TE Vwgh Beschluss 2019/6/25 Ra 2019/05/0085

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Veröffentlicht am 25.06.2019
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Oberösterreich
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich
L82000 Bauordnung
L82004 Bauordnung Oberösterreich
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

BauO OÖ 1994
BauO OÖ 1994 §24
BauO OÖ 1994 §49
BauRallg
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/05/0086

Betreff

?

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. des Mag. W W und

2. der L W, beide in A, beide vertreten durch Dr. Ewald Wirleitner, Mag. Claudia Oberlindober und Mag. Harald Gursch, Rechtsanwälte in 4400 Steyr, Grünmarkt 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 11. Dezember 2018, Zl. LVwG-151683/14/EW-151684/2, betreffend Versagung einer nachträglichen Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde N; weitere Partei:

Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 27.2.2018, Ra 2018/05/0024, mwN).

5 Ferner ist nach der ständigen hg. Rechtsprechung in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Erkenntnissen wie auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht ausreicht (vgl. zum Ganzen nochmals VwGH 27.2.2018, Ra 2018/05/0024, mwN).

6 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde N. (im Folgenden: Bürgermeister) vom 20. November 2017 wurden unter anderem (Spruchpunkt 1.) der Antrag der Revisionswerber vom 1. Juni 2017 auf Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für die auf dem Grundstück Nr. 1455/5, KG G., befindlichen Objekte

"Gartenhütte ... und Geräteschuppen" und deren Zusatzantrag vom

18. August 2017 zu diesem Baubewilligungsansuchen gemäß § 30 Abs. 6 Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994 abgewiesen. 7 Die von den Revisionswerbern gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde N. (im Folgenden: Gemeinderat) vom 22. März 2018 als unbegründet abgewiesen.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde unter anderem (unter Spruchpunkt A. I.) die von den Revisionswerbern gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Beschwerde hinsichtlich des Baubewilligungsverfahrens als unbegründet abgewiesen und (unter Spruchpunkt A. III.) eine Revision für unzulässig erklärt. 9 Dazu führte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) unter anderem aus, dass das genannte, im Eigentum der Revisionswerber stehende Grundstück mit

1.623 m2 Grundfläche, davon die Hälfte mit Baumbestand, im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde N. als "Grünland, Land- und Forstwirtschaft, Ödland" gewidmet sei und zu Freizeit- und Erholungszwecken genutzt werde, wobei darauf keine landwirtschaftliche Urproduktion erfolge und somit keine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung vorliege. Da kein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb vorliege, seien die gegenständliche Gartenhütte und die Gerätehütte im Grünland nicht zulässig. 10 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, dass sich das gegenständliche Verfahren auf die von den Revisionswerbern beantragte nachträgliche Baubewilligung beziehe. Mit dem angefochtenen Bescheid sei gegen das "Verbot des widersprüchlichen Verhaltens" verstoßen worden. Der illegale Zustand sei von der zuständigen Baubehörde über Jahrzehnte wissentlich und aktiv geduldet worden (so z.B. u.a. durch die zweimalige Hausnummernvergabe). Die Behörde dürfe nicht auf ihre Eingriffsbefugnisse verzichten. Sie könne (offenbar gemeint: diese Befugnisse) jedoch auf Grund nachhaltigen Zuwiderhandelns gegen das eigene frühere Verhalten verwirken, und sie müsse zeitnah handeln, weil ansonsten strafrechtswidrige Duldung eintrete. Im gegenständlichen Fall sei aber gerade dies verwirklicht worden, sodass die zuständigen Organe rechtskräftig wegen Amtsmissbrauch verurteilt worden seien. Durch die Abweisung des Antrages der Revisionswerber auf Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung habe die Behörde rechtswidrig gehandelt.

11 Ferner sei laut dem Erkenntnis VwGH 31.7.2006, 2005/05/0199, ein Bescheid auf Beseitigung "nur dann zu erlassen gewesen, wenn der gesetzmäßige Zustand auf andere Art nicht hergestellt werden konnte". Der "gesetzmäßige Zustand" (der "Vorige Zustand") sei jedoch herstellbar: Die nachträgliche Einholung von Bewilligungen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes sei jedenfalls dann zulässig, wenn ex tunc (von 1968 an) betrachtet das Bauwerk gesetzmäßig errichtet worden wäre, sofern rechtzeitig ein entsprechender Antrag mit Rechtsanspruch auf Bewilligung (Baubewilligung; erteilte Bauplatzbewilligung, die ohne zuerkannte Baulandeigenschaft gar nicht möglich sei; Änderung des Bauplatzes) gestellt worden wäre (dies ergebe sich schlüssig aus dem Erkenntnis VwGH 31.7.2006, 2005/05/0199). Eine jahrzehntelange wissentliche behördliche Untätigkeit verbiete die nachträgliche Schaffung gesetzlicher Pflichten. Darüber hinaus habe die belangte Behörde die Rechtsfrage der Herstellbarkeit des gesetzmäßigen/vorigen Zustandes nicht beurteilt.

