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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §93 Abs3 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde des R in M, vertreten durch Dr. Michael Zsizsik, Rechtsanwalt in Bruck a. d. Mur, Koloman-Wallisch-Platz 23, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. März 1998, GZ. GA 10 - 1061/1/97, betreffend Einleitung eines Finananzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Im Bericht über das Ergebnis einer Buch- und Betriebsprüfung bei der A-GmbH vom 11. Dezember 1995 findet sich unter Tz 20 zur Umsatzsteuer folgende Feststellung:
"Schätzung Ust 1992/1993 und 1993/1994
Die Ust 1992/1993 wurde anhand der vorläufigen Bilanz
geschätzt.
Die Ust 1993/1994 wurde anhand der vorliegenden UVA's geschätzt, bzw. waren einige Erlöse bzw. Gutschriften nicht erfaßt (Gutschrift Panoramavideo - netto 1.250.890,-; Forderung Klemmen - netto 301.095,55; Forderung Pachtzins zum 30.4.1994 - netto 926.400,-); die Vorsteuern bzw. die Vorsteuerberichtigung aufgrund der Konkurseröffnung ergab sich aufgrund der abgegebenen UVA's."
Weiters ist im Betriebsprüfungsbericht zur Gewinnermittlung unter Tz 23 folgendes zu lesen:
" Verdeckte Ausschüttung
Das im Jahre 1990 angeschaffte Pistengerät stellt lt. Fa. K einen Zeitwert von 500.000,- dar. Das Pistengerät wurde von der GesmbH um 1,500.000,- von Hrn. E jun. und Hrn. R Ernst gekauft. Der überhöhte Kaufpreis stellt eine verdeckte Ausschüttung im Ausmaß von 1.000.000,- an die Verkäufer dar. Die verdeckte Ausschüttung wird analog der Nutzungsdauer von 4 Jahren (also jährlich 250.000,- je zur Hälfte) zugerechnet. Die verdeckte Ausschüttung erstreckt sich auf die Wj. 1990 - 1993."
Mit Bescheid vom 15. Oktober 1997 leitete das Finanzamt gegen den Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG das Finanzstrafverfahren ein. Es bestehe der Verdacht, daß er als verantwortlicher Geschäftsführer der A-GmbH "a) vorsätzlich für den Zeitraum 5/92-2/94 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetz 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in Höhe von S 309.532,-- bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten habe; b) vorsätzlich eine abgabenrechtliche Offenlegungs- und Wahrheitspflicht infolge Abgabe unrichtiger Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 1990-1992 verletzt und dadurch Abgabenverkürzungen an Kapitalertragsteuer (gemeint wohl: Körperschaftsteuer) für 1990-1992 in Höhe von S 187.500,-- bewirkt; c) vorsätzlich Kapitalertragsteuer für 1993 in Höhe von S 62.500,-- nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet" und hiemit Finanzvergehen nach § 33 (2) lit. a, § 33 (1) und § 49 (1) lit. a FinStrG begangen habe.
Zur Begründung wird im erstinstanzlichen Bescheid ausgeführt, der Verdacht der angeschuldigten Finanzvergehen sei durch die mit Bericht vom 11. Dezember 1995 abgeschlossene Betriebsprüfung und die am 27. Februar 1996 gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten finanzstrafrechtlichen Vorerhebungen begründet. Als Geschäftsführer der A-GmbH sei der Beschwerdeführer für die ordnungsgemäße Versteuerung von Erlösen bzw. Gutschriften (Tz 20; Panoramakamera) verantwortlich. Weiters sei er als Bürgermeister über den Preis des Pistengerätes informiert gewesen, sodaß er die Abgabenverkürzungen, die aufgrund der "verdeckten Ausschüttungen an die Gesellschafter durch den überhöhten Kaufpreis für das Pistengerät entstanden sind, zu verantworten haben wird". Gemäß § 116 FinStrG werde der Beschwerdeführer aufgefordert, sich zu rechtfertigen und außerdem verschiedene persönliche Daten bekanntzugeben.
