TE Bvwg Beschluss 2019/6/5 W205 2192478-1

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Veröffentlicht am 05.06.2019
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Entscheidungsdatum

05.06.2019

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W205 2192478-1/3E

W205 2192476-1/2E

W205 2192477-1/2E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SCHNIZER-BLASCHKA nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Islamabad vom XXXX , Zl. XXXX , aufgrund des Vorlageantrages von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX und 3.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Afghanistan, über die Beschwerde gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft Islamabad vom XXXX , Zl. XXXX , beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerden werden die bekämpften Bescheide und

die Beschwerdevorentscheidungen behoben und die jeweilige Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Botschaft Islamabad zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Die Erstbeschwerdeführerin ist ihren Angaben zufolge die Mutter und gesetzliche Vertreterin der übrigen Beschwerdeführer. Sie stellten am 31.03.2016 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (künftig: ÖB) jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG 2005.

2. Der Bezugsperson, dem als Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater der übrigen Beschwerdeführer bezeichneten M XXXX , geb. XXXX , künftig: "M", StA. Afghanistan, wurde mit Bescheid des Bundesasylamts vom 14.10.2004 gem. §°8°iVm §°15°ASylG 1997 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine einjährig befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Diese wurde auf jeweils fristgerechten Antrag verlängert.

3. Nach Weiterleitung der Anträge auf Einreiseerlaubnis an das BFA teilte dieses der ÖB mit Schreiben vom 02.06.2017 gem. § 35 Abs. 4 AsylG mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da Zweifel an der Echtheit der angeblichen Heiratsurkunde und Zweifel an der Minderjährigkeit der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers bestehen würden.

In der angeschlossenen Stellungnahme wird vom BFA hierzu näher ausgeführt, dass gemäß der angeblichen Heiratsurkunde zum Zeitpunkt der Heirat ein Zeuge noch nicht geboren gewesen sei. Betreffend die Zweitbeschwerdeführerin und den Drittbeschwerdeführer würden Zweifel an der behaupteten Minderjährigkeit bestehen, da sich aus dem Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass die genannten Beschwerdeführer zum Einbringungsdatum des Antrages bei der ÖB das 18. Lebensjahr bereits vollendet hätten.

4. Die ÖB räumte den Parteien mit Schreiben vom 06.06.2017, zugestellt am 25.08.2017, die Möglichkeit zur Stellungnahme zur Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ein.

Mit Stellungnahme der Parteien vom 07.09.2017 wurde ausgeführt, dass die Ehegatten bereits seit dem Jahr 1988 verheiratet seien und aus der Ehe zwei Kinder entstammen würden, die ebenfalls einen Antrag auf Familienzusammenführung gestellt hätten. Zum Beweis der bestehenden Ehe sei eine Urkunde über die Nachregistrierung der Ehe vom 12.09.2015 vorgelegt worden, welcher zu entnehmen sei, dass die Hochzeit bereits im Jahr 1988 stattgefunden habe. Weiters sei für die Beschwerdeführer jeweils eine Tazkira einschließlich Übersetzung vorgelegt worden. Die Bezugsperson habe bereits in seinem eigenen Asylverfahren stets seine Ehegattin und die Kinder als Familienangehörige angegeben und entsprechende gleichbleibende Angaben zum Alter gemacht. Dem BFA sei insofern zuzustimmen, als auf der Registrierung der Heiratsurkunde zu entnehmen sei, dass die Ehe im Jahr 1988 geschlossen und einer der Zeugen im Jahr 1994 geboren worden sei. Hierbei handle es sich jedoch um ein Versehen der afghanischen Behörden. Dem Ehevertrag aus dem Jahr 1988, welcher der Registrierung der Ehe im Jahr 2015 zu Grunde gelegt worden sei, sei dieser Fehler nicht zu entnehmen. Auch die Beschwerdeführer sowie die Bezugsperson hätten den Fehler bis dato nicht bemerkt und nicht unmittelbar nach der Ausstellung reklamiert, würden sich jedoch sogleich um entsprechende Behördenwege bemühen.

