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E2D Assoziierung Türkei;Norm
ARB1/80 Art7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger über die Beschwerde des A H in I, vertreten durch Dr. Paul Flach, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstraße 22, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 25. Juli 1996, Zl. 14/40-1/1996, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ( weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 18. Jänner 1996 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T GesmbH mit Sitz in Innsbruck, Leopoldstraße 42b zu verantworten, daß diese Gesellschaft einen namentlich genannten türkischen Staatsangehörigen in der Zeit vom 1.1.1995 bis 31.1.1995 als Hilfskraft beschäftigt habe, ohne daß ihr für den genannten Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt oder daß für den betreffenden Ausländer eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt worden sei, und habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z.1 lit.a i.V.m. § 3 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 AuslBG begangen. Es wurde über ihn gemäß § 28 Abs. 1 AuslBG i.V.m. § 9 Abs. 1 VStG eine Strafe in Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt.
In seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, es sei aktenkundig, daß der betroffene Ausländer seit Jänner 1991 als Asylant in Österreich aufhältig sei und ihm Flüchtlingsstatus im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zukomme. Er sei daher berechtigt gewesen, geringfügige Arbeiten zu verrichten, ohne der Bewilligungspflicht des AuslBG zu unterliegen. Außerdem sei der betroffene Ausländer türkischer Staatsangehöriger, der auf Grund des Art. 7 Abs. 2 des ARB 1/80 das Recht habe, sich in jedem EU-Mitgliedstaat auf jedes Stellenangebot zu bewerben, weshalb ein strafbarer Tatbestand gar nicht vorliegen könne.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte sie begründend aus, das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß zum Tatzeitpunkt das Asylverfahren des Ausländers noch unerledigt anhängig war. Dieser sei "zum dauernden Aufenthalt" (gemeint offenbar im Hinblick auf die bloße Anhängigkeit des Asylverfahrens:
nicht zum dauernden Aufenthalt) berechtigt; es fehlten die anderen Voraussetzungen, weil er weder mit einer Österreicherin verheiratet sei noch ein Kind habe, das die österreichische Staatsbürgerschaft besitze. Er sei unbestrittenermaßen auch nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines gewesen. Auch die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 ARB 1/80 lägen vor, da sich danach nur Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung genossen haben, unabhängig von der Dauer ihres Aufenthaltes unbeschränkt auf Stellenangebote bewerben könnten, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens 3 Jahren ordnungsgemäß beschäftigt gewesen sei. Dies sei in der Berufung konkret nicht behauptet worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:
Die Beschwerde erweist sich als nicht berechtigt.
Nach § 1 Abs. 1 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß BGBl. Nr. 502/1993 regelt dieses Bundesgesetz die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.
Gemäß Abs 2 lit.a leg.cit sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht auf Flüchtlinge im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in Verbindung mit dem Protokoll BGBl. Nr. 78/1974, die entweder zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind oder die mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sind, es sei denn, daß sie den Ehegatten verlassen haben, oder die ein Kind haben, das österreichischer Staatsbürger ist.
Nach § 2 Abs. 1 AuslBG gilt als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.
Als Beschäftigung gilt nach § 2 Abs. 2 AuslBG, soweit dies für den Beschwerdefall von Bedeutung ist, die Verwendung a) in einem Arbeitsverhältnis und b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, soferne die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird.
Den Arbeitgebern sind nach § 2 Abs. 3 lit. a AuslBG in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen gleichzuhalten, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist.
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§ 4) erteilt noch eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15) ausgestellt wurde, und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern mit Geldstrafe von S 5.000,-- bis zu S 60.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer von S 10.000,-- bis zu S 120.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von S 20.000,-- bis zu S 240.000,--.
Die Tatsache der Beschäftigung des in Rede stehenden Ausländers wird nicht in Abrede gestellt. Auch läßt die Beschwerde die Feststellung der Behörde, das den beschäftigten Ausländer betreffende Asylverfahren sei im Zeitpunkt der Tatbegehung noch nicht abgeschlossen gewesen, unbekämpft.
Insoweit sich der Beschwerdeführer auf Art. 7 Abs. 2 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 und eine sich für den beschäftigten Ausländer daraus ergebende Freizügigkeit der Arbeitsaufnahme beruft, ist ihm folgendes zu entgegnen:
Die vom Beschwerdeführer angezogene Bestimmungen des ARB Nr. 1/80 lautet :
"Artikel 7
Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers , die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,
-
haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumen Vorrangs das Recht , sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben , wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben;
-
haben freien Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn - oder Gehaltsverhältnis , wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben.
Die Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat dort auf jedes Stellenangebot bewerben, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war."
Die sich daraus ergebenden, an den Ausländer gestellten Anforderungen wurden jedoch vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht konkret behauptet - insbesondere wurde nicht behauptet, der Ausländer habe i.S.d. Art. 7 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 die Genehmigung erhalten, zu seiner in Österreich arbeitenden Ehegattin zu ziehen - und - soweit aus den Akten ersichtlich - auch nicht erfüllt, was die belangte Behörde bereits zutreffend ausgeführt. Damit erweisen sich die Voraussetzungen der Anwendbarkeit dieser Bestimmung ebenfalls als nicht gegeben.
Wenn der Beschwerdeführer eine Verletzung des § 44a VStG insoweit geltend macht, als die Behörde "im Spruch des bekämpften Bescheides die Gesetzesübertretung des Beschwerdeführers nicht individualisiert und konkretisiert" habe, ist ihm entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde im Spruch eindeutig die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24 und 51e VStG abgewiesen und damit das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt hat. Dieses ist daher auch Gegenstand des Abspruchs der Berufungsbehörde im Sinne des - von ihr auch zitierten - § 66 Abs. 4 AVG. Eine Formulierung in der Berufungsentscheidung, die zum Ausdruck bringt, daß dem Rechtsmittel nicht Folge gegeben wurde, ist als Erlassung eines mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden Bescheides anzusehen (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens5, S 591 abgedruckte hg. Judikatur).
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist aus diesen Gründen nicht zu erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Dezember 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996090302.X00Im RIS seit
20.11.2000