab augenscheinlich Ereignisse, die die Beschwerdeführer in erheblichem Maße emotional berührt haben und die diese mit dem christlichen Glauben in Verbindung bringen.

Die erwachsenen Beschwerdeführer gaben auch nachvollziehbar an, dass sie sich für die XXXX entschieden haben, weil es für sie leichter ist, die christlichen Glaubensinhalte in ihrer eigenen Sprache zu erlernen und zu verinnerlichen und diese Glaubensinhalte in dieser Gemeinde in ihrer Sprache unterrichtet werden (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 18, 30). Diese Angaben unterstreichen das ernsthafte Bestreben der Beschwerdeführer, die Glaubensinhalte nicht nur zu kennen, sondern zu verstehen und zu verinnerlichen. Die Feststellungen zum Besuch des Taufkurses und zur Taufe des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin werden aufgrund der vorgelegten Taufscheine in Zusammenschau mit den übereinstimmenden Angaben der erwachsenen Beschwerdeführer sowie des als Zeugen geladenen Pastors getroffen (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 18 f, 22f, 30).

Die erwachsenen Beschwerdeführer verfügen über ein beachtliches Wissen über Glaubensinhalte, wobei dieses jedenfalls nicht nur in auswendig gelernten Fakten besteht. Sie konnten in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht nur Wissensfragen beantworten, sondern auch die allgemeine und persönliche Bedeutung, etwa von Gebeten, erklären (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 19, 21, 30 f)

Dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin aktiv am christlichen Leben der Gemeinde beteiligt sind, ergibt sich aus ihren lebensnahen Schilderungen im Verfahren, welche ebenfalls durch den Zeugen bestätigt wurden. Der Pastor bestätigte, dass die Beschwerdeführer den Gottesdienst regelmäßig besuchen und an Festen und Veranstaltungen nicht nur teilnehmen, sondern bei diesen auch tatkräftig mithelfen (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 23 f). Der Pastor bestätigte auch die Angaben des Erstbeschwerdeführers, wonach es eine von der Gemeinde vorgeschlagene Reihenfolge für das Lesen der Bibel gäbe, mit deren Hilfe in einem Jahr die gesamte Bibel durchgegangen werde (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 21 f, 23). Diese übereinstimmenden Angaben zeigen jedenfalls, dass die Beschwerdeführer in die Abläufe der Gemeinde eingebunden sind, mit den Gebräuchen bestens vertraut sind und aktiv am Leben in der Gemeinde mitwirken.

Die erwachsenen Beschwerdeführer schilderten auch glaubwürdig und lebensnahe die Auswirkungen, die der neue Glauben auf ihre Lebensführung und ihre Person hat. So gab die Zweitbeschwerdeführerin etwa an, sie versuche in ihrem täglichen Leben dem Auftrag von Jesus Christus nachzugehen und anderen Menschen mit Liebe zu begegnen. Wenn sie früher wütend gewesen sei und sich habe rächen wollen, könne sie sich jetzt kontrollieren. Wenn jemand ihre Hilfe brauche, entziehe sie diese Hilfe nicht und sie gehe mit Achtung mit anderen Leuten um (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 31).

Der als Zeuge geladene Pastor bestätigte, dass die erwachsenen Beschwerdeführer bestrebt sind, ihren Glauben an andere weiterzugeben und auch die im Iran verbliebenen Familienmitglieder zum christlichen Glauben zu bekehren (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 24). Der Erstbeschwerdeführer gab dazu in der mündlichen Beschwerdeverhandlung an, sie würden versuchen, ihren neuen Glauben zu verkünden und hätte ihm seine Mutter attestiert, er sei liebevoller geworden und habe sich verändert (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 20). Auch die Zweitbeschwerdeführerin bekräftigte die Missionierungsbestrebungen (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 32).

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin schilderten auch plausibel, dass sie mit ihrer alten Religion, dem Islam, nichts mehr zu tun hätten und dem Islam in ihrem Leben keinen Stellenwert mehr zukommt. Der Erstbeschwerdeführer gab dazu an, zwar nicht in Österreich offiziell aus der islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten zu sein. Er sei jedoch schon mit 15 Jahren aus dem Islam ausgetreten. Eine Religion, die ohne seine Zustimmung in seiner Geburtsurkunde festgehalten werde interessiere ihn nicht (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 21).

Schließlich gaben beide erwachsene Beschwerdeführer an, bei einer Rückkehr in den Iran nicht zum Islam zurückkehren zu wollen, sondern Christen zu bleiben (Verhandlungsprotokoll 15.05.2019, S 21, 32). Angesichts der in der Verhandlung überzeugend geschilderten Änderung des Lebenswandels der Beschwerdeführer, ihres Missionierungseifers und ihrer öffentlich ausgeübten religiösen Überzeugung erscheint auch diese Angabe als glaubhaft.