Konkrete Zweifel an der Vaterschaft der Bezugsperson zu der Zweitbeschwerdeführerin und zu dem Drittbeschwerdeführer habe das BFA nicht geäußert. Die Existenz der gemeinsamen Kinder stelle in der gegenständlichen Konstellation durchaus einen tauglichen Beweis für das Vorliegen einer Ehe im Herkunftsstaat und vor der Ausreise der Bezugsperson dar.

Bezüglich der in Zweifel gezogenen Minderjährigkeit der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers habe die Bezugsperson diese bereits bei seiner Einreise nach Österreich im Jahr 2003 als seine Kinder angegeben und auch das Alter korrekt benannt. Diese Angaben würden mit den Angaben im gegenständlichen Verfahren weitestgehend übereinstimmen. Hinsichtlich der Kinder werde dennoch durch das BFA deren Minderjährigkeit im Antragszeitpunkt aufgrund einer "Äußerung der ÖB" in Zweifel gezogen. Diese undokumentierte und nicht näher konkretisierte Äußerung stelle jedenfalls kein Gutachten dar, welches derartige Zweifel hinreichend begründen könnte.

5. Mit Schreiben vom 11.09.2017 teilte die ÖB mit, dass weiterhin an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde, insbesondere auch im Lichte des Art. 8 EMRK. Mit der Stellungnahme vom 11.01.2018 wurde abermals ausgeführt, dass Zweifel an der Echtheit der angeblichen Heiratsurkunde und Zweifel an der behaupteten Minderjährigkeit von Erst- und Zweitbeschwerdeführer bestehen würden.

6. Mit den angefochtenen Bescheiden verweigerte die ÖB den Beschwerdeführern jeweils die Erteilung eines Einreisetitels gem. §26 FPG iVm § 35 AsylG mit der Begründung, das BFA habe nach Prüfung mitgeteilt, dass in dem dem Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels zugrunde liegenden Fall die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, und verwies - unter Wiedergabe der Argumente des BFA - auf die negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA.

7. Gegen diese Bescheide richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom 15.02.2018. In dieser wird ausgeführt, dass bereits in der Stellungnahme darauf hingewiesen worden sei, dass die Ehegatten bereits seit dem Jahr 1988 verheiratet seien und aus der Ehe zwei Kinder stammen würden. Zum Beweis der bestehenden Ehe sei eine Urkunde über die Nachregistrierung der Ehe vom 12.09.2015 vorgelegt worden, welcher zu entnehmen sei, dass die Hochzeit bereits im Jahr 1988 stattgefunden habe. Weiters sei für die Beschwerdeführer jeweils eine Tazkira einschließlich Übersetzung vorgelegt worden. Zur Feststellung, ob eine aufrechte Ehe bestehe, sei nicht bloß die Heiratsurkunde, sondern alle verfügbaren Beweismittel heranzuziehen. Die Familie wäre dazu bereit, einen DNA-Test durchzuführen, um die Elternschaft zu den beiden Kindern zu beweisen, was Schlüsse auf die bereits in Afghanistan vor der Ausreise der Bezugsperson geschlossene Ehe zuließe, da aufgrund der gesellschaftlichen Verhältnisse eine uneheliche Beziehung mit gemeinsamen Kindern undenkbar wäre. Diesbezüglich sei um eine Belehrung iSd § 13 Abs. 4 BFA-VG ersucht worden. Hinsichtlich der Minderjährigkeit der Kinder sei ausgeführt worden, dass die bloße Angabe, dass diese aufgrund einer "Äußerung der ÖB" in Zweifel gezogen werden würde, für sich genommen keine taugliche Basis für eine Abweisung des Antrags aus diesem Grund darstelle. Aufgrund der Angaben der Bezugsperson im eigenen Asylverfahren genüge diese undokumentierte und nicht näher konkretisierte Äußerung nicht den Ansprüchen an ein Gutachten iSd Judikatur. Hinsichtlich des Vorwurfs der Fälschung werde angeführt, dass nach der Judikatur des VwGH ein bloß abstrakter Verdacht ohne konkrete individuelle Hinweise nicht dazu geeignet sei, um den vorgelegten Dokumenten den Beweiswert abzusprechen. Jedenfalls wären weitere Beweismittel, etwa eine Einvernahme der Familienmitglieder, zur Ergänzung zweckdienlich. Weiters sei auch eine Ehebestätigung vorgelegt worden. Die afghanische Heiratsurkunde leide unter einem Formgebrechen, da darin ein untauglicher Zeuge genannt worden seier sei im Zeitpunkt der Eheschließung noch nicht geboren gewesen. Aufgrund dessen sei bereits im Schreiben vom 07.09.2017 der Heiratsvertrag aus dem Jahr 1988 vorgelegt worden, dem dieser Fehler nicht zu entnehmen sei. Da es nach den aktenkundigen Länderberichten faktisch nicht möglich sei, in Afghanistan in einer unehelichen Lebensgemeinschaft zu leben und gemeinsam Kinder zu haben, sei allein der Umstand der gemeinsamen Elternschaft ein überzeugendes Indiz für das Vorliegen einer Ehe. Hinzu trete im konkreten Fall, dass beide Kinder in Ghazni und jedenfalls bereits vor Ausreise der Bezugsperson geboren worden seien. Somit sei auch das Bestehen der Familieneigenschaft vor der Ausreise der Bezugsperson unzweifelhaft. Dass die Ehe erst später, im Jahr 2015 für das gegenständliche Verfahren behördlich registriert worden sei (und dabei offenbar ein geringfügiger Fehler unterlaufen sei), tue der Gültigkeit der 1988 geschlossenen Ehe keinen Abbruch. Unter Verweis auf ein Erkenntnis des VwGH aus 2010 wurde festgehalten, dass das Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Beziehungen beschränkt sei, sondern auch faktische Bindungen umfasse.

