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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AVG §56Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache der B Ö in W, vertreten durch Dr. Sonja Hebenstreit, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Platz 5, gegen das - am 27. August 2018 mündlich verkündete und mit 23. Oktober 2018 schriftlich ausgefertigte - Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien, VGW-151/029/4708/2018-9, betreffend Aufenthaltsbewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht - unter Bestätigung des behördlichen Bescheids vom 21. Februar 2018 - den Antrag der Revisionswerberin, einer türkischen Staatsangehörigen, vom 17. Jänner 2017 auf Verlängerung ihrer - zuletzt bis zum 22. Jänner 2017 verlängerten - Aufenthaltsbewilligung "Studierender" nach § 64 Abs. 1 und 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) in der Fassung vor BGBl. I Nr. 56/2018 ab. Die Revisionswerberin habe für das maßgebliche Studienjahr 2016/2017 keinen hinreichenden Studienerfolg im Sinn des § 64 Abs. 3 NAG nachweisen können. Das Studienjahr 2017/2018 sei noch nicht verstrichen, sodass die in diesem Studienjahr allenfalls bereits bestandenen Prüfungen außerhalb des maßgeblichen Beurteilungszeitraums lägen. Es seien auch keine der Einflusssphäre der Revisionswerberin entzogenen, unabsehbaren und unabwendbaren Hinderungsgründe im Sinn des § 64 Abs. 3 NAG zu sehen. Dass die Revisionswerberin im maßgeblichen Zeitraum bei einer internationalen Studierendenorganisation berufstätig und hierdurch an der Erbringung eines hinreichenden Studienerfolgs gehindert gewesen sei, stelle keinen berücksichtigungswürdigen Umstand dar.
2.2. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die Revision gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht zulässig sei.
3. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision, in der ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bzw. das Fehlen einer solchen Rechtsprechung behauptet wird. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird jedoch nicht aufgezeigt.
4. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht hätte für die Beurteilung des Studienerfolgs das Studienjahr 2015/2016 heranziehen müssen, da es selbst begründend ausgeführt habe, dass das vor dem Gültigkeitsende des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels liegende Studienjahr maßgeblich sei. Nach der Rechtsprechung könne zwar - wenn zwischen der Stellung des Verlängerungsantrags und der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein weiteres Studienjahr verstrichen sei - auch auf den Studienerfolg in diesem jüngst vollendeten Studienjahr abgestellt werden. Die Heranziehung eines zwischenzeitlich vollendeten Studienjahrs sei aber nicht zu Lasten, sondern ausschließlich zu Gunsten des Studierenden möglich, nämlich wenn dieser einen zunächst nicht ausreichenden Studienerfolg zwischenzeitig erbracht habe. Vorliegend habe daher das Verwaltungsgericht fälschlich zum Nachteil der Revisionswerberin auf das Studienjahr 2016/2017 abgestellt, bei richtiger Heranziehung des Studienjahrs 2015/2016 wäre von einem entsprechenden Studienerfolg auszugehen gewesen.
5.1. Gemäß § 64 Abs. 3 NAG - in der auf Grund der Fällung (Verkündung) des angefochtenen Erkenntnisses am 27. August 2018 maßgeblichen Fassung vor BGBl. I Nr. 56/2018 - ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck des Studiums nur zulässig, wenn ein Studienerfolgsnachweis nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften erbracht wird. § 8 Z 7 lit. b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung - in der fallbezogen maßgeblichen Fassung vor BGBl. II Nr. 229/2018 - nennt als Studienerfolgsnachweis einen solchen gemäß § 74 Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 (UG) in der Fassung BGBl. I Nr. 131/2015. Aus dieser (zuletzt genannten) Bestimmung ergibt sich, dass ab dem zweiten Studienjahr auf Antrag ein Studienerfolgsnachweis auszustellen ist, sofern im vorausgegangenen Studienjahr positiv beurteilte Prüfungen im Umfang von mindestens 16 ECTS-Punkten bzw. acht Semesterstunden abgelegt wurden.