12 Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

13 Wie der Verwaltungsgerichtshof (vgl. etwa VwGH 30.10.2018, Ra 2018/05/0254, mwN) bereits wiederholt dargelegt hat, tritt in Angelegenheiten öffentlich-rechtlicher Natur eine Verschweigung (ähnlich der Verjährung) nur dort ein, wo sie das Gesetz ausdrücklich vorsieht. Weder wird von den Revisionswerbern in der Zulässigkeitsbegründung behauptet noch ist ersichtlich, dass eine solche ausdrückliche gesetzliche Bestimmung im vorliegenden Fall zur Anwendung komme. Auch kann eine Baubewilligung nicht ersessen werden. Der Umstand, dass Baulichkeiten seit langer Zeit ohne entsprechende Bewilligung bestehen, vermag jedenfalls keine Rechtswidrigkeit eines Beseitigungsauftrages zu begründen (vgl. zum Ganzen nochmals VwGH 30.10.2018, Ra 2018/05/0254, mwN). 14 Inwiefern mit den bloß allgemeinen und hypothetischen Revisionsausführungen in der Zulässigkeitsbegründung, dass die nachträgliche Einholung von Bewilligungen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes zulässig sei, wenn ex tunc betrachtet das Bauwerk gesetzmäßig errichtet worden wäre, sofern rechtzeitig ein entsprechender Antrag mit Rechtsanspruch auf Bewilligung gestellt worden wäre, dargestellt werden soll, dass das Verwaltungsgericht eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung unrichtig beantwortet habe, erscheint nicht nachvollziehbar. Die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für ein ohne Bewilligung errichtetes Gebäude kommt nur dann in Betracht, wenn es nach den im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung geltenden baurechtlichen Bestimmungen bewilligt werden kann. Abgesehen davon finden sich die oben wiedergegebenen, in der Zulässigkeitsbegründung der Revision zitierten Passagen aus dem von dieser ins Treffen geführten Erkenntnis VwGH 31.7.2016, 2005/05/0199, mit dem über eine gegen die baubehördliche Erteilung eines Beseitigungsauftrages erhobene Beschwerde erkannt wurde, in diesem Erkenntnis im Wesentlichen als Wiedergabe des Vorbringens des Beschwerdeführers, sie haben jedoch keinen Niederschlag in den Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes gefunden, der diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen hat.

15 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung weiter vor, dass der bescheidverfassende Sachbearbeiter T. in der Causa befangen sei, das gegen ihn wegen § 302 StGB geführte strafrechtliche Ermittlungsverfahren diversionell erledigt worden sei und er trotz Kenntnis seiner Befangenheit "den angefochtenen Bescheid" verfasst habe.

16 Mit diesem Vorbringen behauptet die Revision eine Mangelhaftigkeit des baubehördlichen Verfahrens (vgl. dazu etwa die in Hengstschläger/Leeb, AVG I (2. Ausgabe 2014) § 7 Rz 22 zitierte hg. Judikatur). Einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes kommt jedoch nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargelegt werden muss (vgl. etwa VwGH 12.3.2019, Ra 2019/05/0045, mwN).

17 Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Erkenntnis (vgl. darin Punkt III.8.) die Feststellung getroffen, dass der Sachbearbeiter der Gemeinde nicht an der behördlichen Willensbildung durch den Gemeinderat oder den Bürgermeister teilgenommen habe, und darüber hinaus unter Hinweis auf die hg. Judikatur (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0056, und VwGH 30.1.2018, Ro 2017/08/0036) die Auffassung vertreten, dass durch das angefochtene Erkenntnis ein etwaiger Befangenheitsgrund saniert werde.

18 Auf diese Ausführungen des Verwaltungsgerichtes geht die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht ein. Darüber hinaus fehlt in dieser jede Auseinandersetzung mit der hg. Judikatur, die konkret zu bezeichnen gewesen wäre, wobei auch eine Verknüpfung zwischen der zu individualisierenden Rechtsfrage, dem von den Revisionswerbern dieser konkret zugrunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtes hätte vorgenommen werden müssen, um den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage zu versetzen, zu beurteilen, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (vgl. dazu etwa VwGH 21.11.2017, Ra 2016/05/0092, mwN). 19 Die Revision zeigt daher auch mit ihrem Befangenheitsvorwurf keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.

20 Wenn die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung vorbringt, relevant sei auch, welche Auswirkung nachträgliche Gesetzesänderungen "auf an und für sich bis zum In-Kraft-Treten der neuen Gesetzeslage genehmigungsfreie Bauten nach sich zieht und in wie weit es zu einem Eingriff in die alte Rechtslage kommt", so ist auch dieses nur allgemein gehaltene Vorbringen zur gesetzmäßigen Ausführung der Zulässigkeit der Revision nicht ausreichend.

21 Mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 25. Juni 2019

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050085.L00

Im RIS seit

20.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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