Zur Minderjährigkeit der Zweit- und Drittbeschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung sei auszuführen, dass die bisher vom BFA geltend gemachten Gründen, aus denen die Volljährigkeit angezweifelt werde, nämlich die undokumentierte und nicht näher konkretisierte "Äußerung der ÖB", keine hinreichende Grundlage für ein Negieren der Minderjährigkeit im Antragszeitpunkt darstelle. Insbesondere erfülle dies nicht die gesetzlichen Anforderungen an ein Gutachten und sei somit nicht geeignet, die Volljährigkeit als Faktum für das gegenständliche Verfahren heranzuziehen. Weiters sei auch nicht näher ausgeführt worden, aus welchen Gründen die Dokumente nicht echt sein sollen. Ein allgemeiner Verdacht genüge nach der Judikatur des VwGH nicht, um den vorgelegten Urkunden generell den Beweiswert abzusprechen.

8. Mit Schreiben vom 26.02.2018 wurden die Beschwerdeführer von der ÖB aufgefordert, die vorgelegten Unterlagen einer Übersetzung zu unterziehen. Die Übersetzungen wurden der ÖB am 05.03.2018 zugesandt.

9. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22.03.2018, zugestellt am selben Tag, wies die ÖB die Beschwerden gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden im Ausland bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des BFA hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführer einen Antrag nach §°35°Abs.°1 AsylG 2005 gestellt hätten und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA ergangen sei. Auch sei die Stellungnahme der Beschwerdeführer ordnungsgemäß dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung vorgelegt und erst in der Folge bescheidmäßig abgesprochen worden. Als alleintragender Grund für die Abweisung des von den Beschwerdeführern gestellten Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels gem.°§35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführer auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.

