TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/28 W103 1260414-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.05.2019
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Entscheidungsdatum

28.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W103 1260414-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2019, Zl. 741323108-160444774, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, stattgegeben und der bekämpfte Bescheid aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführende Partei führt den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an, ist muslimischen Glaubens und stellte am 27.06.2004 - vertreten durch seine Mutter im Familienverfahren - einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit dem Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.03.2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 12.09.2007 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 AsylG stattgegeben und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, das der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

3. Der BF wurde lt. Strafregisterauszung hinsichtlich folgender Delikte verurteilt:

01) BG XXXX vom 20.02.2015 RK 24.02.2015

§ 83 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 30.11.2014

Geldstrafe von 40 Tags zu je 4,00 EUR (160,00 EUR) im NEF 20 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe, davon Geldstrafe von 20 Tags zu je 4,00 EUR (80,00 EUR)

im NEF 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

Jugendstraftat

Vollzugsdatum 08.06.2018

zu XXXX RK 24.02.2015

Unbedingter Teil der Geldstrafe vollzogen am 17.03.2015

BG XXXX vom 18.03.2015

zu BG XXXX RK 24.02.2015

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 27.01.2016

zu BG XXXX RK 24.02.2015

Der bedingt nachgesehene Teil der Geldstrafe wird widerrufen

LG XXXX vom 14.12.2016

02) LG XXXX vom 20.05.2015 RK 27.05.2015

§§ 83 (1), 84 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 07.01.2015

Geldstrafe von 300 Tags zu je 4,00 EUR (1.200,00 EUR) im NEF 150 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX RK 24.02.2015

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 29.01.2016

03) LG XXXX vom 27.01.2016 RK 02.02.2016

§ 50 (1) Z 2 WaffG

§ 127 StGB

§ 109 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 26.09.2015

Geldstrafe von 160 Tags zu je 4,00 EUR (640,00 EUR) im NEF 80 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 06.12.2016

04) LG XXXX vom 14.12.2016 RK 20.12.2016

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (1) Z 1 8. Fall, 27

(4) Z 1 SMG

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (1) Z 1 8. Fall, 27

(2) SMG

§§ 127, 129 (1) Z 1 StGB

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall SMG

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG

Datum der (letzten) Tat 14.11.2016

Geldstrafe von 360 Tags zu je 4,00 EUR (1.440,00 EUR) im NEF 180 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 08.06.2018

05) LG XXXX vom 10.04.2018 RK 16.04.2018

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2) SMG

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (4) Z 1 SMG

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG

Datum der (letzten) Tat 31.03.2018

Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Geldstrafe von 300 Tags zu je 4,00 EUR (1.200,00 EUR) im NEF 150 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe.

4. Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten wurde eingeleitet. Dem Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beabsichtige, dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten gemäß § 7 AsylG abzuerkennen und gegen diesen eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot zu erlassen. Der Beschwerdeführer sei in Österreich mehrmals rechtskräftig verurteilt worden. Am 31.10..2018 wurde der BF dazu niederschriftlich einvernommen.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2019 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.03.2010, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, aberkannt und gemäß § 7 Absatz 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG, der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 1 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Identität des Beschwerdeführers fest und begründete die Aberkennung des Status des Asylberechtigten sowie den Erlass des Einreiseverbotes mit der zuvor dargestellten strafgerichtlichen Verurteilung und führte aus, dass der Beschwerdeführer daher eine Gefahr für die Gemeinschaft darstellen würde. Der BF sei offensichtlich auch in Zukunft nicht gewillt, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten, sodass demnach auch eine negative Zukunftsprognose zu treffen sei.

Der Beschwerdeführer habe keine nachvollziehbaren Rückkehrbefürchtungen geltend machen können. Das Einreiseverbot in der Dauer von zehn Jahren scheine der Behörde im Hinblick auf die Verurteilungen des Beschwerdeführers gerechtfertigt und notwendig, um die von ihm ausgehende erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern bzw. einen Gesinnungswandel seiner Einstellung zur öffentlichen Rechtsordnung zu bewirken.

Es wurde folgende Feststellungen bzw. Beweiswürdigung hinsichtlich der Aberkennung des Status eines Asylberechtigten getroffen:

"Zu Ihrer Person:

Ihre Identität konnte nicht festgestellt werden.

Sie führen als Verfahrensidentität den Namen XXXX und den XXXX als Geburtsdatum.

Sie sind Staatsangehöriger von Russland und sind ethnischer Tschetschene.