5.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist im Hinblick auf die soeben angeführten Rechtsvorschriften der Studienerfolg eines ausländischen Studierenden für das vorangegangene - bereits abgeschlossene und nicht aktuell laufende - Studienjahr zu prüfen, wobei dies grundsätzlich jenes Studienjahr ist, das vor dem Gültigkeitsende des bestehenden Aufenthaltstitels liegt (vgl. VwGH 23.5.2018, Ra 2017/22/0109; 9.8.2018, Ra 2017/22/0140).
Anders stellt sich die Sach- und Rechtslage dar, wenn auf Grund der Dauer des Verlängerungsverfahrens bereits ein weiteres Studienjahr verstrichen ist. In einem solchen Fall kann es der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht nicht verwehrt werden, im Sinn eines aktualitätsbezogenen Studienerfolgs zwecks Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung einen Erfolgsnachweis für das zuletzt abgelaufene Studienjahr zu fordern (vgl. VwGH 13.9.2011, 2010/22/0036; 26.2.2013, 2010/22/0127). Dies stellt keine Willkür dar, weil ein Drittstaatsangehöriger, der einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Absolvierung eines Studiums innehatte und um dessen Verlängerung ansucht, grundsätzlich für jedes Studienjahr einen ausreichenden Studienerfolg nachzuweisen hat (vgl. VwGH 16.1.2018, Ra 2017/22/0219; 21.6.2018, Ra 2017/22/0155).
Das Verwaltungsgericht kann daher das jüngst abgeschlossene Studienjahr als maßgeblich heranziehen, wenn während des anhängigen Verlängerungsverfahrens ein weiteres Studienjahr vollendet wurde (vgl. VwGH 17.11.2015, Ra 2015/22/0120; 19.4.2016, Ro 2015/22/0004), dies nicht nur - wie die Revisionswerberin vermeint - zum Vorteil, sondern auch zum Nachteil des Studierenden (vgl. in dem Sinn neuerlich VwGH 2010/22/0036, 2010/22/0127, Ra 2017/22/0219; u.a.). Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Erlassung des mit Beschwerde angefochtenen Bescheids bereits das weitere Studienjahr vollendet war und die Behörde dieses herangezogen hat oder nicht.
5.3. Vorliegend verfügte die Revisionswerberin zuletzt über eine bis zum 22. Jänner 2017 verlängerte Aufenthaltsbewilligung. Mit ihrem Verlängerungsantrag (vom 17. Jänner 2017) war somit grundsätzlich der Studienerfolg im vorangegangenen abgeschlossenen Studienjahr 2015/2016 nachzuweisen. Allerdings ist während des Verlängerungsverfahrens auf Grund dessen Dauer das zum Zeitpunkt der Antragstellung noch laufende (und daher ursprünglich nicht für die Beurteilung des Studienerfolgs heranzuziehende) Studienjahr verstrichen, sodass ein Erfolgsnachweis für dieses zuletzt abgelaufene Studienjahr 2016/2017 - das nunmehr als vorangegangenes und für die Beurteilung des Studienerfolgs maßgebliches Studienjahr zu erachten war - eingefordert werden konnte. Für dieses zuletzt verstrichene Studienjahr konnte die Revisionswerberin freilich unbestritten keinen entsprechenden Studienerfolg nachweisen. Indessen war das Studienjahr 2017/2018 im Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Erkenntnisses noch nicht abgelaufen und daher für die Beurteilung des Studienerfolgs nicht maßgeblich.
5.4. Nach dem Vorgesagten ist das Verwaltungsgericht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs - ein Fehlen einschlägiger Rechtsprechung oder ein Abweichen von einer solchen ist nicht zu sehen - zum Ergebnis gelangt, dass für die Beurteilung des Studienerfolgs auf das Studienjahr 2016/2017 abzustellen ist, die Revisionswerberin für dieses Studienjahr unbestritten keinen hinreichenden Studienerfolg nachgewiesen hat und folglich die diesbezügliche Voraussetzung für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nicht erfüllt ist.
6. Insgesamt wird daher in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. zu deren Maßgeblichkeit etwa VwGH 21.3.2017, Ra 2017/22/0008) keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war deshalb zurückzuweisen.
Wien, am 13. Juni 2019
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018220293.L00Im RIS seit
01.08.2019Zuletzt aktualisiert am
02.08.2019