Wie der VwGH im Erkenntnis vom 22.11.2017, Ra 2017/19/0218, ausgeführt habe, sei der Anwendungsbereich von § 35 AsylG in jenen Fällen nicht eröffnet, in denen die Voraussetzungen des § 35 Abs. 5 AsylG, wonach (u.a. etwa) im Fall von Ehegatten nur dann die Eigenschaft als Familienangehöriger im Sinne des § 35 AsylG gegeben sei, wenn die Ehe bereits im Herkunftsstaat [nunmehr vor der Einreise] bestanden habe, fehle. Sei dies der Fall, bestehe allerdings die Möglichkeit der Familienzusammenführung nach anderen Bestimmungen. Gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 lit. c NAG 2005 sei Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles (des NAG 2005) erfüllten, ein Quotenplatz vorhanden sei, der Zusammenführende Asylberechtigter sei und § 34 Abs. 2 AsylG nicht gelte. Dabei habe der Gesetzgeber auch Vorkehrungen getroffen, um selbst im Fall des Fehlens von Voraussetzungen, die an sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gegeben sein müssen, eine Verletzung von aus Art. 8 EMRK herrührenden Rechten hintanzuhalten (vgl. insb. § 11 Abs. 3 und 3 46 Abs. 2 NAG 2005).

Soweit in der Stellungnahme vom 07.09.2017 mit einer "dauerhaften eheähnlichen Gemeinschaft" argumentiert werde, so sei eben darauf zu verweisen, dass sich - im Sinne von VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0218 - eine Familienzusammenführung durch Inanspruchnahme des § 35 AsylG als nicht möglich erweise, und vom Antragsteller - wie bereits erwähnt- ein anderer Weg im Rahmen weiterer Vorschriften zu beschreiten sei, um die Familienzusammenführung zu erreichen.

Ganz allgemein sei auch auf das Spezifikum des vorliegenden Falles zu verweisen, dass die Bezugsperson bereits am 26.10.2003 (!) ins österreichische Bundesgebiet eingereist sei und am 14.10.2004 (!) der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, der Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels aber erst am 31.03.2016 (!) gestellt worden sei. Damit sei daran zu erinnern, dass der Wegfall eines bestehenden Familienlebens im Sinn von Art. 8 EMRK, eine Erstreckung von Asyl [oder subsidiären Schutz] auch auf "Kinder" jedenfalls ausschließe (vgl. VwGH Ra 2017/19/0218 mit Verweis auf VwGH 2001/01/0429). Angesichts der zeitlichen Dimension von über 10 Jahren könne auch keine Rede davon sein, dass eine Fallkonstellation wie im Urteil des EGMR vom 10.07.2014, Tanda-Muzinga, 2260/10 (NLMR 4/2014, S. 1ff), hier vorliege. Der EGMR nehme in diesem Urteil darauf Bezug, dass das Familienleben des dortigen Beschwerdeführers nur aufgrund seiner Flucht unterbrochen worden sei, die aus begründeter Furcht vor Verfolgung im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention erfolgt sei, weshalb ihm die Trennung von seiner Familie nicht habe vorgeworfen werden können (im Fall Tanda- Muzinga habe der damalige Beschwerdeführer für seine Frau und Kinder kurz nach der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft um Familienzusammenführung angesucht).

10. Am 23.03.2018 wurde bei der ÖB ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

11. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 12.04.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 16.04.2018, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der ledigen Zweitbeschwerdeführerin und des ledigen Drittbeschwerdeführers. Alle Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Afghanistan. Sie stellten am 31.03.2016 bei der Österreichischen Botschaft Islamabad Anträge auf Erteilung von Visa zur Einreise nach Österreich gemäß § 35 AsylG 2005, um das Familienleben mit ihrer als Ehegatten bzw. Vater bezeichneten Bezugsperson M in Österreich fortzusetzen.

Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesasylamts vom 14.10.2004 gem. §°8°iVm §°15°AsylG 1997 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine einjährig befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Diese wurde auf jeweils fristgerechten Antrag verlängert.

Aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnisse kann nicht festgestellt werden, ob Zweitbeschwerdeführerin und Drittbeschwerdeführer zum Antragszeitpunkt minderjährig waren und ob zwischen Erstbeschwerdeführerin und Bezugsperson eine gültige Ehe vorliegt, die vor Einreise der Bezugsperson geschlossen wurde.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführer im Zusammenhalt mit den von ihnen vorgelegten Urkunden und dem Akt der Österreichischen Botschaft Islamabad, die Negativfeststellung aus dem Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

1. Rechtslage:

Zunächst ist zu den maßgeblichen Bestimmungen für die Entscheidung über den gegenständlichen Einreiseantrag festzuhalten, dass gemäß § 75 Abs. 24 (dritter bis fünfter Satz) AsylG 2005 die §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden sind. Auf Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde.