Zusammengefasst konnten die erwachsenen Beschwerdeführer in der mündlichen Beschwerdeverhandlung unter Beweis stellen, dass sie über beachtliches Wissen zum christlichen Glauben verfügen und dieses auch verinnerlicht haben. Sie konnten auf einer emotionalen Ebene glaubhaft schildern, warum sie sich statt dem Islam dem Christentum zugewandt haben und welche Änderungen dies in ihrer Lebensführung und ihrem Umgang mit Mitmenschen hervorgerufen hat.

Aufgrund der Angaben des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin sowie des Zeugen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung kommt der erkennende Richter zu dem Schluss, dass der Entschluss der erwachsenen Beschwerdeführer, zum Christentum zu konvertieren, von einer inneren Überzeugung getragen ist, welche durch die regelmäßige Teilnahme am Leben in ihrer christlichen Gemeinde auch für Dritte erkennbar wird. Es ist nicht zuletzt aufgrund des festgestellten Engagements der Beschwerdeführer in ihrer Kirche sowie aufgrund ihrer eindeutigen Angaben davon auszugehen, dass sie ihren Glauben auch im Falle einer Rückkehr weiter ausleben wollen würden.

Somit besteht aufgrund des persönlichen Eindrucks, den sich der erkennende Richter in der mündlichen Beschwerdeverhandlung verschaffen konnte, kein Zweifel daran, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin die Konversion aus innerer Überzeugung vollzogen haben und der Glaubenswechsel als ernsthaft einzustufen ist. Eine Konversion zum Schein kann in diesem konkreten Fall jedenfalls ausgeschlossen werden.

3.3. Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Diesen Länderinformationen ist zu entnehmen, dass im Iran der schiitische Islam Staatsreligion ist. Die Bevölkerung des Iran besteht zu ca. 89 % aus Schiiten, 10 % aus Sunniten, Zoroastrier, Juden, Christen und zu 1 % aus Baha¿i. Laut iranischer Verfassung hat ein muslimischer Bürger des Iran nicht das Recht, seinen Glauben zu wechseln oder aufzugeben. Apostasie ist im Iran verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand der Apostasie zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Die iranische Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung selbst auf islamischen Kriterien beruhen müssen. In der Verfassung ist zwar eine unabhängige Justiz verankert, in der Praxis steht sie unter politischem Einfluss und werden Richter nach religiösen Kriterien ernannt. Das iranische Strafrecht ist islamisch geprägt.

Anerkannte religiöse Minderheiten - ua. auch Christen - werden diskriminiert und konvertierte Christen werden in unterschiedlichem Grad verfolgt. Diese Länderinformationen berichten über Repressionen und willkürlichen Verhaftungen von konvertierten Christen. Konvertiten sähen sich Schikanen und Beobachtungen ausgesetzt und würden die Behörden unverhältnismäßig oft Christen verhaften. Viele dieser Verhaftungen würden während Razzien bei religiösen Zusammentreffen bei denen die Behörden auch religiöses Eigentum beschlagnahmen, passieren.

Diese aktuellen Länderfeststellungen über den Iran stützen die Feststellung, dass die erwachsenen Beschwerdeführer als Konvertiten zum christlichen Glauben mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung wegen ihrer nunmehr christlichen Religion zu befürchten haben.

Den Beschwerdeführern stünde es im Iran nicht offen, ihren Glauben auch in Gemeinschaft zu praktizieren. Es stünde ihnen zwar offen, sich eine Überzeugung frei zu bilden (forum internum), nicht jedoch, seine Religion frei auszuüben (forum externum). Aus dem Kapitel zu Apostasie im aktuellen Länderinformationsblatt ergibt sich zwar, dass Konvertiten, die keine "high-profile"-Fälle sind und nicht missionarisch tätig sind bzw. "keine anderen Aktivitäten setzen, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden" "wohl keine harsche Strafe bekommen" würden. Die Bekanntgabe einer Konversion auf Facebook etwa würde "nicht zu einer Verfolgung führen, es kann aber durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird". Im Länderinformationsblatt wird zugleich auch festgehalten, es könne "zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird." Es kann daher aufgrund der vorliegenden Länderinformationen nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr in den Iran und einer dortigen Ausübung ihrer Religion keine Verfolgung droht.

Aufgrund der sich aus den Länderfeststellungen ergebenden Situation von Konvertiten im gesamten iranischen Staatsgebiet steht den Beschwerdeführern auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.