Ihnen wurde im Zuge eines Familienverfahrens (Asylerstreckungsantrag), abgeleitet von Ihrem Vater XXXX (IFA Zahl: 741322906) mit Bescheid des Bundesasylamtes der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Sie haben keine Familienangehörige im Heimatland.

Sie haben eine Lehre als Automechaniker begonnen haben diese jedoch nach 2 Jahren abgebrochen.

Sie sind jung, gesund und arbeitsfähig.

Sie haben sehr gute Deutschkenntnisse.

Sie wurden mehrfach strafrechtlich verurteilt.

? Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

Eine durchgeführte Anfrage im Strafregister hat folgende Verurteilungen ergeben:

01) LG XXXX vom 01.04.2014 RK 01.04.2014

§§ 127, 128 (1) Z 4, 129 Z 1 StGB

Datum der (letzten) Tat 26.01.2014

Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Jugendstraftat

zu LG XXXX RK 01.04.2014

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 30.09.2015

02) LG XXXX vom 30.09.2015 RK 28.10.2015

§ 15 StGB §§ 142 (1), 143 2. Fall StGB

Datum der (letzten) Tat 09.07.2015

Freiheitsstrafe 3 Jahre

Junge(r) Erwachsene(r)

zu LG XXXX RK 28.10.2015

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 14.07.2017, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

LG XXXX vom 05.07.2017

zu LG XXXX RK 28.10.2015

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

BG XXXX vom 28.06.2018

03) BG XXXX vom 28.06.2018 RK 03.07.2018

§ 50 (1) Z 3 WaffG

Datum der (letzten) Tat 09.05.2018

Geldstrafe von 160 Tags zu je 4,00 EUR (640,00 EUR) im NEF 80 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Junge(r) Erwachsene(r)

Festgestellt wird, dass Sie wegen mehrmals wegen der Weitergabe von Suchtmittel an Minderjährige rechtskräftig verurteilt wurden und daher ein Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG vorliegt.

...(.....)...

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten:

Die Feststellungen bzgl. der Gründe für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten ergeben sich aus der durchgeführten EKIS - Strafregisteranfrage und die vorliegenden Gerichtsurteile.

Am 20.05.2015 wurden Sie vom Landesgericht XXXX wegen schwerer Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 300 Tags zu je 4,00 EUR (1.200,00 EUR) verurteilt. Erschwerend wurde vom Gericht das Zusammentreffen von zwei Vergehen gewertet. Als mildernd wurden Ihre damalige Unbescholtenheit, das Geständnis und das Alter unter 21 Jahren gewertet.

Am 10.04.2018 wurden Sie durch das Landesgericht XXXX wegen Unerlaubter Umgang mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bedingt, Probezeit 3 Jahre, verurteilt. Erschwerend wurden vom Landesgericht Ihre Vorstrafenbelastung, das Zusammentreffen von mehreren Vergehen sowie der rasche Rückfall gewertet. Als mildernd wurden Ihr Geständnis, Ihr Alter unter 21 Jahren sowie die Tatsache, dass Sie teilweise geständig waren gewertet.

Sie wurden des Öfteren nach dem SMG und dem StGB mit gleichen Paragraphen verurteilt. Zudem ist anzumerken, dass Sie, laut Gerichtsurteil vom 10.04.2018, GZ: XXXX , einer Minderjährigen eine halbe Ecstasy-Tablette f und auch weiteren Drogenabnehmer geringe Mengen an Marihuana für den Konsum übergeben haben.

Gemäß § 6 Abs 1 Z 4 AsylG ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Sie erfüllen die Voraussetzung, da Sie des Öfteren wegen Drogenhandels (Cannabis und Ecstasy), auch an Minderjährige, verurteilt wurden.

Hinsichtlich Ihrer Zukunft kann keine positive Prognose erstellt werden. Sie sind einschlägig vorbestraft, wurden immer wieder straffällig und zeigen somit wiederholt keinen Willen sich der herrschenden Rechtsordnung zu unterwerfen.

Sie negieren die österreichischen Gesetze und haben sich von einer ernstzunehmenden Integration seit Begehen Ihrer Straftat abgewandt.

Sie weisen auch keine abgeschlossene Ausbildung vor. Sie haben lediglich eine Lehre als Automechaniker begonnen - diese jedoch nach 2 Jahren abgebrochen."