Im gegenständlichen Fall stellten die Beschwerdeführer ihren Einreiseantrag nach § 35 AsylG 2005 am 31.03.2016. Das Verfahren über diesen Antrag war somit bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig, sodass im Beschwerdefall § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 anzuwenden ist.

Mit dem FrÄG 2017 (BGBl. I Nr. 145/2017) entfiel vor dem Hintergrund der Bestimmungen der Richtlinie 2011/95/EU - "StatusRL" (vgl. EBzRV 1523 der Beilagen XXV. GP) mit Inkrafttretensdatum 01.11.2017 ohne Übergangsbestimmung (vgl. § 73 Abs. 18 AsylG 2005) unter anderem in § 34 Abs. 2 und Abs. 3 AsylG 2005 jeweils die Z. 2, in § 35 Abs. 5 leg.cit. wurden die Wendungen "im Herkunftsstaat" jeweils durch die Wortfolge "vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten" ersetzt, mit dem FrÄG 2018 (BGBl. I Nr. 56/2018) erfolgte ua mit Inkrafttretensdatum 01.09.2018 ohne Übergangsbestimmungen (vgl. § 73 Abs. 20 AsylG 2005) eine Neufassung des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 und Adaptierung in § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Bei verständiger Interpretation der genannten Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen sind im Beschwerdefall daher § 35 Abs. 1 bis 4 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 in der durch das FrÄG 2018 modifizierten Fassung, die übrigen Bestimmungen in der nach dem FrÄG 2018 geltenden Fassung anzuwenden.

2. Der mit "Begriffsbestimmungen" übertitelte § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

-[....]

22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat;"

Der mit "Familienverfahren im Inland" übertitelte § 34 AsylG 2005 idgF lautet:

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

----------

-1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

-2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

-3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

----------

-

-1. dieser nicht straffällig geworden ist und

-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

-3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

----------

-1. dieser nicht straffällig geworden ist;

-(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

-3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

-4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

----------

-1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

-auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der

2. Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

-3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

(§ 34 Abs. 3 lautete in seiner Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 145/2017 - FrÄG 2017 wie folgt:

"(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

----------

1.-dieser nicht straffällig geworden ist;

2.-die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

3.-gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4.-dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.)"

§ 35 AsylG 2005 in der anzuwendenden Fassung lautet:

"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1.

gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und

2.

das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[...]

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

[...]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[....]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26. Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Familienangehörigen gemäß § 35 Abs. 5 AsylG 2005 ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten:

"Form der Eheschließung

§ 16 (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6 Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden."

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet:

"§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."

3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung, und es kommt ihr diesbezüglich keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034; VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem abschließenden Ergebnis, weil die Prognose des BFA nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes im Ergebnis auf einem nicht ausreichenden Ermittlungsergebnis basiert:

Betreffend die Zweitbeschwerdeführerin und den Drittbeschwerdeführer begründet das BFA seine negative Wahrscheinlichkeitsprognose vom 02.06.2017 damit, dass sich derart gravierende Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten und relevanten Familienverhältnisses ergeben hätten, weil sich aus dem Ermittlungsverfahren ergebe habe, dass die Zweit- und der Drittbeschwerdeführer zum Einbringungsdatum des Antrages bei der ÖB das 18. Lebensjahr bereits vollendet hätten und es sich demnach zum prüfungsrelevanten Zeitpunkt nicht mehr um minderjährige Personen gehandelt habe bzw. Zweifel an der behaupteten Minderjährigkeit bestehe.