3.4. Die Feststellungen zur Unbescholtenheit der Zweitbeschwerdeführerin und zur strafgerichtlichen Verurteilung des Erstbeschwerdeführers werden aufgrund von amtswegig eingeholten Auszügen aus dem Strafregister getroffen.

3.5. Aufgrund des Umstandes, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin ihre Konversion zum Christentum glaubhaft machen konnten, war eine weitere Erörterung ihres Fluchtvorbringens obsolet und erübrigt sich daher eine weitere Auseinandersetzung mit diesem.

4. Rechtliche Beurteilung

Zu A) Asyl

4.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen (zulässigen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0080, mwN).

Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist, dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen steht. Sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113).

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. VwGH 15.03.2001, 99/20/0036). Eine inländische Fluchtalternative ist nur dann gegeben, wenn sie vom Asylwerber in zumutbarer Weise in Anspruch genommen werden kann. Herrschen am Ort der ins Auge gefassten Fluchtalternative - nicht notwendigerweise auf Konventionsgründen beruhende - Bedingungen, die eine Verbringung des Betroffenen dorthin als Verstoß gegen Art. 3 EMRK erscheinen lassen würden, so ist die Zumutbarkeit jedenfalls zu verneinen (vgl. VwGH 16.12.2010, 2007/20/0913). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" innewohnt, setzt voraus, dass nähere Feststellungen über die zu erwartende konkrete Lage des Betroffenen in dem in Frage kommenden Gebiet getroffen werden (vgl. VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151, mwN).

Um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu erreichen, müssen konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden (VwGH 10.03.1994, 94/19/0056). In diesem Zusammenhang hat der Betroffene die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darzustellen (EGMR 07.07.1987, Nr. 12877/87, Kalema/Frankreich).

4.2. § 3 Abs. 2 AsylG 2005 lautet: "(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe)."

§ 3 Abs. 2 AsylG 2005 ist Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Normen für die Anerkennung von Dirttstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes Abl L 337/9 vom 20.12.2011 (Statusrichtlinie), nachgebildet.

Art. 5 Abs. 2 Statusrichtlinie lautet: "Die begründete Furcht vor Verfolgung oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, kann auf Aktivitäten des Antragstellers nach Verlassen des Herkunftslandes beruhen, insbesondere wenn die Aktivitäten, auf die er sich stützt, nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind."

Der VfGH hat ausgesprochen, dass asylrelevante Verfolgung gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 auch auf Aktivitäten beruhen kann, die der Fremde seit dem Verlassen des Herkunftsstaats gesetzt hat (VfGH 12.12.2013, U 2272/2012).

4.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 30.06.2005, 2003/20/0544) ist zur Frage der Verfolgungsgefahr bei Iranern, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind, maßgeblich, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des behaupteten inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grunde mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden (so schon im Erkenntnis des VwGH 24.10.2001, 99/20/0550, ebenfalls VwGH 17.10.2002, 2000/20/0102). In gleichem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 31.05.2001, 2001/20/0054, im Zusammenhang mit einer noch nicht erfolgten, aber beabsichtigten Konversion zum Ausdruck gebracht, dass für die Beurteilung des Asylanspruches maßgeblich sei, ob der Asylwerber in seinem Heimatstaat in der Lage war, eine von ihm gewählte Religion frei auszuüben, oder ob er bei Ausführung seines inneren Entschlusses, vom Islam abzufallen und zum Christentum überzutreten, mit asylrelevanter Verfolgung rechnen müsse.

Nach islamischem Verständnis bedeutet der Abfall vom Islam einen hochverratsähnlichen Angriff auf das Staats- und Gesellschaftssystem und ist nicht auszuschließen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Iran dort Verfolgungshandlungen bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt ist.

Nachdem alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union bindenden normativen Vorgaben des Artikel 10 Abs. 1 b RL 2011/95/EG, kann einem Flüchtling nicht mehr angesonnen werden, sich bei der Religionsausübung auf das sogenannte "forum internum" zu beschränken.

Asylbegehren, die auf Verfolgung mit religiösem Hintergrund gestützt werden, müssen so hin unter Berücksichtigung der unmittelbar anwendbaren Vorgaben des Artikel 10 Abs. 1 b RL 2011/95/EG geprüft werden. Gemäß dieser Richtlinie muss so hin die öffentliche Ausübung ("forum externum") des christlichen Glaubens in Lehre, Gottesdienst und Sakramentsverwaltung möglich sein (siehe auch VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0210 mit Verweis auf EuGH 05.09.2012, C-71/11 und C-99/11, BRD gg. Y Z, ua.).