6. Gegen den oben angeführten Bescheid wurde mit Eingabe vom 21.03.2019 durch den rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde eingebracht, in welcher unrichtige rechtliche Beurteilung und erhebliche Verfahrensfehler geltend gemacht wurden. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass es für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten der Verurteilung wegen eines besonders schweren Verbrechens bedarf.

Der BF habe jedoch keine besonders schwere Straftat begangen, es liege nicht einmal ein Tatbestand vor, welcher von Gesetzt wegen als Verbrechen im Sinne der § 17 STGB zu qualifizieren sei.

Die belangte Behörde stütze ihren Aberkennungsbescheid offensichtlich vor allem auf die Weitergabe einer halben Ecstasy-Tablette sowie, einer geringen Menge an Marihuana an eine Minderjährige (Seite 54 des Bescheides). Der BF hat jedoch eine Straftat nach § 28a SMG (Grenzmenge übersteigend) nie begangen, er sei lediglich nach § 27 Abs. 1, § 27 Abs. 2, § 27 Abs. 4 zu einer bedingten Freistrafe von 6 Monaten verurteilt worden. § 27 Abs. 4 sein nur mit einer Strafdrohung von 3 Jahren bedroht und daher kein Verbrechenstatbestand.

8. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 27.03.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen Lage in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts Folgendes festgestellt:

1.1. Die beschwerdeführende Partei führt den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an, ist muslimischen Glaubens und stellte am 27.06.2004 - vertreten durch seine Mutter im Familienverfahren - einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit dem Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.03.2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 12.09.2007 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 AsylG stattgegeben und gemäß § 12 AsylG 1997 festgestellt, das der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Der BF wurde lt. Strafregisterauszung hinsichtlich folgender Delikte verurteilt:

01) BG XXXX vom 20.02.2015 RK 24.02.2015

§ 83 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 30.11.2014

Geldstrafe von 40 Tags zu je 4,00 EUR (160,00 EUR) im NEF 20 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe, davon Geldstrafe von 20 Tags zu je 4,00 EUR (80,00 EUR)

im NEF 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

Jugendstraftat

Vollzugsdatum 08.06.2018

zu XXXX RK 24.02.2015

Unbedingter Teil der Geldstrafe vollzogen am 17.03.2015

BG XXXX vom 18.03.2015

zu BG XXXX RK 24.02.2015

Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG XXXX vom 27.01.2016

zu BG XXXX RK 24.02.2015

Der bedingt nachgesehene Teil der Geldstrafe wird widerrufen

LG XXXX vom 14.12.2016

02) LG XXXX vom 20.05.2015 RK 27.05.2015

§§ 83 (1), 84 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 07.01.2015

Geldstrafe von 300 Tags zu je 4,00 EUR (1.200,00 EUR) im NEF 150 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX

RK 24.02.2015

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 29.01.2016

03) LG XXXX vom 27.01.2016 RK 02.02.2016

§ 50 (1) Z 2 WaffG

§ 127 StGB

§ 109 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 26.09.2015

Geldstrafe von 160 Tags zu je 4,00 EUR (640,00 EUR) im NEF 80 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 06.12.2016

04) LG XXXX vom 14.12.2016 RK 20.12.2016

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (1) Z 1 8. Fall, 27

(4) Z 1 SMG

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (1) Z 1 8. Fall, 27

(2) SMG

§§ 127, 129 (1) Z 1 StGB

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall SMG

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG

Datum der (letzten) Tat 14.11.2016

Geldstrafe von 360 Tags zu je 4,00 EUR (1.440,00 EUR) im NEF 180 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe

Junge(r) Erwachsene(r)

Vollzugsdatum 08.06.2018

05) LG XXXX vom 10.04.2018 RK 16.04.2018

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (2) SMG

§§ 27 (1) Z 1 8. Fall, 27 (4) Z 1 SMG

§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG

Datum der (letzten) Tat 31.03.2018

Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Geldstrafe von 300 Tags zu je 4,00 EUR (1.200,00 EUR) im NEF 150 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe.

Es befindet sich kein Verbrechenstatbestand gemäß § 17 StGB darunter.

2. Beweiswürdigung:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid und dem Verwaltungsakt - sowie dem im Akt einliegenden Urteilen und Anklageschriften - und einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFAVG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFAVG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchteil A)

3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Der mit "Aberkennung des Status des Asylberechtigten" betitelte § 7 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"(1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder

3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

(2) In den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Z 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Z 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates.

(2a) Ungeachtet der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.

(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt - wenn auch nicht rechtskräftig - nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.

(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen."