Bereits in der Stellungnahme vom 07.09.2017 führten die Beschwerdeführer aus, dass das BFA deren Minderjährigkeit im Antragszeitpunkt trotz vorgelegter Dokumente (bloß) aufgrund einer "Äußerung der ÖB" in Zweifel gezogen habe. Zutreffend wiesen die Beschwerdeführer darauf hin, dass diese undokumentierte und nicht näher konkretisierte Äußerung jedenfalls kein Gutachten darstelle, welches derartige Zweifel hinreichend begründen könnte. Es sei nicht nachvollziehbar, wer diese Äußerung getätigt habe und welchen Inhalt sie gehabt habe, über welche Qualifikation die Person verfüge und anhand welcher Anhaltspunkte die Dokumente als gefälscht erachtet werden würden und somit das angegebene Geburtsdatum nicht glaubhaft wäre.

Aus dem vorliegenden Akt ist ersichtlich, dass die ÖB diese Stellungnahme der Beschwerdeführer dem BFA übermittelt hat, damit sich dieses inhaltlich und nachvollziehbar noch einmal mit der zuvor ergangenen Prognoseentscheidung auseinandersetzen könne. Stattdessen wurde die ursprüngliche Wahrscheinlichkeitsprognose allerdings ohne weitere Ermittlungen und ohne nachvollziehbare weitere Begründung wiederholt und in der Folge dem nunmehr angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat z.B. in seiner Entscheidung vom 28.01.2016, Zl. Ra 2015/21/0230 bis 0231, unter anderem ausgeführt, dass bei der Definition der Eigenschaft als "Familienangehöriger" bei minderjährigen Kindern ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen sei und insofern durch die Bestimmung des § 35 Abs. 5 AsylG eine Perpetuierung angeordnet werde, sodass dem Eintritt der Volljährigkeit bis zum Entscheidungszeitpunkt keine Bedeutung mehr zukommen könne.

Die beglaubigte Übersetzung des Reisepasses der Zweitbeschwerdeführerin bescheinigt den 08.07.1998 als ihr Geburtsdatum, die beglaubigte Übersetzung der Geburtsurkunde des Drittbeschwerdeführers nennt 1999 als sein Geburtsjahr. Somit wären die genannten Beschwerdeführer - so sich das dort jeweils angeführte Geburtsdatum als zutreffend erweisen sollte - zum Zeitpunkt der Antragstellung am 31.03.2016 minderjährig gewesen und somit als Familienangehörige iSd § 35 Abs. 5 AsylG anzusehen.

Das BFA vertritt, ohne dies näher zu begründen, im Ergebnis die Meinung, dass die von Zweit- und Drittbeschwerdeführer vorgelegten Urkunden nicht geeignet seien, die behauptete Minderjährigkeit zu bestätigen. Für einen solchen Fall ordnet § 13 Abs. 3 BFA-VG für das vom BFA zu führende Verfahren allerdings folgende Vorgangsweise an:

"(3) Gelingt es dem Fremden nicht, eine behauptete und auf Grund der bisher vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zweifelhafte Minderjährigkeit, auf die er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, kann das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose (§ 2 Abs. 1 Z 25 AsylG 2005) auch die Vornahme radiologischer Untersuchungen, insbesondere Röntgenuntersuchungen, anordnen. Jede Untersuchungsmethode hat mit dem geringst möglichen Eingriff zu erfolgen. Die Mitwirkung des Fremden an einer radiologischen Untersuchung ist nicht mit Zwangsmittel durchsetzbar. Bestehen nach der Altersdiagnose weiterhin begründete Zweifel, so ist zu Gunsten des Fremden von seiner Minderjährigkeit auszugehen."

Dementsprechend ist in einem Fall wie dem vorliegenden eine geeignete Untersuchung in Form einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose vorzunehmen, was im Beschwerdefall allerdings unterlassen wurde. Sollten sich nach Durchführung einer nachzuholenden adäquaten Untersuchung nach wie vor begründete Zweifel an der Minderjährigkeit der betroffenen Beschwerdeführer zum Antragszeitpunkt ergeben, wäre zu ihren Gunsten von ihrer Minderjährigkeit auszugehen, was unmittelbar entscheidungsrelevant für die Erteilung des von Zweitbeschwerdeführerin und Drittbeschwerdeführer begehrten Einreisetitels wäre.