Gegen den Einleitungsbescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 31. Oktober 1997 eine Administrativbeschwerde. Er habe gegen den dem Finanzstrafverfahren zugrundeliegenden Prüfungsbericht nie Einspruch erheben können, weil infolge des gleichzeitig laufenden Insolvenzverfahrens die Prüfungsfeststellungen ohne Wahrung des Parteiengehörs und ohne Verständigung des Geschäftsführers vom Masseverwalter kritiklos zur Kenntnis genommen worden seien. Als Geschäftsführer der nunmehr insolventen A-GmbH habe der Beschwerdeführer seit der Firmengründung im Spätherbst 1988 bis zu seinem Herzinfarkt im Februar 1992 deren Geschicke im Bereich der Betriebsleitung gelenkt. Seit dem Frühjahr 1989 seien sämtliche buchhalterischen Arbeiten von der steuerlichen Vertretung wahrgenommen worden. Diese habe nicht nur eine Vollmacht als Steuerberater gehabt, sondern sei auch angehalten gewesen, die laufenden monatlichen "Erledigungen nach bestem Wissen und Gewissen für unser Unternehmen durchzuführen". Wenn im Prüfungsbericht von einer Kürzung der Umsatzsteuervorauszahlung, von einer unrichtigen Körperschaftsteuererklärung, sowie von einer nicht zeitgerecht entrichteten Kapitalertragsteuer die Rede sei, sei eindeutig zum Ausdruck zu bringen, daß es sich hierbei keinesfalls um eine vorsätzliche Tat handle. Der Beschwerdeführer sei vielmehr der Auffassung, daß die Prüfungsfeststellung unrichtig sei. "Zu Tz 20" seien umfangreiche Gespräche hinsichtlich Förderungen, Kostenübernahmen, anerkannte Vorleistungen, Bestandzinsvereinbarungen etc. getätigt worden. Die in zehn Verhandlungen vereinbarten Entschädigungen seien weitgehend uneinbringlich. Die in diesem Zusammenhang gestellten Rechnungen wären "aufgrund keiner Zahlung" wieder zu berichtigen gewesen. Im wesentlichen gehe es dabei um anerkannte Vorleistungen (Panoramakamera, Sesselklemmen, Grundverträge) sowie um laufende Bestandzinse und abzugrenzende Betriebskosten. "Zu Tz 23" handle es sich um keine verdeckte Ausschüttung. Bekanntlich sei das gesamte ehemalige gemeindeeigene Liftunternehmen mit Sanierungs- und Fortführungsauflagen um einen Gesamtpreis von S 150.000,-- an die A-GmbH bzw. die Gesellschafter R u. E jun. verkauft worden. Aufgrund der steuerlichen Bindungsfristen sei das gegenständliche Pistengerät erst im nächsten Kalenderjahr von der Gemeinde an die Gesellschafter übergeben worden. Eine formelle Ausgangsrechnung sei erstellt worden, welche in keiner Art und Weise den Wert dieses Gerätes repräsentiere. Vielmehr sei dieses erst geringfügig im Einsatz gewesene Gerät von der Firma P auf S 1,3 Mio. geschätzt worden (Schätzungsgutachten liege bei). Der ermittelte Zeitwert durch die Firma K berücksichtige keinesfalls die kurzen Einsatzstunden aufgrund zweier extrem schneearmer Winter.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Administrativbeschwerde als unbegründet ab. Nach Zitierung der §§ 33 Abs. 2 lit. a und 33 Abs. 1 FinStrG sowie § 8 Abs. 1 FinStrG wird dazu in der Begründung festgehalten, im Zuge einer Buch- und Betriebsprüfung bei der A-GmbH für den Zeitraum 1990-1994 sei u.a. festgestellt worden, daß für den Zeitraum 5/92 bis 2/94 die Umsatzsteuervorauszahlungen nicht ordnungsgemäß entrichtet bzw. bekanntgegeben worden seien, "daß Gutschriften (z.B. Panoramavideo netto S 1,250.890,--) nicht erfaßt waren (Tz 20 des Bp-Berichtes), daß ein Pistengerät um einen überhöhten Kaufpreis angeschafft worden ist (verdeckte Ausschüttung, Tz 23 d. Bp-Berichtes) und daß die letzte abgeschlossene Bilanz vom 30. April 1992 stammte und die laufende Buchhaltung nur bis Stichtag 31. Juli 1993 aufgebucht war (Tz 18)". Für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens genüge es, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorlägen, die die Annahme rechtfertigten, daß er als Täter eines Finanzvergehens in Betracht komme. Unbestritten sei, daß der Beschwerdeführer seit November 1988 im Firmenbuch als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der A-GmbH eingetragen und deren Abgabengebarung nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend durchgeführt worden sei. Wenn in der Begründung der Administrativbeschwerde im wesentlichen nur behauptet werde, daß die Prüfungsfeststellungen unrichtig seien, die bevollmächtigte Wirtschaftstreuhandkanzlei angehalten gewesen