Der mit "Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" betitelte § 6 AsylG 2005 lautet wie folgt:

"(1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn

1. und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;

3. er aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt."

Gemäß § 2 Abs. 3 AsylG ist ein Fremder im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt (Z 1), oder mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 2).

Für den vom Bundesamt bei der Sachverhaltsfeststellung zu Spruchpunkt I. (primär) angenommenen Fall einer Entscheidung gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 müssen wegen der wörtlich gleichen Voraussetzungen die gleichen Maßstäbe gelten, auf die sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in den bisherigen Vorerkenntnissen zu § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG 1997 bezogen haben (vgl. dazu VwGH 01.03.2016, Zl. Ra 2015/18/0247, und insbesondere VwGH 21.09.2015, Zl. Ra 2015/19/0130: "vgl. allgemein zu den Kriterien des Asylausschlussgrundes - zu vergleichbarer Rechtslage - die Erkenntnisse vom 6. Oktober 1999, 99/01/0288, vom 3. Dezember 2002, 99/01/0449 und vom 23.September 2009, 2006/01/0626; zum Begriff des "besonders schweren Verbrechens" im Sinne dieser Bestimmung die bereits zitierten Erkenntnisse vom 3. Dezember 2002 und vom 23. September 2009; sowie zum Tatbestandsmerkmal der "Gefahr für die Gemeinschaft" des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 die zur "Gemeingefährlichkeit" ergangene hg. Judikatur, etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. Jänner 1995, 94/01/0746, vom 10. Oktober 1996, 95/20/0247 sowie vom 27. September 2005, 2003/01/0517").

Nach der Rechtsprechung des VwGH müssen für die Anwendung des § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG 1997 (entspricht § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005) kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Herkunftsstaat verbracht werden darf: Er muss erstens ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür zweitens rechtskräftig verurteilt worden und drittens gemeingefährlich sein, und schließlich müssen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung seine Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen. Es genügt nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwer wiegend erweisen. In gravierenden Fällen schwerer Verbrechen ist bereits ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose zulässig (vgl. zu alldem VwGH 23.9.2009, 2006/01/0626, mwN; VwGH 14.2.2018, Ra 2017/18/0419).

Unter den Begriff des schweren Verbrechens iSd Art. 1 Abschn. F lit. b GFK fallen nach herrschender Lehre nur Straftaten, die in objektiver und subjektiver Hinsicht besonders verwerflich sind und deren Verwerflichkeit in einer Güterabwägung gegenüber den Schutzinteressen der betroffenen Person diese eindeutig überwiegt. Dieser Standpunkt - Berücksichtigung subjektiver Faktoren, wie Milderungsgründe, Schuldausschließungsgründe oder Rechtfertigungsgründe - wird auch in der Rechtsprechung des VwGH vertreten (zB VwGH 06.10.1999, 99/01/0288). Es genügt nicht, dass der Beschwerdeführer ein abstrakt als schwer einzustufendes Delikt verübt hat. Um ein schweres Verbrechen, das zum Ausschluss von der Anerkennung als Asylberechtigter - und im vorliegenden Fall somit zur Aberkennung des Status eines Asylberechtigten - führen kann, handelt es sich typischerweise um Vergewaltigung, Tötung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und schließlich auch Menschenhandel bzw. Schlepperei (vgl. Putzer, Asylrecht2, 2011, Rz 125).

In der Regierungsvorlage zum AsylG 2005, RV 952 BlgNR 22. GP, wird zu § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 erläuternd - wenngleich nur demonstrativ - Folgendes ausgeführt:

"Die Z 3 und 4 des Abs. 1 entsprechen inhaltlich dem bisherigen § 13 Abs. 2 AsylG. Unter den Begriff ,besonders schweres Verbrechen' fallen nach Kälin, Grundriss des Asylverfahrens (1990), S 182 und 228 (ua. mit Hinweis auf den UNHCR) und Rohrböck, (Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (1999) Rz 455, mit weiteren Hinweisen auf die internationale Lehre), nach herrschender Lehre des Völkerrechts nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen (vgl. VwGH 10.06.1999, 99/01/0288). Zu denken wäre aber auch - auf Grund der Gefährlichkeit und Verwerflichkeit - an besondere Formen der Schlepperei, bei der es zu einer erheblichen Gefährdung, nicht unbedeutenden Verletzung oder gar Tötung oder während der es zu erheblichen, mit Folter vergleichbaren Eingriffen in die Rechte der Geschleppten kommt. Die aktuelle Judikatur in Österreich, wie in anderen Mitgliedstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention, verdeutlicht, dass der aus dem Jahre 1951 stammende Begriff des ‚besonders schweren Verbrechens' des Art. 33 Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention einer Anpassung an sich ändernde gesellschaftliche Normenvorstellungen zugänglich ist."