Bezüglich der Erstbeschwerdeführerin ging das BFA im Ergebnis davon aus, dass eine gültige Eheschließung mit der Bezugsperson nicht erwiesen sei. Diese Beurteilung kann ohne weitere Ermittlungen nicht geteilt werden: Zunächst ist der Beschwerdeführerin Gelegenheit zu geben, den Widerspruch zwischen der englischen Übersetzung der Heiratsurkunde, welche die Beschwerdeführerin bei ihrer Antragstellung vorgelegt hat und in welcher das Geburtsdatum eines Zeugen mit 1994 angegeben ist, und der beglaubigten deutschen Übersetzung der Heiratsurkunde, die sie am 15.02.2018 vorlegte und in der der Zeuge nicht mehr mit Daten genannt wird, aufzuklären bzw. die Gültigkeit ihrer behaupteten Eheschließung mit der Bezugsperson unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zur nachträglichen staatlichen Registrierung traditionell geschlossener Ehen (z.B. VwGH 6.9.2018, Ra 2018/18/0094; 04.10.2018, Ra 2018/18/0149) unter Einbeziehung sämtlicher Beweisergebnisse zu prüfen.

Sollten die nachzuholenden Ermittlungen des BFA zum Alter der Kinder der Erstbeschwerdeführerin deren Minderjährigkeit bei der Antragstellung und somit deren Familienangehörigeneigenschaft ergeben, so wäre - auch für den Fall, dass die wirksame Eheschließung zwischen Erstbeschwerdeführerin und Bezugsperson vor dessen Einreise nicht festgestellt werden sollte - vom BFA noch zu prüfen, ob Art. 8 EMRK im Fall der Visaerteilung an die Kinder es gebieten würde, allenfalls auch der Erstbeschwerdeführerin das beantragte Visum zu erteilen (s. hierzu die bisher nicht näher differenzierte Judikatur der Höchstgerichte, z.B. VfGH 06.06.2014, B 369/2013; 23.11.2015, E 1510- 1511/2015; VwGH 30.06.2016, Ra 2015/21/0068, VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002).

Soweit in der Beschwerdevorentscheidung der Sache nach alternativ ergänzend argumentiert wird, im Beschwerdefall sei angesichts der langen Trennung der Betroffenen das bestehende Familienleben weggefallen, was eine "Erstreckung von Asyl [oder subsidiären Schutz] auch auf "Kinder" jedenfalls ausschließe (vgl. VwGH Ra 2017/19/0218 mit Verweis auf VwGH 2001/01/0429)", so wird darauf hingewiesen, dass die zitierte Rechtsprechung zur Rechtslage vor dem FrÄG 2017 erging und daher auf den Beschwerdefall nicht übertragbar ist: Wie aus den oben wiedergegebenen Bestimmungen hervorgeht, besteht nämlich die nach der alten Rechtslage (kumulativ) geforderte Voraussetzung, dass die "Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, in einem anderen Staat nicht möglich ist", nämlich nicht mehr, die Ziffer 2 des § 34 Abs. 3 (und Abs. 2) AsylG 2005, sind durch das FrÄG 2017 in der Zwischenzeit weggefallen. Davon abgesehen entsteht nach ständiger Rechtsprechung des EGMR ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt (vgl. EGMR 21.6.1988, Fall Berrehab, Appl. 10730/84 [Z 21]; 26.5.1994, Fall Keegan, Appl. 16969/90 [Z 44]). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (EGMR 19.2.1996, Fall Gül, Appl. 23218/94 [Z 32]). Im Beschwerdefall war die Bezugsperson jedoch aufgrund der fluchtauslösenden Ereignisse gezwungen, die Familie in Afghanistan zurückzulassen, sodass keinesfalls davon gesprochen werden kann, dass jede Verbindung gelöst wurde (EGMR, Fall Boughanemi, Z 35). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Betroffenen erst nach längerer Zeit des Aufenthaltes in Österreich um die Familienzusammenführung bemüht haben.

Es waren daher die angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und der ÖB Islamabad die Erlassung eines jeweils neuen Bescheides aufzutragen. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Altersfeststellung, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Minderjährigkeit, Untersuchung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W205.2192478.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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