Nach der Überzeugung des Bundesverwaltungsgerichtes könnten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr in den Iran keine wie im Verfahren dargelegte Glaubensbetätigung vornehmen, ohne mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit von im Rahmen des Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention relevanten Verfolgungsmaßnahmen betroffen zu sein. Im Falle der Glaubensbetätigung in der Öffentlichkeit, wie etwa der Teilnahme an öffentlichen Gottesdiensten oder der Vornahme von Gebeten in Gemeinschaft mit anderen oder gar im Falle des Versuches, andere vom Christentum überzeugen zu wollen, würde sich der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin der beachtlichen Gefahr staatlicher Willkürmaßnahmen aussetzen.

4.4. Mit dem Vorbringen der erwachsenen Beschwerdeführer, wegen ihrer Konversion zum christlichen Glauben im Fall ihrer Rückkehr in den Iran aus religiösen Gründen verfolgt zu werden, machen sie einen subjektiven Nachfluchtgrund geltend (vgl. § 3 Abs. 2 AsylG 2005).

Bei einer erst nach Verlassen des Herkunftsstaates erfolgten Konversion eines Fremden vom Islam zum Christentum ist zu prüfen, ob die Konversion allenfalls bloß zum Schein erfolgt ist. Hat der Fremde nicht behauptet, im Fall seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat wieder vom christlichen Glauben zum Islam übertreten zu wollen, und ist der Fremde nicht nur zum Schein zum Christentum konvertiert, kommt es nicht auf die Frage an, welche Konsequenzen der Asylwerber wegen einer bloß vorübergehenden, der Asylerlangung dienenden Annahme des christlichen Glaubens zu befürchten hätte. Vielmehr ist maßgeblich, ob er bei weiterer Ausführung seines behaupteten inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion (allenfalls sogar mit der Todesstrafe) belegt zu werden (VwGH 24.10.2001, 99/20/0550; VwGH 19.12.2001, 2000/20/0369; VwGH 17.10.2002, 2000/20/0102; VwGH 30.06.2005, 2003/20/0544; VwGH 14.11.2007, 2004/20/0485; VwGH 24.09.2014, Ra 2014/19/0048 m.w.N.; VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0117).

Nach dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 05.09.2012 in den verbundenen Rechtssachen C 71/11 und C 99/11, Bundesrepublik Deutschland gegen Y und Z, ist Artikel 2 Buchstabe c der Richtlinie 2004/83 dahingehend auszulegen, dass eine begründete Furcht des Antragstellers vor Verfolgung vorliegt, sobald nach Auffassung der zuständigen Behörden im Hinblick auf die persönlichen Umstände des Antragstellers vernünftigerweise anzunehmen ist, dass er nach Rückkehr in sein Herkunftsland religiöse Betätigungen vornehmen wird, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen. Bei der individuellen Prüfung eines Antrags auf Anerkennung als Flüchtling können die Behörden dem Antragsteller nicht zumuten, auf diese religiöse Betätigung zu verzichten.

Im vorliegenden Fall ergibt sich daher bei Zugrundelegung der als glaubhaft befundenen Angaben der erwachsenen Beschwerdeführer und obiger Sachverhaltsdarstellung, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit bei ihrer Rückkehr in ihr Heimatland Gefahr laufen, asylrelevant verfolgt zu werden.

Nach den getroffenen Feststellungen ist von Verfolgung in asylrelevanter Intensität im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, und zwar aus Gründen der Religion, auszugehen. Infolge des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich das Vorliegen einer zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Verfolgungsgefahr aufgrund religiöser Überzeugung.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative ist aufgrund der Tatsache, dass die Verfolgung im gesamten Staatsgebiet des Iran von staatlichen Behörden ausgeht, im vorliegenden Fall auszuschließen.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin den Flüchtlingsbegriff des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK erfüllen, da sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der politischen Gesinnung bzw. religiösen Gründen verfolgt zu werden, außerhalb des Heimatlandes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Da auch keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe vorliegt, war Asyl zu gewähren.

Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass sich aus dem Akteninhalt auch keine Anhaltspunkte für die Anwendbarkeit eines Ausschlussgrundes nach § 6 AsylG 2005 ergeben. Die Zweitbeschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten. Der Erstbeschwerdeführer wurde wegen des versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe verurteilt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein besonders schweres Verbrechen iSd § 6 AsylG 2005, sodass ein Ausschlussgrund nicht vorliegt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

4.5. Die Drittbeschwerdeführerin ist die gemeinsame Tochter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin.

Dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin werden mit diesem Erkenntnis der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

Die Drittbeschwerdeführerin ist daher im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005 Familienangehörige von Fremden, denen der Status

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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