3.2.2. Vorweg ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde in den Feststellungen zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten angeführten 3 Verurteilungen allesamt lt. Strafregisteranfrage, vom BF nicht begangen wurden.

Offensichtlich stammen diese Verurteilungen aus der Mustervorlage. In den Feststellungen zum Privat- und Familienleben bzw. in der Beweiswürdigung wurden aber die richtigen Verurteilungen angeführt.

Aufgrund der bereits erfolgten Ausführungen ist davon auszugehen, dass es sich bei der Begehung sämtlicher Delikte um kein besonders schweres Verbrechen handeln kann.

Verbrechen sind lt. § 17 Abs. 1 StGB vorsätzliche Handlungen, die mit lebenslanger oder mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind.

Alle anderen strafbaren Handlungen sind gemäß § 17 Abs. 2 StGB Vergehen.

Es liegen folgende Verurteilungen (Jugendstraftaten bzw. Junger Erwachsener) hinsichtlich der im Strafregister eingetragenen Verurteilungen zu Pt. 1 bis 4 vor (siehe Seite 10-11).

§ 84 Abs. 1 StGB, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

§50 Abs. 1 Z 2 WaffG, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

§109 Abs. 1 StGB, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen.

§ 129 Abs. 1, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

Zum Urteilszeitpunkt am 14.12.2016, galt bereits die neue Strafdrohung, wobei zwischen einem Einbruch in eine Wohnstätte § 129 Abs. 2 (Strafandrohung bis zu fünf Jahren) und anderen Einbruchsobjekten (§ 129 Abs. 1) unterschieden wird.

Der BF hat in ein Clubheim eines Rodelclubes (keine Wohnstätte)

eingebrochen und dort Getränke im Wert von € 58.-gestohlen, weshalb

§ 129 Abs. 1 einschlägig war.

§ 27 Abs. 4 SMG, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu

bestrafen.

Gemäß § 5 Abs. 4 JGG wird das Höchstmaß der Freistr. auf die Hälfte im Falle des zur Tatbegehung minderjährigen bzw. jungen Erwachsenen BF herabgesetzt.

In al diesen Fällen wurde der BF "nur" zu einer Geldstrafe bzw. im NEF zu einer Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Hinsichtlich der fünften im Strafregister eingetragenen Verurteilung als Erwachsene (siehe Seite 10-11), gemäß § 27 Abs. 4 SMG, ist dieses Delikt ebenfalls mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen, sodass gemäß § 17 Abs. 1 StGB ebenfalls kein Verbrechenstatbestand vorliegt.

Der BF wurde zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten (Probezeit 3 Jahre) verurteilt

Im vorliegenden Fall ist zunächst einmal unumstritten, dass der Beschwerdeführer von einem inländischen Gericht fünf mal rechtskräftig wegen verschiedene Delikte verurteilt wurde. Die vom Beschwerdeführer verübte Delikt sind jedoch weder Verbrechenstatbestände nach § 17 StPO, noch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abstrakt als besonders schwer einzustufen.

Nach dem zuvor zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, Zl. 99/01/0288, genügt es jedoch auch nicht, dass der Antragsteller ein abstrakt als schwer einzustufendes Delikt verübt hat, sondern muss sich die Tat auch im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen.

Mit Blick auf die wiedergegebenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes, der die Aberkennungsbestimmung offenkundig restriktiv auslegt, kann die konkrete Straftat, derentwegen der Beschwerdeführer rechtskräftig verurteilt wurde, dem Grunde nach nicht als "besonders schweres Verbrechen" iSd § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 qualifiziert werden.

Der Argumentation des BF in seiner Beschwerde

"Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass es für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten der Verurteilung wegen eines besonders schweren Verbrechens bedarf.

Der BF habe jedoch keine besonders schwere Straftat begangen, es liege nicht einmal ein Tatbestand vor, welcher von Gesetzt wegen als Verbrechen im Sinne der § 17 STGB zu qualifizieren sei.