sei, die laufenden monatlichen Erledigungen für das Unternehmen durchzuführen und es sich bei den angeführten Verkürzungen keinesfalls um vorsätzliche Taten handle, so sei dem entgegenzuhalten, daß die Beantwortung der damit zusammenhängenden Fragen dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 115 ff FinStrG vorbehalten sei. Das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, den Verdacht der ihm angelasteten Vergehen "gleich zu entkräften". Auf die Verantwortung des Beschwerdeführers werde im eingeleiteten Finanzstrafverfahren weiter einzugehen sein. Nach Überprüfung "des Sachverhaltes anhand der Aktenlage unter Berücksichtigung der Feststellungen der Betriebsprüfung, des Erhebungsergebnisses der Finanzstrafbehörde erster Instanz und den von ihr daraus gezogenen Schlußfolgerungen" sei die belangte Behörde zu der Ansicht gelangt, daß der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung, für die korrekte und termingerechte Abgabengebarung Sorge zu tragen, nicht nachgekommen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Da die Einleitung eines Strafverfahrens wegen vorsätzlicher Finanzvergehen nach dem Finanzstrafgesetz in Bescheidform zu ergehen hat, gelten gemäß § 56 Abs. 2 FinStrG für Inhalt und Form die Vorschriften der Bundesabgabenordnung über Inhalt und Form von Bescheiden (§ 93 BAO). Im Spruch der Einleitungsverfügung muß das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Finanzvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen umschrieben werden; die einzelnen Fakten müssen nicht "bestimmt", das heißt in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten geschildert werden. In der Begründung der Einleitungsverfügung ist darzulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Der Verdacht muß sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken (vgl. für viele beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1990, 89/16/0183, und vom 6. April 1995, 93/15/0071).
Im Straferkenntnis ist zu begründen, daß der Beschuldigte die Tat begangen hat, im Einleitungsbescheid muß lediglich begründet werden, daß die Annahme der Wahrscheinlichkeit solcher Umstände gerechtfertigt ist, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Kein Unterschied zwischen dem Begründungsanforderungen besteht allerdings zwischen dem Straferkenntnis und dem Einleitungsbescheid für die Obliegenheit der Behörde, den - unterschiedlich beschaffenen - Gegenstand der Begründungspflicht auf der Basis konkreter Lebenssachverhalte sachlich und rechtlich nachvollziehbar darzulegen. Mit im allgemeinen bleibenden, ein Eingehen auf die Sachverhalte des Einzelfalles unterlassenden Ausführungen läßt sich auch ein Einleitungsbescheid nicht so begründen, daß er dem Verwaltungsgerichtshof die ihm obliegende Prüfung auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz ermöglicht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1997, 96/13/0094).
Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthält im wesentlichen nur Stehsätze zum Wesen eines Einleitungsbescheides und unkonkretisierte Hinweise auf die Aktenlage und "Erhebungsergebnisse der Finanzstrafbehörde erster Instanz". Es ist dem angefochtenen Bescheid beispielsweise nicht einmal zu entnehmen, ob - worauf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides hindeutet - nur die Tz 20 und Tz 23 des Betriebsprüfungsberichtes vom 11. Dezember 1995 Inhalt des finanzstrafrechtlichen Vorwurfes sein sollen, oder auch allenfalls andere Feststellungen den bestätigten Spruch der erstinstanzlichen Behörde tragen sollen. Weiters fehlen dem angefochtenen Bescheid Feststellungen darüber, die einen Verdacht in Richtung auf den subjektiven Tatbestand rechtfertigen würden. Zu Recht wirft die Beschwerde der belangten Behörde im Ergebnis auch vor, auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Administrativbeschwerde überhaupt nicht argumentativ geantwortet zu haben.
Solcherart war aber der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994; die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die gesondert geltend gemachte Umsatzsteuer, die im pauschaliert zuerkannten Schriftsatzaufwand bereits inkludiert ist.
Wien, am 17. Dezember 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998150060.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
14.06.2010