Die belangt Behörde stütze ihren Aberkennungsbescheid offensichtlich vor allem auf die Weitergabe einer halben Ecstasy-Tablette sowie, einer geringen Menge an Marihuana an eine Minderjährige (Seite 54 des Bescheides). Der BF hat jedoch eine Straftat nach § 28a SMG (Grenzmenge übersteigend) nie begangen, er sei lediglich nach § 27 Abs. 1, § 27 Abs. 2, § 27 Abs. 4 zu eine bedingten Freistrafe von 6 Monaten verurteilt worden. § 27 Abs. 4 sein nur mit einer Strafdrohung von 3 Jahren bedroht und daher kein Verbrechenstatbestand.."

kann daher nicht begründet entgegengetreten werden.

Es liegen daher schon nicht die ersten beiden Voraussetzungen (siehe Seite 14) vor.

Zur Gefährdungsannahme bzw. Prognoseentscheidung ist folgendes anzuführen:

Das BFA geht davon aus, das hinsichtlich des BF eine negative Zukunftsprognose zu stellen ist, da er wegen Drogenhandels an Minderjährige verurteilt worden sei.

Es liegt keine Verurteilung nach § 28 SMG vor, sondern nur eine nach § 27 SMG.

Jedoch hat das Strafgericht im Urteilszeitpunkt, wie die bedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe zeigt, die Auffassung vertreten, dass die bloße Androhung der Vollziehung der Strafe allein genügen werde, dem BF von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Das Strafgericht hat demnach angenommen, beim BF bestehe angesichts der Androhung der Vollziehung der Strafe keine Wiederholungsgefahr. Das LG XXXX ist daher von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen.

Es liegen keine Umstände vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht von dieser Zukunftsprognose abzugehen hätte.

Hierzu ist zunächst anzumerken, dass der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt wurde, wobei ihm alle 6 Monaten bedingt nachgesehen worden sind. Im Verhältnis zum Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe wurde seiner Schuld damit ein eher geringes Strafausmaß als angemessen angesehen.

Wenn auch das unzweifelhaft hohe öffentliche Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen nicht verkannt wird, ist festzuhalten, dass das vom Beschwerdeführer gesetzte strafrechtswidrige Verhalten - nach der derzeitigen Gesetzeslage - fallgegenständlich nicht alle Kriterien erfüllt, die für eine Aberkennung des Status eines Asylberechtigten erforderlich sind.

Die öffentlichen Interessen an der Rückschiebung überwiegen daher nicht die Interessen des Flüchtlings am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat (Güterabwägung).

Es darf aber ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass bei der Begehung einer neuerlichen Straftat sich diese Umstände ändern können.

Zum Vergleich bietet sich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 03.12.2002 zu Zl. 2001/01/0494 an, worin in der Verurteilung zu zwei Jahren Freiheits- und einer Geldstrafe von ATS 300.000,- wegen Suchtgifthandels kein "besonders schweres Verbrechen" gesehen wurde. Denn - so der VwGH - ohne Hinzutreten besonderer Umstände, aus denen sich ergäbe, dass sich das begangene Delikt bei einer Strafdrohung von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erwiesen hätte, könne - selbst unter Berücksichtigung der im Urteil als erschwerend für die Strafzumessung gewerteten Gewinnsucht als Motiv für die Tatbegehung sowie der mehrfachen Tatbegehung - aus der Verurteilung zu einer bloß zweijährigen Freiheitsstrafe, in deren Höhe die als erschwerend angenommenen Umstände bereits zum Ausdruck gekommen sind, wegen eines "typischer Weise" schweren Deliktes nicht geschlossen werden, dass der Straftat die für ein "besonders schweres Verbrechen" erforderliche außerordentliche Schwere anhafte.

Nichts Anderes trifft auf den Beschwerdeführer zu; er wurde zu einer "nur" bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt.

3.2.3. Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten erweist sich demnach nicht als rechtmäßig, sodass der angefochtene Bescheid insoweit zu beheben ist.

3.3. Auch die Spruchpunkt II. bis VII. des Bescheids des Bundesamts vom 21.02.2019 waren zu beheben, zumal deren Rechtmäßigkeit jeweils die Aberkennung des Status des Asylberechtigten des Beschwerdeführers voraussetzt.

3.4. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der gegenständliche Bescheid aufzuheben war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben (vgl. insb 06.10.1999, 99/01/0288; 03.12.2002, 99/01/0449; 03.12.2002, 2001/01/0494; 23.09.2009, 2006/01/0626). Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aberkennung des Status des Asylberechtigten, Interessenabwägung, non
refoulement, öffentliche Interessen, Resozialisierung,
Rückkehrentscheidung, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W103.1260414.2.00

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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